Praxis
RTFM for real, Bro!
Zwischen den Zeilen konnte man es bereits ein wenig herauslesen: Ich bin zwiegespalten. Auf der einen Seite totale Bewunderung, da der Anubis klanglich State-of-the-Art ist und mit unglaublich vielen professionellen Möglichkeiten, einzigartigen Option und umfangreichen Features garniert wurde – und dafür auch überraschend gut zu bedienen ist. Auf der anderen Seite muss ich sagen: Intuitiv ist anders, und ohne Handbuch – vergiss es!
Nicht falsch verstehen: Unlogisch ist der Anubis nicht, es gibt nur viele Ebenen zu verstehen – angefangen bei den üblichen Netzwerk-Basics. Ferner gibt es ein Handbuch für den Anubis, und noch eins für die Music Mission – und wenn man einmal im Strebermodus ist, gibt man sich am besten gleich noch das Aneman Manual. Macht knackige 324 Seiten Hausaufgaben insgesamt – Gönnung! Hat man das gemeistert, kann man stolz den roten Orden mit der Schweizer Flagge an das Revers pinnen und sich zur Audio-Elite zählen.
Als Tipp zum Einstieg kann ich euch Folgendes mitgeben: DAW I/Os und Hardware I/Os sind nicht unbedingt direkt miteinander verbunden, dazwischen befindet sich der Music-Mission-Mixer. Den bespielt man aus der DAW heraus und konfiguriert ihn so, dass die physischen Outputs auch was davon haben. Möchte man beispielsweise die Kopfhörer nutzen, reicht es nicht aus, in der DAW Out 5/6 auszuwählen, denn im Interface taucht der nur als AUX auf. Man muss diesen AUX im „Kopfhörermischpult“ dann entsprechend hochziehen, sonst hört man einfach nix. Alternativ sieht ein Routing ohne Mixer so aus, wobei ich Multicast-Verbindung auswählen musste – ohne ging es bei mir in den Inputs nicht:
State of the Art
Klanglich gibt es nichts am Anubis auszusetzen. Die Wandler sind in beide Richtungen absolut erhaben und mit das Beste, was ich aktuell gehört habe. Überragend ausgewogen in der Natürlichkeit und mit extremen Details im Stereobild. Absolut neutral, aber nie nüchtern oder gar langweilig. Selbst das eingebaute Talkback-Mic ist okay, das konnte ich bisher von keinem anderen Hersteller behaupten.
Für dich ausgesucht
Hinsichtlich der Wandler ist ein etwas fetteres Feature im Anflug, was ich entsprechend verlinken werde. So viel schon mal vorab: Im Vergleich zur Premiumklasse von RME, Apogee, MOTU und Universal Audio klang der Merging mit Abstand am angenehmsten: ehrlich, offen und immer erhaben, wenn man sich innerhalb der Nuancen zu solchen Statements hinreißen lassen möchte.
Klar, manchmal war der Eigenklang eines anderen Wandlers für eine gewisse Musikrichtung zuträglich, genau dieser Charakter war beim nächsten Stil aber wieder auch hinderlich. Nicht so beim Merging, der war immer „on point“ – niemals auch nur annähernd falsch. Kein Wunder, dass man bei großen Klassikaufnahmen oft den fetten Merging Horus sieht. Und da macht der Netzwerkansatz mit AoIP, dezentraler Steuerung und langen Kabelstrecken besonders Sinn – und der Anubis als zusätzliche Remote und Breakout-Box. Preislich geht das in dem Kontext auch vollkommen klar. Zum Vergleich: beim Trinnov D-Mon kostet die Remote allein mehr als die Hälfte vom Anubis – und ist kein Audiointerface, kein State-of-the-Art Preamp, kein Hub und schon gar kein Prozessor. Çüş!
So für zuhause, für den gewöhnlichen Mucker, ist der Netzwerk-Bums aber nicht unbedingt die erste Wahl. Eine stinknormale USB-Buchse als Alternative wäre schon irgendwie gut. Ferner gibt es da einen durchaus nervigen Bug: Ist der Ravenna Treiber beispielsweise in Ableton Live gewählt, aber kein Interface verbunden, wird das System träge. Man muss dann den Treiber auf System-Audio oder anderes wechseln, dann geht es wieder. Vielleicht bin ich aber auch nur zu blöd, mein Netzwerk richtig zu konfigurieren – kann schon sein und will ich auch nicht ausschließen.
Was ich mir noch wünschen würde
Das Feature, mit dem man akustische Korrekturprofile von Sonarworks ID direkt in Anubis laden kann ist toll, zweifelsohne. Allerdings kostet es 259 Euro mit Mic, und so richtig viele Eingriffsmöglichkeiten hat man auch nicht. Eine Unterstützung von Room EQ Wizard, einem vergleichbaren aber kostenlosen Programm, wäre wünschenswert.
Praktisch hätte ich auch zusätzliche digitale I/(Os gefunden. Richtig Platz ist zwar am Gerät nicht mehr, aber so ein AES/EBU I/O kann man schon immer gebrauchen, von mir aus auch als Peitschen-Option via GPIO realisiert.