PRAXIS
CLEAN CHANNEL
Schon wenn er einfach nur so dasteht, macht der JVM einen mächtigen Eindruck. Obwohl der Amp eine wahre Flut von Reglern anbietet, präsentiert sich sein Panel durchaus überschaubar. Trotzdem nimmt man die Hilfe des aufgeklebten Beiblatts, auf dem kurz beschrieben wird, wie man den Amp zu Beginn einstellen soll, gerne in Anspruch. Sehr gut geschrieben ist übrigens auch die Bedienungsanleitung, die den Gitarristen kurz und leicht verständlich über die vielfältigen Funktionen des Amps aufklärt. Aber jetzt geht es endlich ans Spielen. Die Basiseinstellungen sind, wie auf dem Beiblatt beschrieben, vorgenommen worden und wir tasten uns langsam von Clean nach OD2.
Wir beginnen mit dem „Green Mode“, dem „saubersten“ der drei Modi. Der Modus ist gleichzeitig auch der einzige, bei dem der Volume-Regler aus dem Signalweg entfernt wurde. Marshall hat hier ganz klar ein Auge auf amerikanische Vintage-Amps geworfen, die genauso aufgebaut sind. Dieser Mode klingt eigentlich schon fast mehr nach Fender als nach Marshall und bietet einen druckvollen Bassbereich und klare Höhen. Die Mitten sind etwas ausgedünnt. Erst bei fast voll aufgedrehtem Gain beginnt der Sound, ein wenig zu zerren. Hier ein Beispiel mit einer Strat.
Weiter geht es mit dem „Orange Mode“ des Clean-Kanals. Durch das Addieren einer weiteren Gain-Stufe nach der Klangregelung erhält der Sound mehr Punch, und der Amp lässt sich einfacher übersteuern. Anders als im grünen Modus, der ohne Volume-Regler auskommt, ist der Regler im orangen Modus wieder funktionsfähig. Durch diese Anordnung lässt sich der Pegelunterschied des ultra-cleanen grünen Clean-Modus und seinem orange-roten Kollegen perfekt angleichen. Resultierend aus der, nach der Klangregelung platzierten, Gain-Stufe hat besonders die Einstellung der Mitten unmittelbare Auswirkungen auf das Gain-Verhalten. In diesem Modus lassen sich spielend leicht warme, sanft angezerrte Blues-Sounds realisieren.
Der „Red Mode“ macht seinem Namen alle Ehre und bringt schon eine ordentliche Zerre an den Start.
In der Anleitung zum Amp wird von einem „Pseudo Hi Gain“ gesprochen.
Wenn man hier mit einer Gitarre mit Humbucker-Pickups spielt, lässt sich ein bissiger Overdrive-Sound erzeugen. Der Gain-Regler muss aber schon weiter aufgedreht werden (im Hörbeispiel auf 15 Uhr).
CRUNCH-CHANNEL
Jetzt wird es britisch! Beim Green Mode des Crunch-Kanals steht der klassische Marshall-Sound im Raum. Die Gain-Stufe liegt Marshall-typisch vor der Klangregelung, so dass sich das Frequenzverhalten bei höheren Verzerrungsgraden besser kontrollieren lässt. Der „Green Mode“ ist an den Sound des JTM45 Plexi Marshall angelehnt. Doppelte Gain-Stufe und danach die Klangregelung. Hierbei ist zu bemerken, dass der Wirkungsgrad der Klangregelung im Normalbereich liegt und die drei Klangregler breitbandig arbeiten, daher sind keine extremen EQ-Einstellungen möglich. Was aber bei der Konzeption dieses Verstärkers auch gar nicht nötig ist, denn dadurch wird das Einstellen des „richtigen“ Sounds kinderleicht. Am besten stellt man alle Höhen, Mitten und Bässe auf mittlere Position (12 Uhr), regelt den Gain nach Geschmack und verfeinert dann entsprechend die Klangregelung. So kann eigentlich nichts schief gehen, nicht zuletzt, weil die Grund-Sounds sehr gut gewählt sind und die Pegel der verschiedenen Modes innerhalb des Kanals sehr gut aufeinander abgestimmt wurden.
Für dich ausgesucht
Der „Orange Mode“ ist mit dem klassischen Hardrock-Topteil JCM 800 „2203“ vergleichbar – dreifache Gain-Stufe, Les Paul angeschlossen und Powerchords…bitteschön!
Beim „Red Mode“ haben die Techniker sich selbst übertroffen. Die JCM 800 Serie wurde gerne von Amp-Tunern überarbeitet. Durch entsprechende Modifikationen konnte man dem JCM 800 etwas Finetuning in Sachen Gain und Klang angedeihen lassen. Aber es geht auch einfacher: Der Red-Modus des JVM Crunch-Kanals liefert den Klang eines solchen aufgemotzten JCM 800 nämlich quasi von Natur aus. Da ich selbst im Besitz eines „getunten“ JCM 800 bin und den direkten Vergleich habe, kann ich die Qualität dieses Modus als sehr gut bezeichnen. Vor allem der Dynamik-Bereich und die Ansprache sind vorzüglich. Selbst bei voll aufgedrehtem Gain kann man einen Clean-Sound durch leichtes Anschlagen der Saiten erzeugen und im nächsten Moment mit einem harten Anschlag ein mächtiges Overdrive-Gewitter heraufbeschwören.
OD1-CHANNEL
Der „Green Mode“ des OD1-Channels ist dem eben besprochenen „Red Mode“ des Crunch-Channels sehr ähnlich. Dem Gitarristen soll so die Möglichkeit gegeben werden, jeweils eine andere Klangeinstellung für den nahezu identischen Grundsound vornehmen zu können. Macht Sinn!
Der „Orange Mode“ besitzt noch eine zusätzliche Gain-Stufe und kann wunderbar für Lead-Sounds benutzt werden. Was hierbei auffällt, ist das ausgezeichnete Durchsetzungsvermögen des Verstärkers. Obwohl der Gain-Regler nicht sehr hoch eingestellt ist, liefert der JVM einen druckvollen Sound mit gutem Sustain, der sich angenehm spielen lässt und sich im Bandkontext sehr gut durchzusetzen weiß. Gerade mit einer Les Paul bleiben die Töne wunderbar stehen und kippen allmählich, mit Obertönen angereichert, ins Feedback über. Man muss dazu den Verstärker auch nicht laut aufdrehen, die Bandkollegen werden sich bedanken.
Weiter geht es mit dem „Red Mode“ des OD1-Channels. Hier wird noch eine Schippe Gain draufgepackt, allerdings klingt der Sound auch bei höheren Gain-Einstellungen nie matschig oder undefiniert. Besonders bei Riffs auf den tiefen Saiten ist das bei manchen Amps ein kritischer Bereich, nicht so beim JVM!
OD2-CHANNEL
Dieser Kanal ist dem OD1 sehr ähnlich, hat aber noch einen Hauch mehr Gain und eine modifizierte Klangregelung. Die Mittenfrequenz wurde von 650 Hz auf 500 Hz herabgesetzt und somit sind Hi Gain Lead- und Metal-Sounds möglich. Mir scheint es so, als haben die Techniker hier einen Blick in das Innere moderner amerikanischer Amps geworfen.
Um die Reaktion des Amps auf tiefer gestimmte Gitarren zu testen, habe ich für den Green Mode des OD2-Channels meine Bariton-Gitarre angeschlossen. Auch bei den tiefen Frequenzen ist der Marshall erste Sahne. Akkorde werden in tiefen Lagen problemlos übertragen – auch mit ordentlich Gain.
Hier ein Beispiel für den „Orange Mode“. Die Mitten wurden herausgedreht, Bässe und Höhen angehoben. Dieser Mode hat die typische „Metal-Säge“, allerdings ist der Verzerrungsgrad nicht so hoch wie bei den typischen Metal-Amps. Dies ist aber auch nicht notwendig, denn der JVM hat soviel Druck, dass man gar nicht auf die Idee kommt, nach mehr Verzerrung zu fragen
Zum Abschluss noch ein Beispiel des Red Mode, der die höchste Gain-Stufe besitzt. Trotz hoher Verzerrung liefert der Amp auch hier noch einen klar definierten Ton, bei einem Nebengeräuschpegel, der absolut im Rahmen ist und nicht nach einem extrem eingestellten Noise-Gate schreit.
Willi Pringnitz sagt:
#1 - 17.09.2022 um 15:16 Uhr
sehr guter amp habe denn combo davon