Modalics verzichtet auf das klassische Beat-Programming traditioneller Drum Machines. Der Ansatz von Beat Scholar, dem ersten Produkt von Modalics, ist aber nicht völlig neu. Schon im Musikunterricht veranschaulicht die Lehrkraft Notenwerte mithilfe von Tortenstücken: Halbiert man die Torte, ergeben sich halbe Noten, vier gleiche Stücke stehen für Viertelnoten und so weiter. Dieses Muster greift Modalics auf, nennt die ganzen Stücke aber nicht etwa Schwarzwälder Kirsch, sondern schlichtweg Pizza.
Das Zerstückeln leckerer Pizzen liegt dem Sequencing-Konzept von Modalics Scholar Beat zugrunde. Es unterteilt einen Schlag in bis zu 42 dynamische Segmente, die entweder allesamt oder einzeln zum Triggern einer Kick, Snare oder anderer Instrumente dienen. Schon jetzt ist klar: Beat Scholar führt seine User schnell an ausgefallene rhythmische Strukturen heran. Polyrhythmische Muster mit Taktartwechsel und Swing Feel erstellt manquasi so einfach wie ein Four-on-the-Floor, sofern man das Plugin beherrscht.
Beat Scholar ist eine Drum Machine VST mit je 16 Sounds und Spuren. Zugleich spendiert Modalics noch ein MIDI-Effekt-Plugin für Apple Logic Pro, das Software-Instrumente direkt in der DAW anspielt. Beide Plugin-Versionen bieten eine übersichtliche Ein-Fenster-Oberfläche. Schauen wir uns einmal einzelne Bereiche des GUI an. Übrigens gibt es Beat Scholar auch fürs iPad und ist dort kompatibel mit den gängigen iDAWs.
Details & Praxis
Pattern und Arrangement Modul
Treibender Fiat-Motor von Beat Scholar ist das Pattern Modul. Jedes ganze Pizzastück steht für einen Schlag (Viertelnote), der werkseitig als rhythmische Einheit vorgegeben ist. Er lässt sich in 42 Häppchen unterteilen. Diesen einzelnen Stückchen kann man verschiedene Instrumente (durch Farben unterscheidbar) und Dynamikwerte zuweisen –oder für Pausen auch frei lassen. Schon zwei Pizzastücke reichen ungefähr aus, um einen Beat aus Kick, Snare und Hi-Hat satt zu machen.
Für mehr Übersicht beim Beat-Programmieren sorgen die bis zu 16 Lanes. Es sind praktisch einzelne Spuren, die man der Reihe nach anlegen kann. Sie lassen sich solo abhören oder muten. Wichtige Sounds wie Kick oder Snare legt man am besten auf separate Lanes. Nicht zuletzt im Pattern Modul stellt man beliebige Taktarten ein.
Für dich ausgesucht
Einzelne Patterns zu einem Song kombinieren – das klappt mit dem Arrangement Modul von Beat Scholar. Man kann einzelne Pattern eines Arrangements kopieren, benennen und praktischerweise auch per MIDI-Noten wechseln.
Kit und Sounds
Das Sequencing und der Soundbereich laufen bei diesem Instrument getrennt voneinander. Beat Scholar bietet Kits mit jeweils 16 Drum Pads, die mit den Factory Sounds instrumentiert oder mit eigenen Samples (WAV, AIFF, MP3, FLAC) gefüttert werden können. Jeder Sound lässt sich individuell bearbeiten.
Zur Verfügung stehen Filter, BitCrusher, Kompressor und Effekte (Reverb, Room, Distortion). Eigens erstellte Drum Kits kann man auch ablegen. Mit dem Master Modul färbt man schließlich noch den gesamten Sound eines Grooves. Vor allem Filter Cutoff und der Bit Crusher hinterlassen Spuren. Im Multi Mode-Betrieb routet Beat Scholar seine einzelnen Stereo-Sounds auf 16 DAW-Spuren.
Preset Library
Wie erwartet kommt Beat Scholar mit einer überschaubaren Library, die das besondere rhythmische Potenzial dieses Plugins demonstriert. Wer Zündstoff für den nächsten Track sucht, wird eher enttäuscht sein. Beat Scholar ist zumindest in Version 1.0.14 keine Ausbeute für Preset-Jäger. Die Drum Kits bauen auf einen kleinen Pool von insgesamt rund 250 Samples. Man hört einfache Elektronik- und Akustiksounds. Viele der Presets haben einen „samplesken” Charakter mit leichtem Retro-Touch. Das macht sich gut für Funk, Break Beat, Drum ‘n’ Bass und natürlich auch für Retro-Pop. Für Spielarten aktueller elektronischer Tanzmusik ist das Material knapp.
Am besten sprechen die zehn von uns ausgewählte Presets für sich: Das Audio-Demo „This is Beat Scholar“ zeigt ein klassisches Funky Pattern, das wir an einigen Stellen wie mit einer Triole auf der dritten Zählzeit rhythmisch aufgelockert haben. Zusammengesetzte Taktarten (2/2, 2/4, 2/8, 2/16, 2/2) demonstrieren „Time = Illusion“. Dass sich ein massives Zerstückeln der Pizzen auch klanglich auswirkt, verrät das dritte Preset „Swing to Pitch“.
Die sehr kleinen Pizzastücke rufen Stutter/Glitch-Effekte hervor. Richtig, „Bonzo 9“ liefert ein Beispiel für den 9/8-Takt und „Five is The New Four“ ist natürlich ein 5/4-Takt. Das Preset „Fresh Cakes“ orientiert sich am Hip-Hop und bringt wie die beiden nächsten Beispiele „Helluva Drug“ und „Sweetness“ tonale Elemente ins Spiel. Bei „Timely Pitch“ sind noch einmal diese winzigen, knarzenden Pizzateilchen zu hören, während das letzte Preset „TecHouse“ zeigt, dass es bei Beat Scholar letztlich nicht immer komplex zugehen muss.
Wie gestaltet sich das Handling?
Das skalierbare GUI ist eigentlich sehr anwenderfreundlich. Einen großen Strich durch die Rechnung macht das Sequencer-Konzept selbst: Wer nicht auf der Preset Library von Beat Scholar hängen bleiben möchte, muss sich richtig einarbeiten. Wenn man Presets analysiert und dabei einzelne Lanes solo abhört, wird man bald einen Plan haben, wie das Beat-Programming mit dem Pattern Modul funktioniert. Eigene Beats fabriziert man schließlich nicht so einfach wie mit der Lauflicht-Programmierung einer klassischen Drum Machine.
Das originelle Pizzazerstückeln eröffnet wiederum eine Chance, sich von den ewig langweiligen Beats zu verabschieden und durch etwas Glück und Zufall auf ganz neue rhythmische Ideen zu stoßen. Man braucht sicherlich einen XL-Hunger aufs Experimentieren mit den Pizzen.
Für Logic-Anwender ist das MIDI-Effekt-Plugin sehr praktisch. Erste Versuche mit dem Logic-internen „Drum Kit Designer“ und NI Battery 4 zeigen, dass Beat Scholar Sampler und andere Instrumente sinnvoll rhythmisch triggert und dabei zu neuen Beats inspiriert. Wer mit einer anderen DAW arbeitet, muss die MIDI-Noten des Grooves erst per Drag-and-drop ins Arrangierfenster ziehen.
Was könnte verbessert werden?
Wir wünschen uns etwas mehr Factory Content bei den Drum Kits. Offenbar sollen Sample Expansions folgen. Die Preset Library könnte noch so einige straighte Beats vertragen. Für einen schnelleren Einstieg in die „Pizzawelt“ wären sehr leichtverdauliche Tutorials gut. Natürlich wäre es auch klasse, das MIDI-Effekt-Plugin ebenso für Live, Cubase und weitere DAWs zu bekommen.
Fazit
Modalics startet mutig und zugleich vielversprechend: Beat Scholar ist eine verlockende Alternative zu den vielen klassischen Drum Machines VST, ohne sie dabei aber zu ersetzen. Allerdings braucht man zum Eingrooven Zeit – und überhaupt: Für Beat Scholar sollte man schon richtig vertrackte Beats produzieren wollen, ohne den eigenen Kopf glühen zu lassen.
Klanglich ist die Maschine okay. Mit künftigen Sample Packs wird der Sound des Plugins sicherlich noch pfiffiger. Mit dem MIDI-FX-Plugin für Apple Logic Pro ist man aber nicht auf die internen Samples angewiesen – ein großer Pluspunkt für Apple User. In anderen DAWs wie Live oder Cubase funktioniert der MIDI out von Beat Scholar direkt. Wer ein iPad hat, kommt an die App sehr günstig heran.
- Originelles Pattern-Konzept
- Polyrhythmische Strukturen
- Macht Hunger aufs Experimentieren
- MIDI-Effekt für Logic Pro
- Fairer Preis
- Preiswerte iOS-Version
- Zeitintensive Einarbeitung
- Sample Library durchschnittlich
Features
- Modalics Beat Scholar
- Drum Machine VST mit speziellem Pattern-Konzept
- MIDI-Effekt-Plugin (für Apple Logic)
- Pattern-Modul, Arrangement-Modul
- Drum Kits, 250 Samples, Sample-Import
- Interne Effekte, Master-Effekt
- Softwareanforderungen: Ab Windows 10, Ab MacOS 10.11
- Formate: VST, VST3, AU, AAX
- PREIS: 119,- EUR