Ihr wolltet schon immer wissen, was es bedeutet „Laid Back“ oder „Behind the beat“ zu spielen? In diesem Workshop werden wir uns diesem Thema nähern und das Thema Microtiming genauer unter die Lupe nehmen. Denn wer „Laid back“ spielt, der hat die Kontrolle über ein wichtiges musikalisches Werkzeug und kann damit ein rhythmisches Feeling erzeugen, was alleine durch minimale Verzögerungen im rhythmischen Getriebe entsteht. Dabei handelt es sich oftmals nur um Bereiche unterhalb einer Zehntelsekunde, und deshalb dürften sich besonders Schlagzeuger und Bassisten in dieser Materie auskennen – als Keyboarder ist man in dieser Hinsicht oftmals etwas unbedarft. Das soll sich mit diesem Workshop ändern, denn in hier zeige ich euch einige Tipps und Tricks, um endlich in den Genuss des „Laid Back“-Feels zu kommen.
Was bedeutet ‘Laid Back’ zu spielen?
Laid Back beschreibt ein besonderes Rhythmusgefühl, und bedeutet, immer etwas hinter dem eigentlich punktgenauen Rhythmus bzw. Takt zu spielen. Setzt man die ‘Laid Back’-Spielweise gezielt ein, lässt sich eine einzigartige Stimmung erzeugen, die in balladigen Musikstilrichtungen ein entspanntes Feeling vermittelt. Wer diese Technik einsetzen will, sollte über ein sicheres Taktgefühl und (Micro)Timing verfügen.
Microtiming: Basis des ‘Laid Back” spielens
Was ist eigentlich Microtiming und wofür brauche ich es?
„Microtiming“ ist die Kunst, Noten nicht nur genau auf dem Beat, sondern auch leicht verzögert oder alternativ auch zu früh zu spielen. „Microtiming“ ist auch das Schlüsselwort in unserem Workshop, denn darum geht es hier. Zeitlich gesehen handelt es sich dabei – grob verallgemeinert – um Bereiche zwischen 0 und etwa 100 Millisekunden – das hängt natürlich sehr vom Tempo des Songs ab. „Laid Back“ meint also nichts anderes, als eine minimale Verzögerung: Gespielte Noten liegen dann nicht mehr genau auf dem Beat, sondern eben dahinter. Kurzum: „Behind the beat“. Und das Beste daran ist, dass man diese Verzögerungen trainieren kann. Im ersten Schritt ist es also wichtig, dass wir zum Üben entweder zu einem Metronom oder z. B. zu einer Drum-Loop spielen, denn die erwünschte Verzögerung wird natürlich erst im Kontext hörbar. Das verzögerte Element kann übrigens alle möglichen Instrumente betreffen: Der Bass kann „hinter“ dem Schlagzeug gespielt werden, oder auch das Klavier hinter der gesamten Rhythmusgruppe. Probieren wir es also aus!
‘Laid Back’ verstehen lernen
Was ist eigentlich Laid Back Spielen? Und wie kann ich mir das vorstellen?
Um den Begriff „Laid Back“ für die praktische Anwendung zu verstehen, eignet sich folgender Vergleich: Stellen wir uns vor, zwei Menschen laufen im Gleichschritt nebeneinander, die Beine bewegen sich synchron. Jetzt verzögert eine Person einen einzelnen Schritt und nimmt danach wieder die vorige Geschwindigkeit auf. Jetzt laufen beide Personen zwar in der gleichen Geschwindigkeit, doch die Füße setzen jetzt leicht versetzt auf, eine Person „schleppt“. Diese Trägheit zwischen den beiden Personen ist es, die in der Musik einen besonders großen Reiz hat. Wer „Laid Back“ spielt, der besitzt eine „Coolness“, die man anders nicht erzeugen kann. Je nach Stilrichtung und Tempo lassen sich hier wirklich große „Verzögerungen“ und eine besondere Wirkung erzeugen.
Zum Einstimmen möchte ich zunächst auf ein paar wichtige musikalische Alben hinweisen, in denen das Laid-Back-Feel besonders deutlich zu hören ist.
Video: D’Angelo „One Mo’Gin“ (aus dem Album Voodoo)
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Wie gehe ich also am besten vor, um das „Laid Back“-Spielen zu lernen?
Mentale Vorbereitung auf das ‘Laid Back’ spielen
Wie bereite ich mich mental vor?
Wie der Name schon verrät, geht es beim „Laid back“ Feel nicht nur um eine einstudierte Übung, sondern vor allem um Gefühl. Die Verzögerungen sollten in Fleisch und Blut übergehen und müssen soweit verinnerlicht werden, dass man sie nach Gefühl anwenden kann. Je nach Musikrichtung kann das sehr stark variieren: Im Bereich des Neo-Soul z. B. gehört das Laid Back Feel quasi zur Stilrichtung mit dazu. Dazu ist es wichtig, dass wir die Noten verinnerlicht haben und nicht mehr aufs Notenblatt schauen müssen. Weiterhin helfen jetzt ein paar körperliche und mentale Übungen.
Was macht einen Musiker aus, der “Laid back” spielt? Er ist entspannt, besitzt eine innere Ruhe und Gelassenheit. Deshalb hilft es sehr, sich in diese Lage zu versetzen. Eine entspannte Körperhaltung, so wie wir es z. B. in unserem Workshop „Die richtige Körperhaltung am Klavier“ zeigen. Die Handgelenke gut durchschütteln, den Rücken gerade und nach Möglichkeit jede zu große Anspannung vermeiden. Cool bleiben, eben. Denn wer zu früh spielt, der ist alles andere als “Laid Back”.
Wichtige Voraussetzung: Übe mit einem Metronom
Warum muss ich mit einem Metronom üben?
Die Antwort ist ganz einfach: Wer nicht auf dem Beat spiel(en)t (kann), der kann auch nicht hinter dem Beat spielen. Betrachten wir das Metronom also als ein essenzielles Werkzeug, um an unserem Timing zu arbeiten. Für echtes „Laid Back“ Feeling benötigen wir eine solide innere Uhr. Daneben lässt sich ganz besonders bei langsamen Tempi eine gewisse „Treffsicherheit“ üben. Und wer sicher trifft, dem fällt es später deutlich leichter, mit dieser Treffsicherheit zu spielen und die gewünschten Noten minimal zu verzögern (oder bei Bedarf natürlich auch früher zu spielen).
‘Laid-Back’ spielen üben
Wie kann man Laid-Back spielen üben?
Um “Laid-Back” spielen zu lernen, muss man wissen, dass es sich hier gewissermaßen um Details handelt, die so gering sind, dass sie so manchem gar nicht so recht auffallen, die aber einen besonderen Ausdruck in die Musik bringen. Hier gilt, wie überall: Übung macht den Meister! Wir wollen die Noten stückchenweise verzögern und uns etwas vom Beat lösen. Dazu brauchen wir ein Metronom und stellen es für den Anfang auf 100 bpm (beats per minute). Es empfiehlt sich grundsätzlich langsam zu üben. Deshalb fangen wir zunächst mit Viertel-Noten an, die wir zu einem Metronom spielen. Zunächst spielen wir sie genau auf dem Beat – und bewegen uns auf der C-Moll-Pentatonik, auch wenn das zu Beginn noch etwas wenig nach Musik klingt.
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Die Töne genau auf dem Beat gespielt
Im nächsten Schritt versetzen wir unsere vier Noten zeitlich etwas nach hinten, und zwar so weit, dass sie eine 16tel-Note zu spät kommen. Dieses Beispiel ist sozusagen der Extremfall, denn jetzt kommen die Viertelnoten wirklich viel zu spät.
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Der Versatz um eine 16tel-Note nach hinten lässt die Töne zu spät kommen
Was haben wir über das “Laid-Back” spielen zunächst gelernt?
Der Trick beim “Laid Back” spielen liegt darin, im Timing gefühlvoll zwischen exakt und stark verzögert zu spielen. Die Extreme haben wir aus den vorangegangenen Beispielen gelernt. Und genau daran werden wir uns jetzt langsam herantasten. Versuchen wir also, die Noten nur leicht zu verzögern – sie also nur ein wenig hinter dem Beat zu spielen. Dazu soll uns ein Gedankenspiel helfen: Stellen wir uns vor, wir wären sehr träge und kämen den Noten kaum hinterher. Sie sollen ganz bewusst einen Hauch zu spät kommen und schwer klingen. Das braucht ein wenig Übung, denn es ist gar nicht so einfach, die Notenwerte nur um wenige Millisekunden zu verzögern. Durch langsames, entspanntes Üben kommen wir der gewollten Verzögerung aber näher. Lassen wir uns also genügend Zeit, denn nur ausgiebiges Üben ist der Weg zum Ziel
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So soll es mit ein bisschen Übung klingen
‘Laid Back’ visuell dargestellt
Kann man „Laid Back“ eigentlich sehen?
Mit einer DAW (Digital Audio Workstation) ist das ohne weiteres möglich! Visuell kann man unter Verwendung der DAW sehr gut veranschaulichen, was sonst nur hörbar ist. Anhand aufgenommener MIDI- bzw. Audiodaten lässt sich das eigene Spiel mit einem Tempo-Raster visualisieren. Die DAW funktioniert dabei sozusagen wie eine digitale Lupe, mit der das Microtiming sichtbar wird. An dieser Stelle möchte ich dem Leser sogar empfehlen, unbedingt mit einer DAW zu arbeiten. Denn damit lässt sich das eigene Spiel hervorragend untersuchen. Für diesen Workshop habe ich z. B. mit Cubase gearbeitet, natürlich eignet sich aber auch jede andere DAW für diesen Zweck.
Zur Veranschaulichung nehmen wir uns wieder unser erstes Beispiel. In der unten abgebildeten Darstellung sehen wir in der oberen Spur das Metronom, welches haargenau „auf dem Raster“ liegt. Darunter befinden sich die gespielten Viertel-Noten aus dem Beispiel 1a, welche ebenfalls auf dem Raster liegen. Im zweiten Beispiel darunter sieht man jedoch, dass sich die gespielten Noten (aus dem Beispiel 1c) durch die Verzögerung leicht verschoben haben und sich deshalb nicht mehr genau auf dem Raster befinden. Schaut man sich den Zeitbereich genauer an, dann sieht man hier auch, dass die Verzögerungen aus dem letzteren Beispiel ca. 15 bis 20 Millisekunden betragen. Wer hätte gedacht, dass man diese feinen Abstufungen tatsächlich kontrollieren kann!
1/2 Das Metronom (Click) und die gespielten Noten liegen hier genau übereinander. (Screenshot: Christian Frentzen)
2/2 Durch das Laid-Back-Feel werden die Noten gegenüber dem Metronom leicht verzögert und erklingen dadurch um einige Millisekunden später. (Screenshot: Christian Frentzen)
‘Laid Back’ Übung 1: Pentatonik-Lick 1
Weiter geht es mit einer Übung. Hier habe ich ein einfaches, pentatonisches „Lick“ gewählt, was wir rhythmisch gesehen, genau auf den Beat spielen. Es handelt sich um die A-Moll-Pentatonik, die ohne Vorzeichen auskommt und gut in der Hand liegt. Die Noten sollten hier alle gleichmäßig schnell und laut gespielt werden – übrigens handelt es sich hier um Achtelnoten, die jetzt also doppelt so schnell wie im ersten Beispiel erklingen. Beginnen wir auch hier mit einem Tempo von 10 bpm und hören uns an, wie es klingt, wenn man sie genau auf dem Beat spielt.
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Achtelnoten genau auf dem Beat gespielt
Das klingt sehr akkurat und gleichzeitig etwas langweilig. Deshalb versuchen wir nun, das Ganze etwas „Laid back“ zu spielen.
Im nächsten Beispiel habe ich das Lick ein wenig hinter dem Beat gespielt. Hier kann man schon leicht hören, welche Wirkung die leichten Verzögerungen auf das Feeling haben. Die Noten klingen etwas schwerer und etwas lässiger.
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Das Lick leicht hinter dem Beat gespielt
Jetzt wollen wir noch etwas mehr Verzögerung einbauen.
Im folgenden Beispiel liegen die Noten jetzt noch deutlicher hinter dem Beat. Dank dieser Verzögerung erhält selbst ein einfaches Pentatonik-Riff eine gehörige Portion „Coolness“.
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Das Lick noch deutlicher hinter dem Beat gespielt
Wieviel “Laid Back” ist richtig?
Aufpassen sollte man natürlich, wenn man sich zu weit „nach hinten“ lehnt. Dann kann es tatsächlich passieren, dass man wirklich zu spät spielt und das ist zu viel des Guten. Landet man dann beispielsweise schon auf der nächsten Sechzehntelnote, hat das nichts mit Feeling zu tun, sondern ist ganz einfach falsch – so wie es im nächsten Beispiel zu hören ist.
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So sollte es nicht klingen – die Verzögergung ist zu stark
‘Laid Back’ Übung 2: Pentatonik-Lick 2
Auch triolische Rhythmen erhalten einen besonderen Reiz, wenn man sie mit dem „Laid-Back“ Feel versieht.
Im nächsten Beispiel geht es um ein Blues-Lick, das sowohl rhythmisch, als auch tonal interessant ist. Zunächst hören wir die unverzögerte Variante.
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Blues-Lick in unverzögerter Variante
Jetzt lehnen wir uns sprichwörtlich etwas nach hinten und spielen das Blues-Lick etwas „Laid back“. Nicht zu viel, aber es sollte schon hörbar sein!
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Blues-Lick ein wenig Laid-Back gespielt
Im letzten Beispiel lehnen wir uns noch ein Stück weiter zurück und steigern die Verzögerung, sodass die ersten Noten noch wenig verzögert sind, die höchste Note hingegen ganz besonders „Laid back“ gespielt wird. Das bietet sich beispielsweise bei aufsteigenden Melodien an, denn so steigert man nicht nur die Spannung, sondern verleiht der höchsten Note eine ganz besondere „Schwere“. Die Verzierung ist übrigens eine Variante, die ich nach Belieben eingesetzt habe – auch hier möchte ich zum Experimentieren einladen!
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Blues-Lick mit nochmals gesteigertem Laid-Back Anteil und freiem Einsatz
Schlusswort
Ich hoffe, dass ich mit diesem Workshop ein paar interessante Einblicke in das Thema „Laid Back“ Feel geben konnte. Grundsätzlich handelt es sich dabei ja um ein recht abstraktes Thema, welchem man sich nicht alleine über gängige Formate wie z. B. Noten nähern kann.
Es braucht etwas Zeit und sicherlich vor allem Gefühl, um die Verzögerungen zu beherrschen. Und wie hießt es so schön: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen – deshalb sollte man grundsätzlich langsam üben, denn dann macht man umso schneller Fortschritte! Daneben kann man sich das „Laid-Back“ Feel besonders gut über das Gehör einprägen. Mein abschließender Tipp heißt deshalb: Ganz viel Musik hören! Besonders im Bereich des Soul, Neo-Soul, Gospel und Jazz ist das „Laid-Back“ Feel ein sehr wichtiger Bestandteil.
Die zuvor genannten Künstler sind nur als Einstieg in diese Thematik zu betrachten. Hier gibt es natürlich noch unzählige weitere Artists und Musikrichtungen, in denen das „Laid-Back“ Feel zu hören ist. Wer beim Musikhören die Ohren aufmacht und ab jetzt auf diese Feinheiten achtet, der wird das „Laid-Back“ Feeling ganz schnell aufsaugen!
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