Es kommt nicht häufig vor, dass einen allein der Look eines Plug-ins magnetisch anzieht. Der Waverazor von Media Overkill alias MOK sieht jedoch so hinreißend nach 80’s Neon Trash aus, dass man gar nicht anders kann, als genauer hinzuschauen. Hinzu kommt auch noch das einzigartige Konzept des virtuellen Synths. Ob neben reinen Äußerlichkeiten auch die inneren Werte überzeugen können?
DETAILS & PRAXIS
Um sich als kleiner Hersteller in Sachen virtuelle Klangerzeuger behaupten zu können, braucht man vor allem eins – ein gutes Konzept. Im Falle des Waverazors liegt dieses in der innovativen Erzeugung von besonders komplexen Wellenformen durch bis zu drei Oszillatoren. Hierbei lässt sich jede einzelne Wellenform in bis zu 16 Segmente zerlegen, wobei jedem Bereich anschließend eine von insgesamt acht verschiedenen Schwingungsarten inklusive Rauschen zugewiesen werden kann. Über einen X/Y-Controller lassen sich die einzelnen Segmente außerdem in ihrer Phase und Amplitude anpassen.
Zusätzlich wartet Waverazor mit einem eigenen Arpeggiator auf, dessen Tempo entweder intern über das Plug-in geregelt oder direkt zur DAW synchronisiert werden kann. Hier stehen aktuell ca. 50 verschiedene Presets zur Verfügung, die ein angenehm vielseitiges melodisches Spektrum abbilden. Neben der Möglichkeit, den Synth klassisch via MIDI oder Computertastatur anzusteuern, kann auf Wunsch auch das virtuelle Keyboard am unteren Rand der Benutzeroberfläche verwendet werden. Dieses ist auch mit einem Zoom-Feature ausgestattet, um die Tasten zu vergrößern bzw. zu verkleinern.
Eine weitere Besonderheit bietet die Effekt-Sektion des Plug-ins. Diese ist im Vergleich zu vielen anderen Synths nämlich nicht durch den Entwickler festgelegt, sondern kann vom Sound-Designer pro Preset selbst konfiguriert werden. Insgesamt stehen hierfür acht Makros in Form von Drehreglern, zwei On/Off-Buttons sowie zwei X/Y-Pads zur Verfügung. Global lassen sich alle eingebundenen Effekte durch einen FX-Mix in der Intensität regeln. Ein FX-Bypass ist ebenfalls vorhanden.
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Der Status-Quo
Einige der erwähnten Funktionen des MOK Waverazor stehen in der aktuellen Version leider noch nicht zur Verfügung. Das liegt schlichtweg daran, dass das Plug-in momentan eher als Vorab-Version bezeichnet werden könnte und einige Funktionen erst zum finalen Release nachgeliefert werden. Dies spiegelt sich auch im Anschaffungspreis wieder, der mit aktuell 75 Dollar stolze 50 % unter dem späteren Kaufpreis von 150 Dollar liegt. Ein späteres Gratis-Update auf die finale Version ist im Übrigen inklusive.
Die größte Einschränkung besteht derzeit im Fehlen des Plug-in-eigenen Editors, durch welchen die Effekt-Makros angesprochen und mit ausgewählten Effekten belegt werden können. Demnach lassen sich diese aktuell nur in den mitgelieferten Presets anwenden, was auf Dauer etwas langweilig wird. Ein kleines Manko besteht hierbei ebenfalls in der teilweise sehr abstrakten Wahl der Parameter-Bezeichnungen, aus denen nicht erkenntlich wird, was hier eigentlich gerade geregelt wird. Freude am Experimentieren ist demnach eine entscheidende Voraussetzung. Bereits jetzt bieten die vordefinierten Effekte jedoch einen soliden Einblick auf das spätere klangliche Spektrum, welches vor allem drastische Eingriffe in den Sound ermöglicht. Präzise Eingriffe in die Hüllkurve oder chirurgische Filtereinstellungen sucht man (bisher) eher vergebens.
Zwar lassen sich die drei Oszillatoren aktuell bereits für die Erzeugung eigener Sounds nutzen, es stehen hierbei jedoch nur vier der insgesamt 16 Segmente pro Wellenform zur Verfügung. Wer das volle Spektrum der Funktion sehen und hören möchte, kann dies aktuell mit den Multi-Sync-Presets in der Template-Soundbank tun.
Ausgehend von den derzeit verfügbaren Funktionen und Sounds kann der Klang des Waverazor als sehr modern und vielseitig bezeichnet werden. Während Liebhaber analoger oder puristischer Klänge hierbei eher weniger auf ihre Kosten kommen, dürften Freunde experimenteller Sounds und Produzenten aus Genres wie EDM, Chiptunes oder Filmmusik von den zahlreichen Möglichkeiten zur Klangformung begeistert sein. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob sich dieser Eindruck auch auf die finale Version übertragen lässt.
Das Waverazor Plug-in ist sowohl zu Mac (AU und VST) als auch Windows (VST) kompatibel. Eine AAX-Version ist bereits in Arbeit, ebenso wie die Unterstützung von Linux-Systemen.
FAZIT
Aufgrund der noch fehlenden Funktionen ist der Waverazor aktuell vor allem als Experimentierwerkzeug geeignet. Die mitgelieferten Presets dienen dabei als eine solide Grundlage, um die Besonderheiten des Synths kennenzulernen, auch wenn das Fehlen des Editors derzeit noch eine große Einschränkung darstellt. Nichtsdestotrotz überzeugt der Synth klanglich bereits auf ganzer Linie und besitzt ein innovatives Konzept, welches besonders bei Sound-Designern oder in experimentelleren Genres mit Sicherheit für Begeisterung sorgen wird. Wir freuen uns auf jeden Fall schon auf das hoffentlich baldige finale Release.
PRO- innovatives Konzept
- eigenständiger Sound
- vielseitige Presets
- kostenfreies Upgrade auf die finale Version
- viele essentielle Funktionen noch nicht verfügbar
- kryptische Parameternamen bei den Presets
- komplexe Soundformung durch drei Oszillatoren
- frei belegbare Makros für Effekte
- kompatibel zu AU/VST (Mac) und VST (Windows)
- ab MacOS 10.9 und Windows 7
- mind. Intel Core2Duo 2 GHz CPU und 2 GB RAM
- 75 US-Dollar
- innovatives Konzept
- eigenständiger Sound
- vielseitige Presets
- kostenfreies Upgrade auf die finale Version
- viele essentielle Funktionen noch nicht verfügbar
- kryptische Parameternamen bei den Presets
Soundcluster sagt:
#1 - 05.10.2017 um 20:09 Uhr
Ich hab ihn mir gleich geholt, sobald er Verfügbar war.Das Konzept überzeugt schon mal, aber ohne ordentliche Modulationsmöglichkeiten und Zugriff auf die Filter, ist er für mich derzeit noch nicht wirklich einsatzfähig.Bin gespannt, wie lange es noch bis zur Vollversion dauert.