Praxis
Die POD Farm wird geöffnet und ich stelle mir zuerst ein Setup mit einem Fender Twin Amp mit Federhall-Simulation zusammen.
Die Bedienung ist wirklich kinderleicht und sehr ansprechend gestaltet. Dadurch kann auch das Einstellen von Sounds intuitiv erfolgen, quasi wie mit „richtigem“ Equipment. Die Einstellungen, bei Line 6 Tones genannt, lassen sich anschließend sehr übersichtlich speichern – gemeinsam mit verschiedenen Zusatznotizen wie Style, Song, Gitarre, Pickup etc.. Man hat also die Möglichkeit für jede Produktion oder Band eine eigene Sound Library zu erstellen und kann auch später immer wieder auf diese Sounds zurückgreifen – falls mal was ausgebessert werden muss …
Als Nächstes hören wir einen Cleansound mit der Simulation eines Roland JC-120, gut geeignet für Funksounds.
Die wichtigste Frage beim Einsatz von Audio-Interfaces ist selbstverständlich die nach einer eventuellen Latenz. Wie sieht es mit der Ausgabe der Sounds aus? Kommt der Ton zeitverzögert beim Hörer an oder direkt? In dieser Hinsicht gibt es gute Nachrichten: Das Spielgefühl ist wirklich erstklassig, der Ton ist sofort da. Allerdings hatte ich beim Aufnehmen der Tracks das Gefühl, dass ein kleines (Flatter-)Echo auf dem Ton liegt. Also doch Latenz? Kommt das Signal etwa doppelt beim Kopfhörer an? Des Rätsels Lösung liegt im Menü „Cab“, der Auswahl des simulierten Lautsprechers. Hier kann man nicht nur die Lautsprecherbox auswählen, man kann sogar den Anteil des Raumklangs in Prozent hinzuregeln. Daher stammte auch das leichte Echo, denn der Raumanteil war sehr hoch eingestellt. Die Auswirkungen dieser Raumklang-Einstellungen werde ich in den nächsten Beispielen kurz demonstrieren. Wir hören zuerst eine Hiwatt-Simulation ohne Raumanteil, sozusagen direkt auf die Zwölf…
Jetzt das Ganze mit 50 % Raumanteil. Bei einer „richtigen“ Aufnahme würde man für diesen Klang das Mikrofon in einem größeren Abstand zur Box positionieren. So würde man, neben der direkten Abstrahlung des Lautsprechers, auch noch die Reflexionen des Raumes mit aufnehmen. Auch die Darstellung zeigt, dass die Box weiter im Raum steht.
Für dich ausgesucht
Nun steht die Box weit weg, der Raumanteil beträgt 100 %. Das Direktsignal des Lautsprechers ist sehr leise.
Auf der nächsten Seite gibt´s noch mehr auf die Ohren…
Kompliment, damit kann man den typischen 70´s Sound mit großem Raumanteil sehr gut reproduzieren. Hier wurde tatsächlich bis ins kleinste Detail gearbeitet. Wo wir gerade dabei sind, hören wir uns gleich noch die vier unterschiedlichen Mikrofontypen mit dem gleichen Amp an. Hier ist das SM-57 direkt auf den Lautsprecher ausgerichtet.
Einen weicheren Ton bekommt man, stellt man das Mikrofon leicht angewinkelt zum Lautsprecher.
Jetzt die Simulation des Sennheiser MD-421. Mehr Bass, gute Wahl für Heavy Sounds mit ausgeprägtem Low-End.
Die vierte Variation ist das Neumann U-67, ein Kondensatormikrofon mit einer klaren Höhenwiedergabe. Clean Sounds kann man damit etwas crisper klingen lassen.
Die Mikrofoncharakteristiken sind wirklich gut getroffen und auch die Auswahl ist perfekt. Wer schon öfters Amps mit Mikrofonen aufgenommen hat, weiß sehr gut, wie langwierig es sich gestalten kann, das richtige Mikrofon und die beste Position auszusuchen. Nebenbei ist ein großer, gut klingender Raum selbstverständlich die Grundvoraussetzung. Das alles haben wir in sehr guter Simulation auf dem Bildschirm, und vor allem mit einem Mausklick reproduzierbar.
Die vorgefertigten Sounds sind schon in einer übersichtlichen Library nach Bass, Guitar und Vocals geordnet. Bei Guitar findet man unter den Stichworten Low Gain, Mid Gain, Hi Gain entsprechende Presets. Interessant ist auch die Aufteilung nach bekannten Songs, hier zum Beispiel das Preset für den AC/DC Song „Back In Black“.
Klingt sehr authentisch, und auch die restlichen Presets kommen in der gleichen Qualität. Die Programmierer haben offensichtlich sehr gute Arbeit geleistet und dem programmierfaulen User eine sehr gute Auswahl an Sounds gebastelt.
Beim AC/DC Beispiel wurde ein Marshall Super Lead 100 verwendet, der ja für seine ausgezeichnete dynamische Ansprache bekannt ist. Das wird natürlich mit dem Plagiat sofort überprüft. Ich habe den Volume Regler meiner Les Paul zuerst auf drei gestellt und dann voll aufgedreht.
Bestens! Auch dieser Test wurde mit Bravour bestanden.
Weiter geht es mit härteren Gitarrensounds, nämlich einer Rectifier-Simulation für modernere Rocksounds mit höherem Gain.
Der kommt auch recht druckvoll rüber, aber noch mehr Power machen zwei Amps. Logisch. Auch das lässt sich mit der POD Farm bewerkstelligen. Im Vergleich zum Vorgängermodell, der Gearbox, gibt es hier zwei Signalwege, die unabhängig voneinander bestückt werden können. Das Gitarrensignal wird praktisch aufgeteilt und auf zwei Amps geschickt. Selbstverständlich können da auch unterschiedliche Effekte zwischengeschaltet werden. Wir hören jetzt zwei Rectifier-Amps mit unterschiedlich eingestellter Klangregelung und verschiedenen Mikrofonen. Der linke Amp ist direkt abgenommen, der rechte hat mehr Raumanteil, wodurch der Sound mehr Tiefe bekommt und mächtiger klingt.
Und jetzt die Effekte dazu, und zwar Repliken von Effektklassikern! Ich habe mir eine Kombination mit zwei leicht angezerrten Vox Amps und zwei unterschiedlich eingestellten Delays zusammengestellt. Dazu noch etwas Hall und Compressor, die Basis des Gitarrensounds von The Edge (U2).
Tadellos! Das Delay sowie sämtliche tempoabhängigen Effekte wie Phaser oder Tremolo können in Notenwerten zum Songtempo in BPM eingestellt werden. Das Tempo kann auch mit dem Tap-Taster eingetippt und sämtliche Effekte wahlweise vor oder hinter den Amp geschaltet werden. Wem die Ausstattung nicht ausreicht, der kann auf der Line 6 Website weitere Effekte per Download kaufen.
Als Nächstes folgt ein Beispiel für den Chorus. Ich habe die Simulation des Boss CE-1 ausgewählt und nur in den linken Signalweg geschaltet, somit ist der Stereoeffekt wie beim Originalchorus aus den 70ern: Links Effekt und rechts clean. Als Amp wurde auf beiden Signalwegen ein Marshall Plexi 45 benutzt.
Zum Abschluss noch ein Setting mit zwei komplett unterschiedlichen Signalwegen. Der Hiwatt-Amp auf dem oberen Signalweg ist clean eingestellt, der Lead 100 unten hat einen kräftigen Overdrive-Ton. Ein Klang in Anlehnung an David Gilmour von Pink Floyd.
Michael Scharna sagt:
#1 - 15.01.2018 um 00:46 Uhr
Ein Super Teil, was mir gleich zum Anfang richtig Spass gemacht hat!
Jbg 3 sagt:
#2 - 17.02.2018 um 11:44 Uhr
Aber ich glaube nicht, dass es sich für Produzieren von Beats eignet, oder ?
Ist eher was für Gittaristen.