Millenium Cajon mit fest integriertem Mikrofonsystem Test

Praxis

Erste spielerische Kontaktaufnahme mit dem Cajon

Zuerst möchte ich wissen, wie das Cajon in natura klingt. Schließlich kann kein noch so gutes Mikrofon einem mau tönenden Instrument einen tollen Sound entlocken.
Ich setze mich und stelle zunächst fest, dass die matte Lackierung sich gut anfühlt, gleichzeitig aber auch ganz schön rutschig ist. Eine griffige Sitzauflage ist also zu empfehlen, besonders wenn man wie ich das Cajon beim Spielen gerne etwas nach hinten neigt. Die ersten gespielten Töne lassen mich Potential erwarten. Der satte Bass lässt kaum Wünsche offen und der Snaresound kommt lebendig und knackig daher. Schon bei leichtem Tippen mit den Fingern sprechen die Saiten an, was mich wirklich positiv überrascht. Leider produzieren selbige aber auch ein unangenehmes Schnarren, welches bei allen Schlägen deutlich wahrnehmbar ist. Davon abgesehen macht das Cajon – insbesondere angesichts der Preisklasse – klanglich aber einen mehr als nur ordentlichen Eindruck. Mit etwas Tuning lässt sich das Schnarren auch noch minimieren, wenn auch mit anderen Klangeinbußen. Doch dazu später mehr, denn zuvor gibt es eine Hörprobe vom Cajon im Auslieferungszustand „out of the box“. Um einen weitestgehend natürlichen Sound einzufangen, steht etwa 50 cm vor der Schlagfläche ein Großmembranmikro. Ab der Mitte des Soundfiles geht es dann auf Tauchfahrt ins Innere des Cajons, wo eine Grenzfläche liegt, die den Klang der Saiten sehr deutlich abbildet.

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out of the box – Großmembraner außen, danach Grenzfläche im Inneren

Kleine Tücken beim Tuning

Um das Schnarren zu verringern, mache ich mich ans Tuning. Da das Mikrofonsystem mittig im Resonanzloch sitzt, und somit den Weg ins Innere versperrt, kann man nun entweder vorsichtig daran vorbei greifen (kennt noch jemand „Dr. Bibber“?), oder wie mir der Hersteller im Anschluss unseres Testberichtes versichert, das Mikrofonsystem kurzzeitig ausbauen, was anhand der Plastikschrauben relativ flott erledigt ist. Da dem Cajon keine Bedienungsanleitung beiliegt, vermisse ich einen Hinweis auf diese Möglichkeit. Ich entscheide mich für die erste Variante und gelange auch so an die Klettstreifen an der Schlagfläche und ziehe sie straff, um den Saiten das Schnarren abzugewöhnen. Dieses ist danach auch beinahe weg, doch der Sound verliert gleichzeitig an Spritzigkeit und die Saitenansprache an Sensibilität. Ich versuche mich noch daran, stattdessen die Saitenspannung zu justieren, erreiche damit aber nur, dass das Schnarren entweder höher oder tiefer wird. Letztlich entscheide ich mich für den Kompromiss des etwas weniger lebhaften, dafür aber schnarr-minimierten Sounds, den ihr im folgenden Soundfile belauschen könnt. Der Versuchsaufbau ist der selbe, wie bei der vorigen Aufnahme und auch hier geht es ab der Mitte wieder auf Tauchfahrt.

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Nach dem Tuning der Snares – Großmembraner außen, danach Grenzfläche im Inneren

Cajomic – einstecken und losspielen…?

Habe ich bis jetzt bewusst darauf verzichtet das Cajomic Kit einzusetzen, ist nun der Zeitpunkt gekommen, an dem es zeigen darf, was es kann. Das XLR-Kabel rastet schon mal sicher in der Buchse ein und ich muss kaum am Gain drehen, um einen vernünftigen Pegel einzustellen. Auch, dass ich kein Stativ aufbauen muss, bietet einen Grund zur Freude. Nur das, was ich höre, kann mich spontan noch nicht so begeistern. Der Basston ist deutlich überpräsent und neigt leicht zum Wummern. Weiter aufwärts im Frequenzspektrum klingt das Mikrofon leicht topfig und blechern, was natürlich auch in der Mikrofonposition begründet liegt. Ich habe allerdings den Eindruck, dass das Cajomic diesen Effekt noch etwas verstärkt und dazu das obere Mittenspektrum unschön verfärbt. In den Höhen fällt das Signal dann deutlich ab. Plug-and-Play funktioniert wohl nicht ohne den beherzten bis drastischen Einsatz eines EQs.

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Cajomic unbearbeitet – Groove per Hand Cajomic unbearbeitet – Besengroove

Das Cajomic im direkten Vergleich

Um das Cajomic besser beurteilen zu können, habe ich noch zwei weitere Mikros angeschlossen, die in Livesituationen gerne aus dem Koffer geholt werden: Den Bühnenklassiker Shure SM 57 und eine Shure Grenzfläche (SM 91) – meine bisherige Cajon-Allzwecklösung für die Bühne. Das SM 57 habe ich so aufgebaut, dass es genau über dem Cajomic hängt, die Grenzfläche liegt im Cajon. In Grundzügen ähnelt das SM 57 dem Cajomic: Der Bass dominiert, es klingt leicht topfig und in den Höhen fällt es ab, wenn auch nicht so stark wie das Cajomic. Doch insgesamt klingt das SM 57 deutlich runder und natürlicher. Ein ganz anderer Schnack ist die Grenzfläche. Alle Frequenzbereiche liegen in der abgebildeten Lautstärke viel näher beisammen und besonders die Höhen werden viel klarer wiedergegeben. Insgesamt klingt das Signal präsenter und energiegeladener als bei den beiden anderen Mikrofonen. Fairerweise muss man dazu sagen, dass die Grenzfläche ein Kondensatormikrofon ist und in einer deutlich höheren Preiskategorie liegt. Doch hört am besten selbst:

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SM 57 unbearbeitet – Groove SM 57 unbearbeitet – Besengroove SM 91 unbearbeitet – Groove SM 91 unbearbeitet – Besengroove

Eine letzte Versuchsreihe

Zum Schluss habe ich mir noch zur Aufgabe gemacht, aus allen drei Mikrofonen jeweils das Beste herauszuholen, was ich mit einem einfachen, praxisnahen 3-Band-EQ demonstriere. Das Shure SM 57 habe ich dafür eine handbreit hinter das Cajon gestellt, wo es meiner Meinung nach einen besseren Dienst verrichtet und die Innenresonanzen des Cajons nicht so überbetont. Sowohl beim Cajomic, als auch beim SM 57 habe ich die Bässe etwas gezähmt, ein paar Mitten (bei 1,6 kHz) abgesenkt und die Höhen angehoben. Beim Cajomic bedurfte es übrigens deutlich mehr Höhen-Anhebung um zu hörbarer Präsenz zu gelangen. Bei der Grenzfläche habe ich dagegen den Bass etwas angehoben, die Mitten abgesenkt (bei 360 Hz) und die Höhen unangetastet gelassen. Abschließend lässt sich feststellen, dass das Cajomic auch in dieser Versuchsreihe keine allzu gute Figur macht. Ich brauche am längsten, um ihm einen brauchbaren Sound zu entlocken und die Höhen bekomme ich auch mit dem EQ nicht richtig zu packen, sie klingen immer etwas beschnitten. Wer im Live-Einsatz über einen professionellen Multiband-EQ verfügt, kann sicher noch das eine oder andere Quäntchen mehr aus dem Cajomic hervor schrauben.

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Cajomic bearbeitet (EQ) – Groove Cajomic bearbeitet (EQ) – Besengroove SM 57 bearbeitet (EQ) – Groove SM 57 bearbeitet (EQ) – Besengroove SM 91 bearbeitet (EQ) – Groove SM 91 bearbeitet (EQ) – Besengroove

Vor- und Nachteile

Die Vorteile eines festinstallierten Mikrofon-Systems liegen auf der Hand: Schneller Aufbau, keine Stative und kein Verrutschen der Mikrofonposition beim Spielen. Die Nachteile sind mir im Test jedoch genau so deutlich geworden: Um ins Innere des Cajons zu gelangen, etwa fürs Tuning oder um etwas Molton hineinzulegen, muss man vorsichtig daran vorbei greifen oder das System kurzfristig ausbauen. Das ist zwar schnell erledigt, bedeutet aber einen weiteren Arbeitsschritt. Auch kann man mit der Mikrofonposition nicht variieren um damit, gegebenenfalls vor dem drastischen Einsatz eines EQs, den Sound zu beeinflussen.

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