Die Wurzeln von Lydkraft reichen bis in das Jahr 1977 zurück, wo man noch PA-Systeme schraubte, bis sich der Chef zum Chefentwickler metamorphosierte und Tube-Tech präsentierte: Eine Handelsmarke für Röhren-basiertes Outboard der Extraklasse. Im schlichten Blau und mit dicken großen Knöpfen ausgestattet, wie man auch schon vor rund 50 Jahren gern Geräte baute, wurde in den Anfangstagen vor allem den Kanalzug-Champions „Pultec“ und „Fairchild“ nachgeeifert. Aber auch heute „erinnert“ man sich gerne an diese Klassiker, wie es übrigens auch Manley gerne tut.
Den größten Teil zum traum-blauen Erfolg hat aber zweifelsohne der CL 1B Kompressor beigetragen, welcher genau deswegen auch heute unser Testkandidat sein soll. Ihn gibt es bereits seit 1991, wo er die bis dahin erhältliche „hard wired“ Version CL-1A von 1987 ablöste. Dieses „Urmodell“ war also genauso Platinen-frei wie auch der unmissverständlich erkennbare Inspirationsquell Teletronix LA-2A, welchen Universal Audio mittlerweile auch wieder in einer äußerst authentischen Neuauflage „re-issued“ hat. Dabei haben LA-2A und CL-1B nicht nur ihr optisches Wirkungsprinzip und die Röhrenstufe gemein, sie liegen sogar in etwa auf gleich hohem preislichen Niveau der 3000EUR-Klasse. Tube-Tech musste schon damals angesichts dieser Eminenz von Monokompressor – dem eigentlich nur noch der 1176 den Weltruhm streitig machen kann – etwas mehr in die Waagschale werfen können, um dem „me too, but better“ Marketing-Kredo folge zu leisten. Ob dabei nun mehr Kontrolle über den Regelvorgang wie beim Tube-Tech oder aber die Simplizität eines LA-2A mit den wenigen Optionen gewünscht ist, das liegt nun wirklich einzig und allein im Auge des Betrachters!
Details
Der Tube-Tech CL-1B ist ein 19 Zoll und 3 HE großer Mono-Kompressor, der auf dem Prinzip der optischen Kompression basiert, was bedeutet, dass im Allgemeinen eine Leuchtdiode mit angeschlossenem Lichtsensor für die Regelvorgänge zur Begrenzung der Dynamik („Gain Reduction“) zuständig ist.
Tube-Tech wäre aber nicht Tube-Tech, wenn man für die anschließend notwendige Aufholverstärkung („Make Up Gain“) von bis zu 30dB keine Röhren („Tubes“) verwendet hätte. Und damit wäre dann auch schon das Grundprinzip hinter der dicken blauen pulverbeschichteten und 4,8 kg schweren Stahlblech-Kiste erklärt: XLR rein – Eingangs-Übertrager – optisches Regelelement – Röhrenamp – Ausgangs-Übertrager – XLR-Raus – fertig!
Das VU-Meter kann dabei selbstverständlich auf Input, Output und die aktuelle Kompression umgeschaltet werden, dient dem „optischen Monitoring“ also somit sehr gut. Der Betriebszustand wird stilecht von einer Glühlampe mit „Rubin-Abdeckung“ verkündet, der Drehschalter rechts außen setzt die Kiste entsprechend unter Strom. Der Bus-Selector wiederum ist für das Stereo-Linking mehrerer Geräte zuständig und das mit bis zu zwei Bussen.
Der gesamte Audioweg ist übrigens Halbleiter-frei – nur im Sidechain-Weg zur Steuerung des optischen Elementes finden sich verschiedene Halbleiter zur Beeinflussung des Attack- und Release-Verhaltens, welche aber nicht vom eigentlichen Audiosignal durchflossen werden. Apropos Attack und Release, es können „fixe(d)“ Regelkonstanten festgesetzt werden – soweit dies „Programm-abhängig“ möglich ist – aber auch manuelle Einstellungen sind möglich. Es darf sogar gemixt werden („fix/man“) – best of OP, NPN und FET sozusagen. Der Umschalter für diese drei Modes befindet sich in folgendem Bild jedenfalls rechts unten am Gerät und ist als Chickenhead-Schalter ausgelegt.
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Diese Optionen dienen aber nur zur Gestaltung eines ohnehin eher „runden, musikalischen“ Regelkurvenverlaufs. Lineare „Solid-State“-Verdichtung erzielt man hiermit also nicht unbedingt. Anders gesprochen: Tonale Einzelsignale wie Bass, Vocals, Gitarren und Synths sind hier super aufgehoben, Drums und sehr schnelle Transienten eher nicht, wenn dann nur für die letzten 2-3 dB RMS. Ich verrate sicherlich auch kein Geheimnis, wenn ich sage, dass der CL-1B vor allem bei Vocals überragend agieren kann, was ihm ja letztendlich auch seinen Weltruhm einbrachte. Oftmals wird aber dennoch gerne etwas „FET-basiertes“, wie beispielsweise ein „1176“, vor- oder nachgeschaltet, um noch schmackhaftere Verdichtungen erzielen zu können.
Weil es den manuellen Mode gibt, muss es die dafür notwendigen Attack- und Release-Parameter natürlich auch noch geben, und zwar in Form schön großer und sehr weich drehender Potis. An einem LA-2A finden sich diese detaillierten Steuerungsmöglichkeiten übrigens nicht, dieser kennt nur „fixed“. Der Threshold steuert dabei – hier wie dort – den Pegel in das Opto-Element und der Gain die anschließende Aufholverstärkung der Röhrenschaltung zur Kompensation der zuvor eingeleiteten Gain-Reduction. Zwischen diesen mächtigen Potis findet sich aber außerdem noch ein Ratio-Parameter zu Intensitätssteuerung der Verdichtung. Und last but not least gibt es auch noch einen mit „In“ titulierten Bypass auf der dicken Frontplatte zu bestaunen.
Anschlussseitig gibt es, wie wir im oberen Bild sehen können, keine Überraschungen: Symmetrisch XLR rein, symmetrisch XLR raus sowie IEC-Kaltgeräteanschluss nebst Sicherung und Voltage-Selector. Die zwei TRS-Buchsen für den Sidechain bzw. das Linking dürfen natürlich nicht unerwähnt bleiben, bis zu 10 Geräte können so für den Stereo-Betrieb gekoppelt werden, was vor allem für Filmton-Leute durchaus interessant sein dürfte.
Und für die, die es ganz genauer wissen wollen: Die Röhrenstufe besteht aus genau zwei Röhren, wobei die erste für Vorverstärkung und Phasenteilung zuständig ist (ECC 83) und die andere die Ausgangsverstärkung übernimmt (ECC 82). Selbstverständlich kommt auch in der Stromversorgung reichlich Überdimensionierung zum Einsatz: Am optisch imposantesten ist dabei sicherlich der Netztrafo, welcher aus dem sonst eher nicht so tiefen Gerät komplett nach außen hin herausragt. Dabei dürfte er, wie auch die beiden anderen blauen Übertrager im Inneren, eine Auftragsfertigung speziell für Tube-Tech gewesen sein.