Praxis
Praxis und Sound
Alle Testgitarren kommen bei mir zuerst einmal mit ins Wohnzimmer. Hier kann ich mich eine Weile ohne Amp auf das jeweilige Instrument einstellen. Die Gitarre hat ein mittleres Gewicht und lässt sich hervorragend bespielen. Ab Werk ist sie vorbildlich eingestellt und der unverstärkte Ton präsentiert sich durchschnittlich laut und sehr ausgeglichen. Trotzdem lässt er zunächst einmal nicht auf die klangliche Vielseitigkeit schließen, die über den Verstärker möglich wird. Das ist allerdings nicht der alleinige Verdienst der Tonabnehmer, denn unangenehme oder störende Frequenzen sind schon im Primärklang nicht enthalten. Viele Leute glauben, das Les-Paul-artige Gitarren keine Höhen haben dürfen. Dabei braucht man ein ausgereiftes, aber nicht überzüchtetes Obertonspektrum, damit der Ton überhaupt atmen kann. Auf der anderen Seite muss er fett unterfüttert sein, um nicht zu dünn und zirpig daherzukommen. Genau das bietet mein Testkandidat in beeindruckender Perfektion.
Kommen wir zum Sound am cleanen Amp. Der Ton ist klar und knackig, ohne zu mulmen, und man nimmt schon sehr gut die perfekt dosierte Brillanz und das außergewöhnliche Sustain der Testgitarre wahr.
Beide Pickups in Kombination erinnern am cleanen Amp an eine fette Telecaster. Der Ton ist wegen der beiden Humbucker zwar wesentlich runder, aber dank des wohldosierten Twangfaktors hat die Gitarre immer einen knackigen Anschlag, der dem Ton ein lebendiges Obertonspektrum gibt.
Mit dem Halspickup generiert unsere Kandidatin dank des ausgeglichenen Primärklangs am cleanen Gitarrenamp Sounds, die man einer Humbuckergitarre so nicht zutrauen würde. Trotz der eher hohen Ausgangsleistung der Bare Knuckle Humbucker hat der Ton hier fast schon P-90 Qualitäten.
Auch im verzerrten Bereich weiß das Steve Stevens Signature Modell von Knaggs Guitars zu überzeugen. Trotz des hohen Ausgangspegel ist der Ton offen und wirkt weder komprimiert noch hart. Eine bluesige, leichte Anzerrung ist trotzdem nur bedingt möglich, stattdessen sind kantige Classic Rock-Riffs besonders gut zu realisieren.
Für dich ausgesucht
Schaltet man mit Medium Gain auf den Halstonabnehmer um, bleibt dieser Eindruck erhalten. Sowohl Ton als auch Verzerrungsgrad lassen sich mit dem Anschlag sehr gut steuern und dank der offenen Wiedergabe kommen auch Licks in tiefen Lagen klar und unvermatscht aus dem Amp.
Kommen wir zu den High-Gain-Sounds. Hier kann die Gitarre absolut glänzen, gerade weil sie keinen statischen Klischee-Metalsound liefert. Der angenehme Twäng beschert dem Spieler einen lebendigen Ton, der allerdings auch jede spielerische Ungenauigkeit gnadenlos offenlegt. Dabei ist der Klang sowohl beim Solieren in hohen Lagen als auch bei Powerchords absolut ausgeglichen.
Mit viel Zerre generiert der Halspickup problemlos einen saftigen Gary Moore Ton. Egal, wie viel Gain man hineindreht, man hört das Holz und den Anschlag immer gut durch und der Sound bleibt immer transparent. Beherrscht man die entsprechende Technik, werden schnell gespielte Noten durch den knackigen Anschlag immer perfekt getrennt.