Auch in unserer Branche gibt es Unternehmen, die sich auf ihren Lorbeeren ausruhen und deren vorgeblich innovativen Geräte nicht mehr sind als die mehrfach aufpolierte Wiedergeburt von einstmals erfolgreichen Veteranen. Ein Gegenbeispiel zu dieser marketinggesteuerten Augenwischerei liefert Mackie. Seit mittlerweile Jahrzehnten steht der Name für eine verlässliche Größe bei Analogpulten für den tontechnischen “Mittelstand”. Obwohl sich der Markt kontinuierlich und dynamisch in die unterschiedlichsten Richtungen entwickelt und auch Mackie beispielsweise mit Digitalpulten, Monitoren oder Audio-Interfaces darauf reagiert, wird das Unternehmen in erster Linie mit Analogschüsseln sehr ordentlicher Qualität und fairer Preisgestaltung in Verbindung gebracht.
Der neueste Streich der Amerikaner ist die ProFX Pult-Serie, die nicht mit vermeintlichen Killerfeatures um Aufmerksamkeit buhlt, sondern bei geringer Baugröße und offenbar hoher Verarbeitungs- und Audioqualität alles bietet, was man im Alltag benötigt und das weglässt, was eher als Ballast oder Luxus gilt. Es stellen sich neben vielen anderen also auch die Fragen, ob das Projekt als gelungen bezeichnet werden kann und ob der Preis im richtigen Verhältnis zu Ausstattung und Leistung steht. Antworten soll uns das Mackie ProFX16 geben, das den Weg ins bonedo-Testlabor gefunden hat.
DETAILS
Für mich fühlt es sich fast so an, als hätte da jemand auf mich gehört. Zitat: “Ich glaube, ich schicke Mackie mal eine Mail mit meiner Telefonnummer und der Bitte, mir zu erklären, warum ihr Livepult den Kopfhöreranschluss auf der Rückseite hat.” Über die Lage des Phantomschalters habe ich mich ähnlich geäußert. Ich glaube kaum, dass es bei Mackie ein Meeting gab, in dem mein letzter Mackie-Test jedem Entwickler als Blaupause für seine Arbeit vorgelegt wurde – so viel Selbstüberschätzung ist mir fremd. Vielmehr wird es so gewesen sein, dass ich ohnehin wunde Punkte getroffen habe, die von vielen Seiten an den Hersteller herangetragen wurden. Deshalb zeigt sich bei unserem Testkandidaten die Rückwand weitestgehend unbevölkert, neben Netzanschluss und -schalter fristet dort nur die USB-Buchse ihr einsames Dasein. Der Kopfhöreranschluss sowie der Schalter für die Phantomspeisung befinden sich allesamt auf der Oberseite. Sehr gut, danke schon mal dafür.
Wer Mackie-Pulte kennt, der kann sich im folgenden Text der Details im “Speed Reading” üben und die wesentlichen Infos aus dem Absatz herausfiltern wie ein Blauwal das Plankton aus dem Meerwasser. Also, Mund auf: Die Mastersektion ist wie auch die Kanäle und die Subs mit 60mm-Fadern ausgestattet, was als Regelweg in der Kompaktklasse völlig in Ordnung geht. Alle 17 verbauten Flachbahnregler sind übrigens mit 10dB-Faderaufhohlverstärkern ausgestattet, sodass das “U” für Unity auch ganz rechts im Main nicht am oberen Anschlag zu finden ist. Auch dort gibt es noch Luft nach oben – 10 dB eben. Die Pegel von Main Out oder PFL können mit einer doppelt zwölfsegmentigen LED-Kette optisch kontrolliert werden. Der Frequenzgang des Main-Out lässt sich mit dem siebenbandigen Grafik-Equalizer korrigieren, der stattdessen auch den ersten Monitorweg bearbeiten kann. Als einen vollwertigen Summen-EQ würde ich den Frequenzgangbearbeiter aber nicht verstanden wissen, denn “Einpfeifen” wird damit schwierig, vor allem auf dem Monitorweg. Neben der mangelnden Flexibilität eines nur im Oktavabstand arbeitenden Filters fehlt mindestens ein Band im Bass. Auch bei kleinen Anlagen wird man sich wünschen, zumindest einen weiteren, mit 62,5 beschrifteten Regler zur Verfügung zu haben. Auf die 16k kann man meist noch verzichten, doch da unten fehlt wirklich etwas, wenn man mit dem Pult live arbeiten will. Aber immerhin ist ein solcher EQ natürlich weit besser als überhaupt keiner.
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Bezüglich der Ausgänge kann diesem kompakten Pult auch bei absoluter Boshaftigkeit nicht unterstellt werden, unflexibel zu sein: Neben den XLR- und Monoklinken-Main-Outs gibt es Tape-Outs, einen Stereo-Out über USB (16Bit/48kHz max.) zum direkten Recording sowie gemeinsam über ein Poti regelbare Control-Room-/Phones-Ausgänge. Super! Ferner beglücken den User noch Outputs der vier Subgruppen, Monitor-Sends 1 und 2 und FX-Send. Wem das immer noch nicht reicht und wer nach Direktausgängen der einzelnen Kanäle schreit (die es hier nun wirklich nicht gibt), der kann ja den alten Trick anwenden und den Channel-ISR der ersten vier Kanäle per halb gestecktem Klinkenkabel zum Signalsplitter umfunktionieren. Und seht ihr, so schnell bin ich inhaltlich schon bei den Kanälen. Die nächsten vier der acht Monokanäle des ProFX16 haben keine Insert-Send-Return-Buchse, denn statt jener residiert dort ein Poti. Dieser Regler bedient den Einknopf-Kompressor, der bei anderen Mackie-Pulten eine zumindest ordentliche Figur machen konnte, wenn man bedenkt, nicht gerade einer Flut von Parametern ausgesetzt zu sein. Mit Main- und Subgruppenrouting, Pan (beziehungsweise Odd-/Even-Regler für das Busrouting), Mute, PFL-Solo, Peak-LED, zwei fest pre-gelöteten Auxen (Mon 1 und Mon 2) und einem Post-Abgriff (FX) für das interne Effektgerät oder den vorhin benannten Ausgang ist ein Mono-Kanalzug eines recht kleinen Pultes routingmäßig wirklich komplett.
Eingangsseitig warten die VLZ-Preamps darauf, mit dem Gainregler Line-Signalen mit bis zu 30, Mikrofonsignalen mit bis zu 50 dB unter die Ärmchen zu greifen. Dass der Rauschteppich bei voll aufgedrehtem Gain am Insert bei -128 dBu liegt und der Frequenzgang von Mic-In zu jedem Ausgang bei 20 Hz – 40 kHz (bei +0/-1 dB!), spricht für sich. Bei Problemen im Bassbereich kann mit 100Hz-HPF das Bassband gesperrt werden, für feinfühligere Arbeiten gibt es eine EQ-Sektion, die mit Kuhschwänzen bei Grenzfrequenzen von 80 und 12000 Hz arbeitet, das Mittenband mit fester Q kann zwischen 100 Hz und 8 kHz durchgestimmt werden. “Feinfühlig” ist vielleicht etwas untertrieben: Wer Mackie-EQs kennt, der weiß, dass sie keine Gefangenen nehmen und ordentlich zupacken – mit bis zu 15 dB Hub.
Alles könnte so schön einfach sein, doch Mackie schafft es tatsächlich, in einem Pult mit zwölf Kanalzügen ganze fünf verschiedene Kanaltypen unterzubringen. Das klingt eher nach Custom-Hersteller und undurchschaubarem Wirrwarr als nach einem schlüssigen Bedienkonzept, doch gemach, gemach: Die beiden Mono-Kanalzugtypen unterscheiden sich, wie schon angemerkt, nur aufgrund des Vorhandenseins von entweder ISR oder Kompressor. Die Stereokanäle können mit keinem der beiden aufwarten, dafür aber mit zwei Line-Eingängen. 9/10 und 11/12 besitzen weiterhin auch einen Mikrofoneingang mit Low-Cut. Das ist schlau, denn mit nur acht Mikrofonkanälen wäre das Pult doch etwas mager für viele Anwendungen. Die Stereokanäle 13/14 und 15/16 verfügen beide nicht über Mikro-Eingänge, Letztgenannter ist dafür aber in der Lage, das über USB ankommende Stereosignal statt des Line-Ins abzugreifen und auf Routing und EQ zu schicken. Wo wir gerade dabei sind: Die “doppelten” Kanalzüge müssen sich mit einem festen 2,5kHz-Mittenband begnügen. Der dadurch auf der Bedienoberfläche frei gewordene Platz lässt zwar Raum für Trauerbekundungen, aber mal ehrlich: Es sind doch meist Mikrofonsignale, bei denen wir genauer eingreifen müssen.
Das interne Effektgerät kann über den FX-Bus beschickt und das so aufgehübschte Signal separat regelbar in den Main-Out und die beiden Monitorwege geschüttet werden (der Aux-Return hat übrigens die gleichen möglichen Ziele.). Das kleine digitale Effektgerät liefert natürlich nur Standards, genaugenommen 16 verschiedene. Damit im Livebetrieb das Mitwippen des Tontechnikerfußes nicht nur ein Zeichen für eine nicht allzu üble musikalische Performance ist, sondern auch gleich mit einer Aufgabe betraut werden kann, hat das ProFX einen Fußschalter-Anschluss, über den die Delayzeit getappt werden kann. Gut mitgedacht!
Der Mixer wiegt bequeme sechs Kilogramm – das ist leicht genug für ständigen Transport. Interessanter ist aber folgende Angabe: Die vorliegende 16-Kanal-Ausführung ist genau 475 Millimeter breit. Weil ja nicht überall auf der Welt und in allen Bereichen das SI-System Verwendung findet, kommt hier die Umrechnung in Zoll: 18,7“! Und das ist äußerst nah an 19” und natürlich kein Zufall, denn es gibt tatsächlich zwei Wangen, mit deren Hilfe man das ProFX16 ins 19”-Rack verfrachten kann. Verständlicherweise wollen auch diese käuflich erworben werden und alles hat bekanntlich seinen Preis. Aber festhalten: Die UVP der beiden Metallwinkelchen liegt bei 70 Euro!
Michael Busch sagt:
#1 - 10.04.2012 um 18:43 Uhr
Wir hatten das ProFX12 im Proberaum. Obwohl grundsätzlich ein gutes Pult ging es wieder zurück, da es einen lauten Einschaltknacks und eine Ausschaltdetonation (!) auf der PA verursachte (2 Stück getestet, beide identisch). Das habe ich so noch bei keinem anderen Pult erlebt.
Arndt S. sagt:
#2 - 10.04.2012 um 19:03 Uhr
@Michael Busch: Wenn man die Einschalt- und Ausschaltreihenfolge beachtet (Einschalten: erst Pult, dann Endstufen bzw. Aktivboxen einschalten, Ausschalten: erst Endstufen bzw. Aktivboxen, dann Pult ausschalten), gibt es dieses Problem auch nicht. Wirst du bei anderen Pulten aber auch haben.
Gruß. Arndt
Dominik sagt:
#3 - 05.06.2014 um 10:52 Uhr
Da gebe ich Arndt voll recht. Problematischer finde ich die Tatsache, dass bei Betätigung des Phantom Power Knopfes ein extrem lautes Geräusch (klingt so ähnlich wie der "Zonk" ;o) am Masterregler vorbei auf die Ausgänge gejagt wird. Äußerst boxenfeindlich!