Praxis
Nun, für mich macht der alte MP 1A so viel richtig, und ich habe mich natürlich so dermaßen an ihn gewöhnt, dass es mir fast schon schwerfällt, über ihn zu urteilen – ich hatte nie wirklich etwas an ihm auszusetzen und habe ihn im überwiegenden Großteil der Vocal-Recording-Situationen auch ausgewählt. Mein erster Eindruck vom Tube-Tech MP 2A war ein wenig ernüchternd, denn der Charakter des neuen Lydkraft-Sprosses ist deutlich verhaltener. Den 1A liebe ich abgöttisch für die Art, mit der er Konsonanten andickt und dieses kleine Quäntchen zähflüssigen, seidenmatten Glanz auf das Signal setzt. Anders als bei sehr cleanen Preamps bekommen sogar Atmer und Luftanteile in gesungener Sprache eine immense Tiefe und Greifbarkeit. Aber: Prinzipiell ist genau dieser hervorragende Trioden-Charakter auch beim MP 2A vorhanden, nur etwas vorsichtiger und zurückhaltender – was durchaus extreme Vorteile mit sich bringt, wie ich später noch darstelle. Der MP 2A verzichtet auf das leichte Reiben, die gewisse Grobkörnigkeit im Signalweg – ein Umstand, der sehr wahrscheinlich auf die Auswahl der Übertrager zurückzuführen ist. Nachdem ich beim Einhören über die “Was habt ihr mit meinem Lieblingspreamp gemacht?”-Phase hinausgekommen bin, wurde mir doch ganz klar deutlich, was für Qualitäten man sich mit dem MP 2A eigentlich ins Rack holt – und welche Flexibilität! Zwar ist mir nach wie vor für mit Großmembran-Kondensatormikrofonen aufgenommenen Gesang die Farbe des 1A lieber, doch es gibt viele Disziplinen, in denen die Eigenschaften des älteren Preamps mit den Anforderungen an das klangliche Resultat kollidieren. Feine und zartgliedrige Signale von Kleinmembranern, aber auch Tauchspulenmikrofone wirken mit dem 2A etwas “kompletter” – am besten überlasse ich die weitere Beschreibung den Soundfiles im Player.
Auch die Arbeit mit einer anderen Form von dynamischem Mikrofon funktioniert aus verschiedenen Gründen nun deutlich besser: Bändchen! 70 dB Gain sind es zwar nach wie vor, doch der MP 2A ist mit seinem neueren Layout nun deutlich rauschärmer – das lieben passive Ribbon-Mikros ganz besonders. Leise Vocals mit Bändchenmikrofonen waren am 1A deutlich grenzwertig, zu große Kompressionshübe und vor allem starke Bewegung durch die Dynamikarbeit galt es immer zu vermeiden (Rauschen wird schnell vom Hörer ausgeblendet, lauter und leiser werdendes Material buhlt aber geradezu um Aufmerksamkeit!). Je nach Signalart hilft auch die feinere Pegelmöglichkeit, die Dynamik des Vorverstärkers möglichst weit auszukosten, zumal der Amp einen Klang bietet, der nicht stark von den Gain-Settings abhängig ist – die Röhren verrichten ihre Arbeit offenbar im sehr linearen Bereich der Kennlinie.
Der deutlichste Zugewinn, der besonders bei der Arbeit mit Mikrofonen dynamischen Wandlerprinzips zum tragen kommt, ist die Wählbarkeit der Eingangsimpedanz. Ungeachtet der Tatsache, dass es Stimmen gibt, die der Meinung sind, es gäbe nur die eine, richtige Impedanz – nicht umsonst spricht man ja von Impedanzanpassung – ist die Veränderbarkeit eine Tatsache, die im Produktionsprozess ganz schön handy sein kann, mit einfachem Klick-Klack die Klangästhetik ein bisschen in die eine oder andere Richtung zu schubsen. Die 5, 10 oder noch mehr Kiloohm dedizierter Bändchenvorverstärker bietet der MP 2A zwar nicht an, doch befindet man sich mit maximalen 2400 Ohm selbst bei 300-Ohm-Mikrofonausgängen deutlich über dem empfohlenen fünffachen Wert.
Für dich ausgesucht
Als Soundmaker für Line- und DI-Signale bleibt der MP 2A insgesamt etwas vorsichtiger und schlanker (Line ist aufgrund des Pads und Fine-Gains kein Problem!), doch ist hier die Anwendungsbreite groß, sodass man durchaus einmal ganze Submixes oder sogar Summen durch die blaue “Klangkraft”-Kiste schicken kann. Bezüglich aller weiteren Punkte lassen sich besonders positive Eigenschaften berichten. So ist das blaue Gehäuse sehr stabil, die Schalter und Bauteile wertig. An der Unauffälligkeit der Filter hat sich nichts geändert. Ebenfalls nicht unwichtig ist, dass der Tube-Tech nach spätestens zehn Minuten Aufwärmzeit stabil genug ist, damit man loslegen kann. Ich kann versprechen: Zehn Minuten auf das Benutzen des MP 2A zu warten, können einem wie eine kleine Ewigkeit vorkommen.