PRAXIS
Bemerkenswert ist die Bedienung, denn das Touch-Display ist das entscheidende Ass im Ärmel. Sämtliche Parameter kann man sehr einfach und intuitiv mit dem Finger anklicken und verändern. Mit praktischen Pulldown-Menüs lassen sich schnell Modulationsziele oder Effekte finden. In der Tat stellt sich so ein Arbeitsflow ein, den man sonst nur von Software-Editoren kennt (ein solcher wird selbstverständlich zusätzlich mitgeliefert). Nicht zu vergessen sind außerdem die acht Fader und Taster, die frei zu belegen sind bzw. direkten Zugriff auf die Effekte ermöglichen. Einziger Mangel ist die Tatsache, dass beim Arbeiten mit den Fadern das Display per Hand auf die Controller-Übersicht geklickt werden muss. Ein automatischer Wechsel beim Bewegen der Fader wäre noch bequemer gewesen. Aber dennoch: Angesichts der Fülle an Möglichkeiten ist das “Soundfeiling” in Proben, beim Soundcheck, ja sogar während des Konzerts denkbar einfach und übersichtlich.
Die Masse an Preset-Sounds ist dank der Kategorien-Suchoption überhaupt erst handelbar. Eingeteilt wurde hier in 16 Instrumentengruppen und diversen Subkategorien, wie beispielsweise “Short release” bei den Fast Synthies oder “Ensemble” innerhalb der Brass-Kategorie.
Soundmäßig ist ab Werk natürlich alles dabei – und in dieser Preisklasse erwartungsgemäß vom Feinsten. Inzwischen wurden sogar 512 weitere Sounds von Korg zum freien Download zur Verfügung gestellt, auf die man sehr schnell nicht mehr verzichten möchte.
Akustische und elektrische Pianos sind, vor allem dank Soundupdate, in riesiger Auswahl und sehr guter Qualität vorhanden. Aber auch die Streicher und Bläser klingen sehr natürlich. Bei den Synthies und vor allem den Drumsounds hat Korg aufgestockt und einiges Erfrischendes in petto. und sorgt damit für das Rundum-Sorglos-Paket von sanft-akustisch über retro-analog bis brachial-modern. Die Vielfalt ist wirklich überzeugend. Es ist rein gar nichts zu vermissen oder zu bemängeln: Die Sounds halten zu 100%, was das edle Äußere verspricht.
Und auch den bei den Effekten ist man schnell im Superlativ angekommen. Nicht nur, dass die Effektkombinationen mit fünf Inserts pro Program, insgesamt drei Mastereffekten und einem MasterEQ mehr als üppig sind: Auch die Effektequalität lässt keine Wünsche übrig. Schön einfach ist dabei übrigens, dass sich die einzelnen Effekte direkt über die Taster in der Controller-Section ein- und ausschalten lassen.
Insgesamt stehen 170 Effekttypen zur Auswahl. Von diversen astreinen Delay-Varianten bis zum Doppler-Effekt (“Krankenwagen-Effekt”) und verschiedenen Amp-Simulationen. Auch hier gilt: Es gibt nicht viel, was es nicht gibt. Live ist natürlich außerdem die direkt erreichbare Tap-Tempo Funktion in Verbindung mit einem Delay-Effekt sehr praktisch.
Im Combination-Modus bietet der M3 384 gelayerte und gesplittete Sounds. Dabei können jeweils bis zu 16 Parts über die Tastatur gelegt werden. Die Effektmöglichkeiten sind identisch mit denen im Program-Modus. In diesem Zusammenhang lassen sich auch die Pads erwähnen, die zum Einen zum Sampleabfeuern gedacht sind, zum Anderen aber auch mit Akkorden belegt werden können. So kann man im Combination-Modus beispielsweise über die Tasten einen Pianosound ansteuern, während man mit Hilfe der Pads (und mit nur einem Finger) weite Streicherharmonien legt. Praktischerweise sind die Pads dafür mit einer Chord-Assign Funktion ausgestattet, die gespielte Akkorde erkennt und direkt auf die Pads legt.
Als besonderes Feature wird von Korg die KARMA-Funktion des M3 angepriesen. Dieser überdimensionale Arpeggiator bietet 2093 “Generated Effects” und erlaubt eine Vielzahl von direkten Eingriffen in diese werksseitigen Patternvorschläge. Mit Hilfe der Fader lassen sich so tatsächlich sehr schnell und spielerisch Melodien und Patterns customizen. Acht dieser verschiedenen Einstellungen sind dann als “Schnappschüsse” speicher- und abrufbar. Im Combination-Modus kann man sogar vier unterschiedliche GEs, beispielsweise für verschiedene Instrumente, nebeneinander laufen lassen. Die Variationsmöglichkeiten sind folglich enorm und nur schwierig zu überblicken, geschweige denn auszuschöpfen. Im Regelfall werden mit KARMA wohl Zufallsprodukte zur Inspiration des Users abfallen.
Für dich ausgesucht
Als zweite Begleitautomatik steht einem – neben KARMA – das DrumTrack-Feature zur Verfügung. 32 Drumkits und 522 Presetpatterns liefern zuschaltbar für jedes Program die passende Schlagzeugbegleitung. Hervorragend zum Jammen. Diese Drumtracks können übrigens auch vom User selbst erstellt und im internen Speicher abgelegt werden. Hervorzuheben sind die geschmackvolle Patternauswahl und die allgemein sehr natürlich klingenden Drumsets.
Der Sequenzer kommt relativ standardmäßig mit 16 Spuren und 128 Songs daher. Was soll man sich auch mit großen DAWs anlegen. Ein paar praktische Features bietet der M3 aber dennoch: So etwa die Möglichkeit zum direkten Import von Programs und Combinations in den Sequenzer Mixer, so dass sich schnell spontane Ideen festhalten lassen können. Und wer diese Ideen dann seinen Freunden zeigen will, hat sogar die Möglichkeit den Song per externem CD-Brenner auf eine Audio-CD zu bannen. Ganz nett. Wirklich praxisorientiert hingegen ist die “In-Track Sampling”-Funktion. Bei laufendem Sequenzer lassen sich hiermit Samples aufnehmen, bei denen ebenfalls der Zeitpunkt der Aufnahme gespeichert wird. De facto lassen sich so also Audiospuren erstellen. Sehr praktisch für Backing-Vocals und diverse Soundeffekte. Die aufgenommenen Songdateien können übrigens nicht intern gespeichert werden.
Zu guter Letzt bietet der M3 auch eine Sampling Funktion. Hier können sowohl externe Analogsignale, wie auch interne Echtzeitänderungen der Filter- oder KARMA-Einstellungen gesampelt werden. Sogar Multisampling ist möglich. Werksseitig kommt der M3 mit 64MB RAM Kapazität daher, die auf 320 MB erweiterbar ist. Leider sind auch die Samples nicht intern abzuspeichern. Hierfür muss von einem USB-Stick oder einer externen Festplatte Gebrauch gemacht werden, von der aus die Samples dann geladen werden können.
ON TOUR MIT CAPTAIN KORG
Ich hatte die Möglichkeit den Korg M3 während einer zweiwöchigen Deutschland-Tour mit NNEKA auch im Live-Alltag zu testen. Musikalisch ging das Ganze in Richtung Hip Hop, Soul, Reggae. Neben warmen Klassikern mussten also auch ein paar elektronische Sounds beigesteuert werden. Mein Setup bestand aus einem Clavia Nord Electro (früher auch mal Rhodes, aber meine Bandkollegen haben sich durchgesetzt), einer Akai MPC 2500 und eben der Korg Workstation. Die Aufgaben waren dabei klar verteilt. Während das Nord Electro die Basics, also Rhodes, Klavier und Orgeln lieferte, musste der M3 für den Rest herhalten. Synth-Leadsounds, Streicherflächen und dicke Bässe in allen möglichen Tastatursplit-Variationen. Dass die Sounds durchsetzungsfähig und natürlich klingen, erwähnte ich ja schon. Aber als wirklich angenehm habe ich die einfache Editierarbeit empfunden. Mit nur wenigen Handgriffen ließen sich so während des Soundchecks Bläser bratziger filtern oder neue Splits erstellen (wenn auf einmal im Refrain zusätzlich noch ein “Bling” gefordert war). Ausgiebig Gebrauch habe ich außerdem von den acht Pads gemacht. Vor allem habe ich damit per MIDI Samples angesteuert, die auf der MPC lagen. Aber auch ein paar zweihändige Klavierakkorde konnte ich so mit nur einem Finger erzeugen (klar, die Samples hätte man auch auf den M3 übertragen können; so ging’s aber schneller). Den Sequenzer habe ich, bis auf einen geloopten Takt “Herzschlag-Sound” als Intro-Atmosphäre, unbenutzt gelassen. Man muss ja spontan bleiben. Ebenso war mir jegliche Verwendung von der KARMA-Funktion im Live-Kontext fremd.
Hinzuweisen ist weiterhin noch auf den Effekt, den allein die Anwesenheit des Korg M3 auf der Bühne bei Mixern und Technikern auslöst. Der Ruf von ungeliebten, rein funktionalen Arbeitsgäulen, der Korg Workstations mitunter anlastet, ist mit dem M3 definitiv dahin. Selbst wenn ich mit einem Ferrari auf die Bühne gekommen wäre, wäre die Reaktion der Umstehenden wohl nicht viel anders ausgefallen.