Praxis
Die Testgitarre war ab Werk perfekt eingestellt und ich musste noch nicht einmal die Bundreinheit nachstellen. Die Gewichtsverteilung ist optimal und mit knapp dreieinhalb Kilo befindet man sich hier in einem gesunden Mittelfeld. In puncto Bespielbarkeit ist die Severn bis in die höchsten Lagen ein Traum. Man merkt einfach, dass hier nichts dem Zufall überlassen wurde. Die Gitarre klingt absolut ausgeglichen. Tote Punkte sucht man auf dem Griffbrett vergebens. Hohe Noten klingen weder dünn noch zirpig, sondern fett und stabil mit einem langen Sustain – eine solche klangliche Wonne findet man selten. Wer jetzt befürchtet, dass die Gitarre im tiefen Register zu fett tönt, hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Genau das passiert eben nicht und selbst mit dem Halspickup klingt die Gitarre auch bei offenen Akkorden im Bereich der ersten drei Bünde nie mulmig. Das ausgesprochen gute Klangverhalten hört man sofort, wenn man die Gitarre trocken, also ohne Amp, im Wohnzimmer spielt. Hier fallen auch die laute Wiedergabe und das überdurchschnittliche Sustain auf. Alles in allem also beste Voraussetzung für einen guten Sound im Zusammenspiel mit dem Gitarrenverstärker.
In den beiden ersten Soundbeispielen hört ihr den Stegpickup zuerst als Humbucker und danach im gesplitteten Modus. Wenn es überhaupt etwas an der Severn zu bemängeln gibt, dann ist es der Splitmodus des Bridgepickups, der für meinen Geschmack nicht wirklich wie ein Singlecoil klingt, sondern einen leicht gläsernen Beigeschmack hat. Aber das ist kein Beinbruch, denn bis auf den Doublebucker von Boris Dommenget ist mir bisher noch kein Humbucker untergekommen, der diesen Spagat wirklich überzeugend hinbekommt. Und letztlich ist es reine Geschmackssache. Aber hört selber.
Meine Befürchtung, dass die Zwischenposition von Steg-und mittlerem Pickup nicht silbrig genug klingen würde, hat sich übrigens nicht bestätigt. Der wunderbare Twäng der Gitarre, den ich beim Bridgepickup etwas vermisst habe, kommt nun sehr gut zur Geltung. Zuerst hört ihr die Zwischenposition mit dem Bridgepickup im Humbuckermodus und danach im Singlecoil-Betrieb.
Die Singlecoils machen einen ausgezeichneten Job und klingen unglaublich feinzeichnend. Dabei kommen sowohl Keith-Richards-Fans als auch Cleanfetischisten auf ihre Kosten. Im folgenden Soundbeispiel kann man gut hören, wie ausgeglichen und rund sich die Gitarre über das gesamte Griffbrett präsentiert. Der Ton wird nach oben hin nicht dünn oder plärrig, sondern bleibt klar und stabil.
Die Kombination aus Mittel- und Halspickup bringt einen Bilderbuchsound wie er im Buche steht. Die Gitarre liefert auch hier wieder einen perfekten Mix aus perkussiven Klangnuancen, silbrigen Höhen und einem warmen, aber nicht zu fetten Fundament. Genauso sollte es sein.
Für dich ausgesucht
Es macht einfach Spaß, auf der Gitarre zu spielen, denn sie reagiert sofort auf jede noch so kleine Spielnuance. Das äußert sich in einem spritzigen und offenen Klangverhalten, das man in dieser Güte nur von sehr hochwertigen Instrumenten kennt. Auch der Halstonabnehmer klingt phantastisch. Der Ton ist sonor, aber nicht mulmig und die Höhen sind offen, ohne schrille Elemente.
Kommen wir zu den High-Gain-Sounds. Ich beginne wieder mit dem Bridge-Pickup in der Humbucker-Einstellung, gefolgt vom Singlecoil-Modus. Letzterer kann mich auch hier nicht wirklich überzeugen. Im Gegensatz dazu gefällt mir der Humbuckermodus mit viel Gain umso besser. Obwohl der Pickup für meinen Geschmack ein zu fettes Mittenbrett liefert und nach oben nicht fein genug auflöst, lässt es sich hier zweifellos gut abrocken.
Die Pickups sind gut aufeinander abgestimmt und es kommt beim Umschalten vom Bridge-Humbucker auf die Singlecoils nicht zu überraschenden Pegelsprüngen. Hier die Zwischenposition vom Steg und dem mittleren Pickup, wobei der Bridgepickup hier im Humbuckermodus läuft.
Auch die beiden Singlecoils werden von Seymour Duncan gefertigt. Die Modellbezeichnung ATX-K hat mich anfangs allerdings vor ein Rätsel gestellt, weil es die Pickups einzeln nicht zu kaufen gibt. Dabei handelt es sich um Custom Wound Modelle, basierend auf dem Texas Hot, die extra für Knaggs hergestellt werden. Hier der mittlere Tonabnehmer in Verbindung mit dem High-Gain-Amp.
Die Zwischenposition von Mitte und Hals verwende ich in der Regel nicht, wenn ich mit viel Gain spiele. Trotzdem wollte ich euch den Sound nicht vorenthalten. Es klingt zwar naturgemäß etwas dichter als die erste Zwischenposition, aber der Twäng und die silbrigen Höhen scheinen immer noch perfekt durch.
Zum Schluss noch ein Soundbeispiel mit dem Halstonabnehmer. In dieser Einstellung klingt die Severn einfach umwerfend. Der Einspuler bringt auch bei hohen Verzerrungen einen knackigen Twäng, der dem Anschlag immer einen leicht schmatzigen Charakter verleiht. Der Sound hat einen leicht stählernen Charakter, der mir sehr gut gefällt. Für SRV-Fans könnte die Suche nach dem “gewissen” Sound hier ein Ende haben.