Zwar klingt der Begriff „Traditionsfirma“ im Zusammenhang mit dem noch recht jungen Themenbereich Digital-DJing etwas seltsam – im Fall von Mixvibes darf man dieses Prädikat aber mit Fug und Recht vergeben, denn die französische Software-Schmiede zählt fraglos zu den Pionieren im Bereich der rechnergestützten Audiomischung.
Mit ihrer DVS-Software „Mixvibes“ waren sie vor zehn Jahren eine der ersten Software-Firmen, die eine vollwertige Vinyl-Controller-Lösung samt Video- und Effekt-Integration präsentieren konnten. Man darf also gespannt sein, wie viel Know-how aus der aktuellen Flaggschiff-Software Cross DJ bei der Portierung auf Apples Mobilrechner eingeflossen ist.
Details
Konzept
„Cross DJ for iPad“ ist eine 2-Deck-DJ-Software, die auf iPads ab der zweiten Generation und iOS 5 aufwärts lauffähig ist. Dass das Programm mindestens die Prozessorpower eines iPad 2 verlangt, wird durch den Blick auf die Feature-Liste legitimiert, denn hier ist so ziemlich alles vertreten, was man von einer vollausgestatteten DJ-Software erwarten kann (und sollte). Das beginnt beim wählbaren Pitchbereich (4%, 6%, 8%, 16%, 32%, 100% mit Keylock), einem Dreiband-EQ pro Kanal, einer horizontalen Wellenform-Übersicht und Detailansicht, Cue-Punkt-, Loop- und Effektabteilung sowie einer ausgewachsenen Beat-Gridding-Sektion. Ganz nebenbei verspricht die App, auch eine komfortable Playlisten-Ansicht, Controller-Integration und Multi-IO-Unterstützung zu liefern.
Installation
Hat der persönliche Finanzvorstand im Kopf dem im App-Store angezeigten Preis von 8,99 Euro eine Freigabe erteilt, findet die knapp zwanzig Megabyte große Applikation mit einem Klick auf „kaufen“ ihren Weg auf das beliebte Frühstücksbrettchen. Viel mehr ist zur Einrichtung dann auch gar nicht zu tun: Typischerweise bedient sich Cross DJ aus der iPad-Musiksammlung und greift auf die in iTunes angelegten Playlisten zurück.
Das Anlegen von Playlisten innerhalb von Cross DJ ist (derzeit) nicht vorgesehen. Was zu verschmerzen ist, denn wenn man ehrlich ist, geht das innerhalb von iTunes sowieso schneller und besser (dazu auch: Kickstart Digital-DJing #3 – Playlisten-Management). Dagegen ist es möglich, der App zu befehlen, eine komplette Playlist offline zu analysieren – sprich, den BPM-Wert zu ermitteln und die entsprechende grafische Wellenformansicht zu generieren.
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Leider wurde auf jegliche tonale Analyse (weder Grundton noch Camelot-Methode) verzichtet. Zwingend erforderlich ist die Offline-Analyse allerdings nicht, denn auch die On-demand-Analyse (also dann, wenn man eine Datei in ein Deck lädt) geht recht zügig zu Werke: Ein Zehn-Minuten Stück brauchte auf unserem iPad 2 gerade einmal fünfzehn Sekunden. Das Abspielen ist dabei schon während der Berechnung möglich.
Layout In Bezug auf das Layout sieht „Cross DJ for iPad“ der „großen“ Version in viele Bereichen zum Verwechseln ähnlich und Umsteiger dürften sich entsprechend schnell zurecht finden. Aber auch für Einsteiger hält die typische 2-Deck-Ansicht keine großen Fallstricke bereit, sondern erweist sich als ziemlich übersichtlich: Die Kopfzeile visualisiert jeweils die Basis-Track-Infos des geladenen Titels wie Name, Pitch, BPM und Restlaufzeit, dazwischen sitzt ein Kreissymbol, dessen rotierende Segmente Auskunft über den zeitlich Versatz zwischen den beiden laufenden Titeln geben. Direkt darunter wird in zwei Zeilen eine Detailansicht der aktuellen Wellenform samt Beat-Marken, die zwischen Vollen-, Halben- und Viertel-Schlägen unterscheiden, angezeigt.
An den äußeren Flanken folgen drei Taster für die Abteilungen „Cue-Points“, „Loop“ und „Beat-Gridding“. In der Rubrik „Cue-Punkte“ können sechs Start-Lokatoren abgespeichert und bei Bedarf abgerufen werden – leider wurde auf eine Quantisierung beim Setzen (wie in Traktor DJ) verzichtet.
Im Themenbereich „Loop“ warten acht verschiedene Schleifenlängen (1/8, 1/4, 1/2, 1, 2, 4, 8 , 16 Takte) darauf abgefeuert zu werden. Das Vorhandensein eines Slip-Modes, der bewirkt, dass das Audiofile trotz aktivem Loop „im Hintergrund“ weiterläuft, gibt einen halben Stern oben drauf!
Die Beatgrid-Sektion erweist sich formal als ausgewachsenes Werkzeug: Sowohl der Grid-Start-Marker, die Grid-Breite, wie auch der Versatz lassen sich hier so komfortabel justieren, dass manche Desktop-DJ-Software im Vergleich dazu dürftig wirkt. Allein die Tatsache, dass sich nur EIN Grid-Anker setzen lässt (gerade bei handgespielten Stücken braucht es oft mehrere Referenzpunkte, um einen Titel „durchzugridden“), schmälert den guten Eindruck.
Direkt darunter haben die Pitch-Bereichs-Auswahl, der Pitch-Fader, Nudge-Taster und die Wellenformübersicht ihr Zuhause gefunden.
Blickfang in der unteren Hälfte sind die beiden Decks, die sich wahlweise als virtueller Plattenteller oder in die Effektansicht schalten lassen. Den Abschluss nach unten bildet dann das bekannte Trio aus Cue, Play/Pause, Sync und der Crossfader.
In der Mittelachse von Cross DJ wurde ein Zweikanalmixer mit 3-Band-EQ (High, Mid, Low – ohne Kill-Funktion) sowie Kanal-Gain und Master-Level platziert. Schaltet man den zentralen Bereich in den „Gain“-Modus, wird ein Taster sichtbar, der zu den Voreinstellungen führt. Hier lassen sich weitergehende Funktionen wie etwa der Keylock-Modus, die Deck-Sperre oder der globale Pitchbend-Bereich konfigurieren.
Ein Druck auf die links und rechts neben der Titelzeile angebrachten „Load“-Taster öffnet die Library-Ansicht. Wie eingangs bereits erwähnt, werden hier alle innerhalb von iTunes angelegten Playlisten sowie die Gesamtansicht aller vorhandenen Titel angezeigt. Als ziemlich ausgefuchst erweist sich dabei, dass in der Komplettansicht eine dreistufige Sortierung nach wählbaren Kriterien wie BPM, Genre, Album und Künstler erfolgen kann. Auf Fingertipp klappt hier auch eine Liste auf, in der die sinnvollsten Sortierungen bereits vorgegeben sind.