Ist es eigentlich Fluch oder Segen, wenn ein Hersteller durch kontinuierliches Streben nach Qualität die Erwartungshaltung bei den Konsumenten erhöht? Es ist ein natürlicher Prozess, getreu dem Motto: “Die Geister, die ich rief!” Und es sind ohne Frage wirklich gute Geister, die Gerald Marleaux seit nunmehr fast drei Dekaden regelmäßig mit seinen Basskreationen herbeiruft. Auch als Tester hat man sich an diese Eigenschaften mittlerweile gewöhnt: automatisch setze ich bei Anlieferung eines Marleaux-Basses voraus, dass mich allerhöchstes Niveau erwartet. Dennoch bin ich immer wieder verblüfft und fasziniert, wie perfekt und liebevoll diese Instrumente konstruiert werden!
Unser heutiges Objekt der Begierde ist ein Marleaux-Bass der M-Serie. Das Instrument ist eine sogenannte Singlecut-Konstruktion, bei der die obere Korpushälfte nicht wie gewohnt in Form eines Cutaway ausgefräst wird, sondern vollmassiv erhalten bleibt. Dabei behält diese Korpusregion Vollkontakt mit dem Hals, in diesem Fall bis zum 14. Bund, was das gesamte Schwingungsverhalten deutlich verändert und speziell für eine tiefe B-Saite besseres Resonanzverhalten prognostiziert. Den MBass gibt es bereits seit 1999, doch 2012 veränderte man das Design, insbesondere zugunsten einer noch weiter ausladenden oberen Korpus-/Halsverbindung.
Details
Der Marleaux MBass 5-String wird in einem Luxus-Gigbag von Canto mit versteiftem Rand ausgeliefert, welches man schon eher als “Softcase mit kofferähnlichen Eigenschaften” beschreiben kann. Da die Seitenwände versteift sind, ist die Tasche überaus stabil und für den alltäglichen Transport bestens geeignet. Ein Klett-Fixierband im Sattelbereich sorgt dafür, dass der Bass nicht in der Tasche lose verrutschen kann. Das Einzige was fehlt, ist vielleicht ein kleiner Stützblock im Sattelbereich, der die Kopfplatte auf etwas Abstand zum Boden hält und so vermeidet, dass sich eventuell die Mechaniken verstellen. Beiliegend finden sich zudem ein Hersteller-Zertifikat und eine Bedienungsanleitung zur Verwendung der Elektronik und Stellschlüsselzubehör.
Obwohl der Korpus nicht gerade zierlich anmutet, wiegt der Marleaux MBass lediglich 4,1kg. Das ist einerseits dem dreiteiligen Sumpfesche-Korpus zu verdanken, andererseits aber auch dem relativ schlank gehaltenen Korpusdurchmesser. Für die aparte Decke wurde Makassar-Ebenholz verwendet, dessen attraktive Maserung und Färbung – von Dunkelbraun bis Beige changierend – horizontal in Halsrichtung verläuft. Zusätzlich umrandet ein perfekt eingearbeitetes Zwischenfurnier den Übergang zwischen Decke und Korpus. Das Gleiche gilt für das Matched Headstock Overlay, also für das Furnier auf der Kopfplatte, das wie die Decke aus Makassar-Ebenholz besteht. Der Korpus wurde umlaufend weich abgerundet und rückseitig mit einer anschmiegsamen Körpermulde versehen. Das untere Cutaway, welches am 22. von insgesamt 24 vorhandenen Bünden ansetzt, hat man relativ schlank und kurz gehalten.
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Der Ahorn-Hals wurde fünffach gesperrt, besitzt ein sehr flaches C-Profil und ist im Bereich des Übergangs zur angeschrägten Kopfplatte mit einem verstärkenden Kragen versehen. Besonderes Augenmerk galt hier dem Übergangsbereich zwischen Hals und Korpus, der in einer diagonalen Linie verläuft, bei der sich der Hals sozusagen in den Korpus schmiegt und eine sehr große Verleimfläche offeriert. Das ist eine Marleaux-typische Befestigungsform namens “durchgeleimter Hals”, welche man als nahezu “unkaputtbar” und überaus sustainfreundlich bezeichnen kann.
Das mit einem schwarzem Binding eingerahmte geflammte Ahorngriffbrett wurde (wie bereits erwähnt) mit 24 Bünden und einem zusätzlichem Nullbund bestückt. Der schwarze Sattel besteht aus Ebenholz. Da das Griffbrett alleine bereits einen wunderschönen Anblick bietet, gefällt es mir, dass man die Bund-, bzw. Griffbrettmarkierungen sehr dezent gestaltet hat. Schwarze Punktinlays dienen der Orientierung auf dem Griffbrett. Sie wurden zwischen dem 1. und 12. Bund an der oberen Griffbretthälfte platziert und zwischen 12. und 24. Bund an der unteren Griffbretthälfte. Der 12. und der 24. Bund wurden mit üblicher Doppelpunktmarkierung versehen. Durch die gelungene optische Aufteilung der versetzten Markierungen behält das helle Ahorngriffbrett eine noch stärkere Eigenwirkung, die alleine durch die glänzende Schönheit des Holzes erstrahlt.
Der Zugang zur Stellschraube des bidirektional verstellbaren Halsstellstabes befindet sich korpusseitig. Eine großzügige Korpusfräsung gestattet einen souveränen Zugang zur Stellschraube mit dem mitgelieferten Stellschlüssel ohne lästiges Entfernen von Abdeckplatten, Lösen von Schrauben oder sonstige erschwerte Servicebedingungen. Hier wurde einfach sehr praktisch gedacht, ohne jedoch den Pfad der Ästhetik zu verlassen, denn selbst die Fräsung für diese Aussparung kann man als optisch gelungen bezeichnen.
Sämtliche Hardware ist vergoldet. Die fünf verkapselten Mechaniken stammen von Schaller und wurden auf der schlanken Kopfplatte in einer 3:2-Anordnung befestigt. Da die Kopfplatte angewinkelt ist, verfügen die Saiten automatisch über einen ausreichend starken Auflagedruck auf den Sattel – spezielle Stringtrees/Saitenniederhalter sind daher nicht erforderlich.
Die Brücke ist eine ETS Tuning Fork, die einen schnellen Saitenwechsel gestattet und eine kleine gewichtsparende 3D-Lösung darstellt. Die Saiten können mittels in individuellen Führungen sitzenden Böckchen dreidimensional verstellt und arretiert werden. Sofern Saitentyp und -Stärke nicht geändert werden, bedarf es bei dieser Bridge äußerst selten Einstellarbeiten.
Die versenkte Klappe zur Abdeckung des Elektronikfachs besteht aus Ahorn und wurde mit vier Schrauben befestigt, die in eingelassenen Messinggewinden Halt finden. Das Elektronikfach und die Rückseite des Deckels sind mit abschirmender Kupferfolie bezogen. Die 9V-Batterie sitzt rutschfest in einer separaten Ausfräsung. Sie wird an eine stabile Klemme aus hartem Kunststoff angeschlossen.
Die Elektronikbestückung besteht aus zwei nebengeräuschfreien Delano SBC 5 Humbucker Soapbars mit aktiver Marleaux V2-Zweibandklangregelung, deren EQ-Regler für Höhen und Bässe als Stackpoti aufgebaut sind. Die Frequenzbänder der aktiven Elektronik lauten:
– Höhen: 8kHz +/- 12dB
– Bass: 70Hz +/-14dB
Während der Bassregler ein normales Lowpass-Filter darstellt, ist der Höhenregler ein variables Bandpass-Filter mit einem Bandbreitenfaktor 0,5 (Q-Faktor). Das äußert sich vor allem in der Reduzierung unerwünschter hochfrequenter Nebengeräusche, weil man Höhenfrequenzen vielmehr gezielt bearbeiten kann und nicht einfach nur pauschal über eine volle Bandbreite anhebt oder absenkt, wie es bei sogenannten Kuhschwanzfiltern der Fall ist.
Der Bass ist jedoch auch passiv spielbar. Hierbei steht dem Player eine passive Tonblende zur Verfügung, die im Aktivmodus jedoch nicht verwendbar ist. Ich finde das fast etwas schade, denn in der Regel kann man selbst einem aktiven EQ noch mehrere Nuancen abfordern, wenn man eine passive Tonblende zusätzlich mit in den aktiven Regelkreislauf einbeziehen kann.
Der Lautstärkeregler entscheidet via Push-/Pull-Funktion über den Betriebsmodus. Ist das Poti hereingedrückt, arbeitet der Bass passiv. Zieht man es heraus, so ist der aktive Zweiband-EQ im Betrieb. Das Mischverhältnis der Pickups regelt das Balance-Poti.
Zusätzlich kann man mit zwei kleinen 3-fach Kippschaltern für jeden der beiden Delano-Tonabnehmer bestimmen, ob sie als Singlecoil oder Humbucker geschaltet werden sollen. Im Humbuckerbetrieb hat man zusätzlich die Wahl, die Tonabnehmerspulen parallel oder seriell zu schalten. Da die Tonabnehmer vierspulige Low-Noise-Konstruktionen sind, hört man übrigens selbst im Singlecoil-Modus keinerlei Einstreugeräusche. Die Klinkenbuchse ist versenkt in der unteren Zargenkurve montiert.
Bleibt noch zu erwähnen, dass der Marleaux MBass eine normale Longscale 34″ (86,4 cm) Mensur besitzt.