Praxis
Zunächst einmal: Wer glaubt, 5 Watt wären leise, der irrt gewaltig! Der gelieferte Pegel reicht definitiv für kleinere bis mittlere Bühnen. Für alles andere gibt es Mikrofone. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass mehr Watt gleichbedeutend mit einem besseren Sound sind. So manche Rockband mit riesen Stacks auf der Bühne benutzt „im Hintergrund“ kleine Combos, die halt nur nicht ganz so imposant aussehen. Außerdem danken es die Mitmusiker, wenn auch sie sich hören dürfen…
Warum aber sind Amps mit wenig Leistung so beliebt? Nun, ganz einfach: Moderne Amps beziehen ihren Zerrsound aus der Vorstufe. Class-A Verstärker, wie der Lionheart jedoch aus der Endstufe, die wesentlich dynamischer zu Werke geht – das ist auch ein Grund, weshalb Amps wie der Vox AC30 seit Jahrzehnten so beliebt sind. Es gibt bei solchen Amps nur ein Problem, das jeder kennt, der sich schon einmal vor einen voll aufgerissenen 100 Watt Vollröhren-Amp ohne Mastervolume gestellt hat: Die unfassbare Lautstärke, die echte körperliche Schmerzen auslösen kann, auf die man gerne verzichtet.
Die Gleichung für einen dynamischen Vollröhren-Crunch heißt also: Weniger Watt = Super-Sound, da die Endstufe ackert und ihren ganz speziellen Sound generieren kann, ohne dass man gleich einen Hörsturz riskiert.
Für den Testaufbau habe ich ein Shure SM57 vor den Speaker gestellt und in einem ca. 45-Grad-Winkel an der Seite des Speakers positioniert. Das Signal ging dann über einen Neve-Channelstrip direkt in den Wandler. Natürlich wurden die Audiofiles anschließend NICHT bearbeitet.
Im ersten Beispiel verwende ich die Halsposition einer Strat. Alle EQ-Regler inklusive Tone befinden sich in der Mittelstellung, der Bright-Schalter ist aus.
Die Strat klingt ausgewogen und warm. Das Mittenbild präsentiert sich harmonisch und passt sehr gut zu den dezent unaufdringlichen Höhen. Der Sound besitzt genug “Fleisch“, um sich seinen Platz im Bandgefüge zu erobern.
Im zweiten Soundfile spiele ich wieder die Strat mit dem Hals-PU, sämtliche Einstellungen sind dieselben wie im ersten Beispiel. Allerdings ist jetzt der Bright-Regler aktiviert.
Da passiert ordentlich was im Höhenbild. Der Sound wird luftiger, ohne den ursprünglichen Charakter zu verlieren. Perfekt, um z.B. muffigere Gitarren ein wenig Frische mit auf den Weg zu geben.
Im nächsten Audio habe ich lediglich noch den Tone-Regler ganz aufgedreht.
Die Einstellung gefällt mir sehr gut, da sie ziemlich flexibel ist und auch gezupfte, dynamischere Spielweisen perfekt transportiert. Es klingt fast so, als hätte man ganz dezent einen Kompressor reingedreht.
Im folgenden Audio steht der Tone-Regler in Mittelstellung, der Reverb ist ganz aufgedreht.
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Der Hall klingt nicht aufdringlich, macht den Sound aber nach hinten ordentlich auf. Selbst über das Mikro kommt der Effekt gut rüber.
So, Hall wieder (fast) raus, die Strat in die zweite Position geschaltet und eine Funky-Linie gespielt.
Hier zeigt sich, wie fix die Ansprache des kleinen Combos ist. Funky-Lines scheint er zu mögen, die Strat klingt sehr glaubwürdig.
Bevor wir die Clean-Abteilung verlassen, noch schnell eine Les Paul geschultert und alle Regler in Mittelposition gebracht. „Bright“ ist aktiviert.
Auch in Kombination mit der Mittelposition einer Les Paul macht sich der Clean-Sound des Lionheart sehr gut. Hier verschiebt sich natürlich das Mittenbild gehörig, das Ergebnis ist ein sehr warmer, vintage-style Clean-Sound.
Ich schalte den Amp jetzt in den Drive-Kanal, drehe den Gain-Regler auf 11 Uhr, deaktiviere „Bright“ und lasse ansonsten alles in der so beliebten Mittelstellung.
Der Crunch-Sound des kleinen Combos ist schon ziemlich sperrig. Er streckt einem ohne Vorwarnung die geballte „Mittenfaust“ entgegen. Das ist bestimmt nicht jedermanns Sache, hat aber dennoch eine Menge Charakter. Ich vermisse die Höhen ein wenig, daher aktiviere ich jetzt den Bright-Schalter.
Aha, da passiert ja schon einiges. Trotzdem bleibt die Grundcharakteristik erhalten, lediglich das Höhenbild öffnet sich. Das Ganze könnte aber meiner Meinung nach noch etwas frischer klingen, also drehe ich den Tone-Regler auch noch voll auf.
Na also, geht doch! Der Sound wird etwas schlanker. Seine Sperrigkeit hat er aber nicht verloren, was ich in diesem Fall aber positiv bewerte.
Abschließend noch ein kleines Blues-Solo:
Blues-Soli scheinen sein Ding zu sein! Den Charakter dafür hat er.
Chris sagt:
#1 - 09.09.2012 um 14:46 Uhr
Interessanter Test - der mal wieder bestätigt, wie wichtig der Speaker für die Klangformung ist. Ich spiele das Lionheart 20 Watt-Topteil durch eine 2x10-Box mit Jensen-Speakern, die auch obenrum ordentlich liefern und transparente Höhen hören lassen. Die fallen in Verbindung mit den von Laney verwendeten Heritage-Celestions sehr viel gedämpfter aus - habe mich schon immer gewundert, warum der Amp ab Werk mit diesen Speakern ausgerüstet ist, die auch untenrum für meinen Geschmack a bisserl zu fett sind, jedenfalls am Lionheart. Na ja, ist halt alles auch Geschmackssache. Ansonsten wirklich ein feiner Amp!
Easton sagt:
#2 - 10.01.2015 um 04:52 Uhr
Der verbaute Speaker ist nur ein Celestion G12H 70th Anniversary und der Reverb ist kein Accutronics mit Hallspirale, sondern digital.Die falschen Angaben sollte man in dem Testbericht korrigieren.Verarbeitungsqualität entspricht auch nicht dem hohen suggerierten Standard (Made in the UK), alle Bauteile sind chinesischer Herkunft. Dann könnte man den Amp auch gleich in China zusammenbauen, das macht dann kaum noch einen Unterschied. Preis/Leistungsverhältnis bei diesem Amp leider überhaupt nicht in Ordnung.
Markus sagt:
#2.1 - 14.10.2015 um 18:08 Uhr
Sorry, aber das stimmt nicht. Es ist definitiv ein Accutronics-Federhall verbaut, hochwertige Röhren etc. Speaker ist in der Tat ein G12H, aber wieso "nur"?
Antwort auf #2 von Easton
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