Praxis
Befolgt mal bitte diese kurze Anweisung: Dreht eine eurer beiden Hände so, dass ihr auf den Handrücken blickt. Streckt Zeige- und kleinen Finger aus, haltet Mittel- und Ringfinger mithilfe des angewinkelten Daumens auf der Handinnenfläche fest, neigt das Handgelenk etwas nach oben und reckt den Arm im 70°-Winkel vor dem Kopf in die Luft. Und jetzt gleichzeitig mit beiden Armen. Ok? Gut, denn genau so klingen diese Becken!
Weil mein Chefredakteur die Devil’s Horns als alleinige Soundbeschreibung so bestimmt nicht durchgehen lassen würde, kommt jetzt nochmal alles etwas ausführlicher. Vorweg: Es ist mir nicht ganz klar, wieso diese Becken “Resonant Rock” heißen, denn ich fände “Resonant Metal” passender. Nein, es spricht hier nicht der Instrumentalakustik-Wichtigtuer, der meint, dass diese Idiophone schließlich aus Metall und nicht aus Fels bestünden, sondern es spricht der Musikfreund. Und genau diesem Musikfreund wird sofort klar, dass die Destination dieser Becken sehr eindeutig Heavy Metal in all seinen Spielarten ist. Das dynamische Verhalten aller Becken (mit Ausnahme der Splashes) spricht eine klare Sprache: “Schlag zu! Aber kräftig!” Sanft angetitscht klingen die Becken eher langweilig – ja fast schon “gelangweilt”. 7A-Stöcke und ähnliche Essstäbchen werden von den Resonant Rocks im Grunde ausgelacht: Für diese Serie wollen die fetten Knüppel ausgepackt werden. Eigentlich vermisse ich den aufgedruckten Hinweis “To be used with 5B sticks or those of equivalent or greater thickness”. Erst bei wirklich schweren Hieben wie mit einer Streitaxt zeigen die Becken, zu welchem Zweck sie konstruiert wurden, erst dann entfaltet sich die Obertonstruktur, ergeben Klang und Zeitparameter eine Einheit. Zu sanft gespielt sind die Attacks zu lang, ist der Sound zu unspektakulär. Gäbe es den Begriff “Crash” nicht schon im Beckenbau, spätestens diese Serie hätte ihn “erfunden”.
Bei den Rides und Hi-Hats liegen diese dynamischen Grenzwerte etwas tiefer als bei Crashes und Chinas. Sie zeigen schon bei etwas schwächeren Hits ihr gesamtes Spektrum und reagieren etwas schneller. Das sind gute Nachrichten für die ganz schnell spielenden Trommler unter euch. Logisch: Wer als Death-Metal-Derwisch im Ultragalopp auf Ride und Hi-Hat eindrischt, kann dies oft gar nicht mit der eigentlich geforderten Kraft tun, weil zwischen den Schlägen schlicht und einfach die Zeit zum weiten Ausholen fehlt. Schlau gemacht von Masterwork! In die Crashes und China-Crashes muss man hingegen schon richtig hineinspringen!
Setzusammensetzung
A: 14″ HH, 12″ SP, 14″ CR, 18″ CH, 21″ Extra Heavy RD, 20″ Heavy RD
B: 13″ HH, 8″ SP, 10″ SP, 16″ CR, 20″ Extra Heavy RD
C: 14″ Heavy HH, 18″ CR, 20″ CR, 16″ CH, 22″ Extra Heavy RD
Will man die Rides zum richtigen Aufschaukeln bewegen, ist das zwar kein nutzloses Unterfangen, aber Ausholen allein reicht fast nicht: Man müsste eigentlich ein paar Meter Anlauf nehmen. Dafür belohnen sie aber mit einem enorm durchsetzungsfähigen Ping, der es freundlicherweise verzeiht, wenn man ihn an unterschiedlichster Stelle auf dem Instrument generiert. Vom Rand in Richtung Glocke wird er ein wenig fülliger, allerdings wirklich marginal.
Das Washing der Schwergewichte ist für den musikalischen Einsatzzweck ideal, denn es hat im Verhältnis einen geringen Pegel. Wichtig, um den Gitarristen Paroli zu bieten, die zumindest im Proberaum feige Unterstützung aus der Steckdose bekommen! Denn die Rides sind laut. Ganz laut. Und so richtig unfassbar laut und markerschütternd wird es, wenn sich die Stockschläge der Beckenschraube nähern: Kuppenschläge sind es schließlich, die dem verschreckten Fußgänger draußen auf der Straße verkünden, dass gerade eine Metalband einen Refrain spielt. Die Masterwork-Becken schaffen das mit Links! Dabei ist es grundsätzlich wichtig, dass die Bellsounds weder zu eindimensional noch zu breit klingen. Auch das kann den Rides attestiert werden. An dieser Stelle möchte ich mein Statement aus einem vorigen Masterwork-Test noch einmal zu Papier (aka “zu Bildschirm”) bringen: Zu den Meisterleistungen der Beckenschmiede zählen generell Rides sowie Becken mit großen Durchmessern. Und die Rides von Masterwork mit einem großen Durchmesser sind einfach grandiose Instrumente. Folgendes sollte man sich aber vor Augen halten: Manche Pings sind äußerst tonal und beißen sich schnell mit Vocals, besonders bei “Opern”-Heavy-Metal. In Parts mit nicht verzerrter Gitarre (die soll es angeblich auch geben) kann eine sehr definierte Tonhöhe ebenfalls zum Problem werden, denn sie wird nicht centgenau auf dem Tuning liegen. Also: Beim Spiel mit der Band ausprobieren!
Ich spiele seit vielen Jahren höchst zufrieden eine 14” Zildjian Z/K-Kombi, also mit verdammt schwerem Bottom (schwerer als mein Ridebecken!). Dementsprechend gefreut habe ich mich, dass die Masterwork Resonant X-Rock es genauso handhaben und mit unteren Becken daherkommen, die locker als Fahrzeugpanzerung taugen könnten! Das Ergebnis sind definierte, kurze Stockschläge mittlerer Höhe und ein mit der Öffnung des Instruments sehr gut steuerbares “Rascheln”. Und bei wirklich geöffneten Hats rappelt es richtig im Karton! Zudem generieren sie durchweg sehr eindeutige und durchsetzungsstarke Pedal-Chicks, die sich auch gegen die dicken Rides durchzusetzen vermögen.
Hier könnt ihr die Hats nacheinander mit Einzelschlägen hören:
Die Crashes überzeugen durch ein hervorragendes Matching, es lässt sich problemlos eine Crashorgie mit allen vier Becken anstellen, ohne dass eines fehl am Platze wirken würde. Die für derart schwere Crashbecken kurzen Attacks sorgen dafür, dass sich punktgenaue Akzente setzen lassen. Da der Energiegehalt des schneidenden Sounds nicht allzu schnell wieder abebbt, hinterlassen diese Akzente auch einen bleibenden Eindruck. Abklingkurve und reiches, aber nicht zu komplexes Obertonspektrum machen alle vier Becken schlichtweg ideal für Heavy Metal.
Die beiden Chinas klingen deutlich metallisch-brillant und verfügen vor allem in der Release-Phase über deutlich wahrnehmbare tonale Anteile. Das muss man in dieser Ausprägung schon mögen. Dieser singende Charakter erinnert mich teilweise an Pang-Becken. Ich persönlich stehe eher auf “breitere” Chinas, die etwas geräuschhafter klingen. Ins Lautmalerische übersetzt: Statt “tch” würde ich mir mehr “kchch” wünschen. Das 18″ hat zudem einen etwas zu “röhrigen” Unterton, den ich im Audiobeispiel durch die Mikrofonpositionierung gezielt hervorheben konnte.
Die Splashes sind nicht zu dick, denn das wäre ein Fehler, der mir schon öfters aufgefallen ist. Ein Splash soll schließlich ein Splash sein und keine Mini-Bell. Und wer seinen Baseballschläger-Stick mit der Urgewalt eines Titanen auf ein armes, schutzloses Splash niedergehen lässt, der muss sich auch sagen lassen, dass er sich wohl nur deshalb mit möglichst vielen Toms und Becken umgibt, damit er beim wilden und unkoordinierten Fuchteln mit den Armen irgendwo irgendetwas trifft, das einen Klang produziert. Schön also, dass die Splashes allesamt ihrem Namen entsprechend wirklich fröhlich und spritzig “platschen” und mit kurzen Attacks und ebenso kurzen Sustains aufwarten. Allerdings überlebt der wahrnehmbare Grundton meines Erachtens ein kleines Weilchen zu lange.
Allen Becken ist gemein, dass sie recht “crisp” klingen, also wesentliche Klangkomponenten in dem Frequenzbereich haben, in dem die zischenden Komponenten der menschlichen Sprache liegen. Den Tontechniker wird das freuen, denn wo die Gitarrenwände Platz machen müssen für die Verständlichkeit der Vocals, da werden oftmals auch Hi-Hat, Ride und Crashes mit hineingesetzt.
Sicher sind Drumsounds im Rock und Metal fast nie “No-EQ”-Signale, doch ist die RR-Serie von Masterwork mit großer Wahrscheinlichkeit eine “Less-EQ”-Serie. Ebenfalls angenehm: Die Becken klingen nicht sonderlich komplex. Jazzer würden bei dieser Aussage beide Augenbrauen heben und mitleidig dreinblicken. Nun, wenn man im Schnitt einmal alle drei Minuten ein Crashbecken anschaut und sich sonst fast ausschließlich seinem Ridebecken widmet, dann müssen diese Instrumente eben eine gewisse Tiefe aufweisen, in die sich der Hörer “hineinhören” kann. Im Prügelgewitter eines Metaldrummers wäre das aber des Guten zu viel, es würde zu viel Raum im meist eh schon engen Mix benötigen und sich schnell abnutzen. Ich finde es hervorragend von Masterwork, hier auf derartiges Blendwerk zu verzichten (trotz des reflektierenden Finishs – haha). Allerdings kann auch diese Klarheit und Einfachheit dann und wann unpassend sein – wie bei der Tonalität des Ride-Pings.
Zusammengefasst: Diese Becken sind Metal-Becken. Masterwork zeigt einmal mehr, dass es ein echter “Premium-Hersteller” ist, denn diese Serie präsentiert passend zur avisierten Musik ein enormes klangliches Selbstbewusstsein. Insgesamt klingen die Becken recht “amerikanisch”, also so, wie man es in einer jüngeren amerikanischen Metalproduktion erwartet. Hinter Zildjian Z3 und Konsorten muss sich keines der Instrumente verstecken! Allerdings sollte sich jeder im Klaren darüber sein, dass eine derartige Serie ein eindeutiges Nischenprodukt ist.
Ich habe nur Mitte der Neunziger kurz einmal eine Doppelfußmaschine besessen und danach auch nicht wieder vermisst. Doch diese Becken haben offenbar eine verloren geglaubte Verknüpfung in meinem Gehirn reaktiviert, die dafür gesorgt hat, dass ich meinen linken Fuß von der Hi-Hat genommen und damit rechts daneben im wilden Wechsel mit dem rechten Fuß auf den Studioboden getreten habe, Phantomschmerzen inklusive. Ich hatte Doublebass-Blut geleckt! Wundert euch also nicht, wenn ihr beim Ausprobieren der Becken feststellt, dass ihr Fill-Ins am liebsten auf einer 6”-Tom meterweit links neben der Hi-Hat beginnen und nach sechzehn Takten auf 18”-Floortom und Gong-Tom rechts hinter euch beenden wollt. Und dass kein Song ohne infernalisches Beckengewitter à la 80er sein Ende findet. Die Dinger übertragen das Metal-Virus. Inkubationszeit: vier Viertel bei 145 bpm.