Mit dem Marshall Guv’Nor und dem DriveMaster werden gleich zwei legendäre Distortions neu aufgelegt. Der Guv’Nor erschien 1988 als erstes Pedal der Traditionsfirma seit den 60er-Jahren, allerdings wurde die Produktion 1991 wieder eingestellt. Stattdessen übernahm eine neue Pedalreihe das Staffelholz, bestehend aus ShredMaster, BluesBreaker und DriveMaster. Letzterer entspricht schaltungstechnisch dem Guv’Nor, allerdings entfällt der Einschleifweg und auch die Optik weicht einem etwas schlichteren Look.
Der Marshall Guv’Nor und DriveMaster – das Wichtigste in Kürze
- Originalgetreue Reissues des Guv’Nors von 1988 und des DriveMasters von 1991
- Distortion-Pedale mit sehr amp-artigen Zügen
- Dreiband-Klangregelung
- Hardwire-Bypass
- Einschleifweg (Guv’Nor)
Die Zerrer der neuen Serie betraten 1991 klangliches Neuland
Das Vorhaben der neuen Serie war sehr ambitioniert: Man wollte den Sound eines Amps in einem kompakten Pedal einfangen. Tatsächlich wussten die Marshallverzerrer in der damaligen Zeit klangliches Neuland zu betreten und auch die verstärkerähnliche Potibelegung mit Volume, Gain, Bass, Mid und Treble war Anfang der 90er noch ein Novum. Hier wollen wir der Frage auf den Zahn fühlen, ob die Vintage Reissue Pedale den Sound der berühmten Originale einfangen können.
Gehäuse, Anschlüsse und Bedienelemente von Guv’Nor und DriveMaster.
Beide Pedale kommen in einem schwarzen, nach hinten leicht abgeschrägten Metallgehäuse, das sehr robust wirkt. Die Maße des Guv’Nors schlagen mit 130 x 112 x 60 mm zu Buche, während der Drive Master mit 147 x 108 x 68 mm minimal größer auftritt. Auch optisch kommt der Guv’Nor mit seinen bunten Potimarkierungen etwas farbenfreudiger daher, die beim DriveMaster gänzlich in Rot gehalten sind. Während die Potis beim Guv’Nor an der Front recht frei die darunter liegenden Anschlüsse überragen, sitzen sie beim DriveMaster in einer tieferliegenden Falz und sind dadurch recht gut vor unbeabsichtigten Fußtritten geschützt. Der Fußschalter im hinteren Pedaldrittel wirft das Pedal an, was durch eine rote LED quittiert wird. Die Anschlüsse versammeln sich allesamt an der Stirnseite. Beim Guv’Nor stehen ein In- und Output jeweils im 6,3-mm-Klinkenformat sowie eine Loop-Buchse für Stereoklinke bereit. Hierbei handelt es sich um einen Einschleifweg, der hinter der Zerrsektion platziert ist und durch Aktivieren des Pedals in den Signalfluss integriert wird. Der DriveMaster kommt etwas genügsamer daher und bietet lediglich einen 6,3 mm Klinken In- und Output. Beide Distortions besitzen zwischen den In- und Outputs den Eingang für das optional erhältliche Netzteil, das jeweils 9 Volt und 5 mA zur Verfügung stellen muss.
Die Bodenseite beherbergt bei beiden Pedalen die Batteriefächer, die ebenfalls haargenau wie bei den Originalmodellen gestaltet sind: Beim Guv’Nor sieht man eine Abdeckplatte aus Metall, die mit einer Schraube befestigt ist, beim DriveMaster ist es ein Batteriefach aus Kunststoff. Zum Lieferumfang gehören lediglich die Manuals.
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Die Einstellung von Marshall Guv’Nor und DriveMaster
Auch wenn beide Pedale oft als Overdrives beschrieben werden, handelt es sich technisch gesprochen um Hardclipping-Distortionpedale. Allerdings generieren beide ihre Verzerrung über rote LEDs anstatt der üblichen Dioden.
Wer sich nun fragt, worin denn der Unterschied zwischen den beiden Pedalen liegt: Die beiden Zerrer sind, vom Einschleifweg des Guv’Nors und der minimal abweichenden Optik abgesehen, absolut identisch.
Wie eingangs erwähnt, treffen wir hier auf die amp-typische Potibelegung: Volume (bzw. Level beim Guv’Nor) bestimmt die Lautstärke, Gain den Zerrgrad und ein dreibandiges Tonestack bestehend aus Bass, Middle und Treble kümmert sich um das EQing. Die Klangregelung des Guv’Nors ist an die des Big Muff angelehnt. Das macht die Potis sehr interaktiv und so hat der Treble-Regler auch Auswirkungen auf die Mitten. Die Bassseite setzt einen Kondensator ein, der das Low End beeinflusst. Das Aufdrehen des Treble-Reglers verringert den Einfluss des Bassreglers und der Mittenregler beeinflusst in den extremen Positionen den Höhenbereich. Wie bei den Urmodellen kommt bei beiden Pedalen ein „Hard Wired“-Bypass zum Einsatz. Hierbei ist der Gitarreneingang fest mit der Effektschaltung verbunden und nur das Ausgangssignal wird umgeschaltet. Dadurch wird das Gitarrensignal minimal beeinflusst, auch wenn das Pedal ausgeschaltet ist.
Diese Bypass-Form sowie die Konstruktion der Potis sorgten in den 90ern für etwas Unmut unter den Usern. Aber da es sich um getreue Reissues der Originalmodelle handelt, ist davon auszugehen, dass man auch hier authentisch zur Vorlage geblieben ist.
Nadine sagt:
#1 - 13.05.2023 um 23:15 Uhr
Der Drivemaster war mein erstes Distortion Pedal vor 30 Jahren. Begeistert hat er mich nie. Das Gehäuse ist unnötig groß und ziemlich resonant, der Fußschalter knackt mechanisch lauter, als in Druckgussgehäusen. Die Zerre an sich hat kaum Ähnlichkeit mit Marshall-Amps, man kann den Klang halt mit der TMB-Klangregelung in die Nähe bringen. Wobei ich es eher ungünstig finde, im Amp dahinter nochmal eine ähnliche Klangregelung zu haben. Mit Tone und Presence bei der MI Audio Crunchbox komme ich schneller zum Ziel. Wenn der Zerrer wirklich nach Amp klingen soll, gibt es heute tausend bessere Pedale, zB Catalinbread Dirty Little Secret, Friedman BE-OD usw.
Alex sagt:
#2 - 08.02.2024 um 00:26 Uhr
Ich hatte Anfang der 90er das Glück oder Pech, leihweise einen Guv‘nor zwischen meine Strat und Marshall ValveState 8040 zu hängen - da war ich dem damit erreichbaren Sound auch schon verfallen. Ohne Guv‘nor war die Kombination eher zerrschwach, mit ihm war plötzlich zeitgenössischer High-Gain möglich. Ich hatte seitdem mehrere unterschiedliche Zerrpedale, Overdrive und Distortion - nichts anderes bringt genau diesen Sound, in den ich mich so verliebte. Einzig ein DIY-Klon war annähernd annehmbar. Da für Originale horrende Preise verlangt werden, freue ich mich schon auf mein Exemplar aus der Reissue-Serie!