PRAXIS
Wie ich schon beim Auspacken angedeutet habe, setzt Livid Instruments sehr stark auf den Open-Source-Gedanken. Die Geräte verstehen sich folglich als offene Plattformen für alle, die Spaß daran haben und sich dazu berufen fühlen, Templates oder Skripte dafür zu erstellen. Vorteil: Die Zahl der unterstützten Programme steigt schnell und Verbesserungen sowie Anpassungen werden meist zügig und umgesetzt. Nachteil: Im Ergebnis hat man sich als Anwender damit anzufreunden, hier keine Out-of-the-box-Lösung vorzufinden, wie man sie beispielsweise von Herstellern wie Novation (Launchpad), Akai (APC40) oder Native Instruments (Traktor S4) kennt. Stattdessen muss man sich die entsprechenden Dateien im Livid-Blog und im Forum zusammensuchen. Je nach zu steuernder Software kann sich das naturgemäß als simples bis geringfügig anspruchsvolles Vorhaben darstellen. Da Traktor beispielsweise schon werkseitig jede erdenkliche Art von MIDI-Rückgabewerten (speziell die LED-Steuerung über Anschlagsdynamik) unterstützt, reicht es, die entsprechende TSI-Datei zu importieren, um die Sache ans Laufen zu bringen. Ein bisschen kniffliger wird es da schon im Fall von Ableton Live, denn hier gilt es, einen Ordner mit Python-Skripten in den entsprechenden Pfad von Live (MIDI Remote Scripts) zu kopieren. Das einfache „Anlernen“ des Controllers in der Software der Wahl ist natürlich auch ohne Informatikstudium möglich, allerdings oft nur mit statischem Leuchtzustand. Zum Blinken bekommt man die Taster am Ende eben nur, wenn es die Software auch unterstützt. Für ein selbstständiges visuelles Feedback des OhmRGB müsste folglich entweder noch die Editor-Software erweitert oder ein Hintergunddienst vom Schlage eines Novation Automap beigepackt werden.
Wie geschmeidig und leistungsfähig das Zusammenspiel von Controller und Software funktionieren kann, zeigt sich am Beispiel der Ableton Live-Anpassung. Gleich drei Modi sind hier abrufbar: Mixing (u.a. Clip-, Szenen- und Transportsteuerung, Aux-Sends, Track-Volume), Playing (Pads arbeiten u.a. auf drei MIDI-Kanälen als Noten-Trigger) und DJing (u.a. Clip-, Szenen- und Transport-Steuerung, Potenziometer steuern EQs).
Vom Start weg klappt die Befehligung von Live hervorragend: Einfach den Ohm RGB in den Voreinstellungen auswählen und sofort zeigt die Software anstandslos den typischen Rahmen um den aktuellen Steuerbereich an. Clips werden augenblicklich mehrfarbig auf der Tastenmatrix visualisiert und Fader und Potis folgen in Echtzeit den Steuerbefehlen, die man ihnen am Controller gibt. Tatsächlich ist das Template so umfassend und nutzt das Layout des Ohm RGB so schlüssig, dass man sehr schnell an den Punkt kommt, an dem Software und Controller zu einem „Ganzen“ verschmelzen. Man merkt gar nicht mehr, dass man eigentlich nur steuert, sondern bekommt das Gefühl, direkt mit dem Gerät zu arbeiten. Allein der erste Encoder der zweiten Reihe tendierte zu permanenten Wertesprüngen und ließ mich zunächst ratlos, wo diese eigenmächtigen Parameteränderungen ihren Ursprung haben. Hier entpuppte sich die Midi-Spy-Funktion des Editors als ideales Debugging-Werzeug und schnell wurde klar, dass ich es hier offenbar mit einem schlicht und einfach defekten Potenziometer zu tun habe. Ärgerlich, aber vor vor kaputten Bauteilen ist natürlich kein Hersteller gefeit.
Für dich ausgesucht
Auch mit dem Traktor-Template lässt es sich auf Anhieb gut arbeiten. Hier allerdings macht sich das Fehlen von Beschriftungen eher bemerkbar als in Live. Denn mit der Ableton-DAW kann man zur Orientierung die Clips am Monitor einfach mit den leuchtenden Tastern am Controller vergleichen. Im Fall von Traktor sollte man sie hingegen besser auswendig gelernt haben oder sich eine entsprechende Beschriftung basteln. Im Zusammenspiel mit der DJ-Software zeigt sich dann auch, dass der Controller natürlich nicht als reinrassiges Auflege-Werkzeug, sondern eben als universelle Steuerzentrale konzipiert ist. So bedarf es schon ein bisschen Umgewöhnung, wenn man plötzlich den Equalizer nicht mehr „inline“ innerhalb eines Kanalzuges bedient, sondern dafür stattdessen in die linke Ecke, wo das Poti-Grüppchen wohnt, greifen muss. Auch den Bewegungswiderstand des Crossfaders würde ich mir für Auflege-Situationen etwas zurückhaltender wünschen. Zum kontrollierten Überblenden von Szenen in Live hingegen ist er goldrichtig.