Die Mikrofon-Vorverstärker aus dem Hause Millennia sind im Allgemeinen sowohl für hervorragende technische Werte als auch für ultra-transparenten Klang bekannt.
Auch der HV-3C stellt in dieser Hinsicht keine Ausnahme dar und konzentriert sich mit einer gewissen Kompromisslosigkeit auf seine simple und doch ehrwürdige Hauptaufgabe: Das möglichst neutrale und qualitativ hochwertige Verstärken von anliegenden Signalen.
Mit seinen zwei Kanälen lässt sich der Preamp als eine kleinere Ausbaustufe des wahlweise mit vier oder acht Kanälen ausgestatteten Millennia HV-3D verstehen. Das Geschwisterpaar basiert auf der gleichen diskreten Class A Transistortechnik und entspricht sich auch sonst weitgehend. Der Erfolg des Preamps zwingt uns geradezu, ein Review zu erstellen. Um ehrlich zu sein, es war das reinste Vergnügen.
Details
Preamp-Purismus
Potenziell überflüssige Features scheint der Hersteller im Fall des HV-3C rigoros wegrationalisiert zu haben. Der Signalpfad ist äußerst minimalistisch aufgebaut, und dementsprechend findet sich an der Gerätefront weder eine Möglichkeit zur Phasenumkehr noch ein Trittschallfilter. Man darf aber durchaus unterstellen, dass hinter diesem Umstand Methode steckt. Selbst kleinste Komponenten können ein Signal (wenn auch nur gering) färben, und wenn man es mit der Transparenz so ernst meint wie Millennia, dann verzichtet man eben auf alle Features, die nicht zwingend notwendig sind. Auch eine Vordämpfung im klassischen Sinne sucht man vergebens, wobei diese ohnehin nicht nötig ist. Die Eingänge können stattliche +23 dBu verarbeiten, das minimale Gain des HV-3C liegt bei verhältnismäßig niedrigen 8 dB. Das Studio-Mikrofon, das selbst bei der Aufnahme lautester Schallquellen ohne zusätzliche Verstärkung einen so hohen Ausgangspegel liefert, dass es den Preamp bereits in dieser Stellung überfahren könnte, muss wohl erst noch erfunden werden. Der maximale Output liegt mit +32 dBu ausgesprochen hoch, und das sorgt für eine gehörige Portion Headroom.
Der Signalweg des HV-3C verläuft von Anfang an symmetrisch und verzichtet auf den Einsatz von Übertragern. Für einen Vorverstärker, der dem Dogma der größtmöglichen Transparenz folgt, macht das natürlich Sinn. Ein Signal bleibt also in der Tat so unangetastet wie möglich, und dies ist sicherlich einer der Gründe für den außerordentlich geringen Klirrfaktor von 0,0007 % (bei 35 dB Gain). Dieser Wert ist so niedrig, dass er in der Praxis mit gutem Gewissen als „nahezu nicht vorhanden“ bezeichnet werden darf. Der Frequenzgang verhält sich erwartungsgemäß äußerst linear und wird für den epischen Bereich von 3 Hz bis über 500 kHz (500 kHz = -3 dB) angegeben.
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Gerastertes Gain und minimalistisches Metering
Das Gain wird über einen Drehschalter geregelt, der in Inkrementen von 1,5 dB gerastert ist. Um ganz genau zu sein: Der Schritt zwischen erster und zweiter Position macht eine Ausnahme und ist mit 2,5 dB etwas größer, springt also von 8 dB auf 10,5 dB. Wer nun die maximale Verstärkung von 61,5 dB miteinbezieht, der kommt mit ein wenig Kopfrechnen auf 36 mögliche Stufen – und in der Tat ist dies die gesamte Anzahl der Einstellungen. Umgesetzt wird das allerdings durch überschaubare zwölf Rasterpunkte pro Regler und zwei zusätzliche beleuchtete Taster, die das eingestellte Gain um 18 dB beziehungsweise 36 dB erhöhen.
Ich muss schon sagen, dass es ein befriedigendes Gefühl ist, bei der Bedienung des HV-3C das satte Einrasten der Gain-Regler zu spüren. Abgesehen davon hat die Rasterung aber natürlich auch pragmatischere Vorteile: Alle Einstellungen lassen sich präzise reproduzieren, und im Fall von Stereo-Aufnahmen gestaltet es sich denkbar einfach, eine nahezu perfekte Kanalgleichheit zu erreichen. Die Abweichungen zwischen den gematchten Kanälen werden mit weniger als 0,08 dB angegeben und dürfen somit guten Gewissens vernachlässigt werden. Natürlich könnte man mit einer stufenlosen Regelbarkeit feiner aussteuern – Da Rauschen beim HV-3C aber ohnehin nicht zum Thema werden sollte, darf man in der Praxis ruhig großzügig mit dem Headroom vor dem AD-Wandler umgehen. Das Eigenrauschen (der EIN-Wert) liegt in Kombination mit einer Quelle mit 150 Ohm bei -128 dB.
Optional: 130 Volt Versorgungsspannung und DC-Input
Über die verbleibenden zwei Bedienelemente pro Kanal schaltet man die Versorgungsspannung für Mikrofone zu, wobei man sich durch den Umstand, dass es neben einem Taster für die herkömmlichen 48 Volt auch einen Taster für 130 Volt gibt, nicht beunruhigen lassen sollte! Letzterer ist zwar immer im Millennia HV-3C verbaut, erhält aber nur dann eine Funktion, wenn man die kostenpflichtige Zusatzoption für die transformatorlosen „Hochspannungsmikrofone“ des Herstellers DPA verwendet, die konkret auf Preamps von Millennia zugeschnitten sind. In diesem Fall bekommt die Rückseite des HV-3C zwei weitere Eingänge in Form von vierpoligen XLR-Buchsen spendiert, welche ein versehentliches Anschließen ungeeigneter Mikrofone und eventuell daraus entstehende Schäden weitgehend ausschließen.
Eine DC-Input-Option für Bändchen- und Tauchspulenmikrofone lässt sich nachrüsten, wird in diesem Fall aber fest installiert und kann nicht mehr deaktiviert werden. Hier muss man sich also entscheiden, und auch an diesem Punkt scheint Millennia dem Prinzip der größtmöglichen Entschlackung des Signalpfads zu folgen. Eine Digitaloption zur internen Wandlung gibt es trotz der vorgesehenen Aussparungen auf der Rückseite des HV-3C allerdings nur für den Millennia HV-3D oder auch den über MIDI steuerbaren Millennia HV-3R.
Chris sagt:
#1 - 31.01.2017 um 15:17 Uhr
Hallo Alexander,der Millennia ist schon klasse....jetzt müsst ihr nur noch mal einen DAV Electronics BG1 testen. Der ist dem Millennia noch n Tick vorraus was Raumabbildung und Klanggröße angeht und kostet weniger als die Hälfte vom Millennia. Gut, in punkto Verarbeitung kann er nicht ganz mit dem Millennia mithalten obwohl er auch schon perfekt verarbeitet ist. DAV kommt ja aus dem Hause DECCA. Der ist klanglich auf der cleanen Ebene überragend!! PA hatte ihn schonmal getestet. Eigentlich möchte ich nur sagen...Millennia gut, sicher, aber zu dem Preis bekommt man einen DAV 8 Kanal BG8.LG
Chris
Alexander Aggi Berger (bonedo) sagt:
#1.1 - 01.02.2017 um 11:51 Uhr
Hallo Chris, danke für deinen Kommentar! Der BG1 ist vorerst leider nicht zum Test geplant, aber wer weiß, was noch kommt. Es gibt noch sooo viele tolle Preamps da draußen, und in nächster Zeit wird es sicher noch einige andere hochinteressante Tests geben :) Liebe Grüße!
Antwort auf #1 von Chris
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenChristian Balzer sagt:
#1.2 - 02.02.2017 um 08:23 Uhr
Hallo Chris, deine Ansicht kann ich darüber nicht teilen.Ich benutze seit Jahren den HV-3C mit unterschiedlichen Gefell-Mikrofonen ( Aufnahme vorwiegend Flügel/Acc-Git./Vocals) und habe diese auch an dem DAV BG getestet,;jedoch finde ich den Millennia einfach klanglich besser. Abgesehen vom mechanischen Aufbau ist dieser absolut nicht konkurrenzfähig mit Millennia und man hätte dies auch ingenieurmäßig besser machen können.
Liebe Grüße, alme68
Antwort auf #1 von Chris
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenChris sagt:
#1.2.1 - 02.02.2017 um 08:59 Uhr
Hallo Alme 68,
der Millennia ist natürlich klasse, das steht außer Frage und Klang ist schließlich auch Geschmacksache. Richtig, der mechanische Aufbau des Millennia ist über jeden Zweifel erhaben, da kann ein DAV BG1 nicht mithalten. Richtig ist außerdem, der DAV ist ein Chip bassierter Preamp der auf den derzeit besten IC, den THAT 1510 aufbaut und auch sehr spärlich bestückt ist. Doch zählt in der Signalverarbeitungstechnik immer "weniger ist mehr!!". Der Signalweg ist einfach Klasse. Die Werte sind Top! Klanglich spielt der DAV in jeden Fall in der gleichen Liga wie der Millennia. Wie gesagt Klang ist Geschmacksache. Ich jann nur positives vom DAV berichten. Klar, wenn man den Deckel vom DAV BG1U bspw. öffnet, erschrickt man...und man fragt sich warum so wenig Bauteile das Gerät so teuer in "!!" machen. Wenn man sich aber etwas mit dem Signalfluss beschäftigt wird schon einiges klarer. Im Internet gibt es bspw. eigentlich nur positive Stimmen zum DAV.Klar ist, der Millennia ist ein High-End Preamp der Extraklasse, absolut keine Frage, der BG1 ist klanglich aber auf Augenhöhe und absolut diskussionslos.Liebe Grüße
Chris
Antwort auf #1.2 von Christian Balzer
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenChris56 sagt:
#2 - 11.02.2017 um 10:02 Uhr
Sorry das ich erst jetzt den Test gesehen habe, aber als ich das Bild hier des Millennia gesehen habe, den ich ja selbst besitze, dann stieg natürlich die Spannung über diesen Bericht. Da ich den DVA auch kenne und verglichen habe, muss ich in diesem Fall dem Tester recht geben, der kommt an den Millennia nicht ran. Beim DVA fehlt, für meine Ohren, vorallem noch die gewisse "Fülle" des Signals, neben der Klarheit. Und genau das beherrscht der Millennia vorzüglich und ich wage es auch zu behaupten, da kommt kaum ein anderer Preamp mit diesen Vorzügen ran. Ich kann aus meiner Erfahrung nur raten,( wie im Test beschrieben) mit einer guten A-Gitarre zusätzlich noch mit einem Schöps CMC 5 oder 6 ( oder auch ein AKG 480 B-ULS) und dem Millennia, aufzunehmen, diese Kombi ist kaum zu überbieten und den EQ braucht man maximal zur kosmetischen Bearbeitung !
Chris sagt:
#2.1 - 17.01.2018 um 13:11 Uhr
Hallo Chris,
Ich hab jetzt mal einige Tests, u.a. mit dem Millennia, DAV, Focusrite Octopre, Presonus XMAX und einem RME Fireface UC Preamp gemacht.
Mikrofon war immer dasselbe (AT4051b). Akustik Gitarre im Studio.
Die klanglichen Unterschiede sind gleich 0!! Von dem her muss ich meine Aussage und Begeisterung über den DAV BG1 komplett revidieren. Wenn man die Anpassung von Mikrofon und Preamp richtig anwendet gibt es keine klanglichen Unterschiede, es sei denn es sind bewusst färbende Bauteile, wie z.B. Lundahl Übertrager o.ä. an Bord. Ein MVV sollte vor allem ausreichend Verstärken und eine ausreichend hohe Eingangsimpedanz bieten, so daß die frequenzabhängigen Eigenschaften nahezu 100% stimmen und keine Frequenzunregelmäßigkeiten entstehen. Selbstverständlich sollte der Preamp noch HF - Einstreuungsfest fest sein.
Der DAV BG1 bietet 20kOhm im Eingang und hat somit auch mit hochohmigeren Mikrofonen keine Probleme. Der Millennia selbstverständlich auch nicht. Wenn jetzt Leute behaupten (auch ich war so einer) der eine Boutique Preamp klingt ja echt genial gegenüber einem Budget - Preamp...kann ich nur schmunzeln. Sollte man hier was hören kann das höchstens ein Problem der Anpassung von Mikrofon und Preamp sein. Ein guter Preamp sollte bestimmte technische Eigenschaften erfüllen und ausreichend Gain besitzen um auch Bändchen gut verstärken zu können. Alles andere ist nur unbegründeter Hype.
Ein Preamp klingt nicht...das macht das Mikrofon und die Positionierung.
Antwort auf #2 von Chris56
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