Praxis
Da ich bei neuen Produkten, die ich unter die Finger bekomme, generell ein neugieriger und ungeduldiger Mensch bin, schloss ich die SRM450 v2 gleich nach dem Eintreffen bei mir Zuhause an, um sie zumindest bei moderater Zimmerlautstärke schon mal hören zu können. Ok, das hätte ich besser mal gelassen, denn der Rauschpegel, den die Hochtöner von sich gaben, war nicht von schlechten Eltern. Somit war der allererste Praxis-Eindruck also erst einmal suboptimal. Wie gesagt, ich bin ungeduldig und wollte das Rauschen hinter mir lassen. Was blieb mir also übrig…? „Gib Gummi“, „Kohlen in den Ofen“, „Dampf auf den Kessel“…LAUTER machen. Hey, wunderbar, das Rauschen war weg, prima! Vor lauter Verzückung vergaß ich aber kurzzeitig, dass ich ja auch noch Nachbarn habe und nicht im Industriegebiet oder einer Disco wohne…schade. Nun gut, damit die nahe gelegene Polizeiwache nicht auf die Idee kam, mein Heim zum Ziel eines Betriebsausflugs zu erklären, entschloss ich micht, meinen ausgiebigen Praxis-Test erst einmal zu vertagen. Halten wir also fest: diese Boxen sind nicht für moderate Zimmerlautstärken ausgelegt, aber ich denke, das wollen sie auch gar nicht.
Also habe ich gewartet, bis unser bonedo-Bandworkshop im Kölner Basement (Club-Location mit einem Fassungsvermögen von ca. 300 Personen) anstand, um die neuen Mackie-Boxen auch wirklich würdig testen zu können. Mit Schlagzeug, Bass und Rhodes nahm sich die Bandbesetzung zwar recht minimalistisch aus, doch waren die Musiker absolute Voll-Profis (Antoine Fillon, Jürgen Dahmen und Rainer Wind) die unglaublich dynamisch spielten. Dieser Aspekt war perfekt, um das Dynamikverhalten der Boxen zu testen. Um aber eben auch schauen zu können, wie sich das Auflösungsvermögen der Boxen bei komplexeren Instrumentierungen verhielt, hatte ich zusätzlich mein Logic-System und ein paar Original-Sessions (also keinem bereits totkomprimierten CD-Material) im Gepäck. Natürlich schickte ich auch den ein oder anderen CD-Track über die Anlage, denn in der Disco soll die Box ja auch funktionieren.
Zum Glück hatte ich meinen Wohnzimmer-Test rechtzeitig beendet, sodass sich der erste Negativ-Eindruck nicht manifestieren konnte. Im Basement, also einer angemessenen Location für diese Boxen-Art, war der Eindruck gleich ganz anders. Meine Güte, was kommt aus diesen kompakten Boxen ein Druck…nicht von schlechten Eltern. Doch der Reihe nach. Beim Test mit der Live-Band viel sofort auf, wie sauber die Tieftöner arbeiten – die Bassdrum klang sehr druckvoll, voluminös und trotzdem knackig. Kaum zu glauben, dass dieser Punch aus zwei 12-Zöllern kommen sollte. Selbst mit den sehr tiefen Frequenzen des E-Basses (Rainer spielte einen 5-Saiter) hatten die Woofer keine größeren Probleme – natürlich sind hier physikalische Grenzen gesetzt und den Tiefbass eines 18“-Subs kann man natürlich nicht erwarten, aber in Relation zur Größenordnung gesetzt, gibt es hier keinen Kritikpunkt. Als sehr angenehm empfand ich auch den Übergang von den Bässen zu den tiefen Mitten, denn dieser ist bei den beiden SRM450 V2 eigentlich nicht wahrnehmbar– besonders bei solch kompakten PA-Boxen hat man ja in diesem Bereich häufig ein Frequenzloch. Sehr gut konnte man das bei Antoines diversen Tom-Läufen merken, wobei der Bass teilweise im gleichen Frequenzbereich spielte. Die Attacks waren klar und knackig, und die Körper der Toms trotzdem ohne Lücken vertreten. Die Auflösung der Mitten ist für eine PA-Box wirklich erstaunlich fein, dies fiel natürlich besonders bei den größer instrumentierten Recordings auf, die aus dem Logic-System kamen. Bei einem Track mit Drums, Bass, zwei E-Gitarren, zwei Akustik-Gitarren, E-Bass, Percussions, Streichern, Lead- und Backing-Vocals konnten trotzdem noch alle Einzelsignale einigermaßen fein getrennt wahrgenommen werden. Besonders im Bereich zwischen 1-4kHz, wo sich ja die Hauptinformationen einiger Signale tummeln (Gitarren, Streicher, Vocals und natürlich auch teilweise Drums und Percussions), gab es keinen Soundbrei.
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Die Höhen sind für meinen Geschmack teilweise etwas zu hart abgestimmt – zuerst dachte ich, es läge an den Rhodes-Sounds, die Jürgen teilweise mit Wah-Wah spielte, doch nach der Soundkontrolle über Studiomonitore und Kopfhörer waren die Höhen des Rhodes gar nicht so hart wie sie über die SRM450 v2 übertragen wurden. Die Höhen setzen sich dadurch natürlich sehr präsent durch, doch je nach Sound ist es etwas „too much“ – es wirkt dann etwas wie „oben aufgesetzt“ und nicht in den Gesamtsound integriert. Alles in allem ist der Gesamtsound aber relativ ausgeglichen, für eine PA-Box sogar ziemlich ausgeglichen – der Begriff Fullrange-Box trifft hier auf jeden Fall zu. Im Dynamik-Verhalten verdienen sich unsere Probanden wieder Bestnoten. Sowohl dem sehr dynamischen Spiel der Live-Band als auch dem stark komprimierten CD-Material folgen die Endstufen und Treiber auf dem Fuß. Das Abstrahlverhalten ist ebenfalls sehr gut, der Sound ändert sich zu den Seiten hin nur unmerklich, man muss schon extrem an den Seiten stehen, um stärkere Veränderungen zu haben. Somit eignen sich die SRMs nicht nur aufgrund des asymmetrischen Gehäuses als Bodenmonitor, sondern eben auch aufgrund des Abstrahlverhaltens. In Sachen Leistungsfähigkeit bzw. Leistungsobergrenze machen die Mackies auch einen guten Job, selbst im Grenzbereich ist der Sound nicht unangenehm komprimiert (natürlich klingt es hier etwas dichter), Clippings sind fast nicht zu erreichen (klar, wenn man sich Mühe gibt, schafft man auch das).
Was bleibt zu sagen…? Die SRM450 v2 sind nicht nur auf dem Papier wahre Multitalente, sondern auch in der Praxis. Einsätze im Proberaum, im Club, der Disco, auf der Bühne fürs Monitoring, dem mobilen DJ-Gig, etc. sind für diese Aktiv-Boxen kein Problem. Das Konzept, einen Sound zwischen Studio und Live zu erzielen, geht generell auf, da die Boxen wirklich dynamisch und fein aufgelöst klingen – würden die Hochtöner etwas weniger rauschen, könnte ich mir die SRM450 v2 sogar im Studio als Alternativ-Abhöre beispielsweise für Club/Disco-Mixe vorstellen.