Praxis
Da es sich bei meinem Testexemplar NICHT um die Mastering-Version handelt, sind alle Potis sehr fein einstellbar und nicht gerastert. Sie drehen sich leichtgängig und sind aufgrund der großen, kantigen Plastikkappen besonders griffig. So muss man sie nicht unbedingt filigran mit zwei Fingern greifen und drehen, sondern kann auch einstellen, indem man den Zeigefinger elegant an ihnen entlang schiebt. Software vs. Hardware: 0:1!
Dank der fetten weißen Markierungsstreifen erkennt man auch im schummrigsten Studiolicht schnell, welche Position hier gerade eingestellt ist. Auch der Abstand zwischen den Poti-Kappen wurde großzügig bemessen und sollte selbst den dicksten Wurstfingern genügend Handlungsspielraum bieten. Immerhin reden wir hier über 3 HE.
Eigentlich ist es beinahe egal, was man einstellt, denn der Tube-Tech klingt IMMER gut und vor allem in der „Nullstellung“ absolut transparent. Er lässt sich faktisch nicht „falsch“ einstellen, seine Parameter fallen ja auch gar nicht mit so großen Hüben auf, wie sie eventuell an VCA-Kompressoren zur „technischeren“ Verdichtung zu finden sind bzw. „fühlen“ sich einfach nicht so grob an. Der Tube-Tech ist beim Sweepen so musikalisch, dass es eine Freude ist – und wir reden hier über ein Multiband-Kompressor!
Man kann also kräftig „reinlangen“, ohne drastische Veränderungen im Sinne von Verschlechterung erwarten zu müssen. Die erzielten Verdichtungen sind in allen Fällen sehr gutmütig. Dennoch: wer in den folgenden, verhaltenen Audiobeispielen bei mittlerer Ratio und Threshold die Ohren spitzt, hört schon ordentliche Dynamik, aber vor allem auch „Feeling“-Veränderung heraus. Als Nebeneffekt werden die Höhen seidiger und der Bass bekommt mehr Cojones. Hier ein Beispiel:
Ihr hört zuerst das digitale Original, dann eine „konservative“ Verdichtung, geschmacklich nahe an der „Harald Schmidt Show“, die dritte Variante hat hingegen nach wenigen Regler-Bewegungen mehr, deutlich mehr an „Sex“ gewonnen. Besonders wegen des „rolligeren“ Basses (längere Attack und kurzes Release) und dem um 1dB angehobenen Höhenband. In der vierten Version habe ich den THRESHOLD noch weiter abgesenkt und die Ratio weiter erhöht, aber selbst dann ist kein anstrengendes Pumpen oder sonstige Beeinträchtigungen wahrzunehmen, selbst, wenn man sich schon ästhetisch etwas über dem Ziel befindet. In der letzten Version habe ich dann „richtig Vollgas“ gegeben, aber auch hier ließ sich der Bolide nicht aus der Ruhe bringen und sich „gegen die Wand fahren“. Man könnte fast sagen, der Tube-Tech ist „langweilig“, egal, was man reinschickt, es kommt fast immer dasselbe raus. Aber genau das ist oftmals mehr als richtig! Drastischere, klanggestalterische Verdichtungen kann und sollte man mit Charakter-Geräten, wie einem SSL Bus Kompressor, Chandler TG1 oder ähnlichen vorher oder nachher durchführen. Der Tube-Tech ist hingegen eher die „Sahneschnitte“ für die letzten zwei dB.
Der Zauber des SMC 2B liegt meiner Auffassung nach in seiner „Ruhe“: In welcher Konsequenz er Eingangsmaterial bei gleichen Regler-Einstellungen subtil auf „Linie“ bringt, ist vor allem bei größeren musikalischen Umfängen mit viel Dynamik-Wechsel, wie einem Konzert, DJ-Set oder Album-Mastering mehr als beeindruckend! Der Tube-Tech macht dabei nicht nur einfach „schön sauber“, er bringt alle Pegel in ein homogenes Gesamtgebilde und kann vor allen Dingen einwandfrei und schnell nach Gehör bedient werden. Zusätzlich sättigt er bei Bedarf auch dezent und erhöht so den RMS-Pegel, wodurch mit nachgeschaltetem Limiter das Material erst richtig aufgeblasen werden kann. Alleine ist er dafür nicht „ultra-schnell“ genug, um jedes noch so kurzes Transientennadelspitzchen „wegzuhobeln“, dadurch klingt er aber auch immer frisch! Hier noch mal die ersten drei Funky-Mixe mit jeweils einem identisch eingestellten Slate FG-X Limiter drauf.
Mir fiel hiervon losgelöst auch auf, dass der SMC 2B generell auch härtere Mixing/Edit-Fehler – wie sie in einem Rough-Mix im Eifer des Gefechts nun mal schnell vorkommen können – souverän ausbügelt. Weiterhin „vitalisiert“ er auch schlechtes Codec-Material, wie es heutzutage z.B. durch die Verwendung von warped/pitched MP3s in DJ-Sets, o.ä. vorkommt. So hab ich den Tube-Tech zum Beispiel bei diesem DJ-Podcast in der gesamten Nachbearbeitung genutzt. Mit Pegelsprüngen kommt der TubeTech also bestens und ohne Probleme klar, ohne darauf hektisch mit anderen „Kompressions-Mustern“ zu reagieren. Im besten Sinne also ein richtig stoischer Ochse!
Hier noch weitere Audiobeispiele, um zu zeigen, wie sich der SMC 2B auf Einzelspuren verhält, wobei ich auch noch ein ganz klein wenig Hall hinzugemischt habe. In jedem Fall wird das Signal spürbar aufgewertet und falls nötig in die richtige Richtung korrigiert, auch wenn man teils unterschiedliche Ästhetiken verfolgen mag. Der SMC 2B bleibt also auch auf Einzelsignalen souverän, wenn auch hier der Stereo-Betrieb teils verschwenderisch anmuten mag. Ich habe dabei versucht, die Files auf gleiche, „gefühlte“ Lautstärke zu bringen, um den Kompressionseffekt besser zu isolieren, jedoch würde man jedes bearbeitete File noch lauter machen können, da der reale Peak-Wert meist tiefer als beim Original lag. Wie das ganze dann mit einem Limiter klingt, könnt ihr euch sicherlich vorstellen.
Der Bass wird auf einmal plastisch, und die Drums klingen nach der Tube-Tech Behandlung deutlich „teurer“. Die überkomprimierte Nylon-Gitarre wird dank des SMC 2B auch entschärft und drängt sich so deutlich weniger „nervig“ auf. Die Vocals werden durch die Bearbeitung hingegen deutlich nach vorn gezogen und gleichzeitig de-essed. Die Western-Git wird ebenfalls etwas gezähmt und passt so dünn nun perfekt in Pop-Ensembles. Der Song wird dank einer sehr smoothen Release auch deutlich „relaxter“ und unterstreicht das „chillige Fealing“. Was will man mehr?
Anfangs kam ich hin und wieder in die Situation, wo ich mir ein „Band-Solo“ oder „Band-Bypass“ herbeigewünscht hätte, wie ihn die direkte Konkurrenz, der Maselec MLA-3 und ein Drawmer S3, als lässigen Kipp-Schalter zu bieten haben. Aber sei es drum, man hat diese Möglichkeiten ja trotzdem, muss hier nur eben Potis etwas umständlich auf links drehen und dann wieder auf die alte Position zurück, was nach etwas Eingewöhnung allerdings wirklich kein Problem ist. So wird aus dem Threshold ein Bypass und aus dem Gain ein Mute.
Eine klitzekleine, andere Sache würde ich mir persönlich noch wünschen: Und zwar, dass es einen zusätzlichen Low- und High-Cut gibt, mit denen man – mit dem alten „Cut and Boost“ Spiel – weitere, klangliche Möglichkeiten schaffen könnte. Sicherlich, man kann für diese Vorhaben auch auf andere Geräte, Pre oder Post, wie auch auf PlugIns zurückgreifen, als auch einfach ein Band des SMC 2B dafür opfern, ein echter Beinbruch ist das also nicht. Vielleicht kann man da aber auch noch was machen? Hallo Dänemark! Wie dem auch sei, ein hervorragendes Gerät bleibt der SMC 2B so oder so, und empfiehlt sich nicht nur für Studios mit großem Besteck und Klangfarbkästen, sondern gerade auch für Leute, die im Homestudio weiterhin „ITB“ mixen, jedoch dennoch nicht auf den amtlichen analogen Sound in letzter Instanz verzichten wollen. SMC 2B in die Summe insertiert, Limiter drauf, und fertig ist der Mix! Aber auch auf sonstigen Bussen versprüht der SMC 2B edle „Röhren-Seide“.
Und hier noch die unvollständige „Presetverwaltung“ meiner kleinen Tube-Tech Session, in Form einiger mehr oder weniger schiefer Fotos …