Der Moog Grandmother ist ein ausgesprochen solides Instrument. Jeder Drehregler ist fest verschraubt, alle Regler bieten den gleichen, angenehmen Widerstand und alle Buchsen sind absolut solide verbaut. Hier hat man nicht das Gefühl, dass da so schnell etwas kaputt geht. Das ist man von so einigen Eurorackmodulen leider anderes gewohnt, trotz der Preise die dort des öfterteren aufgerufen werden. Ein weiterer Unterschied zu Eurorack ist der Platz: Die Knöpfe der Grandmother sind 1,5 cm groß, der Sustainregler hat eine Laufweite von 6 cm und das auf einem Panel, das vollkommen übersichtlich ausschaut. Und was die Farben angeht, so bemerkt man diese bei der „Arbeit“ am Synth überhaupt nicht, vielmehr helfen sie, die einzelnen Module besser zu unterscheiden. Das ist ein Gegensatz zu den vollmodularen Systemen von Moog selbst, die natürlich klasse aussehen, aber intuitiv geht da wenig, weil man sich in der schwarz-silbernen Landschaft dann doch gerne verliert. Von den liebevoll-verspielten Designs vieler Eurorackanbieter, die lieber Kühe und Raketen auf ihre Panels drucken, als Namen, wollen wir schweigen. Im Übrigen ist auf der Leiterplatte des Grandmother auch eine kleine Leiter versteckt, aber eben nicht auf der Oberfläche. Die Oberfläche des Moog Grandmother Synths bietet so viel Platz und so viel Übersichtlichkeit wie sie kaum ein anderer Synthesizer aufweist.
Eigenschaften
Ein weiterer Pluspunkt des Grandmother ist die Ergonomie: Alle Patchpunkte einer Funktion sind am oberen Rand des Geräts angebracht. Das ist prima, denn so sind die Patchpunkte bei der Funktion von oder zu der sie führen leicht zu erreichen. Man muss beim Zugriff auf die Knöpfe nicht mit den Fingern erst vorsichtig durch Kabelsalat hantieren, auch fallen die Kabel nicht auf die Tastatur und die Anbindung an andere Geräte funktioniert so tadellos. Das lässt sich bei Eurorackmodulen nicht immer so machen, aber es ist natürlich viel besser so, als wenn alle Patchpunkte auf einer Seite sind.
Hervorzuheben ist auch die Konnektivität sowohl zu Computern via USB, zu anderen Synthesizern per MIDI und in die Eurorackwelt über CV. Jedes „Modul“ des Grandmother lässt sich einzeln in ein anderes Euroracksystem einbinden und an jeder Stelle des Synthesizers kann das Signal entnommen werden. Dazu kommt die hervorragend spielbare Tastatur und die sicherlich nicht ausufernde Patchfähigkeit. Aber es ist doch einiges mehr möglich als beim Minimoog und der Retrosound der Grandmother kommt weder ausschließlich aus der Hallspirale, noch aus den alten Modulen, sondern eben auch aus seinem Aufbau und den Möglichkeiten, die dabei einfach naheliegen. Denn was macht man, wenn man nur zwei Oszillatoren mit einem Knopf für Sync und drei Eingängen für PWM und Pitchmodulation hat? Man beschäftigt sich mit ihnen und schaut, ob der Klang so ist, dass man sich länger damit beschäftigen will. Und ja, man will, denn die Oszillatoren haben Biss.
Sound
Schon ein einzelner Oszillator buzzt so vor sich hin, dass es eine Freude ist und bei Modulationen geht es rund wie bei einem Fahrgeschäft auf der Kirmes. Der Envelope schnappt kräftig zu, hat aber gleichzeitig außergewöhnlich lange Attack- und Releasezeiten. Da ist man doch froh über die großen Knöpfe, mit denen man das Ganze fein einstellen kann. Der LFO ist eigentlich ein Oszillator im Schafspelz, der hervorragend über die ganze Tastatur trackt. In Zusammenarbeit mit dem ModWheel, mit dem sich ausgezeichnet expressiv spielen lässt, ist das eine wahre Freude … und oft bleibt der Filter einfach offen. Wenn er aber dann doch gebraucht wird, dann macht es Freude zu hören, wie er auf das Signal reagiert, denn das macht er nicht gleichmäßig und gezähmt, sondern er wird lauter und leiser, wie er gerade Lust hat. Und das macht Spaß, denn so werden die Unterschiede auch über die Lautstärke hörbar. Bei einem Ferrari gehört zum Sound des Motors ja auch nicht nur, dass er sich verändert, sondern dass er auch plötzlich lauter oder leiser wird. Das hat man doch vielen Synthesizern ausgetrieben, weil sie sich im Studio so natürlich besser kontrollieren lassen. Direkt am Gerät macht es aber auf jeden Fall mehr Spaß, wenn da mehr Leben drin ist.
Wenn man ans Patchen geht, was man übrigens sehr schnell anfängt, denn es liegt ja alles direkt vor einem, dann passieren noch einmal ganz andere Sachen. 41 Patchpoints sind nicht wenige, aber es ist vor allem das Utilities-Modul, das auf einmal ganz zentral wird. Es gibt ja einige halbmodulare Synthesizer, gerade auch im Preisbereich des Grandmother, aber oft fehlen dort einige kleine Utilities, wo man sich am Kopf kratzt, wieso sie fehlen. Bei der Grandmother ist alles an Board und es kommt tatsächlich überraschend selten vor, dass man anfängt zu patchen und dann aufgeben muss, weil es nicht funktioniert. Sicherlich, man kommt ja auch nicht auf die Idee, Wunderdinge zu patchen, aber Moog hat das schon clever gemacht und vielen Problemen abgeholfen. Gleich drei Beispiele dafür: Die Pulswelle kann nur über den LFO verändert werden? Nein, das geht über den Attenuator. Der einzelne Envelope ist einfach zu wenig? Hier, den VCA auf Keyboard Release stellen und vielleicht geht es dann weiter. Der Mixer ist belegt? Vielleicht reicht ein 50/50 Verhältnis, dann kann man die Signale über das Multiple mischen. So könnte das immer weitergehen, und das ist nicht nur die Macht des freien Patchens, die da mehr ermöglicht, sondern einfach das gute technische Design von Seiten des Herstellers.
Die Klangbeispiele sollen den bis jetzt gewonnenen Gesamteindruck ein bisschen verdeutlichen: Zum einen sollen sie die Besonderheiten des Grandmother Synths aufzeigen, die tatsächlich darin liegen, die einfachen Dinge besonders gut zu machen. Das ist ein bisschen wie beim Kochen: Mit wenigen Zutaten aus dem eigenen Garten, besonders Wohlschmeckendes zubereiten. Dazu gehört übrigens ohne Frage der wirklich gut klingende Federhall. Zum anderen gibt es bei modularen Geräten eben die Möglichkeit, einige Sachen doppelt zu modulieren, sowohl in Reihe als auch in Serie, und das ganz ungebremst ohne digitale Zwischenwände, was auch gezeigt werden sollte.
Und schließlich sind bei einem Gerät mit relativ einfacher Technik aus der Frühzeit der Synthesizer, der Vergleich mit einer modernen Hochleistungsmaschine wie dem Moog Sub 37 interessant. Im ersten Beispiel wird der berühmte Moog Sägezahn verglichen: Der von Moog Grandmother, von Moog Sub 37 und Behringer Model D – ein Moog Minimoog ist leider nicht im Haus. Im Klangbeispiel hört man erst den Grandmother, dann den Sub 37 und dann den Model D mit Pausen und dann zweimal in der gleichen Reihenfolge direkt hinter einander. Dabei darf man sich nicht davon verwirren lassen, dass der Sägezahn des Sub 37 eine absteigende Rampe ist und die von Grandmother und Model D aufsteigen, das kann man nicht hören. Aber was man leicht hören und sehen kann ist, dass sich Grandmother und Model D sehr viel ähnlicher sind als der Sub 37, der aufgrund seiner tollen ineinander übergehenden Wellenformen ein bisschen Schwierigkeiten hat, eine beißende Sägezahnkurve hinzubekommen.
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Der Sägezahn von Moog Grandmother, Moog Sub 37 und Behringer Model D
Beim nächsten Beispiel vergleichen wir, wie der LFO auf die Oszillatorfrequenz einwirkt. Auch hier zuerst der Grandmother und dann der Sub 37, wobei beim Grandmother eine Sinuswelle und beim Sub 37 eine Dreieckswelle verwendet wurde. Aber auch hier kann man doch ganz gut die Unterschiede hören.
Audiovergleich 2
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Vergleich LFO: Zunächst Grandmother, danach Sub 37
Und schließlich vergleichen wir noch die beiden Filter miteinander, immer in derselben Reihenfolge. Dazu gibt es jeweils auch sehr aussagekräftige Bilder auf denen man sehen kann, wie perfekt der Sub 37 die Lautstärkeveränderung ausgleicht. Im Studiobetrieb ist das natürlich prima, aber die Unterschiede in der Lautstärke sorgen subjektiv für mehr Leben beim Grandmother.
Vergleich Filter: Zunächst Grandmother, danach Sub 37
Weitere Audiobeispiele
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Switched-On Bach 1968?Ein einfacher BassEs kruspelt so schönMelodienspielGroßmutter spielt OrgelEin RiffS & H Resonace SequenceScreamer!Solo-LeadString?Subwoofer neededSync SweepSync und EnvelopeTalking Synth
Ein wenig Kritik
Wenige Schatten gibt es aber auch beim Moog Grandmother. Eine 2 1/2 Oktaven Tastatur ohne Aftertouch bei einem Synthesizer dieser Preisklasse ist doch etwas schwäbisch gedacht, zumal ja auch der Sequenzer einer der einfachen Klasse ist. Das ist also irgendwie weder Fisch noch Fleisch. Schlechter ist allerdings allemal die Oktavumschaltung, die man bei einer so kleinen Tastatur eigentlich die ganze Zeit benötigt. Die funktioniert nämlich nur über die Shifttaste und den drei miniaturisierten Tastern über den Wheels, die doch sehr spielzeugartig wirken. Und es kommt noch hinzu, dass man, wie bei ganz einfachen MIDI Tastaturen keine visuelle Rückmeldung darüber erhält, in welcher Oktave man sich gerade überhaupt befindet. Das hat doch zu oft zu Fehlbetätigung geführt. Hier könnte man es dem Keyboarder vielleicht ein bisschen leichter machen, indem man vielleicht über die Global Settings die Arpeggiator/Sequenzer Funktionen auf die Shift-Taste verlegt. Auch die Wheels hätten durchaus einen eigenen CV Ausgang bekommen können. Das wäre mit Sicherheit eine Kleinigkeit gewesen. Und zuletzt muss auch noch die lineare FM erwähnt werden, die zuverlässig dann doch nur über 1 1/2 Oktaven trackt. Aber immerhin!
Alternativen
Alternative Produkte zum Moog Grandmother gibt es einige, auch wenn keines wirklich ähnlich ist. Wer einen halbmodularen Klassiker sucht, für den steht schon seit einiger Zeit der dreioktavige Korg MS-20 mini in den Läden, allerdings lässt er sich nicht ohne weiteres in ein Euroracksystem einbinden. Ganz vorne dabei sind natürlich auch die Mini-und Microbrutes von Arturia, die sowohl preislich, als auch seitens der Features her tolle Instrumente sind. Allerdings mit einer noch kleineren Tastatur, viel unübersichtlicher und eben auch nicht mit den alten Moog Modulen ausgestattet, an die man für kleines Geld einfach nicht kommt. Wer den Moog Sound sucht, der kann sich an den Little Phatty und andere halten, aber dann verliert man natürlich die ganzen Eurorackmöglichkeiten. Bleiben noch die reinen Controllerkeyboards für Eurorack wie der Waldorf KB37, der Super 37 von Super Synthesis und oder die QKB Keyboards von Synthesizers.com, die auf jeden Fall einen Blick wert sind. Günstig sind die aber auch alle nicht und vor allem, geben sie von alleine noch keinen Ton von sich. Wenn man mehr Geld in die Hand nehmen kann, wären auf jeden Fall der MFB Dominion und der Moog Subsequent 37 CV einen Blick wert, und das sind beides tolle Geräte. Aber auch hier gilt, dass die Übersichtlichkeit leidet und dass nur der Moog Grandmother Synthesizer die alte Technik und den Retrosound der frühen 900er Module erleb- und erreichbar macht.
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Superwaldi sagt:
#1 - 15.08.2018 um 09:35 Uhr
Toller Test/Bericht. Danke dafür.(Der Abschnitt am Anfang über die OSCs ist doppelt vorhanden.)
Sebastian Berweck sagt:
#1.1 - 15.08.2018 um 14:42 Uhr
Danke für Lob und Hinweis, der doppelte Absatz sollte jetzt weg sein. S.B.
Antwort auf #1 von Superwaldi
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenRobin sagt:
#2 - 26.09.2018 um 16:25 Uhr
Sehr informativer und gut zu lesender Testbericht, vielen Dank dafür!