Manic ist englisch und kann mit „manisch“ übersetzt werden. Ein kleines bisschen Wahnsinn und vor allem Mut bedurfte es auf jeden Fall bei Matija, dem Gründer der in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana beheimateten Firma Manic Drum, um kompromisslos mit gängigen Hardware-Lösungen zu brechen, die seit Jahrzehnten als Standard unter Drummern und Herstellern betrachtet werden. Gemeint sind Stimmböckchen, Abhebungen, Spannreifen und Halterungen, also alles, was an der Trommel selbst befestigt wird. Das meiste Aufsehen erregen dabei die Schnellspannvorrichtungen, die mit wenigen Handgriffen das Tuning einer Trommel beeinflussen und zudem den Fellwechsel unglaublich zügig gestalten sollen. Allerdings endet die Liste der möglichen Features dort noch lange nicht, denn auch die Abhebungen mit drei Positionen sowie frei konfigurierbare Spannreifen-Segmente mit unterschiedlichen Materialoptionen innerhalb eines Reifens (!) lassen selbst Fachleute staunen.
Obwohl man auf der Firmen-Homepage auch Bilder von konventionell bestückten Snares und Kits findet, liegt der Fokus des kleinen Betriebs zweifellos auf den eigenen, komplett neu entwickelten Mechaniken. Zwei Snaredrums konnte ich unter die Lupe nehmen: Einmal das voll ausgestattete Eichenkessel-Modell „Dark Energy“ aus der Custom-Reihe sowie eine Ahorn-Variante, welche mit einfacher gestalteten Böckchen ausgerüstet ist. Was die beiden Snares so außergewöhnlich macht, und ob die verbauten Features wirklich die Zukunft des Trommelbaus einleiten werden, lest ihr auf den folgenden Zeilen.
Details
Detailbeschreibungen bei Snaredrum-Tests sind eigentlich eine recht übersichtliche Angelegenheit. Welche Größe hat die Trommel, wie viele Böckchen sind verbaut, welche Spannreifen-Variante gibt es, und woraus besteht der Kessel? Das wird im Falle unserer heutigen Testexemplare ein bisschen anders. Wir können vorab festhalten: Die Manic Snares sind rund, ihre Kessel sind aus Holz in Fassbauweise gefertigt, und sie nehmen einem nicht das Spielen selbst ab. Alles andere gestaltet sich, nun ja, anders. Beginnen wir mit der aufwendigeren der beiden, dem Dark Energy Modell.
Bis auf den Kessel ist am Dark Energy Modell nichts gewöhnlich
Dass es sich bei der 14×6,5 Zoll großen Dark Energy Snaredrum nicht um die übliche „Assembler-Ware“, also eine aus zugekauften Einzelteilen zusammengebaute Trommel, handelt, erkennt man auf den ersten Blick. „Was ist das für ein krasses Teil?“ entfährt es einem Schüler, womit er die Reaktionen des Fachpublikums vermutlich treffend zusammengefasst hat. Der Kessel selbst ist dabei allerdings der am wenigsten spektakuläre Teil der Trommel. Manic Drum fertigt ihn aus 16 unverzahnten Eichendauben, welche auf elf Millimeter Wandstärke herunter gefräst und anschließend innen und außen mit Leinöl versiegelt werden. Die 45 Grad Innenabschrägung mit leichtem Gegenschnitt erzeugt eine recht scharfe Gratung, im Bereich der Snarebeds wird der Kessel herunter geschliffen, wodurch hier eine etwas verbreiterte Auflagefläche entsteht. Zwei kleine, sich gegenüber liegende Luftlöcher im oberen Teil des Kessels sorgen für Druckausgleich. Die Kesselverarbeitung ist grundsätzlich gut, die geölte Oberfläche fühlt sich allerdings recht rau an, und besonders die Gratung wirkt sehr offenporig. Auch dürfte ein längliches Astloch, durch das man durchgucken kann, Menschen mit hohen ästhetischen Ansprüchen nicht zu Begeisterungsstürmen hinreißen. Als Snare-Teppich kommt ein 20-spiraliges Standardmodell, vermutlich aus Fernost-Produktion, zum Einsatz.
Sinn der System One Hardware: Viele Sound-Optionen und schnelle Fellwechsel
Jetzt wird es spannend, denn es kommt selten vor, dass man bei einer Trommel auch nach einigen Stunden spielen noch neue Funktionen entdeckt. Bevor es soweit ist, möchte ich euch beschreiben, was die Snare kann und wie sie funktioniert. Das Entwicklungsziel von Matija und seinem Team bestand offensichtlich zunächst darin, dem User Schrauberei beim Erreichen unterschiedlicher Sounds und beim Aufziehen von Fellen zu ersparen, ohne auf den gewohnten Umgang mit dem Stimmschlüssel verzichten zu müssen. Zu diesem Zweck hat man eine spezielle Kombination aufeinander abgestimmter Bauteile entworfen, die man „System One“ getauft hat. Dazu gehören die Spannreifen (Hoop One), die Spannböckchen (Lug One) und die Abhebung (Exciter One). Spannreifen und Böckchen bilden hierbei eine ineinander greifende Einheit.
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Die Spannreifen: Hoop One
Manic Drum Hoop One Reifen bestehen aus zwei übereinander angeordneten Stahlringen, welche auf Höhe der zehn Spannböckchen mithilfe jeweils zweier Stahl-Distanzstücke miteinander verschraubt werden. Erst auf den zweiten Blick wird deutlich, dass nur der untere (auf dem Fellkragen ruhende) Ring aus einem Stück besteht, doch dazu gleich mehr. Die Konstruktion ist 18 Millimeter hoch, wirkt sehr solide verarbeitet und ist – im Falle des Dark Energy Modells – auch ziemlich schwer. Der Grund dafür ist die Segmentierung des oberen Rings. Um dem Drummer mehr als nur eine Soundoption bei Rimshots zu geben, bietet das System die Möglichkeit, beispielsweise den Auftreffbereich des Sticks mit Segmenten aus unterschiedlichen Materialien zu bestücken. Messing, Stahl, Holz, Aluminium und Kupfer stehen zur Auswahl, wobei die Segmente massiv gebaut sind und sich über die Breite von einem oder zwei Spannböckchen erstrecken. An unserer Test-Snare sind drei doppelte Stahlsegmente montiert, sowie im Rimshot-Bereich jeweils eines aus Kupfer, eines aus Messing und ein doppeltes aus Aluminium. Anders als bei normalen Spannreifen führt man die Spannschrauben nicht durch eine Bohrung von oben durch die Reifen, stattdessen sind diese seitlich offen. Warum, erfahrt ihr im nächsten Kapitel.
Die Böckchen: Lug One
Die Bauweise der Lug One Böckchen ist relativ schnell erklärt, wer schon einmal einen Spannverschluss, beispielsweise an einem Koffer, betätigt hat, bekommt eine Idee von ihrer Funktion. Hier ist das Ganze natürlich etwas komplexer aufgebaut, denn am Ende gibt es insgesamt vier Betriebszustände: Basisspannung (an), erste Abklappstufe, zweite Abklappstufe, und schließlich die vierte Position, welche die jeweilige Spannschraube nach außen abklappen lässt. In der Basisspannung ist das Böckchen angeklappt und sorgt für die höchste Spannung des Fells. Die anderen Positionen entspannen das Fell schrittweise. Grundsätzlich besteht ein Lug One aus vier Elementen, nämlich einem mit dem Kessel verschraubten Basisstück, der Hebelkonstruktion samt beidseitiger Übersetzungsschwinge sowie einer drehbaren Aluminium-Rolle samt darin laufender Edelstahl-Stimmschraube. Der Spannschraubenkopf greift in die seitlich offenen Aussparungen der Hoop One Reifen, die Aluminium-Rolle ermöglicht in der untersten Hebelstellung das Wegklappen der Spannschraube zum Fellwechsel. Die beiden Zwischenpositionen sollen schnell tiefere Zwischenstimmungen ermöglichen, ohne zum Stimmschlüssel greifen zu müssen. Dass sich bei zehn Stimmschrauben mit jeweils drei klanglich relevanten Hebelstellungen etliche Kombinationen ergeben, soll den Reiz der Konstruktion ausmachen.
Die Abhebung: Exciter One
Wer geglaubt hat, dass es mit den Neuerungen nun getan ist, sieht sich bei der Exciter One Abhebung des Dark Energy Modells eines Besseren belehrt. Zwar geht es hier nicht ganz so radikal zu wie bei Böckchen und Reifen, aber die relativ schlicht wirkende Konstruktion kann nicht nur alles, was andere High End Modelle auch können, sondern bietet darüber hinaus noch ein zusätzliches Feature. Zunächst handelt es sich bei dem aus Edelstahl und Aluminium gefertigten Strainer um eine Throw Off-Version mit seitlich abklappendem Hebel. Auf der gegenüber liegenden Seite wird die Teppichspannung per Messing-Rändelschraube eingestellt. Die Besonderheit liegt, ähnlich wie bei den Böckchen, in der mehrstufigen Bauweise mit den folgenden Optionen: an, lose Teppichspannung, aus. Im Aus-Zustand lassen sich zudem auf beiden Seiten die Aluminium-Befestigungen für die Teppichschnüre aushängen. Wer den Teppich gerne schnell etwas weniger stramm einstellen möchte, kann dies per Abwurfhebel tun, es gibt aber noch eine weitere Möglichkeit: Die Rändelschraube zur Teppichspannungs-Justierung sitzt auf einer Stahlrolle mit seitlichen Einkerbungen. Die mit dem Kessel verschraubte Basis bietet zwei dafür passende Aufnahmepositionen. Mit etwas Druck lässt sich nun die Stahlrolle samt Rändelschraube verschieben, wobei die untere Position zu einer leichten Entspannung des Teppichs führt und die obere die Basisposition darstellt.
Das Ahorn-Modell ist deutlich schlanker ausgestattet
Bei unserem Testexemplar aus Ahorn handelt es sich – so die Begleitinformation von Matija – um eine Art Spezialmodell, das verdeutlichen soll, dass man auch konventionellere Instrumente bestellen kann. Als Kesselmaterial kommt Ahorn zum Einsatz, statt 16 werden von Manic Drum 20 Dauben verleimt, der Kessel misst sechs Zoll in der Tiefe. Es gibt auch hier die beiden kleinen, einander gegenüber liegenden Luftlöcher, und auch die Bearbeitung der Kesselkanten scheint identisch zu denen des Dark Energy Modells zu sein. An den Hoop One Spannreifen sind keine Rimshot-Zonen aus Messing oder Kupfer verschraubt, stattdessen kommen zwei Doppelstücke aus Aluminium zum Einsatz. Der augenfälligste Unterschied besteht allerdings darin, dass man statt der aufwendigen Böckchenkonstruktion auf einfacher gehaltene Versionen zurück greift, welche das Feature der schnellen Spannungsveränderung nicht bieten. Sie erinnern an schmale, aus Edelstahl gefertigte und innen mit Kunststoff ausgeschlagene Schiffchen, an deren Enden wiederum die abklappbar gelagerten Stimmschraubenzylinder befestigt sind. Somit können die Stimmschrauben bei ausreichend lockerer Spannung auch hier vom Reifen weg geklappt werden, ohne ganz entfernt werden zu müssen. Die Abhebung verzichtet auf die zusätzliche Verstellung der Rändelschraubenposition, die dreistufige Einstellung auf der Hebelseite gibt es hier aber ebenfalls. Nicht ganz optimal finde ich den montierten, 24-spiraligen, Teppich, der stark an ein Modell von Sonor erinnert, allerdings von viel zu schmalen Plastikstreifen gehalten wird. Dadurch kann er sich seitlich einen halben Zentimeter bewegen, was nicht sein sollte.