Praxis
Die Bedienung des Amps ist sehr intuitiv und erklärt sich im Grunde genommen von selbst. Einzig die aufwändige Klangregelung erfordert zuerst einmal etwas mehr Aufmerksamkeit, denn hier findet man neben den üblichen Verdächtigen einen Resonance-Regler und den Tone-Shift Taster. Hier gilt es, für die unterschiedlichen Sounds einen optimalen Kompromiss zu finden.
Bei Treble, Middle, Bass und Presence macht es durchaus Sinn, von der 12 Uhr Position ausgehend, seinen Sound zu kreiren. Da der Amp insgesamt sehr fett abgestimmt ist, habe ich bei den meisten Soundbeispielen die Höhen etwas bevorzugt.
Gegenüber der Vorgängerversion hat man dem aktuellen Modell einen Resonance-Regler spendiert – die Funktion war ursprünglich nur schaltbar. Dreht man diesen über die 12 Uhr Marke hinaus, wird das Fundament, sprich der Bassbereich, angehoben. Dabei wackeln zwar irgendwann die Wände und es klingt sehr geil, wenn man alleine spielt, aber im Bandkontext kommt es dort unten schnell zu unerwünschtem Mulm. Beim Spielen über eine PA senken Tontechniker in der Regel Frequenzen unterhalb von 100Hz deutlich ab, um den Bereich für den Bassisten und die Bassdrum freizumachen. Ähnlich verhält es sich übrigens im Studio, wo man genau diesen Frequenzbereich mit einem sogenannten „Low Cut“ teilweise drastisch beschneidet.
Der Tone Shift höhlt den Ton in den Mitten leicht aus, wodurch die Zerrstruktur in diesem Bereich weicher und feiner erscheint. Das eignet sich besonders gut für Metalsounds und Gitarrenwände, die dem Gesang trotz heftiger Gaineinstellungen noch genügend Platz lassen sollen.
Die beiden Kanäle unterscheiden sich klanglich sehr voneinander, wodurch man mit dem DSL100H 2012 eine große Bandbreite an unterschiedlichen Sounds erhält.
Beginnen wir mit dem cleanen Sound. Er hat einen kräftigen und stabilen Charakter, ähnlich einem Fender Twin. Der Ton ist nicht so clean wie bei einem Roland Jazz Chorus, sondern hat einen gewissen Biss, sodass man hier auch gute Surf- und Rockabilly-Sounds abfeuern kann. Mit Humbuckern lässt sich der Kanal sogar leicht anzerren, was aber nicht seine eigentliche Stärke ist. Wer mehr Zerre braucht, hat bei diesem Amp schließlich mehrere Optionen zur Auswahl.
Drückt man den Clean-/Crunch-Umschalter, befindet man sich im klassischen Zerrkanal. Der bietet von allen verzerrten Sounds des DLS100 H den geringsten Gainfaktor und erinnerte mich entfernt sofort an den JCM 800, einen der besten Rockamps überhaupt. Der alte Klassiker ist jedoch noch kantiger im Ton und besonders im oberen Mittenbereich noch markanter abgestimmt. Der Crunch-Kanal unseres Kandidaten führt uns gainmäßig in AC/DC- und Blackmore-Bereiche, was er sehr gut bewerkstelligt. Er klingt fetter als der alte JCM 800, bietet aber eine sehr gute Dynamik und einen direkten und knalligen Sound.
Wer mehr Gain braucht, schaltet in den zweiten Kanal und damit in die Ultra Gain Abteilung. Hier stehen gleich zwei amtliche Bratsounds bereit. Sie unterscheiden sich klanglich nicht wirklich stark voneinander. Beim Umschalten von Lead 1 auf Lead 2 bemerkt man, das eine Schippe mehr Gain ins Spiel kommt und der Sound gleichzeitig mehr Kompression erhält. Bei beiden Varianten beginnt der Amp leicht zu mulmen, wenn man den Gainregler voll aufdreht. Daher würde ich hier nur bis maximal 16 Uhr gehen, sonst klingt es besonders mit sehr starken Humbuckern schnell zu plastikmäßig. Zusammen mit der äußerst vielseitigen Klangregelung lässt sich der DSL 100 H 2012 zu sehr vielen verschiedenen Sounds überreden, die Zerrstruktur der beiden Ultra Gain Sounds verändert sich dabei aber nicht wirklich. Aber das sehe ich keinesfalls als Manko, denn bei aller Vielseitigkeit ist der Amp keine eierlegende Wollmilchsau. Er hat seinen eigenen Sound, wobei die Marschrichtung ganz klar in Richtung Rock/ Metal/Punk/Trash geht.
Soundbeispiele
Hier gebe ich euch ein paar Erklärungen zu den einzelnen Soundbeispielen, die ihr ganz unten findet:
Beispiel 1
Kanal: Ultra Gain/Lead 2
Resonance: 12 Uhr
Presence: 13 Uhr
Tone Shift: aktiviert
Bass: 12 Uhr
Mid: 13 Uhr
Treble: 15 Uhr
Gain: 15
Der Amp generiert hier sehr viel Gain und beginnt im Bassbereich schon ganz leicht zu mulmen, was sich aber noch in Grenzen hält. Lead 2 bietet einen sehr authentischen Rock-/Metallsound, mit dem sich sehr gut arbeiten lässt.
Beispiel 2
Kanal: Ultra Gain/Lead 1
Resonance: 14 Uhr
Presence: 15 Uhr
Tone Shift: Off
Bass: 13 Uhr
Mid: 12 Uhr
Treble: 15 Uhr
Gain: Max
Lead 1 besitzt eine Zerrstufe weniger als Lead 2 und klingt gleichzeitig eine Spur offener und griffiger. Damit befindet sich der DSL100H 2012 in bester Gesellschaft mit fast allen Amps, bei denen mehrere Bratstufen geschaltet werden können. Gleichzeitig hat er weniger Gain und eine etwas gröbere Zerrstruktur. In diesem Audiobeispiel habe ich eine mit Voodoo Humbuckern bestückte Gibson Firebird verwendet. Die Pickups haben eher einen Vintage Output und lassen den Anschlag der Gitarre noch gut erkennen, was der Amp auch sehr gut wiedergibt.
Beispiel 3
Kanal: Ultra Gain/Lead 2
Resonance: 13 Uhr
Presence: 12 Uhr
Tone Shift: Off
Bass: 12 Uhr
Mid: 17 Uhr
Treble: 13 Uhr
Gain: Max
In diesem Beispiel habe ich den Gainregler einmal voll aufgerissen, um die maximale Verzerrung des Amps zu zeigen. Wieder ist die Gibson Firebird am Start, diesmal mit dem Steghumbucker. Der Sound ist zwar stark komprimiert, klingt aber noch nicht zu künstlich. Er ist fett und breit mit viel Sustain. Um den Anschlag trotz der hohen Verzerrung noch gut hören zu können, habe ich die Mitten etwas weiter aufgedreht.
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Beispiel 4
Kanal: 1/Crunch
Resonance: 12 Uhr
Presence: 14 Uhr
Tone Shift: Off
Bass: 12 Uhr
Mid: 14 Uhr
Treble: 14 Uhr
Gain: Max
Hier zeigt sich ein sehr dynamischer angezerrter Sound, der an den JCM 800 angelehnt ist. Die klassische Stratocaster mit Singlecoils generiert einen sehr englischen Sound, hat aber viel Fett und klingt punchig, ideal für AC/DC- und Deep Purple-artige Rocksounds. Der Ton ist noch kantiger und direkter als beim Lead 1 und bietet den dynamischsten, aber auch cleansten Zerrsound des Amps.
Beispiel 5
Kanal: 1/Clean
Resonance: 10 Uhr
Presence: 12 Uhr
Tone Shift: Off
Bass: 12 Uhr
Mid: 13 Uhr
Treble: 12 Uhr
Gain: 12 Uhr
Der cleane Kanal ist stabil, laut und klar, ohne dabei klinisch sauber zu klingen. Man hört den typischen markigen Marshall-Ton immer noch durch. Dabei kommt eine Strat mit mittlerem Singlecoil zum Einsatz (man hört in Fadeout noch gut die Einstreuungen und das Rauschen des Tonabnehemers). Es fehlt dem Sound an nichts und wer clean spielen möchte, bekommt genau das in guter Qualität geboten.
Beispiel 6
Kanal: Ultra Gain/Lead 1
Resonance: 11 Uhr
Presence: 15 Uhr
Tone Shift: Off
Bass: 11 Uhr
Mid: 12 Uhr
Treble: 15 Uhr
Gain: 16 Uhr
Der DSL 100 H 2012 kommt mit allen Tonabnehmern klar, auch mit den EMG David Gilmour Pickups einer Customshop Strat. Der Sound ist heavy und singend, aber nicht metalmäßig. Damit es nicht zu fett wird, habe ich den Bassregler nur auf 11 Uhr gestellt.
Beispiel 7
Kanal: Ultra Gain/Lead 2
Resonance: 11 Uhr
Presence: 12 Uhr
Tone Shift: On
Bass: 12 Uhr
Mid: 12 Uhr
Treble: 14 Uhr
Gain: 14 Uhr
Auch in diesem Beispiel kommt die EMG-Strat zum Einsatz. Dieses Mal habe ich den Toneshift aktiviert, um einen mittig ausgehöhlten Sound zu erreichen. Dabei sollte man darauf achten, den Mittenbereich nicht zu stark herunterzuregeln, sonst setzt man sich im Bandgefüge nicht mehr durch.
Beispiel 8
Kanal: 1/Clean
Resonance: 11 Uhr
Presence: 16 Uhr
Tone Shift: Off
Bass: 12 Uhr
Mid: 12 Uhr
Treble: 15 Uhr
Gain: Max
Meine alte Rickenbacker 360 bespielt hier den cleanen Kanal. Da die Gitarre nur sehr wenig Ausgangsleistung bringt, musste ich den Gainregler komplett aufdrehen, um den Sound etwas anzuschmutzen. Hier hört man, wie gut der DSL 100 H 2012 auf die unterschiedlichen Gitarrentypen reagiert.
rick sagt:
#1 - 26.10.2012 um 18:57 Uhr
Cool ihr habt den neuen Marshall DSL schon, will ich auch haben. Grins. Wann gibts denn den richtigen Test? Kanns kaum erwarten.
BonedoMalte sagt:
#2 - 29.10.2012 um 14:26 Uhr
Moin rick! Das gute Stück befindet sich im bonedo-Labor und wird genauestens durchgecheckt!