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Marshall JMD100 Test

Details

Digital/Analog
Die heute verfügbare Rechnerleistung liefert eine Performance, die vor wenigen Jahren noch undenkbar war. Ein schwedisches Sound-Designer-Team hat sich zu Analysezwecken im Vorfeld mit einigen ausgesuchten Stücken aus dem Privatbesitz von Jim Marshall eingeschlossen, um die puristischen Röhrensounds genauestens nachzubauen. An den Druck und die Intensität einer Röhrenendstufe kommt heute noch keine Digitalendstufe heran, weshalb man sich hier glücklicherweise für die klassische Glaskolbenvariante entschieden hat. Die JMD:1 Serie besteht aus unterschiedlichen Topteilen. Der JMD50 kommt mit 50 Watt und zwei EL34 Röhren, während der JMD100 vier EL34 zum Glühen bringt. Des Weiteren gibt es zwei Combomodelle, den JMD501 mit einem 12″ Speaker und den JMD102 mit100 Watt Endstufenleistung und zwei 12″ Speaker. Alle JMD 1 Modelle werden mit dem programmierbaren Fußschalter PEDL10048 ausgeliefert.

Die Preamp-Sektion
In direkter Nachbarschaft zur Eingangsbuchse liegt die Schaltzentrale des neuen JMD-Marshalls in Form eines Endlosdrehreglers. Dieser bietet mit 16 Positionen ebenso viele Amp-Modelle und so navigiert man mit nur einem einzigen Regler durch die unterschiedlichen Marshallepochen. Die Preamp-Sektion teilt sich in die vier Bereiche Clean, Crunch, Overdrive und Lead.

Die Clean-Abteilung besteht aus vier Modellen. Position 1 (Modern) imitiert einen JVM410 H, Position 2 (Full) einen JCM200 DSL100, Position 3 (Classic) stammt aus dem JMP-1 und die vierte Position (Natural) fördert einen absolut neutralen JMD 1-exklusiven Ton zutage.

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Kommen wir zur Crunch-Sektion. Hier geht es naturgemäß schon etwas heftiger zur Sache. Beim ersten Preset mit dem Namen „Vintage“ handelt es sich um eine Kombination der begehrtesten Vintage-Amps von Marshall, den Modellen 1974 und 1959. Das Preset „Classic“ ist dem JCM 800 nachempfunden und bietet einen erdigen und direkten Sound. „Deep“ ähnelt dem Marshall Haze40 mit aktivem Boost- und Bright-Schalter, während „Full“ einen sehr vollen und satten Rhythmus-Sound mit klaren Mitten und durchsichtigem Klangbild liefert. Für dieses Preset stand ebenfalls das 1974-Modell Pate. Wer etwas mehr Kelle braucht, der wird bei den vier nächsten Settings seine Freude haben. Das erste Preset der Overdrive-Abteilung ist eine Hommage an den OD2-Kanal des JMP-1 und hört auf den Namen „Classic“. Dieser Sound ist sehr aggressiv und fokussiert, mit einem ausgewogenen Obertonverhalten. „Modern“ basiert auf dem Crunch-Kanal des JVM im „Red Mode“ und „Deep“ ist eine Kombination aus JCM 800 mit vorgeschaltetem Bluesbreaker II im Boost-Modus. Hier wurde der Bassbereich zugunsten eines fetten Scoop Sounds optimiert und gleichzeitig die Mitten reduziert. Das vierte Preset hört auf den Namen „Detune“, und wie schon der Name vermuten lässt, geht es hier noch heftiger zur Sache. Es eignet sich vor allem für tiefer gestimmte Gitarren, denn es bietet einen mächtigen Metal-Sound mit stark abgesenkten Mitten. Hier war der Mode Four Amp Vorbild. Die „Lead Sektion“ beinhaltet ebenfalls vier Soundvarianten. Auch hier gibt es wieder ein Preset mit dem Namen „Deep“, das in diesem Fall eine Kombination aus dem Haze40 und Bluesbreaker II darstellt. Der Bluesbreaker befindet sich dabei im Boost-Modus mit maximal eingestelltem Volumen, der simulierte Haze40 im Normal-Channel mit aktiviertem Boost- und Brightschalter. Der Sound eignet sich für getragene und warme Sololinien. Die zweite Position der Lead-Sektion ist das Preset mit dem Namen „Solid“.  Es beruht auf dem Guv’ner Distortionpedal und zeigt dessen ausgeprägten Mittenbereich. „Classic“ ist eine Kombination aus dem Bluesbreaker II Pedal und einem JCM2000 DSL100. Der Crunch-Kanal des simulierten Amps wird hier mit der Bluesbreakerschaltung tüchtig angeblasen und erzeugt einen recht markanten modernen Solosound. Das letzte Preset heißt „Modern“ und die Schaltung entspricht dem JVM410H, der im wirklichen Leben mit vier kaskadierten Gainstufen ausgestattet ist. Das Ergebnis ist viel Sustain gepaart mit einem gesteigerten Durchsetzungsvermögen. Die Steuerelemente der Preamp-Sektion bedienen die klassischen Parameter Gain, Bass, Middle, Treble und Volume. Nichts Neues also. Der Clou an der Sache ist jedoch, dass sich die Wirkungsweise der Regler je nach gewähltem Preset ändert. Deshalb klingen alle selbst bei gleicher Einstellung sehr unterschiedlich. Hat man erst einmal ein gutes Setting gefunden, lässt sich dieses bequem abspeichern und jederzeit wieder aufrufen. Der JMD100 ist also „Total Recall“ fähig. 

Die Endstufe Trotz der modernen Features des JMD100 setzt man im Endstufenbereich auf Marshalls patentierte EL34 Ausstattung. Sie bietet einen mächtigen Sound und ist seit Jahrzehnten unverwüstliches Kraftwerk und Motor für den typischen Marshall-Sound. Sie erst bringt den Amp zum Atmen. Die Glaskolben interagieren mit den Speakern, wie es eben nur Röhrenendstufen können. Bei der Entwicklung haben sich die Ingenieure sehr viele Gedanken darüber gemacht, wie man trotz einer digitalen Vorstufe die analoge Wärme erhalten kann. Um die verschiedenen Vorverstärker mit optimalen Resonanzwerten der Gegenkopplung optimal zu ergänzen, wurde die Schaltung der Röhrenendstufe für jeden der 16 Sounds individuell angepasst. Lautstärkemäßig reicht der mir zur Verfügung stehende 100 Watt Bolide locker aus, um auch wirklich lärmresistenten Zeitgenossen einen gehörigen Gehörschaden zu verpassen. Natürlich sind auch 50 Watt genug, um die Wände zum Wackeln zu bringen, aber man sollte sich nicht täuschen, denn hier geht es nicht nur um Lautstärke, sondern um Dynamik und Spritzigkeit. Ähnlich wie die verfügbaren PS bei einem Auto bringen mehr Watt bei Marshall-Amps einen rundum fetteren und direkteren Sound.

Die Effekte
Mit an Bord des JMD 1 befinden sich mehrere Effekte, die ins Klanggeschehen eingebettet werden. Der integrierte Hall besitzt lediglich ein Poti, mit dem er stufenlos geregelt werden kann. Die Modulationseffekte, bestehend aus Chorus, Phaser, Flanger, Tremolo und einem Noise Gate, teilen sich ebenso zwei Regler, wie die Delay-Sektion. Bei den Modulationseffekten wählt man mit dem „Mod Adjust“-Regler zunächst den gewünschten Effekt und beeinflusst anschließend mit dem benachbarten „Mod Depth“-Regler dessen Tiefe. Es ist also nicht möglich, mehrere Modulationseffekte gleichzeitig zu benutzen oder zu mischen. Die Delay-Abteilung stellt vier unterschiedliche Delay-Arten zu Verfügung. Darunter befinden sich ein Hi-Fi-Delay (Digitaldelay), ein Analog-Delay, ein Tape-Delay und ein Multi-Tap-Delay. Die unterschiedlichen Delay-Arten unterscheiden sich vor allem in ihren Frequenzbereichen. Während das Hi-Fi-Delay den kompletten Frequenzgang bearbeitet, wurden bei den anderen für einen weicheren und deutlich analogen Klang vor allem die hohen und mittleren Frequenzbänder beschnitten. Ein Tap-Taster sorgt für das richtige Tempo bis hin zu einer maximalen Verzögerungszeit von 1000 ms. Die Einstellungen der Effekte sind ebenso wie die restlichen Parameter programmierbar.

Die Mastersektion
Dieser Bereich ist nur für die Röhrenendstufe zuständig und wird vollständig analog gesteuert. Hier stehen dem User ein Presence-Poti und ein Masterregler zur Verfügung. Letzterer ist für die Ausgangslautstärke zuständig, die hier bei Bedarf in Dimensionen vorstößt, in denen sich sonst nur startende Düsenjets präsentieren. „Presence“ bietet im Endstufensektor noch einmal die Möglichkeit, die oberen Frequenzen zu betonen. Diese beiden Regler lassen sich als einzige Bedienelemente nicht abspeichern. Die Lautstärke der einzelnen Programme kann man über den Volume-Regler programmieren und abrufen.

Die Rückseite
Hatte man bisher den Eindruck, es „nur“ mit einem einfachen Röhrenamp zu tun zu haben, offenbart sich hier die ganze Welt der analog/digitalen Realität. Dinge wie „MIDI“ sind eine Selbstverständlichkeit und mithilfe der gleichnamigen Buchsen lässt sich der JMD 1 in ein beliebiges MIDI-Setup einbinden und man kann bis zu 128 MIDI Programmwechselbefehle abrufen. In direkter Nachbarschaft wird der mitgelieferte Fußschalter eingestöpselt, mit dem sich immerhin 28 Presets abspeichern und abrufen lassen. Der „Emulated Line-Out“ bietet ebenso wie der Kopfhörerausgang einen frequenzkorrigierten Sound, der eine Speakersimulation beinhaltet. Die „Line Out“ Buchse ist im Gegensatz zum Kopfhörerausgang elektronisch symmetriert und eignet sich für Recordingzwecke und für den Livemischer. Im Gegensatz dazu bietet die „Pre-amp“ Ausgangsbuchse das Signal der Vorstufe ohne Speakersimulation – dort kann also eine weitere Endstufe angeschlossen werden. „Line In“ dient dem Anschluss von MP3- und CD-Playern  und wird auch zum Kopfhörerausgang durchgeschleift. Im Standby-Modus kann der JMD 1 ohne einen Laut über Kopfhörer zum nächtlichen Üben eingesetzt werden. Der Einschleifweg kann sowohl seriell als auch parallel genutzt werden und ist voll programmierbar. Ein +4dBu/-10dBV Schalter erlaubt die Konfiguration des Einschleifwegs für professionelles Equipment ebenso wie für Bodenpedale. Drei Lautsprecheranschlüsse runden das Bild ab.

Der Fußschalter
Der mitgelieferte Fußschalter arbeitet in zwei Betriebsarten. Im Switch-Modus kann man jedem Schalter des Frontpanels einen der sechs Taster auf dem Fußschalter zuweisen. Der gebräuchlichere und live-tauglichere Preset-Modus erlaubt es, ganz bequem die unterschiedlichen vorprogrammieren Sounds abzurufen. In diesem Modus stehen dem User insgesamt 28 Presets zur Verfügung. Die ersten vier Taster dienen der direkten Anwahl der Programme. Die beiden verbleibenden Taster 5 (bank down) und 6 (bank up) dienen der Anwahl der Bank. Rote LEDs geben auch auf dunklen Bühnen Auskunft darüber, in welchem Programm man sich gerade befindet.

M 412 A Gitarrenbox
Wer kennt sie nicht, die klassische, leicht abgeschrägte 4 x 12 Marshall-Box, der Traum aller Rocker. Rein äußerlich unterscheiden sich die unterschiedlichen Marshallboxen kaum voneinander, die klassischen 1969 Modelle haben jedoch etwas andere Maße, sind etwas höher und gleichzeitig leichter. Der wesentliche Unterschied aber sind die verwendeten Lautsprecher, das Nadelöhr, durch das alles hindurch muss. Bei diesem preiswerten Modell hat man sich für Eminence AX-75 Speaker entschieden bei einer Leistung von 300 Watt. Die M 412 A hat auf der Rückseite eine Klinkenbuchse und ist nicht splitbar. Bei Bedarf können Rollen angebracht werden, die leider nicht zum Lieferumfang gehören. Trotzdem sollte an dieser rückenfreundlichen Investition nicht gespart werden.

Kommentieren
Profilbild von Peter Marik

Peter Marik sagt:

#1 - 28.05.2011 um 13:33 Uhr

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Aufgrund der klanglichen Vielfalt, aufgrund der ausgezeichneten Marshall Klangtreue und aufgrund der eingebauten Digitaleffekte in Studio-Qualität ein absolutes Muss für jeden Bühnen- und Studio-Musiker.

Profilbild von Wolle

Wolle sagt:

#2 - 06.01.2012 um 14:42 Uhr

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Allein die Kombination dynamische EL 34 bestückte Endstufe mit Midi kontrollierbaren Studio Effekten ist ihr Geld wert. Die digitalen Preamps gefallen nicht jedem, Clean und Lead eher authentischer als Crunch und Overdive. Aber … über den pegelanpaßbaren Return kann fußschaltbar jeder externe Preamp, auch Vollröhre, hervorragend integriert werden. Mit TAD Tonebones auf 15 W reduziert, ist der Amp auch für zuhause gut geeignet.

Profilbild von Simon Tanner

Simon Tanner sagt:

#3 - 26.02.2012 um 02:38 Uhr

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Den Amp vom Händler geholt und gleich in das TELL Übungslokal gebracht. An meine 1960er Lead Box angeschlossen... Meine Gibson M-III Ultra-Shredklampfe eingestöpselt und... Wow...!!! Ich bin sprachlos für zwei Stunden (mit wem sollt ich da auch reden so ganz allein?).Ich schalte mich erst mal durch die 28 Presets und fast alle überzeugen mich. Der Amp kommt mit einer unglaublichen Dynamik daher und alles was ich spiele wird einem voll und unüberhörbar ins Gesicht gedrückt.Genau so muss es sein! Da ich eh ein Digitalfachmann bin hab ich auch keine mühe mich mit den verschieden arbeitenden Regler pro virtuellen Amp zu Recht zu finden.Auch die Logik der jeweiligen Effektprogrammierungen finde ich total optimal.Besser kann man es nicht machen. Thx an Marshall!Das einzig negative wär eigentlich nur die Akzeptanz der konservativen E-Gitarrenspieler. Ich bin wohl eher so eine Art i-Git Spieler ^^ xD

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