Millenium Travel Mate Bundle Kit Test

Praxis

Alles wird verschraubt, nur der Riser wird geklemmt

Mit gespannter Erwartung vollziehe ich den ersten Aufbau des Travel Mate Schlagzeugs. Vier Scharniere an der Bassdrum klappen sich reibungslos auf, und nach dem Abheben des Deckels offenbaren sich die drei weiteren kleinen Trommeln, dick vermummt in Folie eingepackt. Die Snaredrum und die beiden hängenden Toms sind trotz der geringen Ausmaße erstaunlich gewichtsintensiv, was ohne Zweifel den massiven Böckchen und im besonderen den freischwingend konstruierten Trommelhalterungen zuzuschreiben ist. Die drei Trommelarme werden in den Rosetten auf dem Bassdrumkessel versenkt. Hat man eine passende Einstellung gefunden und alles entsprechend festgezogen, sind die Trommeln sehr zuverlässig und stabil positioniert. Die Millenium Pro Beckenarme aus dem Hardware Bundle werden einfach auf den Rückseiten der Klemmen befestigt und lassen sich vielfältig und flexibel einstellen. Im Gegensatz zu den Haltern wird der Riser zur Aufnahme des Bassdrumpedals nicht im Kessel verschraubt, sondern an den Spannreifen geklemmt und auf der Oberseite mit zwei Muttern befestigt. Da die Justierung etwas fummelig ist, würde ich ihn bei häufigen Ortswechseln nach Möglichkeit immer montiert lassen. Ich frage mich, warum beim Riser nicht eine praktischere Lösung gefunden wurde und dieser, ähnlich wie die Toms und die Snaredrum, mit einer Rosette direkt auf der Unterseite des Kessel montiert wird. In jedem Falle sollte der Riser immer zuerst an der großen Trommel befestigt werden, denn an der voll bestückten Bassdrum ist er im Alleingang kaum festzubekommen oder nachzujustieren.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Bassdrum öffnet sich und offenbart ihre Mitreisenden.

Die weitere Bundle-Hardware ist auf einfachem Niveau

Mit einer Einzelkette ausgestattet, lässt sich das zierliche Millenium PD-111 Pro Bassdrum-Pedal problemlos einstellen und taugt im Spielbetrieb für normale, nicht allzu virtuose Anforderungen. Vor allem punktet es durch seine handliche Haptik für den Transport. Die DHS-1018 Stage Hi-Hat Maschine ist insgesamt eher schwergewichtig, lässt sich im Fußteil nicht drehen und hat vor allem keine Justierung der Federstärke an Bord. Diese ist ab Werk – für mein Empfinden – zu locker eingestellt. Der MDT4 Hocker lässt sich mit einer Spindel leicht in der Höhe verstellen, nach längerem Sitzen ist seine harte Sitzfläche allerdings etwas unbequem. Im Hinblick auf die sehr günstige Preisgestaltung des gesamten Hardware Bundles darf man hier aber auch keine Wunder erwarten. Wer schon mit Trommelgestänge ausgerüstet ist, kann also guten Gewissens mit der Basisversion des Travel Mate Kits vorlieb nehmen. Mit drei Becken aus meinem Fundus begebe ich mich in den Spieltest.

Im Spieltest glänzen Bassdrum und Toms, nur die Snaredrum schwächelt

Die Emperor Clear Felle auf den beiden Toms und das Powerstroke 4 Bassdrumfell sprechen eine eindeutige Sprache. In tiefer Stimmung klingen alle drei Instrumente satt und druckvoll. Auf der Resonanzfellseite hat die Bassdrum kein vorgedämpftes Fell, hier kann man sicherlich mit etwas Dämpfung noch mehr “Kick” und reduzierten “Ton” herauskitzeln, sofern man dies möchte. Die mit 21 Zoll außergewöhnlich tiefe Bassdrum spielt sich, trotz oder gerade wegen des langen Kessels und des Luftlochs im Resonanzfell, sehr angenehm und direkt. Ich habe das Gefühl, eher auf einer größeren Rock-Bassdrum als auf einer kleinen Jazz-Bassdrum zu spielen. Beide Tom Toms stimmen sich, im Rahmen ihrer Kesselgrößen, leicht von unten nach oben. Für höhere Stimmungen würde ich allerdings einlagige, beschichtete Felle vorziehen, hier geht ihnen mit den klaren Emperor Fellen der vollmundige Charakter etwas abhanden. Während die Millenium Bassdrum von allen von mir getesteten Kompakt-Sets am meisten “Pfund” hat – sie ist natürlich auch um einiges größer und länger als die Konkurrenzprodukte – ist die Snaredrum mit Abstand das schwächste Instrument. Sie klingt nur in mittelhoher Stimmung und mit Rimshots gespielt zufriedenstellend – hier macht dann allerdings die Stimmstabilität einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Für die Soundfiles musste ich alle Stimmschrauben mit Lug Locks zur Stimmsicherung versehen, um dem ständigen Verstimmen einigermaßen Einhalt gebieten zu können. Zudem sorgt der sehr einfache Snareteppich in Kombination mit den tiefen und flachen Snarebeds für eine akzeptable, aber keinesfalls crispe Teppichansprache. Da helfen dann auch keine hochwertigen Felle. Durch die konzeptbedingte Befestigung an der Bassdrum federt die Snaredrum im Spielbetrieb mehr als ein auf dem Snareständer befestigtes Exemplar – ein Aspekt, an den es sich erst einmal zu gewöhnen gilt.
ÜBRIGENS: Wir haben uns eine zweite Snare für einen Gegencheck kommen lassen und diese hatte keine Probleme in puncto Stimmstabilität.

Fotostrecke: 5 Bilder Kompakte Außmaße, doch leider nicht stimmstabil: die erste Snaredrum. Doch…

Soundfiles

Hier kommen ein paar Soundfiles mitt Bassdrum und Toms in tiefer Stimmung und mittelhoch gestimmter Snaredrum:

Audio Samples
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Einzelsounds Rimshot Bounce Groove Hotrod Samba Groove Shaker Brush Groove

Und jetzt noch ein paar Hörbeispiele mit tiefer gestimmter Snaredrum und Toms in hoher Stimmung:

Audio Samples
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Oldschooler groove Vintage Groove Train-Aleans Groove

Der Transport wird (ohne Taschen) zur Herausforderung

Möchte man das komplette Schlagzeug nach dem Spielen wieder für den Transport zusammenpacken, tauchen einige Fragezeichen auf. Beim Einpacken der Trommeln in die Bassdrum fällt auf, dass Taschen oder zumindest Schutzhüllen fehlen, die das Innere des naturbelassenen Bassdrum-Kessels und die Trommeln untereinander vor Beschädigungen durch die Toms und die Snaredrum schützen. 
Nachtrag: zu diesem Problem gibt jetzt Abhilfe. Denn die passenden Taschen zum Millenium Travel Mate sind seit Ende Dezember 2014 im Programm und können für eine Aufpreis von EUR 139,00 dazu gekauft werden. Mit diesen Taschen sind die Trommeln sicher geschützt und können passend ineinander gestapelt werden. Allerdings wiegen die beiden robusten, aber leichtgewichtigen Taschen mit allen vier Trommeln darin knapp 26 Kilogramm, also alles andere als handliches Reisegepäck. 
Der Grund für das hohe Transport-Volumen sind ohne Frage auch die freischwingenden Halterungen an den Trommeln. Diese sind zwar ein bewährtes Statussymbol für hochwertigere Trommeln und haben sicherlich auch ihre klangliche Berechtigung, allerdings fügen sie diesem Reiseschlagzeug ein deutliches Maß an Gewicht zu und erweisen sich zudem als sperrig. Besonders das 13 Zoll große Floortom schrappt (ohne Taschen) nur haarscharf an der Kesselinnenseite der Bassdrum vorbei. Da unser Testkit mit sauber verarbeiteten und ausreichend unterdimensionierten Trommelkesseln sowie Markenfellen ausgestattet ist, würden gummiisolierte, aber direkt an den Tomkesseln verschraubte Halterungen den Sound vermutlich kaum beeinträchtigen und sich somit als wesentlich praktischere Alternative anbieten. Der Snaredrum könnte man ohne freischwingende Halterung, bei gleichem Platzbedarf im Bassdrumkessel, sogar noch je einen Zoll Durchmesser und Tiefe spendieren, dann wäre sie mit 13 x 5 Zoll in erwachsenen Snaredrum-Gefilden angekommen. Sind alle Trommeln in der Bassdrum gestapelt, lassen sich die beiden Kesselhälften leicht und sauber wieder verschließen, dabei leisten der eingeleimte Verstärkungsreifen im kürzeren Teil der Bassdrum und die vier reibungslos arbeitenden Scharniere auf den Außenseiten des längeren Kessels gute Arbeit. Mit den Taschen sind die Trommeln natürlich besser geschützt, es bedarf aber auch etwas leichten Nachdrucks, um den Kessel der großen Trommel (mit der inneren Tasche darin) wieder zu verschließen.

Fotostrecke: 4 Bilder Mit den optional erhältlichen Taschen: die äußere Tasche öffnet sich…
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Fred Noll sagt:

#1 - 04.12.2014 um 14:40 Uhr

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Hi, 2. Snare schon getestet? Ich finde das Set hoch interessant, da die Hipgigs von Yamaha unglaublich teuer gehandelt werden. Das Set klingt toll, scheint von den Dimensionen gut abgestimmt und sieht nicht schlecht aus. Ich persönlich bin Fan der freischwingenden Systeme, weil ich mir einbilde, dass es den Ton der Trommeln Kontrabass artig boostet, resp aufmachen lässt. Glaubt Ihr, dass das Verschlusssystem der BD bei ständigem Auf- und Abbau geräuschneutral bleibt und nicht irgendwann anfängt zu scheppern? Danke, für den detaillierten Bericht.

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Christoph (bonedo) sagt:

#2 - 05.12.2014 um 13:03 Uhr

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Hallo Fred, vielen Dank für deine Rückfrage. Die Scharniere machten im Test einen sehr robusten Eindruck, also würde ich mir über Klappergeräusche keine Sorgen machen. Falls irgendwann doch Ermüdung eintritt, ließen sie sich ggf. auch durch Scharniere aus dem Möbelbau ersetzen.
Zu den Freischwing-Systemen kann man immer vortrefflich diskutieren. Da ich als Tester nicht wissen kann, mit welchem Material, Stimm-Kompetenz und Raum-Eigenschaften der Leser ausgestattet ist, kann ich nur meine persönliche Meinung kund tun. Die freischwingende Tomhalterung war ohne Frage eine der großen Neuerungen im Trommelbau, allerdings hat sich auch in der Kessel- und Fell-Herstellung einiges getan. Alle drei Faktoren haben einen sehr großen Anteil am Sustain der Trommel, besonders die Stimmung des Resonanzfells im Verhältnis zum Schlagfel, sowie ein untermaßiger Kessel, der das Fell gut schwingen lässt sind weitaus mehr als die halbe Miete. Zum Gegencheck mit der 2. Snare (steht leider noch aus) halten wir dich an dieser Stelle auf dem laufenden! Gruß, Chris (Redaktion Drums)

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Christoph (bonedo) sagt:

#3 - 25.01.2015 um 00:22 Uhr

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Hello again, der Gegencheck zur zweiten Snare ist jetzt im Test zu finden. Ebenso gibt es Bilder und Infos zum optionalen Taschenset. Gruß, Chris (Redaktion Drums)

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