Praxis
Make Noise Spectraphon Test – die Hardware
Bevor wir im Praxisteil des Tests näher auf den Sound und die Patch-Möglichkeiten des Make Noise Spectraphons eingehen, noch ein paar Worte zur Hardware des Moduls: Der Spektraloszillator, der wie das Morphagene und das Mimeophon von Tom Erbe (Soundhack) programmiert wurde, basiert auf einer neuen DSP-Hardware des Herstellers. Dank eines ARM-Cortex-Chips und mehr RAM als bei den Vorgängern arbeitet das Spectraphon laut Make Noise schneller und gleichzeitig rauschärmer. Der Sound des Moduls bestätigt diese Aussage: Aliasing, Rauschen oder Glitches gibt es nicht. Zudem klingen alle noch so extremen Parametermodulationen extrem smooth und dynamisch. Dementsprechend erhält man schon bei den ersten Experimenten viele spannende Sounds. Wie bei vielen Make Noise Modulen ist es auch beim Spectraphon von Vorteil, nicht zu viele Parameter zu haben.
Erste Patch-Tipps zum Make Noise Spectraphon
Während des Tests des Make Noise Spectraphons haben sich mehrere Patching-Techniken als besonders nützlich erwiesen. Auf diese kann man sich gut konzentrieren, um die Klangvielfalt des Moduls zu Beginn auszuloten. Allen voran ist hier der duophone Betrieb zu nennen, der auch ohne VCA möglich ist. Einfach eine Hüllkurve in den „Partials“-Eingang patchen, dessen Regler ganz nach links und den Abschwächer nach rechts drehen – und schon entstehen prägnante Low-Pass-Gate-Sounds. In diesem Kontext zeigt sich ebenfalls, dass das Spectraphon ideal in das Make-Noise-Ökosystem integriert ist: Die beiden Kanäle des René 2 Sequenzers sowie die beiden Hüllkurven des Maths eignen sich perfekt, um unabhängige Melodien für die beiden Seiten des Moduls zu programmieren. Danach alles ins Mimeophon für Delay und Reverb – fertig. Ein tolles Grundkonstrukt für kreatives melodisches Arbeiten ist somit gepatcht.
Was fehlt dem Make Noies Spectraphon?
Beim weiteren Experimentieren mit den Parameter-Reglern fallen im Test allerdings auch einige gewöhnungsbedürftige Eigenheiten des Spectraphons auf. Die FM-Sounds werden aufgrund ihres digitalen Charakters schnell sehr harsch, eben weil sich nur die beiden Kerne gegenseitig modulieren können. Ein Eingang für externe FM-Modulatoren – beispielsweise analoge Wellen eines Make Noise XPO – hätte dem Modul sicher gutgetan. Außerdem fehlt dem Modul definitiv ein Waveshaper bzw. Wavefolder. Im Test habe ich mal die sehr schön klingende Sinuswelle des Make Noise Spectraphons durch den Serge Wave Multipliers geschickt. Dadurch kam einiges an analogem Charakter zum Vorschein, den das so präzise digitale Modul von sich aus nicht hat. Leider hat Make Noise keinen eigenständigen Wavefolder im Programm – aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Make Noise Spectraphon: Focus liegt nicht auf Vocoding
Nun möchte ich noch ein wenig auf das Thema Resynthese eingehen. Hier wird schnell klar: Das Spectraphon ist kein Vocoder. Seine Engine ist nicht darauf ausgelegt, im SAM-Modus auf Basis des Eingangssignals viele detaillierte Obertöne zu produzieren. Sie entstehen jedoch, wenn man den „Fokus“ bewusst auf die Obertöne verschiebt oder FM auf der jeweils anderen Seite aktiviert. Dabei bleibt jedoch kaum etwas vom ursprünglichen Charakter des Sounds erhalten. Beim Make Noise Spectraphon wird das eingehende Signal primär durch Resynthese verformt und verändert und nicht in eleganter Weise digital reproduziert. Dies zeigt sich auch in der oben beschriebenen Möglichkeit, Arrays von Obertonstrukturen im Modul zu speichern. Mit anderen Worten: Externer Klang wird im Spectraphon zu einem formbaren Material, mit dem man künstlerisch interagieren muss.
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Wie klingt das Make Noise Spektraphon?
Es folgen ein paar Audiobeispiele, welche die besonderen Eigenschaften des dualen Spektral-Oszillators aufzeigen.
Spectraphon goes CV
Schließlich noch ein finales Lob an Make Noise: Wie schon beim Morphagene und Mimeophon haben die Entwickler auch beim Spectraphon eine elegante Option integriert, mit der das Modul selbst CV-Signale generieren kann. Im SAM-Modus liegt am SUB/CV-Ausgang kein Suboszillator wie im SAO-Betrieb an, sondern eines von drei verschiedenen CV-Signalen, darunter ein Sample-and-Hold-Signal. Mit diesen werden Elemente des additiven Sounds zur Modulationsbasis, wodurch sich das Spectraphon noch besser in Patches integrieren lässt. Gerade für experimentelle Anwendungen, bei denen viele Module miteinander „im Dialog“ stehen, ist dies extrem wertvoll.
Make Noise Spectraphon – Das sind die Alternativen
Das Spectraphon ist ein ziemlich einzigartiges Modul, das im Eurorack kaum Konkurrenz hat. Als Alternative ist vor allem das Rossum Panharmonium zu nennen, ein Resynthese-Modul mit 33 Oszillatoren, mit denen eingehende Sounds reproduziert werden. Es ist aufgrund der vielen Oszillatoren sehr präzise, kann dafür aber nicht als Dual-VCO verwendet werden. Ein weiteres Modul mit ähnlicher Resynthese-Funktionalität wie der neue Make Noise Oszillator ist das bereits getestete Qu-Bit Aurora. Es analysiert ebenfalls den spektralen Inhalt von Klängen und macht daraus experimentelle Reverbs, die – wie beim Spectraphon – das Klangmaterial massiv verändern können.
Features | Make Noise Spectraphon | Rossum Panharmonium | Qu-Bit Aurora |
---|---|---|---|
VCO-Betrieb | ja | ja | — |
Einstellbare Analyse-Auflösung | — | ja | ja |
Steuerung mit 1V/Oct. | ja | ja | ja |
Als Effekt einsetzbar | ja | ja | ja |
Duophon bzw. polyphon spielbar | Ja (duophon) | — | — |
Preis | 678 € | 649 € | 418 € |
Preis/Leistung | 4,5/5 | 4,5/5 | 4/5 |
Bewertung im Test | 4,5/5 | — | 4/5 |
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Einsatzmöglichkeiten des Make Noise Spectraphon
Es stellt sich jetzt die Frage: Wofür kann man das Make Noise Spectraphon letztendlich am besten einsetzen? Hier würde ich, basierend auf meinen Erfahrungen während des Tests, zwei verschiedene Bereiche unterscheiden. Zum einen ist es ein herausragender digitaler Oszillator, der sich aufgrund seiner hohen Klangauflösung und simplen Modulationsmöglichkeiten hervorragend als Basis für melodische Patches eignet. Ich persönlich würde das Modul am liebsten mit einem analogen Oszillator paaren, um „the best of both worlds“ zu erhalten – knarzige Vintage-Frequenzen und moderne Digitalästhetik. Zum anderen ist das Modul ein spannendes Effektgerät für eingehende Sounds. Hier ist es wichtig, sich auf den neuen Sound einzulassen und nicht zu versuchen, das Eingangssignal nur leicht zu bearbeiten. Dann entstehen schnell spezielle Sounds, die mit anderen Modulen so nicht möglich wären.