Praxis
Für den ersten Testlauf schließe ich einen Numark Mixtrack Pro an. Automatisch wird der Controller nicht erkannt, ein Abstecher in die Einstellungen und das Laden des bereits bestehenden Presets aktiviert ihn jedoch sofort.
Als erstes fällt mir auf, dass der Pitchfader des Controllers zu grob arbeitet, aber das lässt sich ja glücklicherweise in den Preferences einstellen. Library-Browsing, Beat-Matchen, Loops setzen und Mixen, all das funktioniert mit Mixxx und MIDI-Controller wunderbar und wie man es sich vorstellt. Der Workflow unterscheidet sich im Grunde kaum von den etablierten DJ-Softwares.
Lediglich die Effektsektion ist über die dementsprechenden Controller nicht steuerbar, ein Versuch, dies über die MIDI-Learn-Funktion der Software zu beheben, war nur mäßig erfolgreich, die 270-Grad-Effektpotis von Mixxx vertragen sich nicht mit den Endlos-Reglern des Mixtrack Pro. Beim Auswählen des Mixtrack-Pro-Mappings erscheint diesbezüglich dann auch eine Fehlermeldung (siehe Bild), die allerdings nicht direkt einleuchtet.
Über ein anderes MIDI-fähiges Gerät (Akai MPK mini) konnte ich jedoch feststellen, dass bei entsprechender Ausstattung respektive Reglern auch die Learn-Funktion tadellos funktioniert, Mixxx steht auch da mit Hilfe zur Seite.
Timecode
Mit an Bord von Mixxx ist das Timecode-Feature, die Freeware unterstützt folgende Medien
- Serato CV02 Vinyl
- Serato CV02 CD
- Traktor Scratch MK1 Vinyl
- MixVibes DVS V2 Vinyl
Wer jetzt ein Traktor Scratch DVS System zu Hause hat, sollte mit der Freude noch ein wenig warten und checken, ob seine Vinyls denn auch wirklich noch MK1 oder schon die seit 2013 hergestellten MK2 sind. Diese unterstützt Mixxx nämlich nicht, in der Praxis eiern sie mächtig. Das Einrichten des Systems geht erstaunlich flott von der Hand: kurz in den Preferences Soundkarte und genutztes Timecode-Medium einstellen, schon geht es los.
Die Steuerung geht gut von der Hand, mit niedriger Latenz gibt es keine Aussetzer, auch mit CPU-freundlicherer höherer Verzögerung hat man noch ein gutes Gefühl der Kontrolle. Schön, dass Mixxx den Status der Signalqualität im Skin anzeigt. Wenn zum Beispiel ein Cinch-Kanal ausfällt, wird dies hier angezeigt, auf der Troubleshooting-Website gibt’s die schnell erlernbare Auflösung dazu.
Selbst mit nur einem Turntable oder CD-Player kann man die Timecode-Steuerung nutzen, Mixxx unterstützt Single-Deck-Control und ist damit auch für ein kleines Setup zu Hause praktisch. Dazu routet man einfach das Eingangssignal des Plattenspielers auf zwei Mixxx-Decks gleichzeitig und schaltet manuell zwischen beiden hin und mehr. Das jeweils nicht gesteuerte Deck läuft dann unabhängig vom Timecode-Signal. Egal wie man nun ansteuert, ob mit Timecode oder MIDI-Controller, die Software lief im Test zu jeder Zeit stabil. Ab und an ruckelt es kurzzeitig ein wenig, dies störte in der Praxis jedoch nicht.
Effekte & Sound
Die Effektabteilung ist in Mixxx ziemlich mager ausgefallen: Hall, Echo, Flanger, Bitcrusher und Filter müssen den Job unter sich aufteilen und lassen sich auf die einzelnen Kanäle sowie auf den Master routen. Beim Filter kann man (leider nur in den Einstellungen, nicht direkt im Layout) zwischen dem Standard und einem Moog-4-Kaskadenfilter wählen. Beide klingen ohne Resonanz ganz schön belanglos, mit sind sie passabel anzuhören. Ähnliches gilt für das Echo. Es klingt okay, ist darüber hinaus allerdings leider nicht beatsynchron einstellbar. Den Flanger muss man schon in die Extreme ziehe, um überhaupt wahrzunehmen, dass hier ein Effekt stattfinden soll, das klingt sehr schwachbrüstig.
Was mir überhaupt nicht gefällt, ist der Hall. Selten habe ich so einen undefinierten, schwammigen Reverb erlebt. Die Suche nach dem Sweet-Spot mündete darin, diesen Effekt einfach schnell wieder auf Null zu stellen. In der Auswahl finde ich da noch den Bitcrusher am ehesten geeignet, das sieht Mixxx wohl ähnlich, denn nur dieser plus die beiden Filter-Typen sind auf einen „Quick-Effekt“ direkt neben die Decks zu legen. Zwar kann man externe VST/AU-Effekte einbinden, dies ist jedoch nur über das Routing über externe Software oder natürlich über einen externen Mixer möglich.
Für dich ausgesucht
Bei den internen Equalizern stellt man je nach gewünschter Zupack-Härte zwischen drei verschiedenen ein, zwei mit linearer -24 und -48 dB Flankensteilheit und hoher Bit-Auflösung und einem -48 dB Crush-EQ. Jedem der vier möglichen Decks ist es sogar erlaubt, sich individuell damit auszurüsten. Ich finde, dass alle drei gut klingen, man kann sogar anpassen, ab welcher Frequenz die Bänder anfangen zu filtern.
Ein wenig gewöhnungsbedürftig ist, dass beim Bearbeiten der Frequenzen die grafische Wellenform mitzieht, das heißt, wenn man beim EQ die Tiefen verstärkt, vergrößert sich die dementsprechenden Regionen der Anzeige. Das kann verwirrend sein, wenn beispielsweise ein Drop ansteht und der erste Beat mitunter durch die angepasste Anzeige dann nicht richtig erkennbar ist, ganz ausstellen kann man es nicht.
Im Großen und Ganzen ist der Klang von Mixxx als gut einzustufen. Ich konnte in der Sound-Ausgabe keinen Unterschied zu den anderen, wesentlich teureren Mitbewerbern erkennen. Sobald jedoch Effekte ins Spiel kommen, sieht es schon wieder anders aus, diese sind insgesamt echt mau. Zu diesem Bild gesellt sich auch der Timestretch-Algorithmus. Man muss nicht großartig das Tempo beschleunigen oder bremsen, um an die Grenzen seiner Machbarkeit zu gelangen. Einige Halbtonschritte, besonders in den höheren Regionen, reichen da leider schon aus.
Sampler/Sample-Editor
Der Sampler von Mixxx ist für grundlegende Aufgaben gerüstet. Viel mehr als ein Sample aus dem Explorer oder der Library hineinzuladen, um es mit oder ohne Loop abzuspielen, ist nicht möglich. Nur das Vermögen der eigenen Festplatte beschränkt die Größe dabei, auch längere Audiodateien lassen sich laden. Insgesamt vier Hotcues warten auf ihre Vergabe, ein Pitchfader und ein Sync-Button helfen, das richtige Tempo und die richtige Tonhöhe zu finden. Wellenform- und Gain-Anzeige unterstützen beim Dosieren der Lautstärke. Wirklich spannend ist das nicht, aber um eine Jamaika-Hupe einzustreuen, wird es wohl reichen.
Mic/Aux
Die Mikrofonsektion reicht in der Praxis aus, um beispielsweise bei Geburtstagen eine Rede zu halten. Bis zu vier Mikrofone werden gleichzeitig eingespeist, Gain-Level und Gain-Meter helfen, den Pegel optimal einzustellen.
Hinzu kommen noch vier gleich aufgebaute Aux-Inputs. Der Talk-Button kennt einen Latch-Modus, angenehm, falls die Ansage mal etwas länger wird. Ansonsten gibt es eine Vorhörfunktion, ein Auto-Duck-Modus unterdrückt den Master, wenn das Mikrofon ein Signal empfängt. Um wie viel dB und mit welchem Threshold dies passiert, ist leider nicht einstellbar. Schade ist, dass die Effekte von Mixxx nicht auf Mic/Aux zu routen sind.
Aufnahme & Streaming
Zur Aufnahme gelangt man, indem man die Playlist „Aufnahme“ anklickt, einen direkten Record-Button gibt es nicht. Neben dem Speicherplatz lässt sich noch das Format festlegen: MP3, WAV, AIFF und Ogg Vorbis stehen in verschiedenen Qualitätsstufen zur Verfügung, können mit Tags versehen und bei 650 oder 700 MB sowie 1, 2 oder 4 GB gesplittet werden. Live-Streaming eures Mixsets ist ebenfalls möglich. Mittels „Icecast“ und „Shoutcast“ (Hosting-Server-Anbieter) überträgt sich das DJ-Set in das Internet, bei der Einrichtung steht Mixxx leicht verständlich mit dem Handbuch zur Seite.