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Mixvibes VFX Test

Details

Multitasking
Als ich mit einem befreundeten DJ-Kollegen über den heutigen Kandidaten sprach, waren wir uns einig, dass gerade in professionellen Umgebungen seit jeher Ton-, Licht und Bildspezialisten separat für ihre Aufgabenbereiche zuständig sind und dass dies wohl auch gute Gründe hat. Ein Beispiel: Ich erinnere mich an eine Party, die ich zwar als Gast aufsuchte, aber unerwartet den Job des Lichtmischers übernehmen musste, weil für die befreundete Plattendreherin kein Light-Jockey gebucht war. Denn professionell sollte es auf jeden Fall wirken. Ich weiß, es gibt gerade in Berlin auch kleine, böse, laute Clubs, die auf Laser- und Bewegtbild-Tamtam verzichten und lieber mit Strobos „feuern“. Je nach Etablissement reichen vielleicht auch einige Discokugeln. Mancher Nachtfalke berichtet gar von abenteuerlichen Begegnungen mit der schallgesteuerten RGB-Lichtorgel. Letztere hat natürlich waschechten Kultstatus und bedarf nicht annähernd soviel Know-how wie ein ausgeklügeltes Clip-Schauspiel. Aber Audio-Video Multitasking? Mal sehen, wie weit die Mixvibes-Macher aus Gennevilliers (Frankreich) meine Einstellung im Laufe des Tests ändern können. Zeit, unseren Kandidaten aus seinem gut gestylten, aber bestimmt sehr dunklen Kartonverlies zu befreien.

Erster Eindruck
Der Controller ist solide verarbeitet, nichts wackelt und klappert, und im Tischbetrieb steht er sicher auf vier Gummifüßen. Neben der Steuereinheit befinden sich auch RCAs-, USB- und Relay-Kabel, ein gedrucktes englischsprachiges Handbuch und die Mixvibes-VFX Software-CD im Karton. Eine weitere DVD mit exklusiven MixMash Videosamples und ein Gutschein für 35 Visual-Loops und 10 Musikvideos auf www.mixmash.com runden das Paket ab. Mit 2,1 kg bei drei Höheneinheiten wirft die portable Konsole insgesamt 58 Taster, neun Drehregler, fünf Schieberegler, sieben Endlos-Encoder mit integrierter Button-Funktion in die Steuerungs-Waagschale. Jedem Deck hat man zudem eine Shift-Taste spendiert, die es ermöglicht, einen Großteil der Bedienelemente doppelt zu belegen. VFX läuft nur unter Windows – schade eigentlich, denn DVS-Bruder Mixvibes Cross ist auch für den Mac erhältlich. Inzwischen besitzen auch die „kleineren“ Apple-Systeme ausreichend Power für eine separate Videoausgabe. Gemessen an den Features sind die Hardwareanforderungen mit 2,26 GHz Doppelkern-Taktung und 2 GB RAM nämlich noch recht moderat. Da es Probleme mit dem Athlon X2 System gab, erfolgte der Test auf dem Desktop Mac unter Bootcamp und auf einem Mittelklasse Core2 Notebook.

Mixvibes_VFX_Control_Ausgepackt Bild

Front und Backpanel
Der französische Hersteller verbaut eine 6-Kanal-Audio-Lösung, die sich als VFX-Audio in die Software einträgt und unter Vista mit 44,1/48 kHz und 16 Bit arbeitet. Ähnliche Hardware kommt auch beim DVS-Paket Cross zum Einsatz, allerdings besitzt der VFX-Control keine Eingänge. Für den Betrieb mit Steuervinyl ist demnach ein weiteres Audio-Interface nötig. Neben dem obligatorischen USB-Anschluss offeriert das Backpanel zwei Stereo-Cinch-Anschlüsse, eine Kopfhörerbuchse und zwei 3,5 mm Faderstart-Buchsen zur Fernbedienung vom Mischpult aus. Leider wurde auch der Kopfhörerausgang an die Gehäuserückseite verfrachtet, was einen DJ-Wechsel einigermaßen erschwert.

Decksektionen
VFX-Control besitzt zwei identische Decksektionen, die im Gegensatz zum üblichen MIDI-Mischer-Design nicht spiegelsymmetrisch angeordnet sind. Stattdessen liegt an der linken Außenseite die Buttonsektion, an der rechten der Temposchieber. Im Zentrum residiert der Mixer mit zwei für meinen Geschmack etwas leichtgängigen und spielbehafteten 60 mm Linefadern. Der Crossfader hat eine Länge von 45 mm, ist anständig weich, vermisst allerdings einen Regler für die Kurvenanpassung. Zwar liegen die gummierten Potis des 3-Band-EQs gut in der Hand, aber auch leider etwas eng beieinander. Sie haben einen angenehmen Widerstand und in ihrer Mitte eine einrastende Nullstellung. Zwei von ihnen erwiesen sich als etwas schwergängiger. Ein Zustand, der sich im Laufe der Nutzungsdauer sicherlich legt. Oberhalb der Mixersektion ermöglicht ein Endlos-Encoder mit Push-Funktion in Kombination mit zwei Nachlader-Tasten eine mauslose Track- und Effektauswahl.

Pitch
Nah am Zeitgeist bietet Mixvibes VFX die Autosynchronisation des Liedgutes an, traditionell werden Tracks aber mit den Temposchiebern angeglichen. Sie gleiten angenehm schwer auf einem Regelweg von 60 mm und sind in eine circa drei Millimeter tiefe Aussparung eingelassen, die in dunklen Umgebungen durchaus als Fingerführung dienen kann. Etwas störend ist, dass man auf den letzten Zentimetern mit dem Daumennagel gegen die Senke prallen kann, aber das bringt eine solche Konstruktion nun einmal mit sich. Die maximale Tempoänderung wird in der Software festgelegt (6, 10, 16 oder 100 Prozent). Bei zehn Prozent erfolgte eine Feinabstimmung von 0,01 BPM bei 120 BPM. Das ist wirklich außergewöhnlich präzise. Direkt über den Fadern sind Pitchbend-Taster plaziert. In meinen Augen ist das ein eher ungünstiger Platz, wenngleich die Entscheidung für eine Single-Button-Konstruktion kein uninteressanter Ansatz ist. Wird links getriggert, bremst der Song, rechts angestoßen beschleunigt er. Ich verwende zum Beatmatchen zwar lieber Jogdials, bin aber der Meinung, das Bends unterhalb eines Pitchschiebers einen besseren Workflow gewährleisten. Auch Mastertempo und getrennt auslösbare Beatmatch- und Sync-Buttons sind mit an Bord. Nachfolgend hört ihr einige Audiobeispiele der praxistauglichen Tonhöhenkorrektur.

Transportsektion
Zwei Schaltflächen am Controller sind besonders groß geraten. PLAY bringt die Tracks ins Spielgeschehen und löst als Zweitfunktion einen Bremseeffekt aus. Links daneben parkt CUE Songs oder Videos zunächst am Startpunkt, bis eine neue Markierung gesetzt wird. Dies geschieht ganz einfach per Shift. Reverse spielt das Material rückwärts ab. Alle Schaltflächen sind beleuchtet und geben ein eindeutiges Statusfeedback ab. Das erleichtert das Arbeiten in dunklen Umgebungen ungemein. Die rechte Sektion leuchtet rot, die linke grün. Das sorgt für Übersicht und sieht gut aus. Mit dem Jogdial oder „geshifteten“ Loop-Buttons spult man durchs AV-Material.

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Jogdials
SCRATCH YOUR VIDEOS AND SOUNDS, heißt es in der Werbekampagne. Dafür könnten die Jogdials mit 60 mm Außen- und 55 mm Oberflächendurchmesser ruhig etwas größer sein. Zudem sind sie etwas rutschig. Aber offensichtlich wollte man keine vierte Höheneinheit im Rack beanspruchen. Das ist verständlich, denn es spart nicht nur Platz im Montage-Case, sondern auch bei einer Rucksacktour durch das Großstadtnachtleben. Betrachtet man die Teller vom Audiostrom losgelöst (denn es fehlt ja nicht nur an Größe, sondern auch an einer adäquaten Crossfader-Curve-Control) würde ich sagen: Zum Scratchen eines unvertonten Videos kann man sie getrost einsetzen, gelegentliche Soundscratches sind ebenfalls zu bewerkstelligen.

Mixvibes_VFX_Control_Jogdial Bild

 „Berührungsempfindliche Jogdials“ ist ein Terminus, der sich generell höchster Beliebtheit erfreut. Nüchtern betrachtet ist jedes Jogdial, sofern es nicht festgeklebt wurde, berührungsempfindlich. Bei MIDI-Controllern indes steht der Begriff in der Regel dafür, dass das Wheel einen integrierten Auslöser, etwa in Form eines Touch-Sensors hat. Beim vorliegenden Modell muss der DJ den Vinyl-Modus vor einem Kratzmanöver erst einschalten. Dann jedoch scratcht er mit der Oberfläche und nudget mit der Seite. Wer nicht scratcht, deaktiviert einfach VINYL. Unter Verwendung der Shift-Taste ermöglichen die Teller eine Hochgeschwindigkeitssuche.

Mixvibes_VFX_Control_Vinyl_und_Vorhoere Bild

Software
Installation und erster Quickie
6V-Netzteil-Power haucht Ströme ins Probandenleben. Dann wird dieser mit dem Laptop verbunden und ich starte den Software-Installationsprozess. Beim ersten Programmaufruf fragt der Konfigurationsassistent einige Grundeinstellungen ab, danach geht es an die individuelle Konfiguration des Videoscreens und der Overlays. Bei der Rekonfiguration der Anzeigen in den Displayeinstellungen von Windows während des laufenden Betriebes stürzte die Software leider wiederholt ab, daher sollte die Positionierung im Vorfeld festgelegt werden. Da der Prüfling weder Beispiel-Songs noch Videos zum Stelldichein mitbringt, importiere ich zunächst meine iTunes Bibliothek und kopiere danach den Inhalt der Content DVD auf die Festplatte (1,69 GB). Ein Tastenhieb auf die blaue LED, und es kann losgehen. Der erste Drag-Drop eines Videofiles auf Deck A öffnet Quicktime. So ist das bestimmt nicht gedacht. Okay, dann importiere ich die Clip-Library eben übers Menü. Seltsam, die Dateien in meinem Videoclip-Ordner werden mir nicht einmal angezeigt.

Hmm, ich glaube, ich mache mich erst einmal auf die Suche nach einem Update. Die Support-Seite der Internetpräsenz hat mit VFX noch nichts am Hut (Stand 08.02.2010). Über die software-interne Update-Funktion gelangt man zum Forum und dort steht nach einer Registrierung Update 1.1.0 bereit. Es soll laut Herstellerangaben erste Bugs beheben und brachte auch meine Clipsammlung ans Laufen. Das kann ich leider für den Athlon X2 Desktop unter Windows XP SP3 nicht behaupten, hier schmiert das komplette System (2 x 3 GHz, 4 GB RAM, 512 MB ATI Grafikkarte) jedesmal nach dem Programmaufruf ab. Daher kommt zusätzlich der Mac mit Bootcamp zum Einsatz, hier startet VFX ohne Murren.

Aufbau
Die grafische Benutzeroberfläche ist in drei Haupt-Bereiche gegliedert. Am unteren Bildschirmrand befindet sich die Musikverwaltung mit dem Dateibrowser, in der Mitte sind die virtuellen Decks positioniert, wahlweise mit einem großen Video-Kontrollfenster in ihrer Mitte. Im oberen Screen-Segment seht ihr den optionalen Matcher. Er ist eine visuelle Mixhilfe, die mancher Leser vielleicht noch aus dem Mixvibes-Cross Review in Erinnerung hat. Dazu können bei Bedarf weitere mixdienliche Panels eingeblendet werden.

Browser

Die Musikbibliothek sortiert gescannte Verzeichnisse übersichtlich anhand beliebter Kriterien. Zudem kann der User eigene Gruppen anlegen, in denen er seine Tracks wie in virtuellen Ordnern strukturiert. Der Verzeichnisbaum liefert Shortcuts auf die Mediendatenbank, Sample-Library, Sessions, History und Charts der meistgespielten Musikstücke. Die Medienliste katalogisiert über 20 unterschiedliche Merkmale. Eine inkrementelle Suchfunktion bietet Filter (auch BPM) und findet das Gesuchte selbst in größeren Sammlungen zügig. Zwölf Zoomstufen sorgen sowohl in der Listen- als auch in der Gitterdarstellung selbst auf Entfernung für ausreichenden Überblick, vorausgesetzt, man arbeitet nicht mit Full-HD-Auflösung auf einem 11-Zoll-Notebook. Über Fenster/Freistellen lässt sich die Anordnung der Panels nach Belieben verschieben und auch wieder fixieren. Benutzerspezifische Layouts speichert VFX nicht, die zuletzt gewählte Formation steht bei einem erneuten Aufruf im Normalfall wieder zur Verfügung. Das Vorhör-Deck der Musikbibliothek wird praktischerweise per Browse-Encoder aktiviert.

Decks
VFX offeriert zwei Skins in je zwei Auflösungsstufen (1220 und 1440 Breite). SIMPLE zeigt in der Mitte der Abspieleinheiten ein vergrößertes Videobild. Die Player bieten individuell skalierbare Wellenausschnitte, eine Video-Vorschauleiste und stellen Songinformationen kontrastreich dar. Jedes Deck bekommt dabei eine individuelle Farbgebung. Die Wellenformen geben einen Überblick über Positionen von Cue- und Loopmarkern, allerdings sind die dünnen Balken nicht wirklich gut zu erkennen. Eine Quantisierung der Benutzereingaben bei der Erstellung von Hot-Starts kann ich nicht feststellen. COMPLETE bringt zusätzliche Bedienelemente wie Klangregler auf den Bildschirm. Gerade diese haben aufgrund ihrer geringen Größe wohl eher dekorativen Charakter. In der unteren Grafik seht ihr die voreingestellten Werte der Equalizer und der Killswitches. Vollzieht der DJ unter diesen Bedingungen einen vollen Cut mit der Klangregelung, bleiben hörbare Soundanteile zurück. Die Player spielen gängige Audio-(.wav .mp3 .wma .ogg .flac) und  Video-Formate  (.mp4, .mpg, .mpeg, .mjpeg, .wmv, .avi, .divx, .mov, .vob, .mkv). In der Recording-Sektion hat der Anwender die Möglichkeit, das Summensignal aufzuzeichnen. Zur  Aufnahme steht ausschließlich das WAV-Format mit 16 Bit / 44,1 kHz / Stereo zur Verfügung.

Visuelle Mixhilfen
Der Matcher ist bereits aus Cross bekannt und kommt mit Bar-, Tempo- und Beatsynchronisation, ist per Drehregler frei skalierbar und zeigt leider nur die Decks A und B an. Nicht erschrecken! Beatraster und Downbeat-Indikatoren lassen sich unter dem Reiter Optionen einschalten. Die Aufschlagtakt-Markierungen stehen auch in der Wellenansicht im Deck-Fenster zur Verfügung.
Für einen siebenminütigen Track benötigt der Beatcounter rund sieben Sekunden und ermittelt die Geschwindigkeit auf die Hundertstel genau.

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Controls
Wer mehr visuelles Feedback auf dem Screen benötigt, kann zusätzliche Info-Panels einblenden. Dazu noch Sampler und Titelgenerator und schon ergibt sich ein Bild wie auf dem nachfolgenden Screenshot. Wer es geordneter mag, sortiert das Layout nach eigenem Gusto. Leider gelang es mir nicht, den Sampler als Snap-In in der unteren Reihe neben den übrigen Controls zu platzieren. Eine Lösung wie auf dem zweiten Bild finde ich nur suboptimal.

Der Sampler
Bleiben wir kurz beim Sampler. Er nennt acht Speicherbänke sein eigen, die sich per Drag n`Drop mit Audio- oder Videoschnipseln befüllen lassen oder ihr Futter einem Deck entnehmen. Die Samplelänge kann im letztgenannten Fall zum Beispiel über einen Loop definiert werden, der ganz einfach mit der Send-Taste auf ein aktiviertes Samplepad geladen wird. Der Sampler hat Master-Tempo, Pitchregler, Volume-Meter und Dreikanal-Klangregelung unter der Haube. Diese Funktionen lassen sich auf alle Samples gemeinsam, auf eine Reihe oder auf ein einzelnes Pad anwenden. Jedes Sample besitzt eine eigene Positionsanzeige. Sämtliche Pads sind direkt über den Controller zugänglich, vier von jeder Seite. In Kombination mit der grünen Shift-Taste wählt der DJ einzelne Bänke an, ohne diese auszulösen. Rot aktiviert die Funktionen CTRL, REPEAT, MUTE und HOLD für das ausgewählte Pattern. Da hat sich jemand richtig Gedanken gemacht, prima! Im nachfolgenden Praxisteil schauen wir auch den übrigen Kreativabteilungen auf die Finger.

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