Praxis
Die Benutzeroberfläche ist übersichtlich und intuitiv zu bedienen. Per Drag-and-Drop ziehe ich zunächst sämtliche Titel, die ich für den Mix verwende, in die Playlist. Alternativ wählt man den Button „Add Files and Folder”, um die gewünschten Dateien über das Browser-Menü anzusteuern. Auch iTunes-Playlisten werden auf Knopfdruck addiert. Dann analysiert Flow sämtliche Daten. Wenn beim ersten Mal die gesamte Library geladen wird, dauert das eine ganze Weile, um nicht zu sagen gefühlte Ewigkeiten, bis die Tonart, Beats per Minute, Energielevel und Klangqualität ermittelt sind. Werden im weiteren Verlauf neue Musikstücke addiert, geht es je nach Umfang dann in Sekundenschnelle.
Falls die Klangqualität nach Einschätzung der Software noch optimiert werden sollte, erscheint bei „Quality” ein Icon mit der Aufschrift: „Click to Improve”, was entweder ein installiertes Platinum Notes oder einen Link zur Website öffnet, die zum Kauf von Platinum Notes ermutigt. Mit dem externen Editor Platinum Notes lässt sich die Datei dann optimieren, ich hätte es aber schöner gefunden, wenn dieses Tool integriert wäre. Sind sämtliche Musikfiles und Folder analysiert, können anhand der ermittelten Informationen, die nun hinter jedem Song angezeigt werden, Playlisten erstellt werden. Zum Beispiel anhand von passenden Tonarten oder Energielevel. Oder eben so, wie es für die eigene Arbeit erforderlich ist.
Im nächsten Schritt wird jedes einzelne Musikstück durch Beatgridding personalisiert. Dazu ziehe ich per Drag-and-Drop einen Titel in das Editierfeld nach ganz oben. Ein Klick auf „Check Downbeat” ermittelt der Grundbeat. Ganz rechts gibt es die Möglichkeit, über „Zoom In-/Out“ zu bestimmen, wie tief man in die Wellenformanzeige zoomen möchte. „Split Segment” zerlegt jeden Song in einzelne Segmente, die sich später bestens zum Remixen eignen, egal ob innerhalb eines Stücks oder zwischen zwei Nummern. Das bedeutet, man kann in einem Song zwischen sämtlichen Teilen hin und her springen, diese beliebig verlängern, loopen und daraus seinen eigenen Mix kreieren.
Die Segmente können auch manuell verändert und den eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen angepasst werden. Dazu ziehe ich einfach die blauen Marker der Teilbereiche an die gewünschte Position. Allerdings ist diese Option genau wie „Split Segment” nur gegeben, wenn eine Online-Verbindung besteht. Warum auch immer. Das heißt aber nicht, dass nur online gemixt werden kann. Alle Vorbereitungen, die online getroffen wurden, stehen auch offline zur Verfügung.
Sehr hilfreich für das Mixen innerhalb von Segmenten sind die automatischen Anzeige der Energielevel sowie der Tonarten des jeweiligen Ausschnitts. So sieht man schon vor dem Hören, welche Teile energetisch gut zusammenpassen oder sich für die Dramaturgie eignen. Wer in einzelne Abschnitte reinhören will, klickt einfach auf die entsprechende Stelle. Sämtliche Einstellungen und Änderungen, die an einem Stück vorgenommen wurden, werden mit einem Klick auf den goldgelben Button „Mark this song as Personalized“ rechts oben gespeichert.
Play
Der Player in Flow ist eine Freude für jeden DJ, der es minimalistisch mag und sich gern auf das Wesentliche beschränkt. Viel mehr gibt es hier nämlich nicht. Zur Verfügung stehen zwei Decks mit je einem Play- und einem Sync-Button sowie einer Loop- und Vorhör-Funktion. Zwischen den beiden Playern sind eine BPM-Anzeige, ein Dreiband-Equalizer mit zwei Linefadern und ein Crossfader platziert. Wenn man auf die BPM-Anzeige klickt, öffnet sich ein Menüfenster, wo die Geschwindigkeit manuell verändert werden kann. Der Track, der zuerst läuft, gibt das Master-Tempo vor.
Export
Ist in den Voreinstellungen die Aufnahmefunktion aktiviert, werden automatisch sämtliche Mixe aufgezeichnet und nach Datum und Uhrzeit gespeichert, die man dann vor dem Beenden der Software per Knopfdruck auf der Harddisk speichern und/oder direkt als Audiofile (m4a) exportieren kann.
Flow in Aktion
Auch wenn hier einiges an Vorarbeit notwendig ist: Die Möglichkeit, innerhalb von Segmenten in einem Musikstück zu wechseln, ist auf jeden Fall das Highlight von Flow DJ und hat mir beim Testen jede Menge Spaß gemacht. Die Software lief auf meinem Rechner (MacBook Pro OS 10.8.3, 2,5 GHz Intel Core i5, 16 GB RAM) die ganze Zeit rund ohne Ruckler oder Audioaussetzer. Sämtliche Übergänge klangen nahtlos. An der Performance gibt es für mich nichts auszusetzen.
Für dich ausgesucht
Auch die Soundqualität ließ bei mir keine Wünsche offen, selbst wenn bei vielen Stücken die Option zur Soundoptimierung mit dem Verweis auf Platinum Notes auftauchte. Ich mag es, wenn die hohen Frequenzen nicht zu schrill sind und gleichzeitig genug Wärme in den Mitten und Druck im Bassbereich da ist und vor allem eine gewisse Transparenz der einzelnen Sounds gegeben ist. Die Soft-EQs klingen im Übrigen in allen drei Frequenzbereichen tadellos und erfüllen definitiv ihren Zweck. Ein bisschen ungewöhnlich ist es allerdings, ohne Gain-Kontrolle zu arbeiten. Das übernimmt hier Flow.
Ich persönlich konnte beim Testen keinen Makel feststellen, könnte mir aber vorstellen, dass sich an dieser Stelle doch so mancher DJ in seiner Freiheit beschnitten fühlt und diese Kontrolle lieber selbst behält. Nicht so toll finde ich, dass für sämtliche Aktionen, die im Vorbereitungsmodus ausgeführt werden können, eine aktive Internetverbindung bestehen muss. Mit einem Laptop ist man ja doch nicht immer online und gerade im Flieger oder beim Zugfahren ließe sich die Zeit ja ansonsten prima zur Vorbereitung von DJ-Sets nutzen. Zur Frage, ob ein Offline-Modus in Zukunft angedacht ist, äußerten die Entwickler, dass sie momentan lieber darüber diskutieren, was die Software aktuell kann.