Irgendwie schafft es die Hardwareschmiede Livid Instruments, immer ein Stück weit unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des Massenmarktes zu navigieren. Und das, obwohl sie mit ihren Geräten ein Material- und Designkonzept verfolgt, das in einem weitläufig von Plastik dominierten Markt ziemlich eigenständig ist. Dort, wo andere Hersteller zu Werkstoffen aus der Erdöl-Weiterverarbeitung greifen, setzt Livid auf Holz und Aluminium, was den Geräten im Ergebnis eine höchst individuelle, fast schon „custom-made“ anmutende Optik verleiht. Nicht ohne Grund ist der Firma mit dem Ohm 64 dann endlich ein kleiner Verkaufsschlager geglückt, der nun in einer mehrfarbigen LED-Version erhältlich ist und auf den Namen Ohm RGB hört.
Wir haben uns das bunt leuchtende Dreh-, Schieb- und Tast-Board ins Studio geholt und berichten von der Arbeit mit der MIDI-Kommandozentrale.
DETAILS
Was die Fakten anbelangt, ist der Ohm RGB ein USB-bestromter MIDI-Controller, der mit insgesamt 81 hintergrundbeleuchteten Tastern, neun Fadern und 16 Potentiometern zur Befehligung einer MIDI-fähigen Software ausgestattet ist. Ferner stehen ein Standard MIDI-In/Out-Port und eine Erweiterungsbuchse zur Kontaktaufnahme mit der Außenwelt bereit. Die Adressierung der mehrfarbigen LEDs in der zentralen Tastenmatrix erlaubt dabei die Zuweisung von sieben unterschiedlichen Farben, die beliebig aus den Grundfarben Rot, Grün und Blau gemischt werden können. Das geschieht in der zugehörigen Editorsoftware „Ohm RGB-Editor“, zusammen mit der Festlegung, welche Controllerdaten von welchem Bedienelement gesendet werden. Das Programm ist sowohl für Windows-PCs als auch für Apple-Rechner verfügbar.
Auspacken
Ein einfacher Pappkarton schützt – zusammen mit Formteilen aus Karton – den Controller vor den Strapazen des Transports. Das wirkt zwar nicht so schick wie bei Herstellern, die ihre Schützlinge mit opulentem Vierfarbdruck und ökologisch häufig fragwürdigen Schaumstoff-Elementen auf die Reise schicken, ist dafür aber komplett recycelbar. In der Kiste verbergen sich ferner ein USB-Kabel und ein Sticker – mehr nicht. Die Suche nach einer Bedienungsanleitung auf der Herstellerwebsite (beispielsweise im PDF-Format) verläuft ergebnislos. Stattdessen kann ich online in einem umfassenden WIKI blättern. Das ist zwar zunächst ungewohnt, macht aber vor dem Hintergrund des Open-Source-Gedankens durchaus Sinn und gewährleistet naturgemäß eine hohe Aktualität der Dokumentation.
Eine kleine Infokarte gibt Auskunft, dass die puristische Verpackung und das Fehlen von Software-Medien keine Knauserigkeit, sondern Konzept im Hause Livid Instruments ist: Man will die Umwelt schonen, außerdem seien die Daten auf mitgelieferten Medien zum Zeitpunkt des Kaufs ohnehin meist schon veraltet. Deshalb möchte der Hersteller Geld und Müll sparen und stattdessen lieber in die Qualität seiner Geräte investieren. Ein grundsätzlich lobenswerter Standpunkt. Im Ergebnis bleibt allerdings ein bisschen mehr an „Arbeit“ beim Endkunden hängen. Dazu gehört auch das Herunterladen der Editor-Software, doch dazu später mehr im Praxisteil.
Erster Eindruck
Kaum hat man die knapp drei Kilo des Ohm RGB auf den Studiotisch gewuchtet, wo er eine Stellfläche von 44,5 Zentimetern Breite und 26,7 Zentimetern Tiefe bei 5 Zentimetern Höhe einnimmt, entpuppt er sich mit seinen Mahagoni-Seitenteilen und der gebürsteten Alu-Frontplatte zwischen den ganzen uniform schwarzen Studiogeräten als echter Hingucker. Nein, keine Frage – der Ohm RGB ist bereits visuell eine Bereicherung. Nicht zuletzt aufgrund des echten Livid-Brandzeichens, das ein wenig vertieft im Holzrahmen sitzt und jedes Gerät als Unikat ausweist.
Der Abstand der Bedienelemente zueinander ist hervorragend. Versehentliches „Mitbedienen“ von Potis oder Tastern ist nahezu ausgeschlossen. Auch der gänzlich unbeschriftete Aluminium-Korpus weiß zu gefallen, zumal er durch den Bürst-Prozess so weit mattiert wurde, dass von ihm keine störenden Reflektionen ausgehen. Ein bisschen zu scharfkantig wirken für meinen Geschmack die Ausfräsungen der Fader-Bahnen. Ich habe es aus schlichter Feigheit nicht ausprobiert, wurde aber dennoch das Gefühl nicht los, man könne sich durch kraftvolles Entlangfahren am Rand der Aussparung eine Hautabschürfung zuziehen.
Die weitere haptische und visuelle Inspektion liefert ein im Großen und Ganzen überzeugendes Bild, denn sämtliche Bedienelemente sitzen ordentlich verschraubt und sicher an ihrem Platz. Allein die Knöpfe der zentralen Tastenmatrix dürften für meinen Geschmack ruhig eine etwas geringere Bauhöhe haben und entsprechend einen Tick direkter reagieren. Diese Vorliebe des Autors liegt aber zweifellos an der jahrelangen Tast-Routine mit der Akai MPC – man liebt, was man kennt. Wenn ich schon dabei bin, auf hohem Niveau zu nörgeln, dann möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass die Lackierung der Poti-Knöpfe am Übergang zum Zeiger ein bisschen handzittrig ausgefallen ist. Wohlgemerkt, das ist an der Grenze zur Kleinkariertheit anzusiedeln und nicht der Firma Livid anzulasten, sondern dem Zulieferbetrieb der Bauteile. Die Ablesbarkeit stört es kein bisschen und rechtfertigt somit auch keinen Punktabzug.
Anschlüsse
Auf der Rückseite des Ohm RGB sehe ich von links nach rechts zwei Standard-Klinkenbuchsen zum Anschluss eines Roland-kompatiblen (DP8) Schwellerpedals, gefolgt von einer Expansion-Buchse, an die bis zu acht analoge Steuersignalgeber angeschlossen werden können. Wer nicht selber löten will, kann hier direkt ein Gerät aus der XPC-Expansion-Serie anstöpseln. Der daneben liegende Dip-Switch dient zur Aktivierung der analogen Steuereingänge. Auf der rechten Seite haben es sich zwei MIDI-In/Out- nebst der USB-Buchse vom Typ B bequem gemacht.
Layout
Durch den Aufbau der Bedienelemente empfiehlt sich der Ohm RGB für unterschiedlichste Anwendungsszenarien. Wie schon erwähnt ist der Abstand der Komponenten zueinander angenehm großzügig dimensioniert, und so erweist sich als viel wahrscheinlichere Fehlerquelle – zumindest bei der anfänglichen Benutzung – das Fehlen jeglicher Beschriftung. Zwar steht auf der Hersteller-Website eine EPS-Layout-Datei bereit, mit der sich eine eigene Belegungs-Schablone bauen lässt, das manuelle Ausschneiden sämtlicher Bedienelemente dürfte aber selbst bastelfreudige Zeitgenossen an die Grenzen ihrer Geduld bringen. Einfacher ist es, sich die Karte samt Beschriftung auszudrucken und einfach neben das Gerät zu legen, bis die Funktionen in Fleisch und Blut übergegangen sind.
Wie bereits gesagt ist der Ohm RGB ein universeller MIDI-Controller. Er kann also zur Kontrolle jeder MIDI-fähigen Software herangezogen werden. Sein Design ist entsprechend offen, dennoch erscheinen einige Einsatzszenarien besonders sinnvoll. Allen voran ist da natürlich die zentrale 64-Taster-Matrix zu erwähnen, die – was liegt näher – für die Clip-Steuerung in Ableton Live genutzt werden kann. Dank Crossfader und spiegelsymmetrisch angeordneter Fader-Gruppen ist aber auch die Steuerung Traktors im Vierdeck-Betrieb ein dankbares Einsatzgebiet. Ferner lädt das in der oberen linken Ecke beheimatete Poti-Zwölfer-Grüppchen sehr zur Steuerung eines Vierband-Equalizers in der DAW ein. Wohlgemerkt – das sind nur drei von nahezu unendlich vielen Einsatzmöglichkeiten.
Inbetriebnahme
Zur Inbetriebnahme der Hardware lässt sich nichts sagen außer: Einstöpseln und fertig. Der Ohm RGB wird dann augenblicklich als klassenkompatibles USB-Gerät erkannt und meldet sich in der Systemsteuerung als USB-Verbundgerät und Ohm RGB einsatzbereit. Bestens.
Editor-Software
Wer das, was der Ohm RGB an MIDI-Daten zur Außenwelt sendet oder die Farbwerte der Tastenmatrix ändern möchte, muss sich die Editor-Software auf den Rechner holen. Die Installation verläuft, abgesehen von der Tatsache, dass die Software eine aktuelle Version von Apples Quicktime benötigt, unproblematisch.
Nach dem Programmstart, der auf unserem ansonsten recht flinken Testsystem sehr gemächlich vonstattenging, sieht man am Monitor den Ohm RGB in abstrahierter Form und wird von einem einfachen Kontext-Tutorial begrüßt. Drückt oder dreht man nun am Controller, springt der Fokus automatisch zu dem gerade betätigten Bedienelement. Hier lässt sich festlegen, ob dieses MIDI-Noten oder CC-Nummern senden soll und auf welchem MIDI-Kanal und mit welcher Parameter-Nummer das zu geschehen hat. Neben dieser simplen Übung beherrscht die Software aber noch unzählige weitere Kniffe, darunter die Möglichkeit, Taster mit einer Shift-Funktion auszustatten, um beispielsweise ein anderes Layout aufzurufen oder die Stellgeschwindigkeit der Rotary-Encoder zu ändern. Auch globale Einstellungen wie die Leuchtstärke der Encoder-Ringe nebst einer Shift-Speed-Funktion (größere Werteänderung bei schneller Drehung), das Durchschleifen von MIDI-Daten oder die Festlegung des Basis-MIDI-Kanals lassen sich hier vornehmen. Alle Änderungen erfolgen temporär im RAM. Erst das Betätigen des „Save to Ohm“-Tasters verewigt die Einstellungen im Flash-ROM, sodass sie auch nach der Entstromung erhalten bleiben. Diese dezidierte Write-Funktion wirkt zwar zunächst etwas unhandlich, sie dient aber dem guten Zweck, den internen Flash-Speicherchip, den prinzipbedingt jeder Speichervorgang ein bisschen näher an sein physikalisches Ende bringt, nicht unnötig zu beschreiben.
So leistungsfähig der Editor auch ist, mit der Version, die im Test zum Einsatz kam, gelang es mir lediglich die sieben Farbwerte den Tastern zuzuordnen, nicht aber neue RGB-Mischungen zu erstellen. Ich gehe aber davon aus, dass es sich hier um ein einfach zu behebendes Software-Problem handelt.
Ein Tool, um eigene Konfigurationen schnell durchzuschalten, ist der Preset-Selector. Er bedient sämtliche zum Testzeitpunkt erhältliche Livid-Controller. Positiv zu erwähnen ist die Implementierung einer MIDI-Learn-Funktion, um den Wechsel per Hardware (Taste, Encoder) durchzuführen.