Von den 19 Beckenserien, die der fränkische Hersteller Meinl zur Zeit am Start hat, zieht die in der Türkei handgefertigte Byzance-Reihe die größte Aufmerksamkeit auf sich und stellt mit diversen Unterserien beinahe ein Drittel der Produktpalette von ‘Meinl Cymbals’. Neben den hier getesteten Meinl Byzance Vintage Becken gibt es noch die Soundvarianten Extra Dry, Jazz, Traditional, Brilliant und Dark. Bekanntester Endorser der Vintage Becken ist der zur Zeit wohl meistbeschäftigte deutsche Drummer Benny Greb, der auch einige Signature-Modelle zu dieser Serie beigesteuert hat.
Ich erinnere mich noch sehr gut an die Zeiten, in denen auf einem “echten” Becken eigentlich nur zwei Namen stehen durften: Paiste oder Zildjian. Meinl existierte damals zwar auch schon, allerdings konnten deren Becken tatsächlich nicht gegen die beiden Großen anstinken. Schön, dass sich die Zeiten geändert haben! Heute zählt die Firma zu den interessantesten und innovativsten Beckenherstellern, und einer der Gründe dafür liegt sicherlich in der Eröffnung der türkischen Produktionsstätte im Jahr 2000. Bis zu dem Zeitpunkt hatte sich Meinl nämlich ausschliesslich auf maschinengefertigte Becken aus B8-Material spezialisiert, aber der Trend ging um die Jahrtausendwende eindeutig in Richtung dunkle Sounds, und die erreicht man am besten mit handgehämmerten Becken aus B20-Glockenbronze. Die Spezialisten für diese Art der Herstellung sitzen seit Jahrhunderten in der Türkei, und die Entscheidung, ebendort die “Byzance”-Serie fertigen zu lassen, erwies sich für Meinl als goldrichtig.
Details
In der Herstellung der Meinl Byzance-Becken verschmelzen – im wahrsten Sinne des Wortes – traditionelle und moderne Elemente miteinander. Zunächst werden im türkischen Werk die Grundmaterialien Kupfer und Zinn auf über 1000 Grad Celsius erhitzt und im Verhältnis 80/20 zu Rohlingen verarbeitet, welche dann unter großer Hitze mehrfach gewalzt werden. Ist das Mittelloch gestanzt und die Kuppen ausgeformt, beginnt der eigentliche Bearbeitungsprozess. Per Hand werden die Becken intensiv mit verschiedenen Werkzeugen gehämmert und erhalten so ihre endgültige Form. Danach erfolgt das Abdrehen der Oberfläche, ebenfalls manuell. Zur Qualitätskontrolle werden die Becken anschliessend ins deutsche Werk geschickt und, nachdem sie den Hörtest erfolgreich absolviert haben, mit der der jeweiligen Serie entsprechenden Oberflächenbehandlung versehen. Eine der dabei verwendeten Methoden ist das Sandstrahlen, welches ausschliesslich bei der Byzance Vintage-Serie zum Einsatz kommt. Dadurch entsteht ein sehr spezieller Look, der ein wenig an die Patina auf älteren Becken erinnert. Am Ende des Herstellungsprozesses wird die Lasergravur mit der Seriennummer aufgebracht. Alle von mir getesteten Becken sind hervorragend verarbeitet. Unregelmäßigkeiten bezüglich der Hämmerung oder der Oberflächen sind bei handgefertigten Becken üblich und verleihen den einzelnen Modellen ihren individuellen Charakter.
Das Testset umfasst die gesamte Byzance Vintage-Serie und setzt sich aus den folgenden Modellen zusammen: 16″, 18″, 20″ Trash Crash, 16″, 18″, 20″, 22″ Vintage Crash, 18″ Sand Thin Crash, 18″ Sand Medium Crash, 22″ Sand Crash-Ride, 20″ und 22″ Sand Ride, 14″ Sand Hats.
Die drei Trash Crashes gehören in die Kategorie Effektbecken, was unschwer am auffälligen Lochmuster zu erkennen ist. Die Meinl-Variante dieser Bauart ist gekennzeichnet durch eine Kombination aus vier länglichen und ebenso vielen kreisrunden Aussparungen. Bei den Becken handelt es sich um echte Leichtgewichte, was nicht nur an den Löchern, sondern auch an der geringen Materialstärke liegt. Die Trash Crashes sind mechanisch extrem flexibel und lassen sich mühelos per Hand biegen. Auf den Oberflächen sind die Becken sandgestrahlt, was ihnen einen dezent-edlen Look verleiht. Als Kennzeichen der “Vintage”-Serie tragen sie einen mattgoldenen Aufdruck. Auffallend ist neben dem flachen Profil das relativ breite Abdrehmuster, welches sich über die gesamte Fläche erstreckt. Der Body ist mit zahlreichen kleinen Hammereinschlägen versehen.
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Vergleicht man die Oberflächenstruktur entsprechen die Vintage Crashes den Trash Crashes, allerdings gibt es im Bezug auf Profil und Hämmerungsmuster Unterschiede. Die Vintage Crashes wurden im Gegensatz zu ihren löchrigen Kollegen zusätzlich mit einem großen Hammer bearbeitet, was man an den markanten, kreisrunden Einschlägen erkennen kann. Das Profil verläuft von der Mitte nach außen zunächst flach, um dann am Ende einen deutlichen Bogen nach unten zu beschreiben. Die Gewichtsklasse der Becken lautet “Extra Thin”. Somit ist es selbst beim knapp über 1,9 Kilogramm leichten 22″-Modell möglich, durch leichtes Anschlagen mit dem Finger einen gongähnlich anschwellenden Sound zu erzeugen.
Das 18″ Thin Crash gehört zur Familie der Benny Greb Signature-Becken, was am Zusatz “Sand” sowie an Bennys Konterfei neben der Modellbezeichnung zu erkennen ist. Wie auch die anderen Sand-Becken ist es Bestandteil der Byzance Vintage-Serie. Im Vergleich zum 18″ Vintage Crash ist das Becken minimal schwerer. Das Profil läuft bei diesem Modell zum Rand hin flacher aus als bei den Vintage Crashes, und auch die Oberfläche sieht anders aus. Während die Kuppe und die gesamte Unterseite vollständig naturbelassen – also nicht abgedreht – sind, ist die Spielfläche gekennzeichnet von sehr feinen, gleichmäßigen Tonal Grooves, die ein wenig an die Rillen einer Schallplatte erinnern. An diesem Becken durfte sich der pneumatische Hammer nach Herzenslust austoben, was man an den kleinen, tiefen, dicht an dicht gesetzten Einschlägen auf der Unterseite erkennen kann.
Im Gegensatz zum exotisch anmutenden Thin Crash sieht das 18″ Sand Medium Crash überraschend normal aus. Die Profile der beiden Modelle sind identisch, jedoch erstrahlt das Medium Crash im Traditional Finish. Die Oberseite zeigt deutlich den Einsatz verschieden großer Hämmerungswerkzeuge, die dem Becken auf der gesamten Spielfläche mit Ausnahme der Kuppe kräftig zu Leibe gerückt sind. Das Abdrehmuster entspricht dem der Vintage Crashes. Auf der Innenseite der Kuppe ist, wie bei allen Sand-Becken, die Signatur von Benny Greb aufgedruckt. Mit 1380 Gramm ist das Medium Crash leichter als man es aufgrund der Bezeichnung erwarten würde.
Das 22″ Sand Crash-Ride ähnelt mit seinem flachen Profil, der fein abgedrehten, sandgestrahlten Oberfläche und der naturbelassenen Kuppe optisch dem Thin Crash. Sowohl im Bereich der Kuppe als auch auf der Oberseite des Beckens sind kleine, unregelmäßig verteilte Hammereinschläge zu erkennen. Auch die intensiv gehämmerte Unterseite entspricht weitgehend dem Thin Crash, allerdings sind die Hämmerungsmale beim Crash-Ride weniger stark ausgeprägt. Zur Erzeugung des Sizzle-Effektes sind etwa zwei Zentimeter vom Rand entfernt drei goldfarbene Nieten direkt nebeneinander installiert. Für ein 22 Zoll-Becken ist das Crash-Ride mit knapp über 2300 Gramm verhältnismäßig leicht.
Die Sand Rides in 20 und 22 Zoll sind auf der gesamten Oberseite, also auch im Kuppenbereich sandgestrahlt. Sowohl das Profil als auch die Hämmerung der Becken gleichen dem Crash-Ride, allerdings wurde auf der Unterseite der Sand Rides der mittlere Bereich nach dem Hämmerungsprozess abgedreht. Mit 2400 und 2730 Gramm fallen die Becken im Vergleich zum Crash-Ride deutlich kräftiger aus. Die Gewichtsverteilung verläuft dabei von der Kuppe bis zum Rand relativ gleichmäßig.
Bei den 14″ Sand Hats wurden zwei sehr unterschiedliche Becken miteinander kombiniert. Das 870 Gramm leichte Top-Becken ist auf der Oberseite mit einem Natural Finish in Kombination mit einem filigranen Hämmerungsmuster versehen. Die Unterseite ist traditionell abgedreht und zeigt eine ganz andere Struktur, nämlich gleichermaßen großflächige Einschläge wie bei den Vintage Crashes. Die konventionell abgedrehte Unterseite des 1530 Gramm schweren Bottom-Beckens ähnelt auf den ersten Blick dem Top, wurde aber im Gegensatz zu diesem ausschliesslich mit einem kleinen Hammer bearbeitet, was an den vielen unregelmäßig verteilten Einschlägen zu sehen ist. Auf der Oberseite kam wiederum das Sandstrahlgerät zum Einsatz. Die Kuppen beider Becken sind ungehämmert.