Praxis
Nun aber ran an den Speck, der Helix ist direkt an das Audio-Interface angeschlossen, denn in dieser Form – nämlich ohne Amp und direkt ins Pult – wird der Multi-Effektprozessor mit Sicherheit am meisten genutzt. Ich werde aber später auch noch Röhrenamp-Endstufe und Gitarrenlautsprecher in den Test mit einbeziehen und dazu lediglich den Preamp aus dem Helix nutzen. Die Presets sind gut sortiert, es geht los mit elf Bänken, die nach den simulierten Amps benannt und mit wenig Effekten bestückt sind. Innerhalb der Bank steigern sich die Sounds im Zerrgrad (A-Clean, B-Crunch, C-Mid Gain, D-High Gain). Für programmierfaule Gitarristen gibt es also schon ausreichend Futter zum Loslegen. Effekte sind für die einzelnen Sounds ebenfalls vorbereitet und liegen auf den Fußschaltern parat. Hierfür ist es empfehlenswert, in den globalen Settings die Preset-Switches nur in der oberen Reihe zu aktivieren, dann können die vier mittleren Schalter in der unteren Reihe zum Ein- und Ausschalten einzelner Effektmodule genutzt werden. Durch die Kennzeichnung im Display über den Schaltern sieht man, was der nächste Fußtritt auslösen wird – eine sehr übersichtliche Geschichte. Die Bänke 12 bis 20 liefern vorgefertigte Settings für diverse Rock-Klassiker und in den restlichen gibt es ein buntes Programm, mal dezenter, aber auch einiges für abgedrehte Sounds.
Wir starten den Rundgang mit ein paar ersten Eindrücken aus der Preset-Abteilung, an denen ich nicht herumgeschraubt habe.
Klanglich ist das Ganze auf jeden Fall im Vergleich zum Firehawk FX ein großer Fortschritt, aber so richtige Euphorie kommt noch nicht auf. Die Clean- und Crunchsounds präsentieren sich recht überzeugend, aber bei den Sounds mit höheren Zerrgraden fehlt es etwas an Durchschlagskraft.
Amp & Cab
Das war der erste Eindruck bei einem Rundgang durch die Presets, der prinzipiell noch nicht viel zu bedeuten hat. Aber jetzt geht es ins harte Detail und ich werde versuchen, das Optimum aus dem Amp-Model herauszukitzeln. Ich nehme das letzte Preset (20AWholeLotta) als Editiervorlage. Zuerst einmal wird der Hall ausgeschaltet, sodass nur noch Amp und Cab im Signalweg sind. Die Regler-Einstellungen des Amps (Gain, EQ) habe ich beibehalten und wir werfen einen Blick auf die Parameter von Seite 2 des Amp-Menüs. Hier kann man den Amp tunen und Einfluss auf den Grundsound des gemodelten Amps nehmen. Der Parameter ´Sag´ ist für das Kompressionsverhalten verantwortlich. Man hört den Unterschied ganz gut, wenn man leichten und harten Anschlag an der Gitarre vergleicht. Bei niedrigen Werten sind die Lautstärkeunterschiede größer, bei höheren Werten fährt der Amp in die Kompression. Ihr hört nun ein Beispiel, bei dem ich zuerst leicht mit den Fingern und dann hart mit dem Pick anschlage. Das Ganze in drei Einstellungen des Sag-Parameters, minimal (0), in der Mitte (5) und maximal (10).
Der Maximalwert klingt schon recht heftig nach voll aufgedrehtem Amp am Limit, für modernere Sounds mit etwas mehr Biss im Höhenbereich sind die niedrigeren Einstellungen gut geeignet. Wenn es muffiger in Richtung Vintage gehen soll, dann etwas weiter aufdrehen. Ich bleibe erst einmal in der Mitte und widme mich dem Bias-Parameter (Verhalten der Endstufenröhren). In der Anleitung wird er so beschrieben, dass man bei niedrigeren Werten einen Class AB-Sound erhält, bei höheren Werten geht es in Richtung Class A. Hier sind beide Extremwerte 0 und 10.
Für dich ausgesucht
Auch hier tut sich einiges in der Klangformung, und wer auf einen weichen Ton steht, sollte eher niedrigere Werte wählen, bei höheren wird es schärfer, was aber auch eindeutig der Durchsetzungskraft dient.
Klar wird, dass man hier ein paar kleine, aber wirkungsvolle Trümpfe in der Hand hat, um den Grundsound noch etwas feinfühliger einzustellen, bevor man gravierende Frequenzverbiegungen am EQ vornimmt. Die dynamische Ansprache des Amp-Models hat mir persönlich noch nicht hundertprozentig gefallen, aber auch hier kann noch etwas nachgeholfen werden, denn der Master Regler auf Seite 2 sorgt für die Endstufenzerrung, und der ist im Moment noch voll aufgedreht. Wenn man ihn etwas zurücknimmt und den Channel Volume (Seite 1) zum Ausgleich leicht hinzunimmt, lässt sich die Verzerrung noch besser über den Anschlag steuern. Ihr hört nun ein Beispiel mit Master auf 10, da zerrt der Amp bereits bei leichtem Pick-Anschlag. Bei Master auf 5 haben wir eine bessere dynamische Ansprache und der Amp zerrt erst bei härterer Betätigung der Saiten mit dem Pick.
Als kleines Zwischenfazit an dieser Stelle kann schon mal angemerkt werden, dass in den Presets noch einiges an Gestaltungsmöglichkeiten steckt, was man auf jeden Fall ausprobieren sollte, um den Klang etwas besser an das eigene Instrument und die bevorzugte Spielweise anzupassen. Auch die Anzahl der Parameter halte ich für absolut ausreichend, denn wer zu viel zu schrauben hat, verliert sich häufig in Details und hört nachher nicht mehr, ob sich der Sound verbessert oder eher verschlimmbessert hat.
Jetzt geht es an die Lautsprecher und hier stehen uns ja auch eine Menge Möglichkeiten offen. Ich habe auch wieder den Plexi beibehalten und ihr hört eine bunte Mischung aus verschiedenen Lautsprecher/Mikrofon-Kombinationen.
Hier ist ebenfalls sehr viel Finetuning möglich und die Simulationen der verschiedenen Lautsprecher/Mikrofontypen klingen sehr realistisch. Auch die Rauminformationen beim Parameter Early Reflections sind gut getroffen und geben einem Direktsound bei Bedarf etwas räumliche Tiefe, ohne dass man den Hall hinzuziehen muss. Das neue HX-Modeling in der Speaker-Sektion hat sich auf jeden Fall sehr gelohnt.
Effekte
Effekte in Hülle und Fülle, bei denen es auch in punkto Klangqualität nichts zu bemängeln gibt. Die Brot-und-Butter-Sounds lassen sich auf alle Fälle problemlos bewältigen, aber auch für Soundtüftler hat der Helix einiges am Start. Hier ist eine kleine Auswahl.
Die beiden Prozessoren haben ordentlich PS und werden auch von vier Hall-Einheiten nicht in die Knie gezwungen. Auch Harmonizer und Pitch-Shift-Signale kommen sauber und ohne Störgeräusche aus dem Helix. Leider gibt es für die Delay-Effekte keine Spillover-Funktion, wenn das Preset gewechselt wird – das ausklingende Echo wird beim Wechsel hart abgeschnitten. Lediglich beim Deaktivieren des Delays innerhalb des Presets per Schalter sorgt der Parameter ´Trails´ dafür, dass die Echofahne natürlich ausklingt.
Nach all den abgedrehten Sounds kommen wir noch einmal zu einem absoluten Basis-Effekt zurück, Wah ist angesagt und auch hier zeigt sich der Helix von einer sehr guten Seite. Die Programmierung ist sehr einfach, sobald Wah angewählt ist, wird der Effekt der ersten Expression-Pedal Funktion (EXP1) zugewiesen. Auf EXP2 ist bei den meisten Presets Volume vorprogrammiert. Mit einem leichten Druck auf die Pedalwippe wird der Wah-Effekt aktiviert und auch beim Regelweg gibt es keine Sprünge, der Wah-Effekt lässt sich sehr gut steuern.
Preamp in Röhrenendstufe
Zum Abschluss wird der Helix nun an einen Röhrenamp gehängt, besser gesagt, an die Endstufe eines Röhrenamps. Hierzu habe ich die Preamp-Version des Plexi im Helix geladen und dann direkt in die Endstufe meines H&K Duotone geschickt. Von dort geht es weiter zur Marshall 4×12 Box, die von einem Neumann TLM 103 abgenommen wird.
Zum Vergleich hier das identische Amp-Setting mit einem simulierten Blackback 25 Cabinet.
Bei diesem Vergleich hört man, warum der Helix leider noch nicht ganz oben in der Champions League mitspielt. Der Sound über die Röhrenendstufe und die Lautsprecherbox hat wesentlich mehr Druck im unteren Mitten- und Bassbereich. Das vermisse ich bei den Sounds, wenn man den Helix direkt ans Mischpult anschließt. Man kann zwar mit dem Master EQ generell noch etwas Bass und tiefe Mitten für einen fetteren Sound hinzugeben, aber das sollte eigentlich beim puren Ampmodel schon vorhanden sein. Die Mitstreiter in der oberen Liga Axe FX und Kemper sind diesbezüglich etwas besser aufgestellt, aber für sie muss man auch tiefer in die Tasche greifen.
Der Master-Equalizer, der auf alle Presets wirkt:
bonedo Video-Clip
Zum Abschluss haben wir noch ein kleines Video für euch gemacht, in dem ihr das Helix in Aktion erleben könnt:
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Mehr Informationen
MichaHo sagt:
#1 - 06.03.2016 um 18:55 Uhr
Guter Test Thomas. Kann ich alles so aus meiner Erfahung bestätigen.
Die Firmware ist inzwischen bei 1.6.5. Ein neuer Amp, der Matchless, kam dazu mit einem Update. Klingt sagenhaft gut!
Den Druck und die Durchsetzungskraft eines "echten" Röhrenamps hab ich Anfangs auch vermisst. Nimmt man IRs statt der Boxensimulation, ist diese Lücke schnell geschlossen. Die IRs fressen zwar DSP-Leistung, aber wer braucht schon endlos lange Effektketten, wenn er dafür richtig fetten Röhrenampsound bekommt. :)
Besonders bei bluesigen Nummern oder fetten Heavyriffs kommt der Sound mit IRs kraftvoller und natürlicher rüber.
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Der Editor ist, so viel ich gelesen habe, in Arbeit und soll demnächst verfügbar sein.
Für mich war und ist der Helix auch so ein Hammerteil! Zu jeder Zeit realistischen, fühlbaren Ampsound, ohne taub zu werden, oder Nachbarn zu ärgern und dazu noch die Austtattung und die übersichtliche, leichte Bedienung. Gitarrensound in guter Qualität aufnehmen, ohne die Bandkollegen mit Gehörshutz versorgen zu müssen, da werden Träume wahr. ;)
Seit November spiele ich nur noch über den Helix. Meine Amps verstauben.;)
2xR sagt:
#2 - 23.08.2017 um 00:34 Uhr
Keine Ahnung, ob die Leute einfach nur noch taub sind, aber etliche der Sound -Beispiele klingen typisch digital. Egal ob IRs oder nicht. Nehmt nen Röhrenamp, dann wisst ihr, worauf es tatsächlich ankommt.
Jens sagt:
#2.1 - 13.04.2018 um 12:21 Uhr
Wenn wir einen Röhrenamp nehmen, wissen wir vielleicht, worauf es DIR ankommt. Aber Du könntest mal in Betracht ziehen, dass es Leute gibt, die auch mit dem Helix sehr zufrieden sind. Außerdem vergleichst Du Äpfel mit Birnen, wenn Du tatsächlich erwartest, dass das Helix wie der Sound, der direkt aus der an einen Röhrenamp angeschlossenen Box klingt.
Antwort auf #2 von 2xR
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