Praxis
Inbetriebnahme
Das hat man selten: Aufgebaut, angeschaltet, erstbesten Sound angespielt – verliebt. Sofort war mir klar: Der Minilogue XD sieht nicht nur schick aus und lässt sich prima transportieren, er hat offensichtlich auch klanglich einiges zu bieten.
Klang
Der solide Analog-Grundsound der Oszillatoren erinnert natürlich an den bewährten Minilogue-Bruder. Dem etwas mittigen, beißenden Klang des Filters mag es phasenweise an der Tiefe und Wärme des satten Prologue-Sounds fehlen – dafür kostet der Minilogue XD aber auch weniger als ein Viertel dessen, was für den Prologue aufgerufen wird.
Mit dem Shape-Regler lässt sich nicht wie normalerweise nur die Pulswelle verformen, sondern auch Dreieck und Sägezahn. Das öffnet wieder diverse Türen in Sachen Klangfarben. Außerdem lassen sich via Pitch-Potis die beiden VCO‘s centweise und gefühlt stufenlos gegeneinander verstimmen, was dann angenehm reibende, schwebende Flächen erzeugt. Der Himmel öffnet sich, wenn man sich jetzt noch der internen Effekte bedient, die zwar im Vergleich zum Prologue in abgespeckter Menge, aber dennoch in Hülle und Fülle vorhanden sind.
Stereo-Chorus Effekte treffen auf endlose (Modulations)-Reverbs, und ich möchte meine Hände nicht mehr von den Tasten nehmen. Fast jeder Analog-Synth erwacht bei bestimmten Sounds erst mit externen Effekten zum Leben. Daher ist es wirklich sehr bequem, dass Korg, wie schon beim Prologue, die Effekte einfach direkt integriert hat. Das fühlt sich keineswegs simpel an, sondern eher, als würde man wirklich hochwertige Effekt-Pedale an einen Analog-Synth anschließen. Der größte Unterschied wäre hierbei wohl, dass externe Effekt-Pedale noch mehr Einstell-Möglichkeiten besitzen. Mit den zwei Reglern „Time“ und „Depth“ komme ich doch schnell an meine Grenzen und wünsche mir, die wohlklingenden Effekte noch detaillierter bearbeiten zu können.
Aktiviert man eines der vielen oszillationsfähigen Delay-Modelle, lassen sich auch warme Lead-Sounds angenehm flimmernd ins Ambient-Orbit schicken. Über den Joystick kann man das Ganze noch intuitiv mit Pitch-Bending und Vibrato verfeinern und abschließend mit ein wenig Portamento servieren. Dank der Drive-Schaltung und Cross-Modulation liefert der kleine Wunderknabe aber auch trockene, aggressive Leads mit reichlich Schaum vor dem Mund.
Selbst im Bass-Bereich lässt sich der Minilogue XD nicht lumpen. Tiefgehende, angezerrte Synth-Bässe treffen auf ein Filter, welches dank freudiger Selbst-Oszillation auch fantastisch für Sub-Bässe geeignet ist.
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Dank der schnellen Hüllkurven lassen sich auch grundlegende Drum-Sounds durchaus hören.
Multi-Engine
Das macht alles schon mal richtig Spaß, und wird dann noch mit einer Prise Prologue getoppt: Die digitale Multi-Engine aus dem Korg-Flaggschiff beliefert den Minilogue XD nämlich nicht nur mit verschiedenen Noise-Sounds, sondern beherbergt auch VPM-basierte FM-Klänge, die noch einmal eine ganz neue Sound-Welt aufmachen. Besonders im Arpeggiator-Modus haben es mir die Glocken-Tupfer angetan. Aber in der Multi-Engine hausen unter anderem auch verschwurbelte, dissonante Lead-Sounds, die sich vor allem in Kombination mit den VCO‘s bewähren.
Neue User-Oszillatoren durch Sound Development Kit ‚SDK‘
Neben diesen Sounds bietet die Multi-Engine wie schon beim Prologue die Einbindung eigens kreierter User-Oszillatoren, die mittels der externen SDK-Software erstellt werden und sich dann mit Korg‘s „Sound Librarian“-Software auf den Synth übertragen lassen. Das Sound Development Kit (kurz: SDK) ist mit seiner Open Source-Struktur recht komplex angelegt und eher etwas für Programmierer. Diese haben sich aber glücklicherweise hingesetzt und gebastelt, weswegen sich mittlerweile diverse Custom-Oszillatoren im Internet tummeln, die sich in den verschiedensten Klangwelten bewegen. Beispielsweise hat der Hersteller Mutable Instruments mit „Plaits“ ein ganzes Eurorack-Oszillator-Modul für den Minilouge XD und Prologue nachempfunden
Aber auch viele andere Anbieter sind fleißig am Programmieren und kreieren spezielle, einzigartige Sounds. Das gilt beispielsweise auch für den 2006 gegründeten Softwarehersteller Sinevibes, der sich insbesondere auf die Entwicklung und Herstellung innovativer Musiksoftware spezialisiert hat. Das Unternehmen ist bestrebt, High-End-DSP-Technologien zu entwickeln, die einzigartige neue Sounds erzeugen und dabei intuitiv und benutzerfreundlich sind. Darüber hinaus steckt Sinevibes hinter Software-Entwicklungen für renommierte Hersteller wie Spectrasonics, Novation, Roland … und eben auch Korg, worüber man sich wohl nicht nur beim Prologue und Minilogue XD freuen kann.
Die mir bereit gestellten Softwareprodukte ‚Bent‘ und ‚Turbo‘ von Sinevibes erweitern die Möglichkeiten des Minilogue XD auf eine sehr kreative Weise und lassen nur erahnen, wie viele neue, einzigartige Klangfacetten durch die Multi-Engine in den Minilogue XD integriert werden können. ‚Bent‘ mutet mit seinen sanften Pad-Sounds fast wie eine String- Machine à la Korg Delta an, während ‚Turbo‘ mit seinen glockenhaften, tupferartigen Klängen an FM-Klänge erinnert und Sequenzern jeglicher Art eine große Freude bereitet. Beide Produkte sind abermals eine frische Ergänzung zum analogen Grundsound des Minilogue XD und machen Lust auf noch mehr solcher User-Oszillatoren. Da dürfte man keine Angst haben: Insgesamt stehen im Minilogue XD 16 Slots für derartige Produkte bereit.
Die schier endlosen Soundquellen und Möglichkeiten zur Klangformung halten mich dermaßen bei Laune – da vergesse ich schnell, dass mir zur wirklichen Modulation eigentlich nur ein LFO mit begrenzten Routings zur Verfügung steht. Wer hat eigentlich jemals behauptet, dass nur mittels LFO‘s die Modulations-Herrschaft über die Synthesizer-Welt zu erreichen ist? Der Minilogue XD zeigt mir, dass es auch anders geht.
Sequenzer
Die neue Button-Leiste erleichtert den Workflow des polyphonen Sequenzers erheblich. Man behält stets den Überblick über alle 16 Steps und kann intuitiv addieren, editieren und löschen. Sehr schnell sind hier lebendige Sequenzen gebaut, denen im „Motion Mode“ noch einiges an Bewegung beigefügt werden kann. Insgesamt vier Spuren beherbergt dieser Modus, der jegliche Poti-Bewegungen am Minilouge XD aufzeichnet und sequenziert. Hier entstehen in Windeseile komplexe Automationen und Sound-Texturen, für deren Entstehung ich beispielsweise in einer DAW wesentlich länger gebraucht hätte. Um zu demonstrieren, wie schnell man hier vorankommt, habe ich ein kleines Video aufgenommen.
Die Button-Leiste dient neben dem Sequenzer auch noch der Menü-Navigation. Die vielen Buttons bieten im Edit-Mode direkten Zugriff auf globale und programmspezifische Einstellungen wie etwa MIDI-Settings oder auch das Microtuning. Letztere Funktion kenne ich noch aus dem Korg Monologue, der monophonen Version des Minilouge. Schnell landet man hierbei ausgehend von der klassischen, „wohltemperierten“ Klavier-Stimmung in verschiedensten Settings, bei denen die wohltemperierte Halbtonstruktur, wie wir sie kennen, zugunsten antiker, orientalischer und skalenbasierter Stimmungen ausgetauscht wird. Wie beispielsweise in „Major Pentatonic“, wo anstelle eines Halbtonschritt auf der Tastatur ein Sprung auf den nächsten Ton der pentatonischen Skala vollzogen wird. Es lassen sich auch eigene User-Skalen erstellen. Spielt man in solch einem Kontext dann einen herkömmlichen Akkord oder Melodieverlauf, entstehen völlig neue tonale Strukturen, die eine große Inspirationsquelle darstellen.
Selbst in der Kommunikation mit anderen Geräten wie etwa Drum-Machines schlägt sich der Minilogue XD erstaunlich wacker, sowohl als Master, als auch im Slave-Modus.
Korg Minilogue XD Sound Demo (no talking)
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