Praxis
Bis jetzt zeigt sich der Unterschied meines Erachtens noch nicht wirklich atemberaubend. Mal sehen, was der stärkere Prozessor in puncto Klangübertragung und Ansprache auf dem Kasten hat. Dabei werden beide direkt gegeneinander in unterschiedlichen Disziplinen antreten. Zuerst wird die Anschlagsdynamik durchleuchtet, beide Geräte mit derselben Ampsimulation und identischer Einstellung. Ein Marshall Plexi (Plexi Lead 100 Bright) mit mittlerem Gain, der im Original bei hartem Anschlag ordentlich zerrt und bei leichter Betätigung der Saiten einen recht zahmen, leicht angezerrten Sound von sich gibt. Von der Gitarre geht es in den jeweiligen POD und aus dem Line Out ohne Umwege ins Audio Interface, und da alle Einstellungen gleich sind, erhalten wir im direkten Vergleich auch ein realistisches Ergebnis.
Ich verzichte bei solchen Testaktionen übrigens bewusst auf Reamping, also einmal ein Lick aufnehmen und es dann aus der DAW durch beide Geräte jagen. Beim Reamping ist das gespielte Lick zwar immer zu 100 % dasselbe und der Hörer kann vielleicht akkurater vergleichen, aber ein Amp oder Multieffektgerät inspiriert ja auch zum Spielen und dieser Faktor wird ausgeklammert. Deshalb spiele ich lieber zwei Mal das gleiche Lick und nehme eventuelle Toleranzen in Kauf, vor allem, wenn mich ein Gerät eher zu gewissen Aktionen einlädt oder nicht. Und darum soll es ja auch gehen, denn das Spielen ist keine Einbahnstraße und die Inspiration durch das Werkzeug soll ja gerade die Interaktion zwischen Mensch und Maschine beeinflussen.
Eine weitere Sache noch vorweg: Die klanglichen Unterschiede sind nicht sehr groß, ihr solltet die Audio-Beispiele auf jeden Fall mit guten Boxen oder Kopfhörern anhören. Über iPhone- oder Notebooklautsprecher sind die klanglichen Feinheiten nicht zu erkennen.
Jetzt zurück zum Thema Anschlagsdynamik. Im Editorprogramm habe ich folgende Einstellung bei beiden Geräten vorgenommen, die ihr hier im Editor vom HD500X seht. Der ist übrigens ebenfalls bis auf das X in der Titelzeile identisch mit dem des HD500.
Nun die üblichen drei Anschlagsvarianten, erst leicht mit dem Daumen, dann mit dem Pick zuerst leicht und schließlich hart. Das Reaktionsverhalten der Ampsimulation ist sehr gut und der Zerrgrad lässt sich sehr feinfühlig mit dem Anschlag steuern. In dieser Kategorie höre und fühle ich keinen Unterschied zwischen den beiden Geräten. Klanglich gesehen ist der HD500X eine Nuance wärmer, mit etwas mehr tiefen Mitten, während sich beim harten Pick-Anschlag der HD500 im Höhenbereich einen Hauch härter präsentiert. Aber wir befinden uns hier schon in mikroskopischen Bereichen.
Ein weiteres Beispiel mit einem Riff, zuerst leicht mit dem Pick angeschlagen, dann hart.
Das Hantieren mit dem Volume-Regler der Gitarre soll nun zeigen, wie sich die Reaktion der beiden Kisten unterscheidet. Zuerst steht er auf 7, dann auf 10 (volle Kraft voraus!).
Wieder gibt es keinen Unterschied im Reaktionsverhalten, die Verzerrung nimmt bei beiden Geräten während des Zurückdrehens des Volume-Potis gleichmäßig ab. Generell bestechen beide durch eine enorme Klangtransparenz, hier geht gerade bei leisem Anschlag nichts verloren.
Bisher haben wir die Prozessoren noch nicht wirklich stark in Anspruch genommen, aber das soll sich jetzt ändern. Damit sie richtig ins Schwitzen geraten, bleibt der Amp der gleiche, aber ein paar Effekte gesellen sich hinzu: vor dem Amp ein Kompressor, dahinter ein Harmonizer (Zusatzton eine Oktave tiefer), ein analoger Chorus, ein Ping Pong Delay und ein Plate Reverb. Auf dem Screenshot seht ihr die Editor-Einstellungen von Amp und Effekten.
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Den Harmonizer lasse ich in der ersten Runde noch ausgeschaltet. Auch hier wird in drei Dynamikstufen mit dem Pick angeschlagen.
Neben einem leichten Klangunterschied zeigt sich der HD500X bei hartem Anschlag etwas transparenter in der Wiedergabe. Aber auch dieser Unterschied ist sehr klein im Vergleich zum HD500. Sogar wenn der Harmonizer mit dem nach unten oktavierten Signal hinzukommt – der Effektanteil liegt bei 30 % – gibt es bei keinem der Geräte irgendwelche Einwände. Der Klang ist auch bei Akkordspiel trotz starkem Delay und Harmonizer immer noch klar, und das in einem Bereich, in dem viele Multieffekte spätestens dichtmachen und nur noch einen Klangbrei ausgeben.
Armin Gaske sagt:
#1 - 30.08.2013 um 02:26 Uhr
Super-Test (in Verbindung mit dem früheren HD500 Test), vielen Dank ! Endlich mal ehrlich gesagt, dass es nicht immer das Allerneueste sein muss, um gut zu klingen. Viele andere "Tests" sollen wohl helfen, den Umsatz der Firmen proportional zu deren Annoncen-Budget zu steigern, bei diesem Bericht habe ich das Gefühl, ein Gitarrist sagt, worauf es wirklich ankommt. Sehr gut der Hinweis zum Re-Amping. Wenn mir jetzt noch jemand sagen könnte, ob der Axe-FX -Preis im Vergleich wirklich gerechtfertigt ist . . . ?
Chris N sagt:
#2 - 25.09.2013 um 18:14 Uhr
Was mich auch noch interessieren würde:
Wie schlägt sich das Teil denn mit der 4-Kabel-Methoden, sprich mit einem Röhrenamp verbunden?Man liest ja in einigen Foren, dass der Pod HD 500 ziemlich Probleme machen kann und man nur mit viel Trickserei zu einem guten Ergebnis kommt (mit mehr Aufwand als beim Boss GT 100).