Praxis
So, wie hat er sich denn nun im Dauertest gemacht?
Ich setze den MicroKORG seit 2003 live ein und habe ihn eigentlich immer dabei. Allerdings ist dies nun schon mein dritter, zwei habe ich schon im harten Muckeralltag zugrunde gerichtet.
Hier meine Erfahrungen im Einzelnen:
Robustheit
Das Plastikgehäuse wirkt eigentlich nicht besonders stabil, ist es aber. Da ich immer all mein Equipment zusammen in eine Kiste packe, wird das Gehäuse sehr beansprucht, aber es ist nie zu Bruch gegangen. Schäden im Inneren, z.B. an der Platine, gab es auch keine, trotz zahlreicher Stürze. (Ich habe schon von Keyboards gehört, bei denen die Hauptplatine im Fluggepäck gebrochen ist, obwohl das Instrument im Case verpackt war.)
Die zwei großen Datenräder neigen dazu, abzufallen und mussten schon öfter mit einem Mini-Inbus wieder festgeschraubt werden. Ist aber kein großes Problem.
Schwerwiegender ist die Tatsache, dass die Master Volume-Potis irgendwann anfangen, zu kratzen. Von meinen drei MicroKORGs hat zwei dieses Schicksal ereilt. Die Mini-Potis an der Rückseite zur Regelung des Eingangs-Gains sind auch recht empfindlich, da sollte man beim Verpacken aufpassen, da die Regler etwas herausragen und keinem großen Druck standhalten. Sehr stabil sind dagegen Modulations- und Pitchrad – diese arbeiten immer noch einwandfrei. Ich erwähne das hier, da ich schon oft bei allen möglichen Keyboards Probleme mit den Pitch-Wheels hatte, die irgendwann angefangen haben, Pitch-Befehle zu verschicken, obwohl man sie nicht berührt hat.
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Ansonsten gibt es noch eine gebrochene Taste und einen Kurzschluss in der Stromversorgung zu vermelden, aber im Vergleich zu anderen Synthesizern, die ich im Laufe der Jahre heruntergewirtschaftet habe, muss ich sagen, dass der MicroKORG außergewöhnlich robust ist.
Zuverlässigkeit
Man schaltet den MicroKORG an und er funktioniert. Immer. Ich habe schon viele Probleme mit meinem Equipment erlebt. Abstürze und Ausfälle gab es immer wieder, aber beim KORG eigentlich nie. Es kam ab und zu vor, dass er eingefroren ist und nicht mehr gespielt hat, wenn er sehr lange angeschaltet war. Dann genügte es aber, ein anderes Programm anzuwählen, und er lief wieder.
Sound
Ich benutze den MicroKORG gerne für Flächen, Effektsounds und als Vocoder. In meinem Setup befinden sich auch noch größere und teurere VA Synths, aber der kleine klingt kein bisschen schlechter und hat sich soundmäßig super bewährt. Besonders schön für Flächen ist der Ensemble-Effekt.
Auch für Synth-Bässe und Leads setze ich ihn oft ein.
Mit dem Vocoder kann man bei Pop-Gigs super Backingchöre mitsingen. Allerdings ist die Qualität des Schwanenhalsmikros nicht besonders, da es sehr empfindlich für „S“-Laute ist und etwas zischelt. Es empfiehlt sich also die Anschaffung eines anderen Mikrophons. Korg hat das Problem wohl erkannt und legt dem MicroKORG XL und auch dem R3 ein deutlich besseres Mikrophon bei.
Features
Vier Stimmen sind nicht viel, reichen aber für das meiste, was man so mit einer Hand spielen kann, aus. Wem das zu wenig ist, der sollte sich mal den achtstimmigen MicroKORG XL anschauen.
Wir bleiben hier aber beim “alten” MicroKORG. Die Tastatur ist zwar etwas schmaler als normal, lässt sich aber ganz gut spielen. Sie bietet den Vorteil, dass man größere Intervalle greifen kann als auf einer normalen Tastatur. Da ich gerade bei Flächen und Streichersounds gerne mit Dezimen arbeite, ist das ein echter Vorteil der kleinen Tasten.
Die Tasten sind selbstverständlich anschlagsdynamisch, die Dynamik lässt sich aber nicht besonders gut kontrollieren. Das ist normalerweise kein Problem, wenn man die internen Analogsounds des MicroKORG spielt, wenn man aber mal ein Klaviermodul über MIDI ansteuert, wird das deutlich. Auch das ist beim MicroKORG XL verbessert worden.
Was mir aber sehr fehlt, ist ein Anschluss für ein Sustain-Pedal. Natürlich spielt man auf einem Minisynth keine klassischen Klavierkonzerte mit Pedal, aber manchmal würde man schon gerne eine Fläche halten, um eine Hand für etwas anderes frei zu bekommen.
Manchmal löse ich das Problem so, dass ich bei Flächen das Release auf Maximum stelle. Dann bleibt ein vierstimmiger Akkord so lange stehen, bis ich den nächsten vierstimmigen Akkord anschlage. So bekomme ich dann die Hand frei, um z.B. am Sound zu schrauben.
Übrigens fehlt der Anschluss für ein Sustain-Pedal auch beim MicroKORG XL. Erst der R3 hat diese Möglichkeit.
Es gibt auch zwei Punkte, die beim „alten“ MicroKORG besser sind als beim XL und die mich davon abgehalten haben, auf das (ansonsten natürlich in vielen Punkte überlegene) Nachfolgemodell umzusteigen:
Der „Alte“ besitzt acht Taster, mit denen man die Programme anwählt. In Kombination mit dem A/B-Switch sind es 16 Programme, die man unmittelbar sofort abrufen kann.
Nur die Bankanwahl erfolgt über das große Datenrad. Der XL hat keine acht Taster mehr, sondern stattdessen zwei Datenräder. Möchte man also von Programm 1 zu 127 wechseln, muss man erst mal an beiden Rädern schrauben, bis man den Sound erreicht hat. Das ist mir persönlich zu langsam und zu umständlich. Außerdem braucht der XL ungefähr eine halbe Sekunde, um das angewählte Programm zu laden. Beim „alten“ MicroKORG ist der neue Sound sofort nach dem Anwählen verfügbar. In einer hektischen Live-Situation ist das ein großer Vorteil.
Der MicroKORG hat zwar nicht viele Effekte, aber die entscheidend wichtigen. Hall gibt es z.B. nicht, aber ich persönlich benutze live sowieso grundsätzlich keinen Hall, da er im Bandsound eher stört und das Klangbild vermatscht. Das Delay dagegen ist wichtig und klingt auch gut. Leider gibt es keinen Tap-Tempo-Knopf, um das Delay zur Liveband synchronisieren zu können. Das ist eines der Features, dass ich bei diesem Synth am meisten vermisse. Ein Tap Tempo wäre auch für den Arpeggiator sehr nützlich gewesen. Leider bietet auch der XL dieses Feature nicht. Wer Tap Tempo braucht, der muss sich schon einen RADIAS zulegen oder ein externes MIDI Tap-Pedal, das per Fußanschlag MIDI Clock-Signale generiert, die das interne Tempo des Synths steuern (gibt es von Plyotec für ca. 100 Euro).
Was ich beim MicroKORG ansonsten noch schade finde ist, dass man die Belegung der fünf Drehregler nicht verändern kann, wie es beim R3 möglich ist. Beim MicroKORG sind die Regler fest mit Cutoff, Resonanz, Attack, Release und Tempo belegt. Ich persönlich fände z.B. das Parameter „Delay Depth“ wichtiger als Attack oder Release. Ein paar Parameter kann man sich per Matrix auf das Modulationsrad legen, aber längst nicht alle. Bei den Destinations der Modulations-Matrix fehlen z.B. alle Effektparameter. Also, wenigstens ein frei belegbarer Regler wäre schön gewesen.