Praxis
Kommen wir nun zum Praxisteil, dem Hörtest. Hierfür hatte ich mir sorgfältig sechs Platten aus sechs Genres herausgesucht. Um einen Vergleich anstellen zu können, wurden die Stücke mit einem der Preamps meines Denon DN-X1600 DJ-Mixers, zudem mit einem Dynavox TPR-2 Röhren-Phono-Vorverstärker und natürlich mit dem PPA2 auf Line-Pegel gebracht werden. Die Line-Signale werden symmetrisch über den Masterausgang des Denon-Mixers herausgeführt, an meinen Studiorechner übertragen, dort mit einer RME HDSPe AIO von analog zu digital gewandelt und mit 176,4 Kilohertz und 32 Bit aufgezeichnet.
Da ich den externen TPR-2 und womöglich auch die integrierten Denon-Preamps klanglich hochwertiger einschätzen würde, habe ich mir nach ausführlichen Recherchen zwei weitere Vorverstärker, die sich im gleichen Preissegment wie LD Systems Sprössling bewegen, schicken lassen. Hierbei handelt es sich um den „Easy Phono” von Analogis und den TC-750 von Dynavox, die beide für weniger als 30 Euro zu haben sind. Die Hersteller gelten im Hi-Fi-Sektor als preisgünstige, aber dennoch durchaus seriöse Anbieter von Vinylzubehör und Equipment für Audiophile.
Testmusik
Doch nun zurück zu unserem Hörvergleich. Als analoge Quellen für die Aufzeichnung unserer Testreihe dienten mir folgende Schallplatten:
1. Jazz/Soul: Sade, Smooth Operator (Album: Diamond life, erschienen 1984, CBS Records, niederländische Pressung)
2. Blues/Rock: Motörhead, Whorehouseblues (Album: Inferno, erschienen 2004, Steamhammer, A Division of SPV GmbH, Deutsche Pressung)
3. Jazz/Fusion/Funk: Deodato, Also sprach Zarathustra (Album: Deodato 2001, erschienen 1979, Metronom Musik GmbH, dt. Pressung)
4. Hip-Hop/R’n’B: DeLaSoul feat. Chaka Khan, Feel Good? (Album: Art Official Intelligence: Mosaic Thump, erschienen 2000 auf Tommy Boy, dt. Pressung)
5. Electronic/Synth-Pop: Grauzone, Film 2 (Sampler: Tanz mit dem Herzen, erschienen 1981, Techno – Minimal, EMI Electrola GmbH, dt. Pressung)
6. Electronic/Minimal: DJ Koze, XTC (EP: Pampa 024, erschienen 2015, Pampa Rec., dt. Pressung)
Zum Prinzip
Zunächst einmal gilt es an dieser Stelle zu erwähnen, dass die Vorverstärkung des PPA2 von LD Systems hinsichtlich seines maximalen Spitzenpegels gute zehn Dezibel zulegen könnte. Beim Einpegeln der Platten musste ich bei der Verwendung des PPA2 am Mixer jedes Mal enorm Gain aufholen, um einen adäquaten Aufnahmepegel zu ermöglichen.
Grundsätzlich könnte er einfach mit ein wenig mehr „Kraft“ ausgestattet sein, die zudem irgendwie regel- oder schaltbar ist. (Meinetwegen ein dreistufiger Schalter mit 0 dB/+6 dB/+12 dB). Die Verwendung eines Kopfhörers ist vor diesem Hintergrund ebenfalls mindestens mal eine Erwähnung wert. Zumal habe ich noch nie einen überhaupt nicht regelbaren Kopfhörerausgang gesehen. Nur mein guter alter Sennheiser HD 25 und Denons HDJ1000 waren in der Lage, hiermit eine brauchbare Lautstärke zu generieren. Alle anderen Kopfhörer, die hier aktuell verweilen, sind entweder offen, halboffen oder hochohmig oder beides und deswegen mit einem geringen Wirkungsgrad beschlagen, was sie im Vergleich zu den beiden eben genannten DJ-Kopfhörern stromhungrig und zu leise erscheinen lässt.
In der Praxis erweisen sich das massive und gut verarbeitete Metallchassis sowie die auf der Unterseite fixierten Gummigerätefüße als unbedingt tauglich. Ich musste ja quasi nach jedem Durchgang umkabeln und das ging dann doch relativ gut von der Hand (und ganz ohne wilde Verfolgungsjagden).
Sound
in Schulnoten ausgedrückt, würde ich dem PPA2 für seine klangliche Leistung eine Vier geben wollen. Zu mehr reicht es meiner Meinung nach nicht, was LD Systems hier anbietet. Die Einordnung in das aktuelle Marktgefüge entpuppt sich aufgrund der Tatsache, dass wir zwei etwa ebenso günstige Vorverstärker zum Testfeld geordert haben, als eine klare Angelegenheit.
Für dich ausgesucht
Beim ersten Audiofile wird im Grunde bereits in vollem Umfang ersichtlich, was unserem Testkandidaten zu fehlen scheint. Im Vergleich zu den beiden anderen 30-Euro-Modellen klingt der PPA2 matt und undurchsichtig, was zunächst schlichtweg an dem Pegel des Hochtonspektrums festzumachen ist. Die Mitten klingen nicht unbedingt undurchsichtig aber jetzt auch nicht besonders gut. Der mittige Bereich ist präsent und weist auch genügend Zeichnung auf. Etwas mehr Kontur würde ich mir eher im Bassbereich wünschen. Nicht so bei Easy Phono und auch nicht beim TC-750. Letztgenannter ist zwar auch nicht unbedingt der präsenteste Stellvertreter, aber im Grunde klingt er so ok, vor allem dann, wenn man wieder den Preis zu Grunde legt. Der Denon-Mixer und die Röhre klingen gut, aber auch nicht herausragend, hat eher mit der Musik von Sade zu tun, die eben schön kühl 80ies-like abgemischt worden ist.
Auch in den Audiobeispielen von Motörhead wird das Problem unseres Testprobanden nur allzu deutlich. Dieses Mal kann man es am Slap-Delay auf Lemmys Gesang festmachen, das in den letzten beiden Beispielen ordentlich Tiefe generiert und im Fall des PPA2 einfach völlig versumpft. Aber auch die Anschläge der Westerngitarre kommen gar nicht richtig durch, sodass die Breite der Stereobasis gar nicht zur Geltung kommt. Alle anderen Preamps klingen auf ihre Weise zum Teil wirklich gut. Analogis liefert für 25 Euro eine megasatte Performance ab, Denon kann sich an Neutralität kaum noch selbst überbieten, gefolgt von dem 750er, der ebenfalls ordentlich klingt; der Dynavox-Tube klingt schön drahtig, aber aufgeräumt, stets klar und vor allem: Unangestrengt! Aber hört selbst …
Was bei Sade noch gar nicht so ins Gewicht fiel, da die Mischung den Fokus typisch für die 80er auf den Mittelhochton richtet, wird bei Deodato aufgrund des warmen Mix zum K.o.-Kriterium. Die fehlende Durchsicht macht nämlich auch die ganze schöne Räumlichkeit zunichte. Alles ein Brei, alle Musiker stehen auf einer Linie.
Die Dynamik des Orchesters wirkt bei der Röhrenvorstufe fast schon ein wenig übertrieben, hingegen kann man sie beim PPA2 nur erahnen. Hier hat der Denon durchaus was anzubieten: Einen sehr ausgewogenen und neutralen Sound. Für einen Preamp, der in Serie hergestellt wird und von denen drei Stück in diesem Pult untergebracht sind, ganz schön lässig! Apropos lässig: Analogis spielt für 25 Euro auch extrem lässig auf, die Bläser haben zwar nicht ganz so viel Strahlkraft wie bei der Röhre, dennoch fängt der kleine Preamp eine ganz schön krasse Dynamik ein. Der Hochton ist hier und da ein wenig omnipräsent, was auf jeden Fall für akustischen „Durchblick” sorgt, aber gelegentlich auch mal etwas Schärfe hineinbringt.
Chaka Khan ächzt mit ordentlich Druck aus dem Lautsprecher, während dem Bassmann das Grinsen nicht mehr zu nehmen ist, weil er die meiste Luft bewegen darf. Und generell ist gerade ein Track dran, der total drückt, sich quasi aus der Membran „presst” und mit seiner druckvollen Snare selbst die „Immer-Tanz-Unwilligen“ zu unkontrollierten Bewegungen veranlasst. Über die Röhre mutet die Snare wie eine Peitsche an, die einen ständig zusammenzucken lässt und auch die Hi-Hats drücken konturiert und klingen dabei sehr akzentuiert. Der PPA2 spielt hier schon fast außer Konkurrenz, weil er mit dem Druck aller anderen Preamps, aber insbesondere der Kraft des Dynavox und des Denon nichts entgegenzusetzen hat. Vor allem bei diesem Soundbeispiel kommen die Fähigkeiten der Röhrenvorstufe im Mittelhochton so richtig zum Tragen. Im Gegensatz zum Denon setzt sich beim TPR-2 auch die Gitarre richtig ab und wird exakt im Klangbild positioniert. Dynavox TC-750 schlägt sich achtbar aus der Affäre, der Easy Phono hingegen verpasst der Hi-Hat und der Snare etwas zu viel Hochtonanteil, so dass insbesondere die Hi-Hats bei diesem Stück etwas zu scharf wirken.
Auch bei dem Track “Film2” von Grauzone, einer der ersten Techno-artigen Tracks überhaupt, kommt der PPA2 nicht ganz mit. Die Unterschiede zum Denon- und zum Röhren-Preamp sind einfach zu groß, um sie in direkte Konkurrenz zueinander zu setzen. Aber auch die Unterschiede zum Analogis und zum TC-750, der tatsächlichen direkten Konkurrenz hinsichtlich der Preisklasse, sind mehr als deutlich zu hören.
Der Preamp des DJ-Mixers verliert gegenüber dem Röhren-Preamp von Dynavox an Boden, denn der Bass ist zwar druckvoll und fett, aber seine tonale Basis kann nur erahnt werden, ist hingegen bei der Röhrenvorstufe unglaublich gut herauszuhören. Der TC-750 klingt ok, wenn auch ein wenig farb- bzw. harmlos. Easy Phono klingt durchsichtig und sehr aufgeräumt, die Hi-Hat zischt mir aber zu krass.
Und hier wird mir zum ersten Mal der authentische Klang der Hi-Hat so richtig bewusst: Es sind nämlich wahrscheinlich echte, was mir vorher nie so ganz klar war. Man hört hier so richtig den Anschlag des Beckens durch, das allerdings ausschließlich bei dem Röhren-Preamp.
Gerade bei DJ Kozes Hit „XTC“ aus dem vergangenen Jahr gibt es einiges zu hören und zu entdecken. Doch die ganz großen Unterschiede werden hier nicht zwingend herausgearbeitet. Dass der klangliche Unterschied zum Röhren-Preamp von Dynavox relativ groß sein würde, hatte ich geahnt, schließlich kostet er mit 179 Euro UVP auch etwa das Sechsfache! Aber dass bereits ein integrierter Serienvorverstärker, der in drei Kanälen des Denon DN-X1600 verbaut ist, so unglaublich viel besser klingt, war in dieser ausgeprägten Form nicht zu erwarten. Die beiden gleich günstigen „Mitläufer” klingen beide erheblich besser als unser Testproband. Der TC-750 klingt hier und da etwas verhangen, zurückhaltend, mit gutem Bass-Fundament ausgestattet und meist sehr ausgewogen. Der Easy Phono klingt sehr detailreich, transparent und räumlich mit einem ausgeprägtem Hang zur Schärfe, was sich aber nicht bei jedem Stück bemerkbar macht.
Test-Setup
Playback & Verstärkung
Plattenspieler: Vestax PDX 2300 Pro MKII
Tonabnehmer: Ortofon OM Serato S-120
Mixer & Preamp: Denon DN-X1600
Externer Phono-Preamp: Dynavox TPR-2
Aufzeichnung
AD-Wandlung: RME HDSPe AIO
Aufzeichnung: SONY SoundForge 11, PCM-Audio, WAV mit 176,4 kHz und 32 Bit
Abhörkette
DA-Wandlung: Benchmark DAC1 und Denon 300-USB
Kopfhörerverstärker: SPL Phonitor Mini
Kopfhörer: AKG K702
Perplex sagt:
#1 - 31.03.2016 um 08:08 Uhr
Hallo Daniel,
schön, dass Du nicht nur mit einer Referenz, sondern auch mit zwei Mitbewerbern im gleichen Preissegment verglichen hast. Über mein Focusrite und div. AKGs macht mir das TC750 einen guten Eindruck nur Nuancen vom Denon oder Röhrenteil entfernt. Das Analogis ist mir dann obenrum doch zu sehr "loudness"-gepusht und auf Dauer bei vielen Sachen zu scharf. ...ist natürlich auch von der Abhörsituation abhängig und wie immer auch Geschmacksache.
Danke für den aufschlussreichen Test!
Jo
Moritz sagt:
#2 - 28.01.2024 um 12:44 Uhr
Großartige Review, hat meine Kaufentscheidung vom PPA2 zugunsten des TC-750 geändert.