ANZEIGE

Moog 500 Series Analog Delay Test

Moog 500 Series Analog Delay im bonedo-Test: Neben seinem klassischen Multimode-Analogfilter hat Moog Music noch einen weiteren 500-Leckerbissen im Programm: ein voll analoges Delay. Damit bietet Moog ein Gerät an, das heute technisch zwar eigentlich völlig überholt, gerade deswegen aber äußerst reizvoll ist.


Datenspeicherung ist ein heißes Thema seit es Daten überhaupt gibt. Während heute die Kapazitäten groß genug sind, um die gesamte Kommunikation ganzer Kontinente einfach mal auf Vorrat mitzuschneiden, galten in der Analog-Ära doch etwas andere Voraussetzungen. Diese werden gerade bei der Konzeptionierung eines Delay-Effekts sehr offensichtlich. In Zeiten digitaler Speichermedien ist das ganz einfach: Das Audiomaterial wird auf einen Chip gespeichert und zu einem beliebigen Zeitpunkt wieder ausgegeben.
In der analogen Domäne muss man sich (bzw. musste man sich damals) schon etwas mehr einfallen lassen. Die ersten Delay-Effekte wurden mit dem einzigen Speichermedium realisiert, auf das man in der Musikproduktion zurückgreifen konnte: analoges Tonband. Die zeitliche Differenz, die der Bandtransport vom Aufnahme- zum Wiedergabekopf benötigte, sorgte für den Delay-Effekt, von dem beispielsweise schon die Beatles ausgiebig Gebrauch machten. Nur hat diese Methode einen nicht ganz unwesentlichen Nachteil: Man benötigt nicht nur eine extra Bandmaschine (groß, teuer, wartungsintensiv etc…) sondern ebenso einen TapeOp, der dieses Gerät während der Session permanent überwacht und bedient (ebenfalls groß, teuer, wartungsintensiv etc…).
Es mussten also andere, einfachere Lösungen her. Diese fanden sich mit der sogenannten Eimerkettenschaltung (engl. „bucket brigade“), die wie viele analoge Kniffe auf ein sehr archaisches Prinzip zurückgreift. Ebenso wie vor der Erfindung des Feuerlöschzugs im Brandfall die vollen Wassereimer von einer Menschenkette vom Brunnen zum Feuer weitergereicht wurden, so werkelt in einem Eimerkettendelay eine Kette von Kondensatoren, durch die das Signal getaktet weitergereicht wird, was am Ende für eine bestimmte Signalverzögerung sorgt. Der analoge IC, der zu diesem Zwecke im Moog-Delay zum Einsatz kommt, verfügt über nicht weniger als 8192 solcher Kondensator/Schalter-Einheiten, die insgesamt für eine maximale Verzögerung von 800 ms sorgen. Das ist ungewöhnlich viel für ein Delay dieser Bauart!
Während sich ein solches Eimerketten-Delay platzsparender und einfacher aufbauen lässt als ein Tape-Delay-Setup, so hat diese Technik doch einen gravierenden Nachteil: Tonband kann fantastisch klingen, aber die Chance, dass das Signal in mehreren tausend Kondensatoren gehörig degradiert wird, ist unfassbar hoch. So haben analoge Eimerkettendelays stets den Ruch eines mehr oder weniger heftigen LoFi-Approachs, bei dem sich folgende Frage stellt: Wieviel Signalqualität lässt sich erhalten? Oder, noch besser: Wie kann man die unvermeidliche Klangveränderung/-verschlechterung für einen charaktervollen Effekt nutzen? Schauen wir uns das Moog-Delay vor diesem Hintergrund doch einmal genauer an!

Details

Ähnlichkeiten zum 500-Filter

Der Aufbau des Analog Delays offenbart einige Parallelen zum „The Ladder“ Filter: Auch beim Delay wird die Gainstruktur mit Drive- und Output-Potis eingestellt. Dazu gibt es ein Mixpoti, welches stufenlos den Effektanteil zwischen den beiden Polen „Dry“ und „Wet“ justiert. Das größte Poti (beim Filter wäre das der Cutoff) dient der Einstellung der Delayzeit, wobei hier zwei Bereiche vorgewählt werden können: 0.5x für 35-400 sowie 1.0x für 70-800 ms. Beide Varianten unterschieden sich allerdings nicht nur hinsichtlich der Delayzeit, sondern auch in Bezug auf die Bandbreite des Effektes. Während im schnelleren Modus ein Frequenzgang von immerhin 20 Hz bis 2,6 kHz (für die Delays, nicht für das Direktsignal!) realisiert werden kann, reduziert sich die obere Grenzfrequenz im langsamen Modus auf 1,65 kHz. Das ist gemessen an dem Standard längst etablierter Digital-Delays natürlich gar nichts, leist sich aber schrecklicher, als es sich in der Praxis darstellt – denn genau diese Eigenheiten machen eben den Charakter eines solchen Effektes aus!

Fotostrecke: 4 Bilder Analoges Echo: Das Moog-Delay erzielt die Audioverzu00f6gerung mit einer sogenannten Eimerkettenschaltung.

MIDI und CV

Das Delay verfügt sowohl über einen MIDI-Eingang als auch über eine Tap/CV-Klinkenbuchse. Und hier offenbart sich eine Funktionalität, die weit über das hinausgeht, was man dem Analog Delay auf den ersten Blick ansehen kann. Über die Tap/CV-Buchse kann entweder ein Tap-Taster bzw. ein Expression-Pedal für die Einstellung der Delayzeit angeschlossen werden, oder aber eine analoge Steuerspannung zum gleichen Zweck zugeführt werden. Hier ist sie also, die CV-Funktionalität, die beim Ladder-Filter wohl aus Platzgründen eingespart wurde.
Ungleich mehr Türen stößt allerdings die MIDI-Buchse auf: Über diese können wesentliche Funktionen des Delays nämlich ferngesteuert werden, und zwar entweder mittels einer Editor-Software (wahlweise stand-alone oder als Plug-In) oder einfach über MIDI-Controller. Die Software bietet Zugriff auf eine Reihe von Funktionen, die – wohl abermals aus Platzgründen – über die Frontplatte des Delays nicht zugänglich sind, welche die Klangmöglichkeiten des Delays aber geradezu dramatisch erweitern. Die Funktionen des randvollen Software-Kontrollfeldes sind so überbordend, dass sie beinahe den Rahmen dieses Testberichts sprengen. Es scheint, man hat sich bei Moog Music zu Herzen genommen, dass beim Filter einige Anwender ähnliche Fernsteuer-Funktionen vermisst haben, und nun haben sie beim Delay das Soll geradezu übererfüllt.

Umfangreicher LFO als Modulationsquelle

Wohl der wesentlichste Bestandteil der Software/MIDI-Steuerung ist der LFO, der in Verbindung mit kurzen Delayzeiten zahlreiche Chorus-Effekte ermöglicht. Neben Rate- und Amount-Parametern (ersterer lässt sich auch via MIDI-Clock zum Songtempo syncen) steht auch ein Shape-Poti zur Verfügung, das verschiedene gängige und speziellere LFO-Schwingungsformen von Sinus über Dreick bis hin zu Sample&Hold und geglättetem Sample&Hold anbietet. Auch wirklich spezielle Funktionen werden angeboten, so kann beispielsweise die LFO-Phase auf Knopfdruck resettet werden, bei der Rechteckschwingung kann sogar die Pulsbreite eingestellt werden.

Slew und Multiplier

Die harte Umschaltung zwischen den beiden Verzögerungsbereichen des Delays kann mit dem Slew-Rate-Poti geglättet werden, so dass auch dieser Schaltvorgang organisch abgefedert wird. Im kürzeren Verzögerungsbereich bietet das Delay wie bereits erwähnt einen größeren Frequenzgang; dieser kann aber auf Knopfdruck beschnitten werden, so dass man wirklich stufenlos zwischen beiden Bereichen hin- und herswitchen kann, dann aber eben nur mit dem geringeren Frequenzgang. Dazu kann mit dem zusätzlichen Multiplier-Schalter das Delay aus seinem spezifizierten Bereich hinauskatapultiert werden. Für die Delayzeit sind nämlich auch die Multiplikatoren 2x, 4x und 8x möglich. Das gibt zwar die Speicherkapazität der Eimerkette eigentlich nicht her, aber die so entstehenden Artefakte können dennoch im einen oder anderen Fall sehr nett klingen.

Erweitert die Möglichkeiten ungemein: Moog Delay Editor

Steuerungssoftware

Schließlich bietet das Software-Panel noch ein paar Voreinstellungen für die CV- und MIDI-Steuerung (das Delay lässt sich auch vollständig über MIDI steuern). Das Setup ist übrigens kinderleicht: Einfach ein MIDI-Kabel vom gewünschten Ausgang zum Eingang des Delays ziehen, in der Software den entsprechenden Ausgang anwählen, und fertig.

Stereoverbund

Zwei Delays können wie auch das Filter für den Stereo-Einsatz verkoppelt werden, wobei eines dann als Master und das andere als Slave fungiert.

Zwei Module können mittels eines Jumper-Kabels für den Stereo-Betrieb verkoppelt werden.

Leuchtwerk

Insgesamt dienen vier LEDs der optischen Kontrolle des Delays. Die Level-LED gibt dreifarbig Aufschluss über den Input-Pegel; sie sollte im Normalbetrieb allenfalls bei Signalspitzen rot aufleuchten. Die Time-LED blinkt im Standalone-Betrieb periodisch analog zu der eingestellten Delayzeit, sie kann aber auch den Sync zur MIDI-Clock oder die Tap-Tempo-Funktion anzeigen. Die LFO-LED zeigt die Geschwindigkeit des LFOs an, und schließlich visualisiert die MIDI-LED noch die Aktivität am MIDI-Input.

Dicht gedrängt: Die Platine ist überwiegend mit SMD-Bausteinen bestückt

500er-Panel engt ein
Die Fertigungsgqualität der Kassette ist hervorragend. Während beim Ladder-Filter die kleinen Potiknöpfe einen echten Kritikpunkt darstellen, entfällt dieser hier – auch Dank der Fernsteuerungsmöglichkeit und der damit verbundenen Platzersparnis auf der Frontplatte. Einzig die frontseitige MIDI-Buchse ist im Studiorack nicht so schön, aber unvermeidbar. Modularsynthbegeisterte werden sich daran zudem vermutlich weniger stören, hier gehört der Kabelsalat vor dem Rack zum Arbeitsalltag… Aber: Ist es vermessen, sich trotzdem als Alternative eine Stereo-19“-Version mit rückseitigen Anschlüssen zu wünschen?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.