Praxis
Klang
Klanglich muss sich Conectiv überhaupt nicht vor der Konkurrenz verstecken. Das unscheinbare Gerät hat es wirklich in sich! Obwohl die D/A-Wandlung „nur“ mit einer Auflösung von 16 Bit und maximal 48 kHz erfolgt, trumpft M-Audio hier richtig auf. Der Sound ist detailreich, druckvoll und angenehm. Es klingt meiner Ansicht nach sogar deutlich besser als das SL-3 von Rane trotz dessen besserer Auflösung von maximal 24 Bit. Die integrierten Phono-Preamps verfügen über einen überdurchschnittlich guten Klang, könnten allerdings einen etwas höheren Ausgangspegel vertragen.
Handling
Leider wird man durch die vielen Funktionen von Torq zunächst ein wenig erschlagen. Ein intuitives Herantasten ohne Manual ist so kaum möglich. Davon abgesehen wird das Interface allerdings sofort erkannt. Alle Ein- und Ausgänge konfigurieren sich selbstständig so, wie man sie zur Inbetriebnahme benötigt.
Im Club-Alltag funktioniert das Ganze leider nicht immer ohne Einschränkungen. Ich spreche hier aus Erfahrung, da ich regelmäßig gemeinsam mit DJs auflege, die Torq-Conectiv einsetzen. Während mein Scratch-Live in der Regel störungsfrei funktioniert, kommt es am exakt selben Arbeitsplatz beim Torq-System des Öfteren zu Problemen. Torq reagiert recht empfindlich auf alltägliche Störquellen wie zum Beispiel verschmutzte Nadeln, starken Körperschall oder einstreuende Stromkabel. Die Tatsache, dass sich solche Dinge im Club-Betrieb nie wirklich komplett vermeiden lassen, gestaltet das ernsthafte Arbeiten mit Torq unter Umständen etwas problematisch. Was nützen die tollsten Features einer Software, wenn die nötige Betriebssicherheit für eine professionelle Nutzung nicht gegeben ist?
Key-Lock
Der Key-Lock ist bei Torq defaultmäßig aktiviert. Dieser arbeitet ziemlich sauber und kann natürlich auch deaktiviert werden. Ab einer Erhöhung der Abspielgeschwindigkeit um etwa vier oder einer Absenkung um etwa fünf Prozent entstehen hörbare Artefakte. Im Vergleich mit anderen Systemen und im Hinblick auf den Preis geht das aber absolut in Ordnung! Ein nettes Feature ist, dass sich die Stimmung des gespielten Songs auch unabhängig vom Pitch ändern lässt. Im „Key-Adjust“ lässt sich die Tonhöhe mit einer Auflösung im Cent-Bereich bis zu einer Oktave anheben, oder absenken. Praktischerweise schränkt die Key Lock-Funktion die Möglichkeiten der Scratch-Techniken überhaupt nicht ein. Sobald eine Scratch-Bewegung ausgeführt wird, schaltet sich der Key-Lock aus, um sich danach sofort wieder selbstständig zu aktivieren.
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AMPutate-Mode
Falls man zum Mixen nur einen Plattenspieler oder CD-Player zur Verfügung hat, kann man im „AMPutate Mode“ arbeiten. Der gerade laufende Song läuft dann im internen Abspiel-Modus, während der neue Song über die Timecode-Vinyl oder CD gesteuert wird.
MIDI-Assignment
Alle angeschlossenen MIDI-Geräte, deren Treiber ordnungsgemäß installiert sind, werden sofort von Torq erkannt. Durch einen einfachen „Control-Klick“ auf die jeweilige Software-Funktion kann diese umgehend einem MIDI-Controller zugeordnet werden. Somit kann man vom Pitch und Song-Load bis zu den Cue-Punkten nahezu alle Funktionen der Software extern steuern. Dies bietet eine Vielzahl kreativer Möglichkeiten und funktioniert reibungslos und verzögerungsfrei. Daumen hoch!
Automatische Tempo-Erkennung
Songs, die in Torq importiert werden, erfahren automatisch eine Tempoanalyse, die zufriedenstellende Ergebnisse liefert. Um die Fehlerquellen zu verringern, lässt sich der mögliche Tempobereich in den Voreinstellungen einschränken. Neu bei Version 1.5 ist die Möglichkeit, das „Phase-Grid“ zu editieren. Diese Anzeige visualisiert zusätzlich zur Wellenform-Ansicht die einzelnen „Beats“ (Viertelnoten-Schläge) des Songs. Eine Korrektur des Grids ist oft bei Songmaterial notwendig, das Temposchwankungen beinhaltet. Außerdem ist es nun durch die neuen „Tempo-Anker“ möglich, Material mit Tempowechseln genauestens zu analysieren.
Loop-Funktionen & Cue-Punkte
Die Loop-Funktionen sind ein weiters Highlight von Torq. Loop-Punkte können manuell gesetzt werden oder man arbeitet mit beatsynchronen Auto-Loops. Die Loop-Sektion arbeitet sehr zuverlässig und erlaubt ein sehr intuitives Arbeiten. Insgesamt stehen pro Song fünf frei positionierbare Cue-Punkte zur Verfügung. Diese sind sehr leicht zur setzen und durch ihre auffällig große Nummerierung gut zu erkennen.
Sample-Player
Ebenfalls gelungen und mit zahlreichen sinnvollen Features versehen ist der Sample-Player. Dieser verfügt über insgesamt 16 separate Sample-Pads. Die Samples können entweder per Drag & Drop direkt aus der Library oder über einen Browser geladen werden. Außerdem ist es möglich, im laufenden Betrieb Samples aus beiden Playern aufzunehmen. Ein besonderer Clou ist, dass diese Aufzeichnungen gepitcht und taktgenau geloopt werden können. Absolutes Highlight aber ist die Quick Scratch-Funktion. So können Samples blitzschnell in die Player geladen werden, ohne dass man sie aus der Library importieren muss. Außerdem geht das vorher in den Player geladene Audiofile dabei nicht verloren. Derartige Features sorgen für einen guten Workflow und machen verdammt viel Spaß!
Features, die eigentlich keine sind …
Es gibt zwar eine Aufnahmefunktion zur Aufzeichnung des Mixes, diese funktioniert allerdings nur im Zusammenhang mit einem externen Controller wie dem Xponent. Schade!
Das Mikrofonsignal kann über „Deck A“ dazugemischt werden. Dies ist allerdings alles andere als praktikabel. So macht der Mikrofon-Input eigentlich nur Sinn, wenn das Conectiv-Interface mit einer anderen Software verwendet wird.
Effekte und PlugIns
In Sachen „Effekte“ ist Torq wirklich vorbildlich ausgestattet. Es gibt zehn verschiedene interne Effekte, die entweder als Insert- oder als Zumisch-Effekte eingesetzt werden können. Zu Verfügung stehen zum Beispiel Reverb, Flanger und Delay, die auch taktsynchron eingesetzt werden können. Ein Novum der Version 1.5 ist, dass sich pro Player bis zu drei interne Effekte gleichzeitig laden lassen. Darüber hinaus gibt es nun auch die Option, externe VST-PlugIns einzubinden. Die Effekt-Sektion hat einen sehr guten Klang, arbeitet ohne nennenswerte Latenz und überzeugt mich deshalb auf ganzer Linie!
Vinyl-Feeling
Bezüglich des „Vinyl-Feelings“ hat Torq gegenüber der Konkurrenz von Rane und Native Instruments leider das Nachsehen. Selbst bei dem kleinsten einstellbaren Wert der Buffergröße wirkt die Übertragung der Schallplattenbewegungen auf das Playback schwammig und verzögert. Dies ist allerdings nur für Scratch-DJs wirklich relevant. DJs mit anderen Schwerpunkten wird es vielleicht gar nicht auffallen.
Ein weiterer Nachteil ist der geringe Vorlauf des Vinyls. Erst etwa eine Sekunde, bevor das Audiofile zu spielen beginnt, wird es vom Timecode in Bewegung gesetzt. So fehlt unter anderem die optische Kontrolle, ob das Steuersignal sauber ausgelesen wird.
Musik-Files verwalten
Über den Browser können Songs in die Software geladen werden. Dort werden alle Laufwerke und Ordner des Computers angezeigt. Unterstütze Formate sind MP3, AIFF, WAV, WMA und AAC.
Auch iTunes-Playlisten finden Support und es besteht die Möglichkeit, Songs von Audio-CDs abzuspielen. In der Listenansicht werden die „tags“ wie Song, Artist, Genre oder Bitrate angezeigt. Von dort aus können die Songs per Drag & Drop in die Player geladen werden. Die an einem Abend gespielten Titel werden in einer „Session-Playlist“ gespeichert. Natürlich können auch eigene Playlisten erstellt werden.
Die Suchfunktion ist leider noch verbesserungswürdig, da sie nur innerhalb der Listenansicht funktioniert. Insgesamt macht der Browser einen lahmen Eindruck. Er könnte im oft hektischen DJ-Alltag zeitweise zum Verhängnis werden.
Software-Updates
Sind bei „Scratch Live“ von Rane neue Software-Versionen kostenfrei, so lässt sich M-Audio leider Software-Updates für Torq bezahlen.
Grafik/ Programmoberfläche
Wie bereits erwähnt, wirkt die grafische Darstellung von Torq teilweise einfach überladen. Weniger wäre hier der Übersicht halber wirklich mehr gewesen. Die Songliste im Browser ist aufgrund des fehlenden Kontrastes nur schwer lesbar. Auch die horizontale Darstellung der Wellenform der Audiofiles finde ich sehr gewöhnungsbedürftig. Hier wäre außerdem eine alternative vertikale Darstellung wünschenswert.
Alternativen/ zusätzliche Features
Anwender, die Torq für ihre Produktionen verwenden möchten, kommen voll und ganz auf ihre Kosten. Über die Option, MTC (MIDI-Timecode) zu senden oder zu empfangen, lässt sich die Software perfekt mit einem entsprechenden Sequenzer synchronisieren. Über ReWire kann Torq komfortabel beispielsweise in eine Software wie Cubase, Logic oder Live eingebunden werden. Hardwareseitig bleibt man mit Conectiv glücklicherweise nicht auf Torq beschränkt, sondern kann dieses unter anderem auch als reguläres Audio-Interface für andere Applikationen einsetzen.