Praxis
Neutral, neutraler, am neutralsten
Wenn man die grundsätzliche Bedeutung des Wortes „neutral“ überdenkt, dann handelt es sich eigentlich um ein absolutes Adjektiv, das nicht steigerungsfähig ist. Auf Deutsch: Wenn etwas bereits neutral ist, dann kann es nicht noch neutraler werden. Oder doch? Im Kontext von Mikrofon-Vorverstärkern (und nicht nur dort) greift dieser Gedanke aber natürlich nicht, und vollständige Neutralität ist in dieser Hinsicht vielmehr als ein unerreichbares Ideal zu verstehen. Ich wage allerdings zu behaupten, dass der Millennia HV-3C diesem Ideal wirklich beeindruckend nahe kommt. Und was dabei ganz wichtig ist: Er wirkt deshalb nicht im Entferntesten uninteressant, sondern kann sogar staunende Blicke auf sich ziehen.
Der Millennia HV-3C liefert ein plastisches Klangbild
Gepaart mit zwei Telefunken M60 FET Kleinmembranern, die in XY-Anordnung über einem Drumset positioniert wurden, fängt der HV-3C ein fein gezeichnetes und plastisches Klangbild ein. Jede Trommel scheint unverrückbar an ihrem Platz zu sitzen, was unter anderem den gestochen scharf abgebildeten Transienten zu verdanken ist, die von den Mikros geliefert und vom HV-3C erfolgreich am Leben erhalten werden. Die Schaltung im Inneren des HV-3C reagiert wirklich ausgesprochen schnell und wirkt dabei wie ein Vergrößerungsglas, das frühe Attack-Anteile offenbart, von deren Existenz man im Studio-Alltag sonst nicht viel mitbekommt.
Andere Preamps mit deutlich mehr Färbung
Bei den Vergleichs-Preamps kommt dagegen Färbung mit ins Spiel, und der Klang wird mit den Schritten über die Transistorstufe des Universal Audio 4-710d bis zum mit Röhren ausgestatteten Manley Force zunehmend weicher, größer und breiter, verliert im Gegenzug aber ein wenig von seiner kompromisslosen Akkuratesse. Im Fall von kräftigen Rock-Drums wäre die Entscheidung für einen der Vorverstärker nicht ganz einfach, wobei man dies auch nicht als das Spezialgebiet eines ultra-neutralen Preamps bezeichnen würde.
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Traumpaar: Millennia und Schoeps
Bei der Aufnahme einer akustischen Gitarre über ein Schoeps CMC64 kann der Millennia HV-3C hingegen sehr eindeutig seine Stärken ausspielen. Die Plastizität ist im Fall dieses Mono-Signals wirklich beeindruckend. Jede Saite scheint an einer definierten vertikalen Position zu sitzen, sodass man sie mit geschlossenen Augen anfassen möchte. Mit dem HV-3C kann man in der Tat in beeindruckender Weise erfahren, was im Allgemeinen als 3D-Wirkung bezeichnet wird. So schön die Vergleichskandidaten auch klingen mögen – mit diesem Grad an Definition können sie nicht mithalten.
Dies führt allerdings zu einem weiteren Gedanken: Es wäre durchaus schade, wenn ein so klar gezeichnetes und dynamisches Signal einer ausgewachsenen Kompressor-Attacke zum Opfer fiele, wie sie bei modernen Rock/Pop-Mischungen nun einmal an der Tagesordnung ist. In Abhängigkeit von der Stilistik, in der man arbeitet und auch in Abhängigkeit von der eigenen Recording-Philosophie sollte man versuchen abzuschätzen, ob die Vorzüge eines so hochauflösenden Preamps den Mixing- und Mastering-Prozess wirklich überstehen können.
Chris sagt:
#1 - 31.01.2017 um 15:17 Uhr
Hallo Alexander,der Millennia ist schon klasse....jetzt müsst ihr nur noch mal einen DAV Electronics BG1 testen. Der ist dem Millennia noch n Tick vorraus was Raumabbildung und Klanggröße angeht und kostet weniger als die Hälfte vom Millennia. Gut, in punkto Verarbeitung kann er nicht ganz mit dem Millennia mithalten obwohl er auch schon perfekt verarbeitet ist. DAV kommt ja aus dem Hause DECCA. Der ist klanglich auf der cleanen Ebene überragend!! PA hatte ihn schonmal getestet. Eigentlich möchte ich nur sagen...Millennia gut, sicher, aber zu dem Preis bekommt man einen DAV 8 Kanal BG8.LG
Chris
Alexander Aggi Berger (bonedo) sagt:
#1.1 - 01.02.2017 um 11:51 Uhr
Hallo Chris, danke für deinen Kommentar! Der BG1 ist vorerst leider nicht zum Test geplant, aber wer weiß, was noch kommt. Es gibt noch sooo viele tolle Preamps da draußen, und in nächster Zeit wird es sicher noch einige andere hochinteressante Tests geben :) Liebe Grüße!
Antwort auf #1 von Chris
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenChristian Balzer sagt:
#1.2 - 02.02.2017 um 08:23 Uhr
Hallo Chris, deine Ansicht kann ich darüber nicht teilen.Ich benutze seit Jahren den HV-3C mit unterschiedlichen Gefell-Mikrofonen ( Aufnahme vorwiegend Flügel/Acc-Git./Vocals) und habe diese auch an dem DAV BG getestet,;jedoch finde ich den Millennia einfach klanglich besser. Abgesehen vom mechanischen Aufbau ist dieser absolut nicht konkurrenzfähig mit Millennia und man hätte dies auch ingenieurmäßig besser machen können.
Liebe Grüße, alme68
Antwort auf #1 von Chris
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenChris sagt:
#1.2.1 - 02.02.2017 um 08:59 Uhr
Hallo Alme 68,
der Millennia ist natürlich klasse, das steht außer Frage und Klang ist schließlich auch Geschmacksache. Richtig, der mechanische Aufbau des Millennia ist über jeden Zweifel erhaben, da kann ein DAV BG1 nicht mithalten. Richtig ist außerdem, der DAV ist ein Chip bassierter Preamp der auf den derzeit besten IC, den THAT 1510 aufbaut und auch sehr spärlich bestückt ist. Doch zählt in der Signalverarbeitungstechnik immer "weniger ist mehr!!". Der Signalweg ist einfach Klasse. Die Werte sind Top! Klanglich spielt der DAV in jeden Fall in der gleichen Liga wie der Millennia. Wie gesagt Klang ist Geschmacksache. Ich jann nur positives vom DAV berichten. Klar, wenn man den Deckel vom DAV BG1U bspw. öffnet, erschrickt man...und man fragt sich warum so wenig Bauteile das Gerät so teuer in "!!" machen. Wenn man sich aber etwas mit dem Signalfluss beschäftigt wird schon einiges klarer. Im Internet gibt es bspw. eigentlich nur positive Stimmen zum DAV.Klar ist, der Millennia ist ein High-End Preamp der Extraklasse, absolut keine Frage, der BG1 ist klanglich aber auf Augenhöhe und absolut diskussionslos.Liebe Grüße
Chris
Antwort auf #1.2 von Christian Balzer
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenChris56 sagt:
#2 - 11.02.2017 um 10:02 Uhr
Sorry das ich erst jetzt den Test gesehen habe, aber als ich das Bild hier des Millennia gesehen habe, den ich ja selbst besitze, dann stieg natürlich die Spannung über diesen Bericht. Da ich den DVA auch kenne und verglichen habe, muss ich in diesem Fall dem Tester recht geben, der kommt an den Millennia nicht ran. Beim DVA fehlt, für meine Ohren, vorallem noch die gewisse "Fülle" des Signals, neben der Klarheit. Und genau das beherrscht der Millennia vorzüglich und ich wage es auch zu behaupten, da kommt kaum ein anderer Preamp mit diesen Vorzügen ran. Ich kann aus meiner Erfahrung nur raten,( wie im Test beschrieben) mit einer guten A-Gitarre zusätzlich noch mit einem Schöps CMC 5 oder 6 ( oder auch ein AKG 480 B-ULS) und dem Millennia, aufzunehmen, diese Kombi ist kaum zu überbieten und den EQ braucht man maximal zur kosmetischen Bearbeitung !
Chris sagt:
#2.1 - 17.01.2018 um 13:11 Uhr
Hallo Chris,
Ich hab jetzt mal einige Tests, u.a. mit dem Millennia, DAV, Focusrite Octopre, Presonus XMAX und einem RME Fireface UC Preamp gemacht.
Mikrofon war immer dasselbe (AT4051b). Akustik Gitarre im Studio.
Die klanglichen Unterschiede sind gleich 0!! Von dem her muss ich meine Aussage und Begeisterung über den DAV BG1 komplett revidieren. Wenn man die Anpassung von Mikrofon und Preamp richtig anwendet gibt es keine klanglichen Unterschiede, es sei denn es sind bewusst färbende Bauteile, wie z.B. Lundahl Übertrager o.ä. an Bord. Ein MVV sollte vor allem ausreichend Verstärken und eine ausreichend hohe Eingangsimpedanz bieten, so daß die frequenzabhängigen Eigenschaften nahezu 100% stimmen und keine Frequenzunregelmäßigkeiten entstehen. Selbstverständlich sollte der Preamp noch HF - Einstreuungsfest fest sein.
Der DAV BG1 bietet 20kOhm im Eingang und hat somit auch mit hochohmigeren Mikrofonen keine Probleme. Der Millennia selbstverständlich auch nicht. Wenn jetzt Leute behaupten (auch ich war so einer) der eine Boutique Preamp klingt ja echt genial gegenüber einem Budget - Preamp...kann ich nur schmunzeln. Sollte man hier was hören kann das höchstens ein Problem der Anpassung von Mikrofon und Preamp sein. Ein guter Preamp sollte bestimmte technische Eigenschaften erfüllen und ausreichend Gain besitzen um auch Bändchen gut verstärken zu können. Alles andere ist nur unbegründeter Hype.
Ein Preamp klingt nicht...das macht das Mikrofon und die Positionierung.
Antwort auf #2 von Chris56
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