Praxis:
Vier der sieben Mitglieder aus der Native-Familie sind bereits alte Bekannte. Unter anderem waren sie schon Bestandteil der Vorgängerversion Komplete 5. Obwohl wir uns hier in erster Linie mit den Neuerungen beschäftigen wollen, sollen diese Plugins kurz noch einmal vorgestellt werden.
Battery 3 – Der Drumsampler
Battery 3 ist die aktuelle Version des beliebten Drum-Samplers von Native. Über 100 vorgefertigte Preset-Drumkits sind direkt spielbereit. Innerhalb einer Zellen-Matrix können Sampels sehr einfach geladen und angeordnet werden. Die 12 GB große Sample-Library stellt hierfür bereits reichlich Ausgangsmaterial von akustischen und elektronischen Drum-und Percussionsounds zur Verfügung. Es können natürlich aber auch eigene Sampels sowie alle gängigen Sample-Formate importiert werden. Die Sampels lassen sich innerhalb von Battery vielseitig editieren und mit Effekten versehen.
FM8 – Der FM- Synth
Der FM8 ist Natives Spezialist in Sachen FM-Synthese. 960 Presets stehen ab Werk zur Verfügung und bieten eine breite Palette an Flächen, Leads, Glöckchen, Bässen und Athmos, die ganz im Stile dieser Syntheseart programmiert wurden. Der FM8 bietet neben seinen acht Operatoren auch zwölf erstklassige Effekte. Ein eigener Arpeggiator und die neue Sound-Morphing Funktion erweitern die Möglichkeiten der FM-Synthese. Die Easy-Edit Page erleichtert mit einer einfach aufgebauten Oberfläche die Bearbeitung der Sounds, ohne dass der Anwender in die komplexen FM-Tiefen vordringen muss. Mithilfe des Kore-Soundbrowsers können Klänge anhand von bestimmten Attributen schnell kategorisiert und gefunden werden.
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Massive – Der brachiale Subtraktive
Massive hingegen besteht im Grunde aus dem klassischen, analogen Syntheseaufbau, erweitert um eine Vielzahl von Highlights wie Wavetable-Oszillatoren, Filter, Effekte und komplexe Modulationsmöglichkeiten. 600 Presets bieten extrem druckvolle, durchsetzungsfähige Sounds. Besonders herausragend: Bässe, Lead- und Padsounds der Marke „Superfett“. Acht frei definierbare Macro-Controller können jedem denkbaren Parameter von Massive als Modulationsquelle zugeordnet werden. Der Stepsequenzer ist das Tüpfelchen auf dem „i“ innerhalb der sehr vielseitigen Klangmöglichkeiten dieses wahrlich massiven Synth-Plugins. Und nicht zuletzt bietet auch Massive mit seinem integrierten Kore-Soundbrowser eine komfortable Such- und Kategorisierungsfunktion.
Reaktor – Der komplexe Modulare
Wer hingegen den Drang verspürt, sich seinen eigenen Traum-Synthie von Grund auf selbst zu designen, liegt mit Reaktor 5 goldrichtig. Der eigenen Kreativität sind mit diesem Instrument kaum Grenzen mehr gesetzt. Denn Reaktor ist ein modulares Softwarekonzept, das es erlaubt, eigene Instrumente oder Effekte von Grund auf neu zu entwickeln, von einfach bis hochkomplex. Die dafür entwickelte Reaktor Core-Technology greift dem Anwender mit ihren vorgefertigten Modulkomponenten dabei ein wenig unter die Arme.
Wem das alles nach komplizierter Mathematik klingt, sollte trotzdem nicht gleich zurückschrecken, denn Reaktor 5 kommt mit 60 vorgefertigten Instrumenten und Effekten um die Ecke, die allesamt wiederum etliche Presets beinhalten. Wer keine Berührungsängste hat, darf natürlich auch diese Instrumente nach seinem eigenen Geschmack modifizieren. Es dürften also kaum Wünsche offen bleiben. Und wenn doch, sollte man einen Blick auf die Native Instruments Website riskieren. Dort gibt es unter den Reaktor-Fans einen regen Austausch neuer Sounds und Instrumente.
Bevor wir uns nun die neuen Versionen in Komplete 6 anschauen, drängt sich mir spontan die Frage auf, ob sich eigentlich das Adjektiv „komplett“ im Deutschen Sprachgebrauch noch steigern lässt. Komplett, kompletter, am komplettesten? Wohl kaum. Um noch einmal zur Vorgängerversion Komplete 5 zurückzukommen; die schien mir jedenfalls noch ein bisschen „kompletter“ zu sein, enthielt sie doch zusätzlich noch die beliebten Native-Plugins B4II und den Pro-53. Und was ist eigentlich aus Elektrik- und Akoustikpiano geworden? Dieser Frage werden wir gleich nachgehen.
Kontakt – Der Sampler
Kontakt 4 ist die neueste Generation des beliebten Software-Samplers, der sich mittlerweile zu einem der führenden virtuellen Samplern auf dem Markt zählen darf. Das zeigt sich auch daran, dass der vereinfachte Kontakt-Player bereits von vielen Drittherstellern als Sampleplayer für ihre Sample-Librarys mit ausgeliefert wird.
Einen maßgeblichen Anteil an der Datenmenge von Komplete 6 trägt die Werks-Library von Kontakt, die alleine schon mit 43 GB ordentlich zu Buche schlägt. Gegenüber der Klangsammlung der Vorgängerversion hat man den Fundus um weitere 10 GB aufgestockt. Mithilfe eines neuen Kompressionsverfahrens ist es Native nun gelungen, die Datenmengen des Audiomaterials innerhalb von Kontakt zu reduzieren, ohne dass die Klangqualität davon beeinträchtigt sein soll. Dadurch wird der Arbeitsspeicher des Hostrechners entlastet und es werden mehrere gleichzeitige Stimmen innerhalb eines Kontakt-Instrumentes möglich.
Neben einem sehr mächtigen Sample-Editor stehen 19 Effekte zur Klangverformung bereit. Darunter findet sich auch ein Faltungshall, der 300 Impulsantworten von unterschiedlichsten realen Räumen und bekannten Effektgeräten enthält.
Die neu gestaltete Database hilft, ähnlich wie bei den Soundbrowsern der anderen Mitgliedern des Komplete-Bundles, beim komfortablen Aufspüren und Kategorisieren der Sounds.
Um auf die Frage nach dem Verbleib von Elektrik- und Akoustikpiano zurückzukommen: Diese beiden Plugins wurden zu großen Teilen mit in die Kontakt-Library implementiert. Weiter unterteilt sie sich in die Kategorien Band, World, Vintage, Synth, Orchestral und die beiden neuen Kategorien Urban Beats und Choir. Die gesamte Auswahl an Instrumenten ist riesengroß und sehr gelungen. Die grafischen Oberflächen der Instrumente wurden neu gestaltet und unterstützen das intuitive Spiel. Mithilfe des erweiterten Script-Prozessors lassen sich unter anderem auch eigene Oberflächen individuell gestalten.
Der Chor wurde exklusiv für die neue Kontakt-Library gesampelt und macht von einem weiteren Novum Gebrauch, der Authentic Expression Technology, kurz AET. Dieses neue Modulationskonzept ermöglicht erstmals die stufenlose Überblendung zwischen verschiedenen Sampels. Im nachfolgenden Klangbeispiel kann man sehr schön hören, wie sich das klanglich auswirkt. Mithilfe des Modulationsrades wird zwischen verschiedenen Vokalen eines Chores hin und her geblendet. Möglich gemacht durch Authentic Expression Technology, führt das zu einem erstaunlich realistischen Ergebnis:
Das nächste Klangbeispiel nutzt Streicher aus der Kategorie Orchestral, die noch einmal um neue Sampels aus der Vienna Symphonic Library erweitert wurde:
Die Kategorie World sendet mit dem folgenden Klangbeispiel herzliche Grüße aus Schottland:
Last, but not least: Ein E-Piano aus der Elektrikpiano1.5 Library:
Absynth – Der komplexe Alleskönner
Absynth 5 ist das giftgrüne Soundmonster, das die unterschiedlichsten Klangerzeugungsverfahren unter seiner Haube kombiniert. Dazu gehören unter anderem subtraktive Synthese, Granular-Sampling, FM und Wavetable. Drei Oszillatorkanäle, vielfältige Modulationsmöglichkeiten und abgefahrene Effekte und Filter entlocken Absynth unter anderem das, wofür es am meisten von Produzenten und Sounddesignern geschätzt wird: lebendige Flächen, komplexe Atmosphären, weite Soundscapes oder dunkle Effektsounds. Alles von hart bis zart – dieses grüne Baby lässt keine Langeweile aufkommen! 250 neue Sounds gesellen sich in der neuen Absynthversion zu der auf stolze 1800 Presets gewachsenen Library.
Das Potential von Absynth wird schnell deutlich, wenn man alleine die Grundwellenformen unter die Lupe nimmt. Neben den gängigen Standards (Sinus, Rechteck, Sägezahn, usw.) und einer Fülle von Wavetables bietet es die Möglichkeit, in einem eigenen Wave-Fenster individuelle Wellenformen von Grund auf zu entwerfen. Selbst das Obertonspektrum kann dabei neu designt und gespeichert werden. Verschiedenen Wellenformen können außerdem einfach ineinander gemorpht werden, sodass daraus ein neues, eigenständiges Exemplar entsteht.
Neu im Absynth-Boot sind der Aetherizer-Effekt sowie die beiden Filter Cloud und Supercomb.
Aetherizer ist eine Kombination aus granularem Feedback und Delay, die verspricht, besonders „wolkig“ zu klingen. Apropos wolkig: Das Cloud-Filter ist ein Abkömmling des Aetherizer-Effekts und wird neu mit in den Filtermodulen aufgeführt. Bei Supercomb handelt es sich um eine Erweiterung eines Kammfilters.
Das heimliche Highlight von Absynth 5 dürfte aber die neue Mutator-Funktion sein, die mit der treffenden Zeile „One-Click-Sounddesign“ beworben wird. Die Idee dahinter ist, dem Anwender die Möglichkeit zu bieten, ein bestehendes Preset in eine gewünschte neue Richtung zu verändern. Dazu gibt er einfach über den Browser bestimmte Attribute vor, die die neue Mutation beinhalten soll. Der Grad der Annäherung an diese Attribute sowie der Grad des Faktors Zufall sind dabei einstellbar. Absynth erzeugt nach diesen Vorgaben dann einen neuen Sound, eine neue „Mutation“, die entweder weiter verändert, gespeichert oder auch verworfen werden kann. Dieses neue, sehr intuitive Konzept geht damit einen völlig anderen Weg des Sounddesigns. Ohne viel tiefgründiges Fachwissen liefert der Mutator neue Sounds mit den gewünschten Klangeigenschaften – und das mit nur wenigen Mausklicks.
Nicht neu, aber trotzdem genial ist, dass Absynth auch als reines Effekt-Plugin geladen werden kann, um externes Audiomaterial mithilfe der ausgefeilten Effekte zu veredeln.
Guitar Rig 4
Selbst hartgesottene Gitarristen und Bassisten bekommen schnell feuchte Augen, wenn man sie mit dem in Guitar Rig enthaltenen Arsenal an Amps, Boxen und Effekten konfrontiert. Denn hier steht eine gewaltige Auswahl an Emulationen von beliebten Originalen quasi per Mausklick bereit zum Losrocken. Und nicht nur die Saitenfraktion weiß die mittlerweile sehr beliebte Software zu schätzen, die jetzt in ihrer vierten Version einige Neuerungen mit im Gepäck hat. Insgesamt stehen jetzt 15 Amps, 29 Cabinets und 48 Effekte zur Verfügung.
Per Drag- and Drop stellt man sich sehr einfach ein Setup aus dieser Auswahl zusammen und schon kann es losgehen. Die neuen Amps heißen Cool Plex, Hot Plex und Jump, an neuen Effekten sind jetzt Grain Delay, Octaverb, Iceverb und Twin Delay mit von der Partie. Brandneu ist auch eine Master FX-Sektion, die jeden beliebigen Effekt beherbergen kann, aber von Preset-Wechseln unbeeinflusst bleibt und somit in erster Linie für Live-Anwendungen interessant sein dürfte.
Die Preset-Library wurde um 250 neue Mitstreiter aufgestockt, die auch die neuen Features mit einbinden. Der Preset-Browser wurde, ähnlich wie bei den anderen Mitgliedern von Komplete 6, verbessert und um eine Schlagwortsuchfunktion erweitert.
Echtes Stereo-Processing ermöglicht es, Guitar Rig nun auch mit Stereo-Spuren zu füttern.
Das größte „Oho“ erntet wohl das neue Control-Room-Feature. Der deutsche Top-Studio-Gitarrist Peter Weihe stand hier Native mit seinem langjährigen Know-How Pate.
Control Room stellt für jeden der in Guitar Rig enthaltenen Amps bis zu acht mikrofonierte Boxen zur Auswahl. Diese Mikrofonsignale liegen dann in perfekter Phasenlage an einem achtkanaligen Mixer an, und können so ihren speziellen Klangeigenschaften entsprechend den Gesamtsound bereichern. Dieses neue Konzept, das einer realen Aufnahmesituation im Studio sehr nahe kommt, verhilft Guitar Rig insgesamt zu noch mehr Lebendigkeit und Authentizität.
Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle meinem Kollegen Thomas Dill, der mir die nachfolgenden unverstärkten Soundbeispiele fürs Re-amping in Guitar Rig zur Verfügung stellte.