Mit dem multi/poly ergänzt Korg seine Reihe der 37-Tasten-Synthesizer mit einem deutlich aufgebohrten VA-Synthesizer. Der Korg multi/poly beherrscht Analog Modelling, bietet zusätzlich zu den virtuell analogen Oszillatoren auch die Möglichkeiten, Waveshaper einzusetzen und ist in der Lage, Wavetables zu nutzen. Dank etlicher Modulationsquellen, einer gut klingenden Effektsektion, sowie vielen Performance-Controllern dürfte sich Korgs Neuzugang gleichermaßen an Live-Performer und Sounddesigner richten.
37 halbgewichtete Tasten, Motion Pad und mehr
Anscheinend wurde die Tastatur des Opsix oder Modwave hier nicht verbaut. Denn rein von den Spezifikationen her entspräche die Variante im multi/poly mit ihrer halbgewichteten Ausführung eher der des KingKorg NEO und reagiert neben Anschlagdynamik auch auf Release.
Schön ist es, dass Korg wieder das XY-Motionpad eingebaut hat, was mit den unterschiedlichen “Kaoss Physics”-Algorithmen für Happy Accidents sorgt, und auch sonst bei Live-Performances hilfreich ist. Zahlreiche Regler, sowie Mod- und Pitchwheel unterstützen zusätzlich bei der Klangforschung.
Zur Studio-Integration finden sich auf der Rückseite des Gehäuses zwei Audio-Line-Outs, Kopfhörerausgang, USB-Anschluss, MIDI Ein-/Ausgang, sowie ein Pedaleingang. Schön finde ich auch, dass immer mehr Hersteller gleich Cases oder Abdeckhauben für ihre Geräte mitliefern. So auch Korg, die ihrem multi/poly gleich ein passenden Softcase beilegen.
Soundstruktur bei 60-facher Polyfonie
Eine “Performance” (Preset) des bis zu 60-fach polyfonen multi/Korg besteht aus bis zu 4 kompletten Soundprogrammen. Man kennt das bereits von anderen Synths dieser Serie wie dem Modwave. Diese Struktur ermöglicht umfangreiche Layer-, Split- und Layer-Rotate-Sounds. Wie viele Splitzonen zur Verfügung stehen und was sich hinter dem Layer-Rotate-Modus verbirgt, ist noch nicht bekannt.
Für dich ausgesucht
Virtuelle Voicecards – Was ist das?
Ebenfalls den Spezifikationen zu entnehmen, sind die sogenannten virtuellen Voicecards. Auf Nachfrage bei Korg handelt es sich dabei im Detail um eine neue Generation der internen Analog-Modeling-Technologie.
Demnach “beschränkt sich das Modeling nicht nur auf einzelne Komponenten wie Oszillatoren und Filter, sondern es werden auch die kompletten Voice Cards bzw. Einzelstimmen des Synths als Gesamtes gemodelt. Da es auf diesen bei analogen Synths aufgrund von Fertigungstoleranzen bei den einzelnen Elektronikkomponenten natürlich immer zu winzigen Unterschieden kommt, hat auch jede einzelne Stimme ihren ganz eigenen Klangcharakter.
Das heißt, dass beim multi/poly jede Stimme einen minimal anderen Klang erzeugen kann, auch wenn man z. B. die gleiche Taste mehrmals nacheinander anschlägst (also ähnlich dem Verhalten eines Analogsynths, was ja unter anderem den “analogen Klangcharakter” ausmacht). Wie stark dieses Verhalten ausgeprägt sein soll, lässt sich natürlich innerhalb des Soundprogramms einstellen.” (Korg)
Das klingt – zumindest in der Theorie – jetzt schon sehr vielversprechend! Mal abwarten, wie sich das in der Praxis anhört.
Die vier Oszillatoren des Korg multi/poly
Am Anfang des Signalwegs stehen vier Oszillatoren die wahlweise virtuell analog sein können, digitale Wavetables beherbergen oder im WestCoast-/Buchla-Style mit Waveshapern geformt werden. Dazu stehen über 90 (!) verschiedene Shaper-Typen bereit. Eigene Wavetables lassen sich ebenfalls importieren, wodurch sich die Klangpalette zusätzlich erweitern lässt.
Weiterhin gibt es zwischen den Oszillatoren flexible Routing-Möglichkeiten wie Sync, Ring- und Crossmodulation. Damit dürfte bereits auf Oszillator-Ebene einiges an Klangpotential vorhanden sein, das sich mit dem anschließenden Filter weiter schleifen lässt.
Dual Filter mit unterschiedlichen Modi
Der Korg multi/poly bietet ein Dual-Filter, bei dem sich mehrere klassische Filtermodelle auswählen lassen. Bekannt sind Mono / Poly, MS-20, SEM, Mini und Pro. Während die ersten beiden Filterbezeichnungen klar sind, dürfte es sich bei den anderen beiden Varianten um Emulationen der Moog-Kaskade, sowie dem Prophet-Filter handeln. Selbstverständlich lassen sich für die Filter auch jeweils unterschiedliche Flankensteilheiten auswählen.
Für Freunde bewegter Sounds: Die Modulationsquellen des Korg multi/poly
Zur automatischen Klangsteuerung finden sich im Korg multi/poly 4 loopbare DAHDSR-Hüllkurven mit unterschiedlichen Charakteristika (Mono/Poly, Prophet 5, Odyssey), 5 weitere LFOs, Motion Sequencing, sowie 6 Modulationsprozessoren, die sich in einer Modulationsmatrix umfangreich routen lassen. Wahrscheinlich wird Korg hier wieder auf vorhandenen Entwicklungs-Know-How zurückgreifen und dieser Block weitgehend den flexiblen Routingmöglichkeiten entsprechen, die ich z.B. schon beim Modwave schätzen gelernt habe. Da in den Specs auch von einem Editor/Librarian die Rede ist, sollte man bei Bedarf auch das Menü-Diving umgehen können.
Insgesamt also eine überzeugende Gesamtpackung, auf die sich Live-Performer und Sounddesigner gleichermaßen freuen können. Ich bin schon gespannt, wie sich der multi/poly dann in der Praxis macht. Falls ihr den Test nicht abwarten wollt, könnt ihr euch den Korg multi/poly auch jetzt schon für rund 940 € bestellen.
Features Korg multi/poly
- 37 halbgewichtete Tasten (anschlags- und release-dynamisch)
- Virtuelle Voicecards simulieren das Verhalten einzelner analoger Stimmen in einem Poly-Synth
- 4 Oszillatoren pro Program (wahlweise „Classic“ virtuell analoge Wellenformen, „Digital“ Wavetables oder „Waveshaper“)
- flexible Routing Optionen für Oszillator Sync, Ring- und Cross-Modulation
- Dual Filter mit klassischen Filtermodellen wie Mono / Poly, MS-20, Mini oder Pro
- 4 DAHDSR-Hüllkurven mit unterschiedlichen Verläufen (Mono/Poly, Odyssey, Prophet 5)
- 5 LFOs
- 6 Modulationsprozessoren
- bis zu 4 komplette Soundprogramme innerhalb einer Performance für Layer-, Split- und Layer-Rotate-Sounds
- 3 Effektblöcke mit Multi-Effekten; Master-Reverb; Master-EQ
- Maximale Polyphonie: 60 Stimmen
- Motion Sequencing 2.0
- Kaoss Physics mit dediziertem X/Y Touchpad
- 4 programmierbare „MOD“-Regler für Parameteränderungen
- Pitch- und Modulationsrad; Arpeggiator
- Import-Möglichkeit für eigene Wavetables in Standardformaten
- Editor-/Librarian-Software für Mac und PC
- inkl. externes Netzteil KA390VI sowie Softcase
- Anschlüsse: 2x Line Ausgang 6.3 mm Klinke, Stereo Kopfhörerausgang 6.3 mm Klinke, Dämpfer Pedal Eingang 6.3 mm Klinke, MIDI Ein- und Ausgang, USB-B
- Abmessungen: 566 x 93 x 319 mm (BxHxT)
- Gewicht: 3.5 kg