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Marshall AFD100 Test

Praxis

Bei der Entwicklung des Amps mussten die Techniker neue Wege gehen, denn schließlich hatten sie kein existierendes Original zur Hand, das sie mehr oder weniger nachbauen konnten. Also schauten sie sich Modelle jener Zeit an, hörten CDs und vertrauten nicht zuletzt auch auf Slashs Erinnerungen. Natürlich werden diese (nicht nur bei Rockstars und ihrem mitunter etwas unsteten Lebenswandel) im Laufe der Zeit etwas undeutlich.

Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, nicht zu untersuchen, ob der Amp in der Lage ist, alle Gitarrensounds des Albums eins zu eins zu reproduzieren, sondern ihn einfach als „stinknormalen“ Röhrenamp mit weltberühmtem Entwickler anzusehen. Also los!

Sound-Modi
Zuerst wollen wir die unterschiedlichen Klangcharakteristiken des AFD unter die Lupe nehmen. Die Klangregelung ist auf neutral eingestellt und ihr hört beide Sound-Modi mit demselben Riff – natürlich auf der Les Paul gespielt.

Git.Pow.Pres.BassMid.Treb.Mast.GainMode
LP14121212121212#34, AFD
Audio Samples
0:00
Mode #34 Mode AFD

Der klangliche Unterschied zwischen den beiden Modes ist deutlich zu hören: AFD hat mehr Fundament und kommt wesentlich fetter rüber, der #34 Sound tönt etwas spitzer aus dem angeschlossenen Cabinet. In diesem Gain-Setting hat der AFD-Modus auch noch eine Ecke mehr Verzerrung am Start als der #34. Aber das ist nur eine erste Bestandsaufnahme der Sounds mit mittlerem Setting der Klangregelung. Hier ist natürlich noch einiges möglich, wenn man an den Reglern kurbelt.
Gain und Dynamik
Als Nächstes werfen wir ein Ohr auf die Gainreserven. Wie weit geht es nach unten bzw. nach oben? Hierfür habe ich zuerst den #34 Modus benutzt (der ja etwas weniger Verzerrung parat hat) und den Gainregler auf 8 Uhr gestellt. Das ist die niedrigste Stufe, bei sieben Uhr gibt der Amp keinen Ton von sich und vor acht geht auch noch nicht wirklich viel – wie im wahren Leben also. Das macht deutlich, dass mit dem Amp kein Jazz-Gig gespielt werden sollte. Wer einen lupenreinen Cleansound sucht, der ist hier definitiv fehl am Platz, denn selbst mit einer schwachen Single-Coil Gitarre lässt sich dem Verstärker kein 100% klarer Ton entlocken. Und das ist auch in Ordnung so! Hier wird eben kompromisslos gearbeitet!

In unserem Audio hört ihr die niedrigste Stufe, die aber schon einen Eindruck von der exzellenten dynamischen Ansprache des Amps vermittelt. Um diese Art Cleansound zu realisieren, muss man die Gitarre sehr zart anschlagen. Den Unterschied hört ihr im folgenden Beispiel, bei dem ich in der Mitte einmal kurz etwas härter in die Saiten lange. Der Amp folgt dem Spieler auf Schritt und Tritt. Jeder kleiner Lautstärkeunterschied wird feinfühlig übertragen, und wenn man reinhaut, dann kommt auch richtig was zurück. Der Amp komprimiert in dieser Einstellung nicht – ein sehr puristisches Klangverhalten.

Git.Pow.Pres.BassMid.Treb.Mast.GainMode
LP17814119178#34
Audio Samples
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Gain 8

Eine Stufe höher gibt es schon einen saftigen Crunchsound, wunderbar für fette Riffs und dreckige Akkorde.

Git.Pow.Pres.BassMid.Treb.Mast.GainMode
LP17814119179#34
Audio Samples
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Gain 9

Der Verstärker klingt sehr brillant. Obwohl ich den Hals-Pickup verwendet und Höhen und Presence zurückgedreht habe, liefert er in diesem Modus immer noch einen eher spitzen Ton, der sich natürlich in der Band extrem gut durchsetzt. Und wer es dumpf haben will, der soll es eben wie der Meister machen und den Tonregler an der Gitarre zurückdrehen.

Gesagt, getan! Der Amp ist natürlich optimal auf den Grundsound einer Les Paul abgestimmt. Das nächste Beispiel zeigt, was allein durch die feinfühlige Reaktion des Verstärkers auf die Gitarre so alles möglich ist – das Ganze bei Gain auf 12 Uhr. Zuerst ist der Halspickup mit aufgedrehtem Tonregler dran, der bei hartem Anschlag mehr Höhen erzeugt (die natürlich auch vom Amp geliefert werden). Dann folgt der Halspickup mit abgedrehtem Ton und zum Schluss wechsele ich auf den Steg-Pickup – zuerst mit voll aufgedrehtem, dann mit abgedrehtem Tonregler.

Git.Pow.Pres.BassMid.Treb.Mast.GainMode
LP178141191712#34
Audio Samples
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Gain 12

Der Amp reagiert meisterhaft und ihr habt es mit Sicherheit gehört: Er spricht bestens auf Artificial Harmonics an. Das macht richtig Laune – man hat ein unglaublich gutes Spielgefühl.

Jetzt geht es auf die Zielgerade und ich wechsle in den AFD-Modus und fahre gleich das volle Brett. Der Gainregler ist am Anschlag. Zwischen 15 und 17 Uhr fährt der Amp in die Kompression, der Klang wird erheblich dichter und es gibt fettes Sustain und einen warmen Sound.

Git.Pow.Pres.BassMid.Treb.Mast.GainMode
LP14121012141517#34
Audio Samples
0:00
Mode AFD – Gain 17

Trotz allem wartet der Verstärker immer noch mit einer völlig transparenten Klangwiedergabe auf, was der nachfolgende Akkordtest bei vollem Gain beweist, den ihr auf der nächsten Seite findet.

Um die Transparenz der Wiedergabe zu testen, habe ich drei Akkorde (G, D/F#, Em) nacheinander angeschlagen, dann den Volume-Regler an der Gitarre zurückgenommen, damit ihr noch einmal die Bandbreite hört, die allein mit diesem realisiert werden kann.

Git.Pow.Pres.BassMid.Treb.Mast.GainMode
LP14121012141517AFD
Audio Samples
0:00
Mode AFD – Chords

Klangregelung
Beim AFD100 wird der Klang über vier Bänder geregelt, deren Wirkungsgrad wir jetzt genauer untersuchen wollen. Ihr hört jeden Regler in drei verschiedenen Positionen (7, 12, 17 Uhr) während der Rest in der 12-Uhr-Position steht. Der Presence-Regler macht den Anfang.

Wichtig: Die Klangregelung des AFD100 ist interaktiv ausgelegt, die einzelnen Regler beeinflussen sich also untereinander.

Git.Pow.Pres.BassMid.Treb.Mast.GainMode
SG177-12-171212121412AFD
Audio Samples
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Mide AFD – Presence

Das Poti arbeitet ab ca. 6 kHz und der Klang wird bei voll aufgedrehtem Regler sehr schrill. Das macht aber gar nichts, denn schließlich kann man ja mit dem Treble-Regler zurückgehen – dann wird der Sound wieder ausgeglichen. Der Wirkungsgrad ist auf jeden Fall sehr gut.

Der Bassregler arbeitet bei ca. 140 Hz und hat ebenfalls einen guten Wirkungsgrad. Auch bei voll aufgedrehtem Bass wird der Sound der tiefen Saiten nicht indifferent oder verschwommen.

Git.Pow.Pres.BassMid.Treb.Mast.GainMode
SG17127-12-1712121412AFD
Audio Samples
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Mode AFD – Bass

Die Center-Frequenz liegt beim Middle-Regler bei ca. 700 Hz. Auch hier wird einiges weggeschafft: Scoop-Sounds sind problemlos möglich und das britische Mittenbrett ist sowieso kein Thema.

Git.Pow.Pres.BassMid.Treb.Mast.GainMode
SG1712127-12-17121412AFD
Audio Samples
0:00
Mode AFD – Middle

Mit dem Treble-Regler können die hohen Frequenzen ab ca. 4 kHz breitbandig angehoben werden.

Git.Pow.Pres.BassMid.Treb.Mast.GainMode
SG171212127-12-171412AFD
Audio Samples
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Mode AFD – Treble

Die Regler arbeiten allesamt recht breitbandig. Außerdem interagieren sie untereinander, sodass z.B. das Aufdrehen der Mitten den Höhenbereich ein wenig mit anhebt. Man muss hier, wie bei den vorangegangenen Beispielen hörbar, gut dosiert einstellen. Die Klangregelung des AFD100 überzeugt durch einen relativ linearen Regelweg und auch der Wirkungsbereich ist so gut, dass sich eine breite Palette der unterschiedlichsten (Zerr-) Sounds einstellen lässt.
Power Regler
Der eingebaute Power-Soak lässt sich stufenlos regeln. Dreht man ihn voll auf, liegt die maximale Leistung von 100 Watt an. Bei komplett nach links gedrehtem Regler wird die Leistung auf 0,1% reduziert. Im folgenden Diagramm seht ihr die unterschiedlichen Leistungsstufen:

Power Control Bild

Man muss allerdings ein wenig experimentieren, denn hier passiert auch einiges mit dem Klang. Dreht man z.B. den Master-Volume weit auf, kommt die Endstufen-Verzerrung mit ins Spiel – und die ist hochfrequenter als die eher mittenbetonte Vorstufenverzerrung. Das sollte man natürlich bewusst einsetzen. Für Crunch-Sounds geht das in Ordnung, für Hi-Gain-Sounds hingegen bevorzuge ich persönlich ein eher mittiges Zerrverhalten.

Um die Auswirkung des Power- und Master-Reglers auf den Sound zu demonstrieren, habe ich ein Beispiel mit identischem Setting aufgenommen. Bei voll aufgedrehtem Power-Regler kommt es zu einem runden, warmen Ton (keine harte Endstufenzerre, weil der Master ja nur auf 15 Uhr steht). Nimmt man das Gegenteil, also Master voll auf und Power auf 15 Uhr, dann gibt es einen eher scharfen Ton.

Git.Pow.Pres.BassMid.Treb.Mast.GainMode
SG171313,512,591512AFD
Git.Pow.Pres.BassMid.Treb.Mast.GainMode
SG151313,512,591712AFD
Audio Samples
0:00
Mode AFD – Power 17 Mode AFD – Power 15

Ich persönlich würde den Power-Regler nur für Übungszwecke zuhause benutzen. Im Proberaum, Studio und auf der Bühne würde ich volle Leistung fahren und die Lautstärke über den Master regeln, denn der Einsatz des Power Soaks nimmt dem Amp einiges an Transparenz.
Bei beiden oben demonstrierten Settings gibt der Amp ein gewaltiges Pfund von sich, das man eher auf großen Bühnen oder bei sehr kollegialen (und ebenfalls lauten Mitmusikern) auffahren kann. Steht der Power-Regler auf voller Leistung, erhält man bei Gain und Master auf 9 schon ein Brett, das man als „gehobene Zimmerlautstärke“ bezeichnen kann. Dreht man den Master einen Tick weiter auf, so befindet man sich schon auf einem guten Übungsraum-Lautstärkelevel. In diesem Schalldruckbereich hat mir die Einstellung mit voller Power und zurückgenommenem Master immer besser gefallen als andersherum. Es ist aber trotzdem sehr positiv anzumerken, dass man endlich ein 100-Watt-Topteil auch nachts zuhause spielen kann – und zumindest annähernd ein authentisches Röhrensound-Feeling erhält.

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Profilbild von Berti

Berti sagt:

#1 - 04.06.2013 um 18:35 Uhr

0

Nachdem ich diesen Amp seid nunmehr 1,5 Jahren mein Eigen nennen darf, habe ich genug Zeit und Gelegenheit gehabt, diesen ausführlich zu spielen. Eines mal vorweg....wenn du etwas anderes als Rock spielen möchtest, kannst du hier das Lesen einstellen und dich getrost anderen Dingen hingeben. Denn das ist das Einzige was der AFD 100 kann. Das jedoch richtig richtig gut! Er produziert genau den Rocksound den Mann/Frau so im Ohr hat wenn man sagt "da geht die Post ab". Etliche Fußtreter haben in der Vergangenheit versucht einen Marshall so anzublasen, dass er gail klingt. Hier brauchst du nur noch eine Paula ein Kabel und er klingt obergail. Wer Rockmusik mag wird den AFD 100 lieben.

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