Ein Objekt aus dem Logic Environment habe ich bisher nur am Rande erwähnt – absichtlich! Die Touch Tracks haben es verdient, eine eigene Folge dieses Tutorials zu Apple Logic Pro X bekommen. Wenn man ein paar Fallen umgeht, machen sie auch heute noch richtig Spaß!
Details
Was sind Touch Tracks überhaupt?
Das Objekt Touch Tracks stammt aus der Zeit, als Logic hauptsächlich ein reiner MIDI-Sequenzer war. Es wurde erstmals im Jahr 1999 in Logic 4 mit den erweiterten Environment-Funktionen eingeführt – und längst nicht jeder bekam es mit, weil gleichzeitig die ersten internen Audio-Effekte in Logic präsentiert wurden. Mit diesem Objekt, das selbst keinen Sound erzeugt, ist es möglich, MIDI-Regionen oder auch gleich ganze Ordner über eine Taste des Keyboards abzurufen.
Die Idee dahinter: Trotz eines vielleicht durcharrangierten Songs ist es mit Touch Tracks jederzeit möglich, einen Song völlig neu zusammenzusetzen. Okay, mit Song-Position-Markern ist es auch möglich, innerhalb eines Arrangements zu springen und so vor allem live seinen gerade performten Track neu zu arrangieren. Aber es werden eben nicht einzelne Positionsmarker angefahren, sondern die einzelnen Teile über verschiedene Tasten abgespielt. Damit kannst du deinen Track komplett in seine einzelnen Bauteile zerlegen und neu zusammensetzen.
Ein Touch Tracks Objekt erstellen
Falls du dich mit dem Environment in Apple Logic Pro X noch nicht so gut auskennst, lies zuerst vielleicht die Einführung in das Environment und danach den Artikel mit den Beispielen. Damit bekommst du ein Gefühl dafür, was mit dem Environment in Logic überhaupt möglich ist.
Wenn du die Basics bereits beherrschst, fangen wir direkt mal an und öffnen das Environment-Fenster (cmd+0). Dort erzeugen wir einen neuen Layer in der linken oberen Ecke des Fensters und benennen diesen im gleichen Auswahlmenü direkt auch passend. Nun erzeugst du über das Menü Neu innerhalb des Environment-Fensters das Objekt Touch Tracks.
Für dich ausgesucht
Es öffnet sich nun noch ein weiteres Fenster mit einer Klaviatur am linken Rand, wie du sie vom MIDI-Editor Pianorolle kennst. Hier werden den Tasten deines Keyboards die einzelnen MIDI-Regionen oder Ordner zugewiesen. Wenn du das Fenster mal versehentlich schließt, kannst du es mit Doppelklick auf das Objekt Touch Tracks wieder öffnen.
Dieses winzige Objekt Touch Tracks wird auch nur dort editiert, denn in diesem Fenster werden alle Abspielparameter festgelegt. Die linke Spalte des Environment-Fensters, in der sonst bei allen Environment-Objekten die MIDI-Kanäle und damit die anzusteuernden Instrumente festgelegt werden, kannst du ignorieren.
Touch Tracks – Tasten mit Regionen belegen
Schauen wir uns zunächst das Fenster mit der Klaviatur am linken Rand an. Pianisten fällt zunächst mal auf, dass die Eingangsnoten von C-2 bis G8 und damit deutlich über den Bereich einer 88 Tasten (A-1 bis C7) umfassenden Klaviatur hinausgehen. Das ist sehr praktisch, denn so kannst du bei Bedarf über zusätzliche, nach oben oder unten transponierte Controller-Keyboards Regionen abfeuern und hast trotzdem die gesamte Klaviatur zum Spielen übrig. Als nächstes kannst du Tasten bis zu 99 Gruppen zuordnen. Das funktioniert wie beim Gruppieren von Instrumenten im Schritteditor. Tasten, die einer gemeinsamen Gruppe zugeordnet sind, lösen sich also beim Spielen ab.
In den Bereich Region/Ordner ziehst du per Drag & Drop das abzuspielende Objekt, also entweder eine einzelne Region oder gleich einen ganzen Ordner, der mehrere Regionen enthalten kann. Danach kannst du das abzuspielende Objekt transponieren. Wenn du das gleiche Objekt auf verschiedene Tasten legst, kannst du die Transposition jeweils individuell verändern. Nicht wundern: Von der Mitte bis nach rechts dieses Bereichs wählst du Oktav-Transponierungen aus. Weniger als 12 Halbtonschritte stellst du in der linken Hälfte ein.
Das klappt im Bereich Velocity übrigens nicht. Hier kannst du nur Aus, 50 % oder 100 % einstellen.
Touch Tracks Trigger-Modi
Unter Trigger-Modi legst du fest, wie die angetriggerte Region abgespielt werden soll, wenn du die jeweilige Taste drückst. Insgesamt sind sechs verschiedene Varianten möglich.
Mehrfach bedeutet, dass du die Region durch einen Druck auf die entsprechende Taste mehrfach hintereinander abspielen kannst. Das führt eventuell zu ziemlichem Chaos bei längeren Regionen. Zum Schutz davor gibt es den Modus Einzeln, der verhindert, dass die Region mehrmals loslegt, wenn sie gerade abgespielt wird. Mit Halten wird die Region so lange abgespielt, wie du die Taste drückst – aber nur, bis das Ende erreicht ist. Halten, Schleife – und da haben wir wieder mal noch eine der alten und furchtbaren Übersetzungen für Loop – spielt die angetriggerte Region auch im Loop hintereinander, bis du die Taste wieder loslässt. Mit Umschalten musst du die Taste nur einmal kurz drücken und die Region spielt einmal bis zum Ende. Umschalten, Schleife spielt entsprechend die Region im Loop, bis du die Taste noch einmal drückst.
Touch Tracks – ich höre nichts!
Bevor wir uns mit dem Punkt Starten befassen – Delay sollte wohl klar sein – verrate ich dir lieber schnell, warum du nichts hörst, obwohl du doch schon die ganze Zeit auf der Tastatur rumhämmerst! Logic Pro X muss sich im Wiedergabemodus befinden. Drücke also Play, und du hörst auch die ausgewählten Objekte, wenn du eine Taste drückst.
Damit kommen wir auch zu einem kleinen Nachteil der Touch Tracks: Die ausgewählten Regionen solltest du entweder muten (ctrl+m), oder du springst ans Ende deines Arrangements und schaffst dort noch ausreichend Zeit, indem du den End-Marker nach rechts verschiebst. Dummerweise funktionieren nämlich Arrangement-Cycles nicht richtig mit den Touch Tracks. Am Ende eines Cycles stoppt das getriggerte Objekt, und zwar auch dann, wenn du Schleife eingestellt hast.
Daher mein Tipp: Wenn du aus einem fertigen Track einen Touch-Tracks-Song machen willst, speichere ihn als eigenständigen Song ab und schmeiße alle überflüssigen Arrangements raus. Dann ziehst du alle benutzen Regionen an den Anfang und mutest sie. Vergiss auch nicht, eventuelle Loops zu deaktivieren. Wenn du nun ein paar Takte später startest und dir den End-Marker weit nach hinten legst, hast du genug Zeit, den Song über das Touch-Tracks-Objekt abzufeuern.
Touch Tracks – alle bitte gemeinsam starten
Noch einmal zurück ins „Touch Tracks“-Fenster. Schaffst du es, die Tasten immer perfekt im richtigen Moment zu drücken? Oder sitzt eine Region schon mal ein bisschen daneben? Im Bereich Starten stehen alle Objekte erst einmal auf frei. Exakt in dem Moment, in dem du die Taste auf dem Keyboard drückst, fängt das Objekt an zu spielen.
Sollen aber mehrere Objekte gleichzeitig laufen, sollen sie ja in der Regel synchron abgespielt werden. Dazu kannst du festlegen, wann das Objekt loslegen soll, nachdem du die Taste gedrückt hast. Hier stehen noch nächste 1/16, nächste 1/4 und nächste 1/1 zur Auswahl. So kannst du kurz vor dem Start des Objekts die Taste drücken, und es wird synchron eingestartet – sehr praktisch!
Touch Tracks und Audio
Wie ich eingangs erwähnte, stammt das Objekt Touch Tracks aus Zeiten, als das Hard-Disk-Recording noch – sagen wir – zumindest in den Jugendschuhen steckte. MIDI war das Steuerungs-Tool der Wahl, wer konnte schon ahnen, dass wir mal so viele Audioschnipsel im Arrangement benutzen würden.
Hier offenbart sich auch eine grundsätzliche strukturelle Schwäche von Logic, denn MIDI-Noten sind für Audiospuren schlicht nicht vorgesehen. Und so ist es zwar ohne Probleme möglich, Touch Tracks mit Instrument-Spuren und Klangerzeuger-Plugins zu nutzen. Klar, die werden letztendlich ja auch über MIDI angetriggert – wenn auch intern mit deutlich höherer Auflösung und parallel statt seriell – doch Audioregionen können nicht angetriggert werden.
Hier können wir uns aber mit einem Trick behelfen: Wir wandeln einfach die Audioregionen in EXS24-Instrumente um. Der Logic-eigene Sampler reagiert schließlich auf MIDI-Signale und kann problemlos über Touch Tracks angesteuert werden. Mit gedrückter ctrl-Taste linksklickst du auf die gewünschte Audioregion im Arrangement. Falls du Automationsdaten anzeigen lässt, achte dabei darauf, in den oberen Teil der Audioregion zu klicken. Aus dem aufgehenden Pop-Up-Menü wählst du Konvertieren > in neue Samplerspur umwandeln. Im folgenden Menü kannst du noch ein paar Feinheiten einstellen, ich habe einfach OK gedrückt. Sogleich wird eine neue Instrument-Spur mit einem EXS24-Sampler erzeugt, in dem ein neues Programm mit der Audioregion als Sample angelegt wurde. Außerdem wird auf dieser neuen Spur eine MIDI-Region angelegt, die nun den EXS24-Sampler an der exakten Stelle antriggert. Die eigentliche Audioregion wiederum wurde gemutet. Einfach, oder?
Deine neuen MIDI-Region kannst du nun bequem in das Touch-Tracks-Objekt reinziehen. Mit diesem Trick hast du ab sofort alle Audiospuren ebenfalls im Handumdrehen im Zugriff über einzelne Tasten.