Praxis
Ich halte es für einen guten Plan, ein Drumset in der gehobenen Mittelklasse serienmäßig mit Remo Pin-Stripe-Fellen auszuliefern. Diese doppelschichtigen Felle sind zusätzlich noch mit einem eingearbeiteten schmalen Dämpfungsring versehen, sind leichter stimmbar als einschichtige ungedämpfte Felle und lassen auch den unerfahrenen Stimmer einen schönen Sound aus dem Set holen. Nachteil: Die Vordämpfung sorgt naturgemäß für eine Beschneidung des Klanges in den Höhen und lässt dadurch einige der Obertöne kaum erklingen. Man kann sich das so vorstellen, dass man dem Set mit der Wahl dieser Felle einen mechanischen Equalizer vorschaltet, bei dem der Höhenregler von vornherein etwas heruntergeregelt ist. Mit solchen Fellen wird man weniger Attack hören als mit dünneren. Auf die Gegebenheiten der Felle vorbereitet, mache ich mich nun mit einem Evans Drehmomentschlüssel und dem mitgelieferter Stimmschlüssel von Mapex daran, das Set “in tune” zu bringen.
Bei den Toms entscheide ich mich zunächst für eine tiefe Stimmung. Da es sich bei den gelieferten Größen um absolute Standardgrößen handelt, wird niemand, der sich ein wenig mit dem Stimmen auskennt, ein Problem bekommen, das Meridian Maple klingen zu lassen. Ich habe relativ schnell ein Ergebnis erreicht, mit dem man arbeiten kann. Die Snaredrum, bestückt mit einem Remo White Coated Ambassador, stimme ich ebenfalls grenzwertig tief und dämpfe sie leicht mit einem kleinen Stück Moongel. Auch hier macht das Stimmen keine Mühe. Die Stimmschrauben laufen wie bei den Toms sehr geschmeidig in den Gewinden. Das Ambassador-Fell reagiert sensibler als die Pin-Stripes, was für einen transparenten Snaredrumsound auch wünschenswert ist. Die Abhebung der Snare betrachte ich zwar wegen der Kunststoffbestandteile nach wie vor kritisch, jedoch wird sie davon in ihrer Funktion zunächst nicht beeinträchtigt. Sie hakt nicht und lässt sich sauber einstellen. Auch das Regulieren des Teppichanteils funktioniert reibungslos. Der 20-spiralige Teppich, der mit Kunststoffstreifen befestigt ist, liegt sauber auf und die Snares reagieren schnell und sensibel. Sogar in dieser tiefen Stimmung macht die Snare einen fetten, aber trotzdem noch klaren Eindruck.
Die 18” tiefe Bassdrum will ich natürlich direkt von der vermeintlichen Schokoladenseite hören und stimme auch sie ziemlich tief. Das Frontfell versehe ich mit einem Luftausgleichsloch und lege noch ein kleines Stück Molton in den Kessel, das gerade eben beide Felle von innen berührt. Obwohl die vorgedämpften Felle schon ihren Zweck erfüllen, hat meine Erfahrung gezeigt, dass für die Aufnahmen eine minimale zusätzliche Dämpfung den Gesamtklang kürzer und somit transparenter macht. Jetzt montiere ich noch das Pedal. Von oben betrachtet erscheint es mir sehr komfortabel, weil ich durch bloßes Lösen der Spannschraube sehr schnell zwischen den drei Beater-Oberflächen wechseln kann. Ich entscheide mich nach eingehender Prüfung für die Plastikseite des Beaters. Ich muss zugeben, ganz nach meinem Geschmack ist diese Wahl normalerweise nicht, hier ergibt sich im Raum aber ein schönes Zusammenspiel zwischen den dicken, vorgedämpften Fellen und dem tiefen Kessel einerseits und dem hohen und “klickenden” Attack durch Plastik auf Plastik andererseits. Ich vermute, dass auch die Aufnahmen diesen runden Eindruck transportieren werden. Noch ein paar Becken auf die Stative gehängt und es ist alles bereit für einen Gesamteindruck.
Im Raum macht das Set in dieser Stimmung schon eine gute Figur. Zwar wird man sich im Pop/Rock-Alltag kaum für eine solch tiefe Stimmung entscheiden, aber ich will schließlich wissen, wie vielseitig das Set ist. Es ist zwar durch die Pin-Stripe-Felle “unten rum” verhältnismäßig voll und ich wünsche mir vor allem bei den Toms ein bisschen mehr Attack, ahne aber, was andere Felle bewirken würden.
Endlich mikrofoniere ich das Set. Ich entscheide mich dazu, alle Instrumente separat zu mikrofonieren und versehe jedes Tom mit einem Mikrofon, um ein klares und transparentes Soundabbild zu bekommen. Zusätzlich nutze ich noch ein Kondensator-Raummikrofon. Ich bin wirklich gespannt auf das Ergebnis.
Für dich ausgesucht
Von den entstandenen Aufnahmen in der tiefen Stimmung bin ich begeistert. Das Meridian klingt voll und satt. Die Snaredrum hat einen tollen fetten und schmatzigen Sound, den man bei Balladen und soften Rocksongs gut gebrauchen kann. Auf den Aufnahmen wird allerdings auch deutlich, dass es vor allem den Toms an Attack fehlt, was man aber –da bin ich sicher– mit einlagigen Fellen in den Griff bekommen würde. Nun stimme ich das Set höher und versuche ein paar andere Stilistiken. Was beim Abhören auffällt, ist eine durchweg sehr schöne Tonalität. Man kann mit ein wenig Stimmkunst wirklich klare Intervalle stimmen zwischen Toms und Snaredrum, die man auch klar auf den Aufnahmen nachsingen kann. Das wird dem Meridian in mikrofonierten Situationen wahrscheinlich meist einen hohen Beliebtheitsgrad bei den Tonleuten einfahren. Das Umstimmen ist außerdem absolut unproblematisch. Die Pin-Stripe-Felle machen das ohnehin ohne Probleme mit und dem Set stehen die verschiedenen Stimmungen sehr gut. Außerdem habe ich auch keine massiven Verstimmungen zwischen den Takes festgestellt. Die Bassdrum klingt höher gestimmt immer noch sehr fett und satt. Ich habe das Mikrofon für die Aufnahmen direkt hinter dem Luftausgleichsloch positioniert. Der Plastikbeater sorgt dafür, dass der Attack trotz des relativ großen Abstandes noch gut zu hören ist.
Die Hardware, von deren Praktikabilität ich nach wie vor nicht überzeugt bin, erfüllt zumindest beim Spielen ihren Zweck. Es wackelt nichts über die Maßen und es verstellt sich auch nichts. Das Bassdrumpedal bleibt auch stabil und hat kein übermäßiges Spiel, fühlt sich aber zunächst etwas schwergängig an, was in der Regel vor allem eine Frage der Gewohnheit ist. Es lässt sich problemlos justieren, und durch Verstellen der Beater-Höhe und der Spannung der Feder auf meine individuellen Bedürfnisse einstellen. Die Hi-Hat läuft sauber und sensibel und bleibt ohne viel Wackelei beim Spielen an ihrem Standort. Das Spielgefühl mit den Gummiplättchen, die statt Filzen die Becken halten, fühlt sich für mich etwas “speziell” an, ist aber wohl auch eine Frage der Gewohnheit und lässt sich durch eine Investition von € 2,90 für herkömmliche Filze auch ändern.
Michael Fischer sagt:
#1 - 23.11.2012 um 16:12 Uhr
Habt Ihr da Kopfkissen vor dem Mikros gehabt? Also auf meinen Aufnahmen klingt das Set nicht so dumpf und muffig.
BonedoMalte sagt:
#2 - 23.11.2012 um 19:11 Uhr
Moin Michael,
Details zu den Aufnahmen findest du unter "Praxis". Da steht auch etwas zu fehlendem Attack. Hast du vielleicht andere Felle aufgezogen?Danke für deinen Einwand!