Praxis
Dass Singlecut-Bässe ein hohes emotionales Spaltpotential bieten, ist klar. Viele Bassisten werden sicherlich lieber bei bekannten Konzepten bleiben wollen, einfach aus Liebe zum Purismus oder geschmacklicher Gewohnheit. Über Erfolglosigkeit kann man hingegen beim M-Bass nicht klagen, denn es gibt diesen Singlecut ja bereits seit über 15 Jahren. Dennoch erfordert er sicher ein gewisses Maß an Individualismus des Spielers.
Mein Aha-Effekt beim Erstkontakt ist nichtsdestotrotz sehr positiv besetzt. Die Optik mag vielleicht gewöhnungsbedürftig sein, haptisch schmiegt sich der M-Bass aber ganz wunderbar an den Körper. Und auch meine Hände wollen diesen Hals gar nicht mehr loslassen. Der Bass präsentiert sich einerseits als ein robustes Arbeitstier, besitzt andererseits jedoch viele weiche und filigrane Eigenschaften. Spielerisch bietet er im Sitzen wie auch im Stehen einen enorm hohen Komfort. Der flache Hals ist bis hin zum 24. Bund problemlos bespielbar und wurde ab Werkstatt mit einer mir persönlich schon fast zu flachen Saitenlage ausgestattet. Man braucht die Saiten förmlich nur anzupusten und der Ton klingt scheinbar endlos aus. Dabei liefert der M-Bass fast schon die Klangqualität eines Klaviers, derart präzise und gleichmäßig schwingen die Saiten. Egal welcher Griffbrettbereich angesteuert wird, alles klingt super ausgewogen. Die Delano-Tonabnehmer verfügen über ein sehr sauberes, aber keinesfalls steriles oder fleischloses Klangbild.
Bereits passiv klingt der Bass einfach sensationell, aber mit den Möglichkeiten des aktiven Zweiband-EQs in Verbindung mit den Schaltungsoptionen Singlecoil oder Humbucker (parallel oder seriell schaltbar) ergeben sich viele subtile Klangnuancen. Während der Halstonabnehmer ein tolles Fundament mit viele Wärme liefert, kommt der Stegtonabnehmer mit seinem knochigen Soundcharakter besonders durchdringenden Solosounds, Flageolett- oder Akkordspiel zugute. Beide Tonabnehmer gemeinsam liefern einen modernen, glasklaren Slapsound. Slapliebhaber werden die perfekt für diese Technik ausgelotete Höhe der Saitenführung im Bereich der Schlaghand zu schätzen wissen, während die allgemein mögliche, flache Saitenlage gleichfalls Hammerings, Ghostnotes und sonstige Greifhandfinessen problemlos ermöglicht. Auch Tapping lässt sich auf diesem Bass viel leichter realisieren, als man es von anderen Konstruktionen gewohnt ist.
Obwohl wir es hier mit einer Standard 34″ Longscale-Mensur zu tun haben, liefert der Marleaux M-Bass eine überaus satte und kernige B-Saite. Sicherlich ist auch das Ahorngriffbrett an einer guten Portion Klarheit und Transparenz beteiligt. Da der Bass vom Grundcharakter einen sehr knurrigen Mittencharakter besitzt, fällt es mir überhaupt nicht negativ auf, dass der aktive EQ keine Mittenregelung offeriert (wenngleich optional auch ein Dreiband-EQ erhältlich ist!).
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Ich wollte die Einstellung des Basses für meinen Test nicht grundsätzlich verändern. Da ich aber mit einem eher stärkeren Anschlag spiele, kommt mir der M-Bass sehr sensibel vor und ich muss meine Technik erst einmal etwas neu ausrichten. Dieser Bass reagiert einfach wesentlich direkter und empfindlicher auf jede Spielnuance, als ich dies von den meisten Bässen gewohnt bin. Ich finde diese Direktheit geradezu entlarvend, denn er gibt ungeschönt genau das wieder, was ihm der Spieler “liefert”. Obwohl sehr einfach spielbar, muss man daher gleichfalls sehr exakt spielen. Ich formuliere das hier so explizit, weil das Spielgefühl neben dem Sound natürlich die sensibelste Angelegenheit bei der Wahl eines Instrumentes darstellt. Nach einer gewissen Eingewöhnungszeit beginnt man jedoch ziemlich schnell mit dem Instrument geradezu zu verschmelzen und ich muss zugeben, dass es mir ab diesem Zeitpunkt nicht leicht gefallen ist, den Bass wieder aus der Hand zu geben.