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Modartt Pianoteq – Version 3 Test

Pianoteq ist eine virtuelle Klaviersimulation ohne Zuhilfenahme von Samples oder anderen Synthesearten. Das Programm in der aktuellen Version 3 ist gerade einmal 11 MB groß und läuft auf jedem mittelmäßig ausgestatteten System unter Windows 2000/XP/Vista, Mac  OS 10.4 oder höher und Linux (x86 mit Jack und ALSA Backend). Das Programm wird als Standalone- und als VST/AU/RTAS-Instrument ausgeliefert. Die Installation lief auf verschiedenen Rechnern problemlos und schnell.
Nach der Installation bietet Pianoteq ein sehr aufgeräumtes und schönes Interface, das es als “geschlossen” und “geöffnet” gibt:

Fotostrecke: 2 Bilder Pianotq 3: geschlossene Oberfläche

Unter den üblichen Menüs sehen wir einen MIDI-Player und ein Metronom mit Tap-Funktion. Darunter sehr unauffällig das Optionen-Menü, das sich in einem eigenen Fenster öffnet. Als Beispiel für die Sorgfalt der Programmierung hier ein Bild der MIDI-Optionen: sehr umfassend, sehr gut zu lesen und mit einem eigenen Fenster für eingehende MIDI-Befehle.

Darunter folgen die Presets und das Edit-Menü. Das Edit-Menü bietet Annehmlichkeiten wie eine Random-Funktion, einen Compare-Button sowie einen “Freeze”-Button, mit dem man bestimmte Parameter von Veränderungen ausnehmen kann. So kann man ganz schnell die Hammercharakteristik eines modernen Flügels auf ein Harpsichord übertragen.

In der ersten “großen” Reihe kann man mit “Tuning”, “Voicing” und “Design” tief in die Instrumente eingreifen. Die meisten der Parameter sagen nur dem ausgebildeten Klavierstimmer- oder gar Baumeister etwas. Praktischerweise liefert Pianoteq zu den einzelnen Parameter gleich Tooltips mit. Mit Rechtsklick kann man dann auch jedes Paramter einem MIDI-Befehl zuordnen. Änderung der Saitenlänge über MIDI? Kein Problem!

In der zweiten Reihe dann die globaleren Parameter: wir haben links einen Equalizer, der sich aber auch in einen Velocity-Mapper verwandeln kann, die “Output”-Sektion samt vier(!) Pedalen sowie links die Effekte, die allerdings auch noch andere Kontrollen beinhalten. Wer will, kann sich auch noch ganz unten eine Tastatur anzeigen lassen – das alles sieht sehr schön und geschmackvoll aus. Das sind alles Modelle echter Instrumente, mit ihrer Unzahl von Parametern wie: Holz, Mensuren, Pedale, Saitenmaterial etc. Diese Modelle gibt es dann in vielen verschiedenen Presets, allein vom Modell C3 gibt es davon 13. Darunter finden sich Presets für Klavier Solo Aufnahmesituationen, mit EQ-Settings versehene Mono-Modelle für den Bandmix oder auch  mal ein Flügel mit Carbon-Resonanzboden. Die Flügelmodelle können aber auch vom Benutzer dramatisch verändert werden, und zwar in folgenden Bereichen:

MIDI-Optionen
MIDI-Optionen

1) Tuning (Stimmung)
Schon allein an den sieben Parametern, mit denen die Stimmung des Instruments gesteuert werden kann, sieht man, mit wie viel Sorgfalt und geradezu Liebe die Macher von Pianoteq an ihr Instrument herangehen. Geändert werden kann der Stimmungston, der standardmäßig auf 440 Hz steht. Er kann auf jede gewünschte Hertz-Zahl bis auf zwei Stellen nach dem Komma gesetzt werden. Weiterhin können alle möglichen Skalen eingerichtet werden. Scala-Files können geladen werden, außerdem gibt es eine große Anzahl an Presets. Diese gehen von “alten” Bekannten wie der Wohltemperierten oder Werckmeister Stimmung über eine Vielzahl anderer barocker Stimungen (Kirnberger, Silbermann) bis zu den ganz modernen Versuchen, die perfekte Tonleiter zu finden. So sind zum Beispiel einige Skalen von Wendy Carlos zu finden. Außerdem gibt es auch eine ganze Anzahl nicht-12töniger Skalen, wie z.B. indische Skalen oder penta- oder heptatonische Skalen. Diese können dann über Keyboard-Mapping auf die Tastatur verteilt werden. Kurz: schon die Möglichkeiten im Bereich der Skalen sind ein Fest für alternative Skalen Fans.

Das ist aber noch nicht einmal alles: so ist ein Klavier in den Mitten und Höhen dreichörig, hat also drei Saiten pro Ton. Diese drei Saiten sind untereinander leicht verstimmt, um einen volleren Ton zu bekommen. Auch die Oktave wird bei Klavieren oft ein wenig vergrößert, um eine in sich ausgewogenere Stimmung zu erreichen. Auch dies kann man bei Pianoteq regeln und sich so seine persönliche Lieblingsstimmung in allen Einzelheiten festlegen. Denn mit der Klavierstimmung kann man weitgehende klangliche Ergebnisse erzielen. So kann man durch Vergrößern und Verkleinern der Quinte einen strahlenderen Klang erzielen.

Tuning-, Voicing- und Designparameter
Tuning-, Voicing- und Designparameter

2) Voicing (Intonation)
Die Intonation wird oft verwechselt mit der gerade beschriebenen Stimmung eines Klaviers. Dabei wird hier direkt in die Klangerzeugung eingegriffen. Wie bei der Stimmung gibt es sieben Parameter: die ersten drei betreffen den Filz des Hammers im p, mezzo und f. Je härter der Filz, desto brillanter der Klang. Im “Spectrum Profile” kann man die Lautstärke der ersten acht Obertöne verändern. Mit “Hammer Noise” kann man die Lautstärke des Hammergeräusches einstellen, mit “Character” die Stimmung der Obertöne und mit dem “Soft pedal” schließlich, wie sehr sich das una corda-Pedal auswirken soll. Bei den elektro-akustischen Klavieren kann man hier Lage und Symmetrie der Pickups verändern.

3) Design (Mensuren)
Wir kommen langsam vom Kleinen zum Großen und können hier das Design des Flügelkorpus verändern. Drei Einstellungen haben direkten Effekt auf den Resonanzboden: die Impedanz (je größer die Impedanz, desto länger der Ton), Cutoff und Q-Factor. Wer bei Cutoff und Q-Factor (Resonanz) aufhorcht: ja, mechanische Instrumente haben ein eingebautes Tiefpassfilter – nur kann man es bei echten Instrumenten nicht verstellen. Weiterhin kann man die Saitenlänge von 1,30 m bis 10 m einstellen, die allgemeine Resonanz zwischen den verschiedenen Flügelteilen (Saiten, Duplex-Skala, Korpus, Resonanzboden) und die Resonanz zwischen den Saiten. Schließlich kann man auch noch die Geräuschhaftigkeit des Anschlags verändern.

In der zweiten Reihe finden wir weitere drei Fenster:

modpiano_unterereihe_02

4) Output (Hörerposition, Mikrofonierung)
Die letzte große Sektion ist ein großer Schritt von Pianoteq nach vorne. Zunächst einmal kann man zwischen Stereo- und Monoausgang wählen. Wenn man allerdings Mikrofonierung oder Binauralität wählt, öffnet sich ein weiteres Fenster mit vielfältigen Möglichkeiten.

Fotostrecke: 2 Bilder Das Mikrofonierungsfenster

Mikrofoniert werden kann mit bis zu fünf Mikrofonen auf fünf verschiedenen Kanälen. Wie auf dem Bild zu erkennen, gibt es jeweils einen Blick von oben und einen von der Seite. Die Mikrofone können mit der Maus an jede beliebige Stelle und bis zu mehreren Metern vom Flügel weg geschoben werden. Gleich mit eingebaut sind dabei Level- und Delay-Kompensation. Die Mikrofone werden dabei vom Programm jeweils auf eine optimale Position geschoben. Diese Optimierung ist mit Absicht recht klein gehalten, um einen Ausgleich zwischen Automation und Benutzerwillen zu finden.

Binaural mal ganz simpel erklärt: nimm die Maus und stecke deinen Kopf wohin du willst. Mit dem Kopfhörersymbol und dem Richtungspfeil kann man sich überall in den Raum stellen – in unserem Beispiel steckt der Hörer bei fast geschlossenem Flügeldeckel im Flügel und schaut raus. Achtung: sogar die Kopfgröße kann geändert werden!Alles, was man in diesen beiden Fenstern bewegen kann, kann auch durch MIDI-Signale gesteuert werden. Wie wär’s denn zum Beispiel mit Flügeldeckelmodulation (FDM)? Das dann leider doch nicht: als physikalisches Modell muss Pianoteq jede Veränderung der Parameter kurz berechnen und bleibt während dieser Zeit (ca. 1s) stumm. Man kann also leider keinen LFO an einen der Regler hängen, weil Pianoteq die ganze Zeit nur am Neuberechnen wäre und man während dieser Zeit nicht spielen kann.

5) Weitere Einstellungen
Wer einmal auf einem Flügel gespielt hat, weiß, dass ein Flügel ziemlich viele Nebengeräusche macht. Bei Pianoteq kann man unter “Action” folgende Einstellungen verändern:
– Dämpfergeräusch
– Wirkungsgrad der Dämpfer
– Bereich im Diskant, der gar keinen Dämpfer benötigt
– Tastengeräusch
– Sustain-Pedalgeräusch

6) Effekte
Pianoteq kommt mit Equalizer, Tremolo, Hall und einem Limiter, die guter Durchschnitt sind. Die Hallsimulation ist beim Spielen mit Kopfhörer wichtig, denn anders als bei vielen Sample-Playern ist bei einem “trockenen” Painoteq-Ton gar kein Hall vorhanden.

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