Der Korg MS2000 ist ein virtuell-analoger Synthesizer mit Extras wie Modulationssequenzer, Digital Waveforms, Modulationsmatrix oder Vocoder. Tatsächlich erschien der erste Korg MS2000 genau im Jahr 2000, aber das ist Zufall: Der Name sollte wohl eher an den semimodularen Kult-Synthesizer Korg MS-20 erinnern und das Instrument direkt auf einer Erfolgswelle reiten lassen.
Eigentlich war der MS2000 damals so etwas wie ein Nachzügler. Nach Clavias Nord Lead hatten Roland mit dem JP-8000 und Yamaha mit dem AN1x längst ihre respektablen VA-Synthesizer vorgestellt. Doch Korg ließ sich nicht beirren. Der MS2000 ging trotz seiner nur vier Stimmen einen eigenen klanglichen Weg, der auch heute noch für angenehme Überraschungen sorgt. Daran ändert auch der prominente und bis heute produzierte Nachfolger microKorg wenig.
Wer regelmäßig Kleinanzeigen studiert, kennt die günstigen Angebote. Finden wir also heraus, ob sich der Vintage-Synth Korg MS2000 auch heute noch lohnt oder ob das Schnäppchen in der Studioecke verstaubt.
Details & Praxis
Korg MS2000 im Überblick
Der Korg MS2000 ist ein VA-Synth mit zwei klanglich flexiblen Oszillatoren, Multimode-Filter, zwei LFOs, internen Effekten, Arpeggiator und einem Mod-Sequenzer mit 16 Steps. Er bietet insgesamt nur vier Stimmen, was ihm in den damaligen Tests ein dickes Minus einbrachte. Diese können als Single, Split oder Layer verwendet werden. Beide Parts kann man zudem unterschiedlichen MIDI-Kanälen zuweisen. Der interne Speicher bietet Platz für 128 Programme. Als praktisches Extra gibt es noch einen 16-Band Vocoder, der mit einem Oszillator und ebenfalls vier Stimmen arbeitet. Mit dem Korg MS-20 hat der MS2000 also zumindest konzeptionell nichts gemeinsam.
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Anhand von drei Factory-Demosongs kann man sich schon mal einen akustischen Eindruck verschaffen. Mit ein paar Arrangiertricks lassen sich sogar mit nur zwei vierstimmigen Multimode-Parts ansprechende Retro-Sequenzen erzeugen. Heute allerdings könnte und würde man dem MS2000 stilistisch andere Demos verpassen.
Herzlichen Dank an Stephan Kümpel, der seinen MS2000R für dieses Feature zur Verfügung gestellt hat.
Audiobeispiele Korg MS2000
Varianten des Korg MS2000
Insgesamt gibt es vier Hardware-Modelle des Korg MS2000. Eine VST-Variante wird Korg wahrscheinlich irgendwann noch herausbringen. Die erste Version des Korg MS2000, leicht erkennbar am blauen Bedienfeld, kam im Jahr 2000 auf den Markt. Als Variante gab es dann noch den MS2000R als Synthesizer ohne Tastatur. Im Keyboard Mode können die 16 Funktionstasten dabei bei Bedarf auch als Tastatur verwendet werden.
Die folgende Fotostrecke zeigt die vier gebauten Versionen des Korg MS2000.
Eine Neuauflage erschien dann im Jahr 2003: Der MS2000B und die Expander-Version MS2000BR sind mit ihrer schwarzen Metalloberfläche nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern bieten zudem aktualisierte Factory-Sounds und ein dediziertes Mikrofon für den Vocoder. Darüber hinaus ist es möglich, MS2000 und MS2000B zusammenzuschalten, um so im Idealfall eine achtfache Polyphonie zu erreichen. Ob sich dieser Aufwand technisch und finanziell lohnt, sei allerdings dahingestellt.
Die Hardware des Korg MS2000
Der Korg MS2000 präsentiert sich robust, in funktionalem Design. Mit seiner kompakten Hardware könnte er auch heute noch als Neuerscheinung durchgehen. Leuchtende Augen bekommt man dann beim Betrachten des Panels, das mit relativ vielen Knöpfen und Reglern bestückt ist. Mit 28 Parametern kommt jeder Designer damit schnell zur Sache. Weiteres erfährt man dann auf dem beleuchteten zweizeiligen Display mit 16 Zeichen (8 × 5 Pixel). Am Rande: Der Lautstärkeregler dient auch zum Ein- und Ausschalten des Gerätes – und die mechanische Verarbeitung ist durchweg in Ordnung.
Zweifellos ist der MS2000 ein Instrument für Performer. Die rund sieben Kilogramm schwere Tastaturversion verfügt über 44 dynamisch spielbare Tasten, allerdings ohne Aftertouch. Dazu kommen zwei klassische Handräder und auf der Rückseite Anschlüsse für weitere Spielhilfen wie Schwellerpedal oder Fußtaster. Weiter geht’s: Stereosumme, Kopfhöreranschluss, zwei Audioeingänge und das MIDI-Trio fehlen ebenso wenig. Das Netzteil und ein Schwanenhalsmikrofon für den Vocoder gehören auch noch zum Lieferumfang des MS2000.
Korg MS2000 Oszillatoren
Die beiden Oszillatoren des Korg MS2000 sind klanglich variabler als bei den meisten einfachen VA-Synthesizern. Dabei ist OSC1 übrigens mächtiger als sein Partner. Er bietet Sägezahn, Dreieck, PWM, eine Sinuswelle, die von OSC2 modelliert werden kann (Crossmodulation), Vox Wave, Noise und nicht weniger als 64 digitale Wellenformen (DWGS). Letztere stammen zum Teil vom Korg DW-8000 und sorgen für ein klanglich breit gefächertes Angebot.
Mit den beiden Control-Reglern kann die Wellenform für jede Oszillator-Einstellung in einigen spezifischen Parametern verändert werden. OSC1 bietet zusätzlich die Option, externe Audiosignale einzuspeisen.
Der zweite Oszillator des Korg MS2000 konzentriert sich weitgehend auf drei klassische Synthesizer-Wellenformen wie Ringmodulation und Oszillator-Synth. Hier ermöglichen zwei Drehregler die Grob- und Feinabstimmung.
MS2000 Filter, Hüllkurven und mehr
Weiter geht es mit dem Multimode-Filter, das vier Typen bietet: 12 dB und 24 dB Tiefpass sowie Bandpass und Hochpass. Wie das folgende Audiobeispiel zeigt, sind viele gängige Filtereinstellungen leicht realisierbar. Die Resonanz kann auf Wunsch sogar bis zur Selbstoszillation getrieben werden.
Audiobeispiel Korg MS2000
Neben zwei klassischen ADSR-Hüllkurven stehen zudem zwei brauchbare LFOs inklusive Sample & Hold zur Verfügung.
Die Effektsektion des MS2000 ist angenehm wie praktisch und verzichtet auf einen Hall, den man heute ohnehin durch ein hochwertiges Reverb-Plugin ersetzen würde. Bis zu drei Effekte können dabei gleichzeitig verwendet werden. Im Einzelnen handelt es sich dabei um einen Modulationseffekt (Ensemble, Phaser oder Chorus/Flanger), ein Delay (Stereo, Cross, L/R) sowie einen Equalizer.
Der Arpeggiator beherrscht insgesamt sechs klassische Patterns. Sehr gut beim MS2000 ist übrigens, dass es einen eigenen Regler für die Gate-Zeit der Arpeggio-Noten gibt. Wie sich eine Veränderung der Gate-Zeit klanglich auswirkt, zeigt ein Audiobeispiel.
Audiobeispiel Korg MS2000
Modulation Sequencer und Virtual Patch
Für modulativere Sounds spendierte Korg dem MS2000 noch das „Virtual Patch“. Dieses Feature ist nichts anderes als eine kleinere Modulationsmatrix mit jeweils vier frei zuweisbaren Verknüpfungen von Parametern und Controllern. Das eigentliche Highlight ist allerdings der Modulation Sequencer des Korg MS2000.
Dabei handelt es sich um einen dreispurigen Step-Sequenzer mit jeweils bis zu 16 Steps, die frei wählbare Klangparameter steuern. Mit den 16 Drehreglern lassen sich dabei spontan beliebige Muster zur rhythmischen Modulation erzeugen. So kann man seiner Kreativität freien Lauf lassen. Sogar Wave-Sequencing ist möglich, indem man die DWGS-Wellenformen moduliert. Noch raffinierter wird es jedoch, wenn Arpeggiator und Mod-Sequenzer kombiniert werden.
Fünf Audiobeispiele zeigen im Anschluss, welche klanglichen Auswirkungen der Mod Sequencer haben kann. Die ersten beiden Beispiele entstanden mit einem initialisierten Programm und zeigen einfache Modulationen (Filter, Noise, etc.), drei weitere Hörbeispiele verwenden Factory Sounds, die zunächst ohne und dann mit Mod Sequencer abgespielt werden.
Audiobeispiele Korg MS2000
Die Handhabung des Korg MS2000
Zu diesem Thema fassen wir uns kurz: Mit dem Korg MS2000 erhält man definitiv ein Gerät, das ein spaßbetontes „hands on“ garantiert. Lediglich für die Verwaltung der 128 Speicherplätze wird man einen Computer heranziehen müssen. Alle geänderten globalen Parameter (MIDI, Dynamik, Pedal, User Scale, etc.) muss man übrigens abspeichern.
Kleines Extra: Die vielen Taster des Korg-Synthesizers geben Daten über MIDI aus. So kann man den MS2000 beispielsweise im heutigen DAW-Studio auch zur Steuerung von Software-Instrumenten einsetzen. Zwar muss man diesen Hardware-Controller erst an die Parameter der Synthesizer-Plugins anpassen, aber das ist möglich. Leider hat der interne Step-Sequenzer des MS2000 seine Tücken. Er gibt keine Noten über MIDI aus, was schade ist. Immerhin funktioniert die Temposynchronisation via MIDI einwandfrei.
Wie klingt der MS2000?
Grundsätzlich ist der Korg MS2000 vielseitig, allerdings ist er nicht der beste Allrounder für Bässe, Leads und Pads. Für breite Flächensounds gibt es ohnehin weitaus bessere Vintage-Synths. Ähnlich wie der microKorg fällt der MS2000 vor allem durch seinen leicht forschen und manchmal rauen Grundsound auf, den manche Synthesizer-Fans als „typisch britisch“ charakterisieren. Dazu muss man sich nur einmal die originalen Factory-Programme des MS2000 anhören. Neben den Single-Sounds spielen wir auch Programme im Dual-Mode an. Natürlich gibt es obendrauf noch ein paar Klassiker wie Bläser- und E-Piano-Varianten. Aber dafür kauft man sich bestimmt keinen MS2000.
Am besten startet man mit dem „Sound Init“ und lässt sich vom Modulationssequenzer zu individuellen Phrasen verleiten. Bei modulierten mono- oder duofonen Synthesizer-Linien für elektronische Musik zeigt der MS2000 seine Kernkompetenz. Ebenso wertvoll ist der Vocoder. Sobald einem die Ideen ausgehen, gibt es im Netz noch Angebote. Auch stellt Korg 128 Patches kostenlos zum Download bereit.
Audiobeispiele Korg MS2000
Alternativen zum Korg MS2000
Analog Modeling bieten auch andere Vintage Synthesizer. Clavia produziert beispielsweise noch immer den Nord Lead und hat mit dem Nord Lead A1 ein Neugerät im Angebot. Der Roland JP-8000 und seine Rackversion sind jedoch beliebter als der MS2000. Auch sie gefallen durch ihre intuitive Bedienbarkeit. Wer den originalen „Super Saw“-Oszillator und mehr Stimmen für die Pads will, fährt mit Roland besser. Wem Polyphonie wichtig ist, sollte sich auch einmal bei Novation umsehen. Der SuperNova, der zwischen 1998 und 2000 produziert wurde, schafft 20 und mehr Stimmen. Allerdings wird damit auch teurer.
Ähnlich günstig wie der MS2000 ist der Yamaha AN1x zu haben. Seine tollen Synthesefähigkeiten lassen sich aber bei weitem nicht so praktisch am Panel erschließen. Schließlich ist auch der microKorg eine Alternative, wenn man auf den Modulations-Sequenzer des MS200 verzichten kann. Als Plugin kann man ihn sogar direkt in die DAW einbinden. Die Sounddaten sind dabei weitgehend kompatibel zum MS2000.
Fazit
Auch nach mehr als 20 Jahren begeistert der Korg MS2000. Für den Kauf eines gebrauchten Exemplars sprechen der Mod-Sequenzer, der forschere Sound, die intuitive Bedienung am Panel und der integrierte Vocoder. Er klingt schon anders als der Korg Radias, der ebenfalls Analog-Modeling und einen Modulationssequenzer bietet.
Einen gebrauchten MS2000R erhält man derzeit für ca. 400 Euro für einen MS2000B muss man 800 Euro bezahlen. Im Vergleich zu anderen Vintage-Synthesizern kann man hier durchaus noch von moderaten Preisen sprechen. Technisch gibt es auch nichts zu bemängeln. Als Budget-Tipp empfehlen wir die Rack-Version des MS2000, günstigerweise erwischt man die 2003 erschiene und seltenere B-Version.
Auch wenn der Korg MS2000 leider im Schatten des microKorg steht, bietet er doch wesentlich mehr „Schraub“-Potenzial für Kreative. Selbst wenn Korg bald eine Emulation des MS2000 auf den Markt brächte, bliebe der haptische Spaß an der Original-Hardware ungetrübt. Lang lebe der MS2000!
Pro
- Eigenständiger VA-Sound
- Intuitiv bedienbar
- Modulation Sequencer
- Guter Vocoder
- Weitgehend kompatibel mit microKorg
- Relativ viele gebrauchte Exemplare preiswert
Contra
- Nur vier Stimmen
Die originale Korg MS2000 Bedienungsanleitung (deutsch) zum Downloaden.