Künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Kaum ein Lebensbereich wird nicht von ihr berührt und so ist es keine Überraschung, dass sie auch den Alltag im Bereich Songwriting und Gesang prägt. Welche KI-Tools sind hilfreich, wie sehen die rechtlichen Bedingungen aus und die wichtigste Frage: “Wird unser Job als Songwriter*in und Sänger*in bald überflüssig?” In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf Künstliche Intelligenz in der Musikbranche.
KI in der Musikwelt. Die aktuellen Entwicklungen:
Ich erinnere mich an den Moment, als ich auf TikTok einen Song von Drake gehört habe. Doch dass es sich dabei um einen Deepfake, also eine täuschend echte Nachahmung durch KI, handelt, war nicht zuletzt aufgrund der realistischen Stimmfarbe und Phrasierung mehr als überraschend. Dieser Song machte mir klar, dass diese KI-Entwicklung fortan auch in der Musik eine große Rolle spielen würde. Von Stimmveränderung über Lyrics-Dichtung bis hin zu Melodie- und Beat-Komposition gibt es bereits zahlreiche Programme, die jede Woche dazulernen und per Knopfdruck dabei helfen, Songs zu schreiben. Dass dies neben unglaublich vielen neuen Möglichkeiten auch urheberrechtliche Fragen und Existenzängste aufwirft scheint glasklar. Im nächsten Absatz stelle ich euch zunächst KI-Programme vor, die sich gut für Songwriting und Gesang eignen.
AI Music und Tools mit künstliche Intelligenz sind hipp: Die besten AI-Tools für deine Musikproduktionen zeigen wir in unserer Übersicht!
Welche Tools bieten einen kreativen Umgang mit KI im Bereich Songwriting und Gesang?
Texten mit ChatGPT
Aus meiner eigenen Erfahrung als Sänger und Songwriter gibt es Tools, die inspirieren und dabei helfen können, einen kreativen Umgang mit KI zu finden. So benutzen Songwriter-Kollegen und ich in Sessions immer häufiger ChatGPT um Input für Lyrics zu bekommen. Durch Prompts wie “Nenne mir 50 Wörter im Wortfeld “Weltraum” erhält man in wenigen Sekunden eine Auflistung an Begriffen, die neue Ideen zum Texten geben können. Man kann hierbei durchaus detailliert und genau werden wie z. B. “Nenne mir zehn moderne, dreisilbige Reime auf das Wort Sternenstaub”. Darüber hinaus bietet sich ChatGPT auf sprachlicher Ebene auch als intelligente Search Engine an, solltest du beispielsweise wissen wollen, ob eine bestimmte Zeile grammatisch auf Englisch korrekt ist. Du kannst ChatGPT aber auch fragen, ob es eine umgangssprachliche, coolere Art gibt “you make me go crazy” zu sagen und im Handumdrehen bekommst du zehn Vorschläge wie “You’ve got me trippin” oder “You make me lose my cool”.
Stimmfarbe anpassen bei Auftragssongs
Ein weiteres Tool für die Stimmveränderung bietet das Programm LalasAI (https://lalals.com/), mit der man seine eigene Stimme klanglich verändern kann. Hierbei gibt es eine große Auswahl an Stimmen bekannter Stars aber auch Originalen (also rein künstlich erzeugten Stimmen). Die Stimmen von Stars dürfen richtigerweise aufgrund von Persönlichkeitsrechten nicht zur kommerziellen Nutzung verwendet werden. Vielmehr ist es ein Tool für Songwriter, um Songs an andere Künstler oder Produktionen zu pitchen. Schreibt man also einen Song in einem Stil, der der eigenen Stimme nicht so liegt, kann man durch die KI eine Stimme finden, die sich eignet. So kann man dem Song genau den Vibe verleihen, den es braucht und steigert wohlmöglich die Chance, platziert zu werden. Es bietet also eine Art Orientierung für den Stimmsound und verdeutlicht die Vision, die man für den Song hat. Oder wer hätte gedacht, dass man eine sanfte männliche Stimme in ein paar Minuten zu einer kratzigen Frauenstimme verwandeln kann? Bei lalals.com braucht man lediglich eine trockene Solospur des Gesangs und lädt diese in das jeweilige Stimm-Setup. Man sollte keine Spuren nehmen, die zu viel Stille beinhalten, da der Algorithmus ansonsten fehlerhaft werden und die Stimme glitchy klingen lassen kann. Man beachte allerdings, dass die KI stetig lernt und natürlich hier in Zukunft immer besser werden wird. Die Plattform bietet unterschiedliche Abo-Modelle, welche sich in Qualität und Auswahl verschiedener Stimmen unterscheidet.
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KI-generierte Musik erfordert neue rechtliche Standards und Regelungen
Wer hat nun aber die Rechte an von ChatGPT produzierten Inhalten oder von lalas.com nachgeahmten Stimmen von Rihanna oder The Weeknd? Da KI sich in einem rasanten Tempo verändert und neue Bereiche erfasst, ist eine rechtliche Klärung unabdingbar. Vieles wird bereits an internationalen Gerichten und Parlamenten verhandelt und besprochen. Allerdings gibt es zum jetzigen Stand noch einige schwammige Punkte. Laut europäischem Urheberrecht fällt etwas nur dann unter das Urheberrecht, wenn der Output das Ergebnis menschlichen geistigen Schaffens ist. Dies ist bei einer künstlichen Intelligenz jedoch nicht der Fall.
Darum fordern zahlreiche Kunstschaffende und Juristen eine Anpassung des Urheberrechts, die KI-Programmen verbietet, ohne Zustimmung und Vergütung der Rechteinhaber aus urheberrechtlich geschützten Inhalten zu lernen.
Wie bereits erwähnt, bietet zusätzlich das Persönlichkeitsrecht, mit der Stimme als Merkmal der eigenen Person, einen Schutz vor Missbrauch. So haben bekannte Sänger wie Drake bereits erfolgreich Songs mit ihrer KI generierten Stimme sperren lassen.
Es bleibt also noch viel zu klären. Nicht zuletzt deswegen hat die EU kürzlich die KI-Verordnung auf den Weg gebracht, die darauf abzielt “Innovationen zu fördern, gleichzeitig das Vertrauen in KI zu stärken und sicherzustellen, dass diese Technologie in einer Weise genutzt wird, die die Grundrechte und die Sicherheit der Bürger der EU respektiert.”
Werden wir in Zukunft unsere Existenzgrundlage verlieren?
Trotz der zahlreichen Möglichkeiten, die Künstliche Intelligenz bietet, bereitet sie uns Kunstschaffenden auch Sorge. Die Existenzgründung als Musiker*in ist auch ohne KI schon beschwerlich. Ich glaube persönlich jedoch, dass wir einen Vorteil haben. Musik ist vor allem Eines: Ergebnis situativer, individueller Emotionen. KI greift immer nur auf bereits Existierendes zurück. So liegt es immer noch an uns Menschen, Musik und Kunst umzugestalten und mit unserem eigenen Fingerabdruck zu versehen. Für Musik gibt es nun mal keine feste Formel, keine Mathematik, keine Berechnung. Dies bleibt die riesige Stärke kreativer Sparten und wird es, meiner Einschätzung nach, auch noch lange bleiben.
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Das richtige Mindset fürs Songwriting
https://www.bonedo.de/artikel/ki-fuer-sound-und-musikdesign/
https://www.bonedo.de/artikel/guter-workflow-bei-songwriting-und-vorproduktion/
https://www.bonedo.de/artikel/die-toolbox-fuer-deinen-song-10-tipps-fuer-besseres-songwriting/
Wellenstrom sagt:
#1 - 27.08.2024 um 17:12 Uhr
Mit Sicherheit wird die KI in der Musik (wie auch in anderen Bereichen) viele Arbeitsplätze kosten. Allein, wenn ich an die Werbebranche, Gamingindustrie und Filmindustrie denke, wird da in weiten Teilen zukünftig auf die Kompositionsarbeit von Musikern für Jingles, Soundtracks, etc. verzichtet werden. Nicht heute, nicht morgen, aber spätestens dann, wenn die KI auch mischtechnisch richtig funktioniert. Zumindest in der Hinsicht liegt noch einiges im Argen. Andererseits ist aber auch klar, dass individuell klingende Musiker sich immer irgendwo durchsetzen werden. Die individuelle Handschrift ist kaum ersetzbar und wie eine Marke in Hinsicht auf Marktwert zu betrachten. Kurz: Wer heute Samples hin und herschiebt und mit vorgefertigten Patterns arbeitet, ist leichter zu ersetzen als der Musiker, der Musikproduktion ganzheitlicher betrachtet und den künstlerischen Aspekt dabei nicht aus den Augen verliert.
Stefan sagt:
#1.1 - 28.08.2024 um 07:53 Uhr
Ich denke auch, dass "echtes" Musikmachen (was auch immer man darunter versteht) immer Relevanz besitzt, ist es doch eine Ausdrucksform, die Menschen seit Jahrtausenden nutzen. Das Leben von Musik und der damit verbundene Traum einer Karriere im Musikbusiness dürfte allerdings durch KI massiv torpediert werden. Zum Teil auch genau aus den Gründen, die du angeführt hast. Mit dem Wegfallen von Auftragsproduktionen entfällt eine wesentliche Einnahmequelle für viele Musiker. Das mit Konzerten wirklich aufzufangen, bleibt einem kleinen Kreis vergönnt. Und auch das Problem spitzt sich immer weiter zu, wie Catharina Bouthari in ihrem Artikel hier jüngst beschrieb. Am Ende bleibt für viele womöglich die Frage, ob sich ein Hobby ohne Perspektive einer Professionalisierung noch lohnt. Für mich ist das klar zu bejahen - Musikmachen ist weit mehr als möglicher Ruhm oder eine Möglichkeit, den Lebensunterhalt zu verdienen. Schade finde ich es trotzdem, dass einem diese Möglichkeit mehr und mehr genommen wird und AI-Firmen nicht einmal zur Kasse gebeten werden, wenn sie ihre Maschinen mit bestehenden Werken trainieren.
Antwort auf #1 von Wellenstrom
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenKlaus sagt:
#2 - 28.08.2024 um 22:30 Uhr
Eher völlige Verblödung. Anfangs irgendwie cool und „neu“. Bald merkt man aber, dass irgendwas nicht stimmt. Sich wiederholt, einfach langweilig ist…
Catharina Boutari sagt:
#2.1 - 30.08.2024 um 21:34 Uhr
Meinst du nicht, das hängt davon ab, wie die KI benutzt wird. Für mich ist es immer der Mensch, der es versiebt und nicht die Technik.
Antwort auf #2 von Klaus
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenGeWiErrEff sagt:
#3 - 15.09.2024 um 10:47 Uhr
Wie wäre es - zur Abwechslung mal - mit echter Arbeit zur Sicherung des Lebensunterhalts, anstatt jetzt auch noch mit KI zur akustischen Umweltverschmutzung und Wohlstandsverblödung beizutragen? Dieses Karrieredenken ist auch ohne KI schon schwer erträglich und mir ist es völlig schnuppe ob irgendwelche Pseudomusiker in Zukunft ihre Kohle weiterhin mit Werbemusik einfahren können. Der amerikanische Komponist Charles Ives war beruflich zeitlebens mit Versicherungen befasst, schrieb in der Freizeit seine großartigen Symphonien und wurde trotzdem weltberühmt... Seltsames Konzept in Zeiten der asozialen Medien.